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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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beschreiten; es hielt vielmehr fest an dem ausschließlichen Bürgerkriegsdienst,
und die Einführung des Soldes diente keineswegs als Lockung zu einem ge¬
winnreichen Gewerbe, sondern nur als Erleichterung der Last. -- Diese Ein¬
richtung ist für die kriegerische Kraft Rom's vom größten Werth geworden und
hat ihr ein Wohlverdieutes Uebergewicht lange Zeit hindurch gesichert.

Mit der Einführung des Soldes hing noch eine andere Neuerung zu¬
sammen. Bisher hatte sich die Reiterei aus geeigneten Männern der ersten
Vermögungsklasse zusammengesetzt, ohne daß dasür innerhalb jener Klasse noch
ein besonderer Census stattgefunden hätte. Jetzt wurde ein solcher eingeführt,
und zwar betrug der esnsus "ZHUöZwr wahrscheinlich das Zehnfache des
Minimalsatzes der ersten Klasse. In Folge dessen füllten sich um die Ritt er -
centurien ausschließlich mit den reichsten Männern. Diese aber waren zu
nicht geringem Theile bejahrt oder in Führerstelleu beim Heere oder Staats¬
beamte, und so kam es, daß die eensusmnßige Ritterschaft bald genug ihren
eigentlich militärischen Charakter zu verlieren begann und mehr und mehr zu
einer Abtheilung der Aristokratie wurde, welche die Plutokraten Rom's d. h.
die reichsten Männer des Patrizicits wie des Plebejats, umfaßte. Dem entsprach
es, daß sich nun neben den Rittercenturien eine zweite eigentliche Reiterei ent¬
wickelte. Anlaß dazu wurde der Umstand, daß sich bei der Belagerung vou
Veii junge Leute freiwillig zum Reiterdienste gemeldet hatten, obgleich sie nicht
zu den Nittereeuturien gehörten. Dieser freiwillige Reiterdienst (6<zuo xrivato)
mochte sich uun wohl besser bewährt haben als der der Centurien (semo xudliev)
und man entschloß sich, die Gestellung Freiwilliger durch besonders günstige
Bedingungen aufzumuntern: die "ziMtes erhielten den dreifachen Sold und
beim Triumphe den dreifachen Beuteantheil der xoäiws.*)

Der einfache Tag es-Sold betrug etwa 25 Pfennig heutigen Geldes,
wurde aber nur zum Theil baar, zum Theil in Naturalien ausgezahlt. Dem
Reiter wurde auch die Gerstenration geliefert und vom Solde abgezogen."")

Die Einführung der Löhnung ward bald der Ausgangspunkt weiterer
Aenderung der alten servicinischen Heeresordnung, ja endlich einer tiefgreifenden
Umgestaltung, welche sich im Laufe der Zeit, schrittweise und cillmcilig vollzog
und in deren Folge die Unterschiede der Censusklassen innerhalb der Legion
stetig an Bedeutung verloren. Wohl blieb die Eintheilung des Volkes nach
Vermögensklassen fortbestehen; allein an die Stelle der ausschließlich
nach dem Census geregelten Wehrpflicht trat nach und nach
ein dnrch die Soldzahluug ermöglichtes Couseriptionssystem,




*) Lange und Marguard.
**) v. Baumann: Studien über die Verpflegung der Kriegsheere im Felde. Leipzig l867.

beschreiten; es hielt vielmehr fest an dem ausschließlichen Bürgerkriegsdienst,
und die Einführung des Soldes diente keineswegs als Lockung zu einem ge¬
winnreichen Gewerbe, sondern nur als Erleichterung der Last. — Diese Ein¬
richtung ist für die kriegerische Kraft Rom's vom größten Werth geworden und
hat ihr ein Wohlverdieutes Uebergewicht lange Zeit hindurch gesichert.

Mit der Einführung des Soldes hing noch eine andere Neuerung zu¬
sammen. Bisher hatte sich die Reiterei aus geeigneten Männern der ersten
Vermögungsklasse zusammengesetzt, ohne daß dasür innerhalb jener Klasse noch
ein besonderer Census stattgefunden hätte. Jetzt wurde ein solcher eingeführt,
und zwar betrug der esnsus «ZHUöZwr wahrscheinlich das Zehnfache des
Minimalsatzes der ersten Klasse. In Folge dessen füllten sich um die Ritt er -
centurien ausschließlich mit den reichsten Männern. Diese aber waren zu
nicht geringem Theile bejahrt oder in Führerstelleu beim Heere oder Staats¬
beamte, und so kam es, daß die eensusmnßige Ritterschaft bald genug ihren
eigentlich militärischen Charakter zu verlieren begann und mehr und mehr zu
einer Abtheilung der Aristokratie wurde, welche die Plutokraten Rom's d. h.
die reichsten Männer des Patrizicits wie des Plebejats, umfaßte. Dem entsprach
es, daß sich nun neben den Rittercenturien eine zweite eigentliche Reiterei ent¬
wickelte. Anlaß dazu wurde der Umstand, daß sich bei der Belagerung vou
Veii junge Leute freiwillig zum Reiterdienste gemeldet hatten, obgleich sie nicht
zu den Nittereeuturien gehörten. Dieser freiwillige Reiterdienst (6<zuo xrivato)
mochte sich uun wohl besser bewährt haben als der der Centurien (semo xudliev)
und man entschloß sich, die Gestellung Freiwilliger durch besonders günstige
Bedingungen aufzumuntern: die «ziMtes erhielten den dreifachen Sold und
beim Triumphe den dreifachen Beuteantheil der xoäiws.*)

