Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

mit den zugezogenen Insassen, die Patrizier mit der Plebs zu Einem Volke
verschmelzen.*)

Anfangs schlössen die 4 Tribus der Stadt wahrscheinlich die angrenzenden
Theile des Landgebietes mit ein; bald aber traf man für den i^ör romanus
eine selbständige Eintheilung in tribus rnstio^o, deren anfangs 16 eingerichtet
und nach den in ihnen angesessenen Patrizierfamilien benannt wurden. Den
nun vorhandenen 20 Tribus trat dann, vermuthlich im 4. Jahrhundert, die
sogen, (üruswraing, als 21. Tribus hinzu. Jede dieser Tribus scheint in 8
Centurien zerfallen zu sein und ein Kontingent von 200 Mann zu jeder Legion
gestellt zu haben, sodaß Aenderungen in der Zahl der Tribus unmittelbar
Einfluß übten auf die Stärke der Legion. Eine solche Aenderung trat im
Jahre 385 ein, indem vier neue Tribus hinzugefügt wurden. Zugleich wurde
die Zahl der Centurien jeder Tribus verdoppelt also ans 16 gebracht, so daß
es seit 385, abgesehen von den Rittereentarieu, 400 Centurien gab, d. h, eine Ge-
sammtarmee von 40,000, ein Feldheer von 20,000 Mann zu Fuß. Dies wurde
nun nicht mehr in 2 sondern in 4 Legionen getheilt, und so war die Legions¬
stärke damals 5000 Mann.**)

Die Bnrgerversammlungen der Römer, die Centuriatkomitien, hatten einen
durchaus militärischen Charakter. Die versammelte Menge war der "sxoroiws".
.Die Centurien der ersten Klasse standen in 4 Gliedern vorn; die der andern
folgten in je einem Gliede. Außerdem waren die Männer aber vom rechten
zum linken Flügel nach den Tribus geordnet, deren Bezirkskontingent je eine
Kohorte***) darstellte, sodaß man sich die Aufstellungsweise der servianischen
Zeit und zwar nicht nur die in der Phalanx sondern auch die in den Comitien,
ganz so wie die attische Heerschaar in der Schlacht bei Marathon als eine Kette
nebeneinander stehender Bezirkskontingente zu denken hat. Wie in Attika die
Phylen, so waren in Rom die Tribus natürliche Grundlage der Massirung des
Fußvolks.

Das taktische Verhalten der phalangitischen Klassenlegion
entsprach wohl durchaus dem der altdorischen Phalanx; doch gab der
Legion die Beigabe der Rittereentnrien einen Vorzug. Denn obgleich diese
nunmehr auf den Flügeln der Phalanx aufgestellt und deren Befehlshabern
untergeordnet wurden, die Ritterschaft also den Charakter als Hauptwaffe





Mommsen ni> a, O,
") Th, Steinwender: Ueber die Stärke der römischen Legion und die Ursache ihres
allmählichen Wachsens. Programm des Kömgl. Gymnasiums zu Marienburg. Danzig 1877.
'
'") In dem tat. <'.1or", ovi"> oabars kehrt das griech. ^so?os wieder. Es bezeichnet
wie Norton ursprünglich einen umfriedeten Raum, und schon diese Herkunft des Wortes
Kohorte deutet darauf hin, daß der organisatorische Begriff eine lokale Unterlage hat, also
anfänglich das Kontingent eines bestimmten Bezirkes darstellte. (Ehb.)

mit den zugezogenen Insassen, die Patrizier mit der Plebs zu Einem Volke
verschmelzen.*)

Anfangs schlössen die 4 Tribus der Stadt wahrscheinlich die angrenzenden
Theile des Landgebietes mit ein; bald aber traf man für den i^ör romanus
eine selbständige Eintheilung in tribus rnstio^o, deren anfangs 16 eingerichtet
und nach den in ihnen angesessenen Patrizierfamilien benannt wurden. Den
nun vorhandenen 20 Tribus trat dann, vermuthlich im 4. Jahrhundert, die
sogen, (üruswraing, als 21. Tribus hinzu. Jede dieser Tribus scheint in 8
Centurien zerfallen zu sein und ein Kontingent von 200 Mann zu jeder Legion
gestellt zu haben, sodaß Aenderungen in der Zahl der Tribus unmittelbar
Einfluß übten auf die Stärke der Legion. Eine solche Aenderung trat im
Jahre 385 ein, indem vier neue Tribus hinzugefügt wurden. Zugleich wurde
die Zahl der Centurien jeder Tribus verdoppelt also ans 16 gebracht, so daß
es seit 385, abgesehen von den Rittereentarieu, 400 Centurien gab, d. h, eine Ge-
sammtarmee von 40,000, ein Feldheer von 20,000 Mann zu Fuß. Dies wurde
nun nicht mehr in 2 sondern in 4 Legionen getheilt, und so war die Legions¬
stärke damals 5000 Mann.**)

Die Bnrgerversammlungen der Römer, die Centuriatkomitien, hatten einen
durchaus militärischen Charakter. Die versammelte Menge war der „sxoroiws".
.Die Centurien der ersten Klasse standen in 4 Gliedern vorn; die der andern
folgten in je einem Gliede. Außerdem waren die Männer aber vom rechten
zum linken Flügel nach den Tribus geordnet, deren Bezirkskontingent je eine
Kohorte***) darstellte, sodaß man sich die Aufstellungsweise der servianischen
Zeit und zwar nicht nur die in der Phalanx sondern auch die in den Comitien,
ganz so wie die attische Heerschaar in der Schlacht bei Marathon als eine Kette
nebeneinander stehender Bezirkskontingente zu denken hat. Wie in Attika die
Phylen, so waren in Rom die Tribus natürliche Grundlage der Massirung des
Fußvolks.

Das taktische Verhalten der phalangitischen Klassenlegion
entsprach wohl durchaus dem der altdorischen Phalanx; doch gab der
Legion die Beigabe der Rittereentnrien einen Vorzug. Denn obgleich diese
nunmehr auf den Flügeln der Phalanx aufgestellt und deren Befehlshabern
untergeordnet wurden, die Ritterschaft also den Charakter als Hauptwaffe





Mommsen ni> a, O,
") Th, Steinwender: Ueber die Stärke der römischen Legion und die Ursache ihres
allmählichen Wachsens. Programm des Kömgl. Gymnasiums zu Marienburg. Danzig 1877.
'
'") In dem tat. <'.1or», ovi»> oabars kehrt das griech. ^so?os wieder. Es bezeichnet
wie Norton ursprünglich einen umfriedeten Raum, und schon diese Herkunft des Wortes
Kohorte deutet darauf hin, daß der organisatorische Begriff eine lokale Unterlage hat, also
anfänglich das Kontingent eines bestimmten Bezirkes darstellte. (Ehb.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140451"/>
          <p xml:id="ID_296" prev="#ID_295"> mit den zugezogenen Insassen, die Patrizier mit der Plebs zu Einem Volke<lb/>
verschmelzen.*)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_297"> Anfangs schlössen die 4 Tribus der Stadt wahrscheinlich die angrenzenden<lb/>
Theile des Landgebietes mit ein; bald aber traf man für den i^ör romanus<lb/>
eine selbständige Eintheilung in tribus rnstio^o, deren anfangs 16 eingerichtet<lb/>
und nach den in ihnen angesessenen Patrizierfamilien benannt wurden. Den<lb/>
nun vorhandenen 20 Tribus trat dann, vermuthlich im 4. Jahrhundert, die<lb/>
sogen, (üruswraing, als 21. Tribus hinzu. Jede dieser Tribus scheint in 8<lb/>
Centurien zerfallen zu sein und ein Kontingent von 200 Mann zu jeder Legion<lb/>
gestellt zu haben, sodaß Aenderungen in der Zahl der Tribus unmittelbar<lb/>
Einfluß übten auf die Stärke der Legion. Eine solche Aenderung trat im<lb/>
Jahre 385 ein, indem vier neue Tribus hinzugefügt wurden. Zugleich wurde<lb/>
die Zahl der Centurien jeder Tribus verdoppelt also ans 16 gebracht, so daß<lb/>
es seit 385, abgesehen von den Rittereentarieu, 400 Centurien gab, d. h, eine Ge-<lb/>
sammtarmee von 40,000, ein Feldheer von 20,000 Mann zu Fuß. Dies wurde<lb/>
nun nicht mehr in 2 sondern in 4 Legionen getheilt, und so war die Legions¬<lb/>
stärke damals 5000 Mann.**)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_298"> Die Bnrgerversammlungen der Römer, die Centuriatkomitien, hatten einen<lb/>
durchaus militärischen Charakter. Die versammelte Menge war der &#x201E;sxoroiws".<lb/>
.Die Centurien der ersten Klasse standen in 4 Gliedern vorn; die der andern<lb/>
folgten in je einem Gliede. Außerdem waren die Männer aber vom rechten<lb/>
zum linken Flügel nach den Tribus geordnet, deren Bezirkskontingent je eine<lb/>
Kohorte***) darstellte, sodaß man sich die Aufstellungsweise der servianischen<lb/>
Zeit und zwar nicht nur die in der Phalanx sondern auch die in den Comitien,<lb/>
ganz so wie die attische Heerschaar in der Schlacht bei Marathon als eine Kette<lb/>
nebeneinander stehender Bezirkskontingente zu denken hat. Wie in Attika die<lb/>
Phylen, so waren in Rom die Tribus natürliche Grundlage der Massirung des<lb/>
Fußvolks.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_299" next="#ID_300"> Das taktische Verhalten der phalangitischen Klassenlegion<lb/>