Der einfache Tag es-Sold betrug etwa 25 Pfennig heutigen Geldes,
wurde aber nur zum Theil baar, zum Theil in Naturalien ausgezahlt. Dem
Reiter wurde auch die Gerstenration geliefert und vom Solde abgezogen."")

Die Einführung der Löhnung ward bald der Ausgangspunkt weiterer
Aenderung der alten servicinischen Heeresordnung, ja endlich einer tiefgreifenden
Umgestaltung, welche sich im Laufe der Zeit, schrittweise und cillmcilig vollzog
und in deren Folge die Unterschiede der Censusklassen innerhalb der Legion
stetig an Bedeutung verloren. Wohl blieb die Eintheilung des Volkes nach
Vermögensklassen fortbestehen; allein an die Stelle der ausschließlich
nach dem Census geregelten Wehrpflicht trat nach und nach
ein dnrch die Soldzahluug ermöglichtes Couseriptionssystem,




*) Lange und Marguard.
**) v. Baumann: Studien über die Verpflegung der Kriegsheere im Felde. Leipzig l867.
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[0131] beschreiten; es hielt vielmehr fest an dem ausschließlichen Bürgerkriegsdienst, und die Einführung des Soldes diente keineswegs als Lockung zu einem ge¬ winnreichen Gewerbe, sondern nur als Erleichterung der Last. — Diese Ein¬ richtung ist für die kriegerische Kraft Rom's vom größten Werth geworden und hat ihr ein Wohlverdieutes Uebergewicht lange Zeit hindurch gesichert. Mit der Einführung des Soldes hing noch eine andere Neuerung zu¬ sammen. Bisher hatte sich die Reiterei aus geeigneten Männern der ersten Vermögungsklasse zusammengesetzt, ohne daß dasür innerhalb jener Klasse noch ein besonderer Census stattgefunden hätte. Jetzt wurde ein solcher eingeführt, und zwar betrug der esnsus «ZHUöZwr wahrscheinlich das Zehnfache des Minimalsatzes der ersten Klasse. In Folge dessen füllten sich um die Ritt er - centurien ausschließlich mit den reichsten Männern. Diese aber waren zu nicht geringem Theile bejahrt oder in Führerstelleu beim Heere oder Staats¬ beamte, und so kam es, daß die eensusmnßige Ritterschaft bald genug ihren eigentlich militärischen Charakter zu verlieren begann und mehr und mehr zu einer Abtheilung der Aristokratie wurde, welche die Plutokraten Rom's d. h. die reichsten Männer des Patrizicits wie des Plebejats, umfaßte. Dem entsprach es, daß sich nun neben den Rittercenturien eine zweite eigentliche Reiterei ent¬ wickelte. Anlaß dazu wurde der Umstand, daß sich bei der Belagerung vou Veii junge Leute freiwillig zum Reiterdienste gemeldet hatten, obgleich sie nicht zu den Nittereeuturien gehörten. Dieser freiwillige Reiterdienst (6<zuo xrivato) mochte sich uun wohl besser bewährt haben als der der Centurien (semo xudliev) und man entschloß sich, die Gestellung Freiwilliger durch besonders günstige Bedingungen aufzumuntern: die «ziMtes erhielten den dreifachen Sold und beim Triumphe den dreifachen Beuteantheil der xoäiws.*) Der einfache Tag es-Sold betrug etwa 25 Pfennig heutigen Geldes, wurde aber nur zum Theil baar, zum Theil in Naturalien ausgezahlt. Dem Reiter wurde auch die Gerstenration geliefert und vom Solde abgezogen."") Die Einführung der Löhnung ward bald der Ausgangspunkt weiterer Aenderung der alten servicinischen Heeresordnung, ja endlich einer tiefgreifenden Umgestaltung, welche sich im Laufe der Zeit, schrittweise und cillmcilig vollzog und in deren Folge die Unterschiede der Censusklassen innerhalb der Legion stetig an Bedeutung verloren. Wohl blieb die Eintheilung des Volkes nach Vermögensklassen fortbestehen; allein an die Stelle der ausschließlich nach dem Census geregelten Wehrpflicht trat nach und nach ein dnrch die Soldzahluug ermöglichtes Couseriptionssystem, *) Lange und Marguard. **) v. Baumann: Studien über die Verpflegung der Kriegsheere im Felde. Leipzig l867.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/131>, abgerufen am 22.07.2024.