entsprach wohl durchaus dem der altdorischen Phalanx; doch gab der<lb/>
Legion die Beigabe der Rittereentnrien einen Vorzug. Denn obgleich diese<lb/>
nunmehr auf den Flügeln der Phalanx aufgestellt und deren Befehlshabern<lb/>
untergeordnet wurden, die Ritterschaft also den Charakter als Hauptwaffe</p><lb/>
          <note xml:id="FID_52" place="foot"> Mommsen ni&gt; a, O,</note><lb/>
          <note xml:id="FID_53" place="foot"> ") Th, Steinwender: Ueber die Stärke der römischen Legion und die Ursache ihres<lb/>
allmählichen Wachsens. Programm des Kömgl. Gymnasiums zu Marienburg. Danzig 1877.<lb/>
'</note><lb/>
          <note xml:id="FID_54" place="foot"> '") In dem tat. &lt;'.1or», ovi»&gt; oabars kehrt das griech. ^so?os wieder. Es bezeichnet<lb/>
wie Norton ursprünglich einen umfriedeten Raum, und schon diese Herkunft des Wortes<lb/>
Kohorte deutet darauf hin, daß der organisatorische Begriff eine lokale Unterlage hat, also<lb/>
anfänglich das Kontingent eines bestimmten Bezirkes darstellte. (Ehb.)</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0100] mit den zugezogenen Insassen, die Patrizier mit der Plebs zu Einem Volke verschmelzen.*) Anfangs schlössen die 4 Tribus der Stadt wahrscheinlich die angrenzenden Theile des Landgebietes mit ein; bald aber traf man für den i^ör romanus eine selbständige Eintheilung in tribus rnstio^o, deren anfangs 16 eingerichtet und nach den in ihnen angesessenen Patrizierfamilien benannt wurden. Den nun vorhandenen 20 Tribus trat dann, vermuthlich im 4. Jahrhundert, die sogen, (üruswraing, als 21. Tribus hinzu. Jede dieser Tribus scheint in 8 Centurien zerfallen zu sein und ein Kontingent von 200 Mann zu jeder Legion gestellt zu haben, sodaß Aenderungen in der Zahl der Tribus unmittelbar Einfluß übten auf die Stärke der Legion. Eine solche Aenderung trat im Jahre 385 ein, indem vier neue Tribus hinzugefügt wurden. Zugleich wurde die Zahl der Centurien jeder Tribus verdoppelt also ans 16 gebracht, so daß es seit 385, abgesehen von den Rittereentarieu, 400 Centurien gab, d. h, eine Ge- sammtarmee von 40,000, ein Feldheer von 20,000 Mann zu Fuß. Dies wurde nun nicht mehr in 2 sondern in 4 Legionen getheilt, und so war die Legions¬ stärke damals 5000 Mann.**) Die Bnrgerversammlungen der Römer, die Centuriatkomitien, hatten einen durchaus militärischen Charakter. Die versammelte Menge war der „sxoroiws". .Die Centurien der ersten Klasse standen in 4 Gliedern vorn; die der andern folgten in je einem Gliede. Außerdem waren die Männer aber vom rechten zum linken Flügel nach den Tribus geordnet, deren Bezirkskontingent je eine Kohorte***) darstellte, sodaß man sich die Aufstellungsweise der servianischen Zeit und zwar nicht nur die in der Phalanx sondern auch die in den Comitien, ganz so wie die attische Heerschaar in der Schlacht bei Marathon als eine Kette nebeneinander stehender Bezirkskontingente zu denken hat. Wie in Attika die Phylen, so waren in Rom die Tribus natürliche Grundlage der Massirung des Fußvolks. Das taktische Verhalten der phalangitischen Klassenlegion entsprach wohl durchaus dem der altdorischen Phalanx; doch gab der Legion die Beigabe der Rittereentnrien einen Vorzug. Denn obgleich diese nunmehr auf den Flügeln der Phalanx aufgestellt und deren Befehlshabern untergeordnet wurden, die Ritterschaft also den Charakter als Hauptwaffe Mommsen ni> a, O, ") Th, Steinwender: Ueber die Stärke der römischen Legion und die Ursache ihres allmählichen Wachsens. Programm des Kömgl. Gymnasiums zu Marienburg. Danzig 1877. ' '") In dem tat. <'.1or», ovi»> oabars kehrt das griech. ^so?os wieder. Es bezeichnet wie Norton ursprünglich einen umfriedeten Raum, und schon diese Herkunft des Wortes Kohorte deutet darauf hin, daß der organisatorische Begriff eine lokale Unterlage hat, also anfänglich das Kontingent eines bestimmten Bezirkes darstellte. (Ehb.)

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/100
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/100>, abgerufen am 22.07.2024.