Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.damals noch in München. Um so größeres Aufsehen mußte die strenge, aber damals noch in München. Um so größeres Aufsehen mußte die strenge, aber <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0097" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139918"/> <p xml:id="ID_328" prev="#ID_327" next="#ID_329"> damals noch in München. Um so größeres Aufsehen mußte die strenge, aber<lb/> gerechtfertigte Kritik des Berliner Berichterstatters über die ersten Arbeiten des<lb/> Cornelius und ihre Aufnahme in Berlin machen! „Es gilt, einen Cornelius<lb/> in Briefen zu behandeln, sagt der Verfasser der „Berliner Briefe" darin----<lb/> Berlin, dies Symbol von Hochmuth und Selbgefälligkeit, Berlin, das nicht<lb/> einmal seinen Schinkel verstanden.... Berlin will es sich anmaßen, über<lb/> einen Meister ein Urtheil zu fällen, der nur mit Entäußerung aller Subjekti¬<lb/> vität aufgefaßt, nur mit voller Hingabe der Kräfte des Gemüths begriffen<lb/> werden kaun! — Es mag immerhin so sein. Aber Cornelius ist einmal in<lb/> Berlin, er hat den Ruf hierher angenommen, er hat für uns zu schaffen an¬<lb/> gefangen und ich glaube, es hat also auch die Stimme des Berliners ein<lb/> Recht, über ihn gehört zu werden." Den Hauptgegenstand der Kritik bildete<lb/> der Carton mit den apokalyptischen Reitern, der eben in Cornelius Atelier<lb/> ausgestellt worden war. Er mache dem Berichterstatter „keineswegs einen er¬<lb/> freulichen Eindruck..., da die derbere Gegenständlichkeit der großen Gestalten<lb/> die Wirkung des kleinen Entwurfs nicht erreichte." Am Ende stand der<lb/> Karton dem Kritiker nicht viel höher als die Entwürfe, welche Cornelius für<lb/> ein Maskenfest bei Hofe nach Tassos befreiten Jerusalem gezeichnet hatte und<lb/> die selbst seine wärmsten Verehrer zu seineu mißlungenen Arbeiten zählten.<lb/> Von diesen Tassobildern hatte der Verfasser der „Berliner Briefe" gesagt: „Und<lb/> kehrte uns ein Raffael wieder und wollte uns Arbeiten der Art unter der<lb/> Autorität seines Namens aufdrängen, ich würde sie mit Entrüstung von mir<lb/> weisen." Am bezeichnendsten für die Stimmung der Berliner Kreise gegenüber<lb/> Cornelius — denn wir dürfen diese Kritik wohl mit Recht als einen Ausdruck<lb/> der allgemeinen Stimmung ansehen — ist aber folgende Stelle: „Diejenige<lb/> persönliche Pietät, die wir für einen Mann empfinden, an den wir bei lang¬<lb/> jährigem Zusammenwirken durch die verschiedenartigsten Bande geknüpft find,<lb/> eine Pietät, wie sie für Cornelius in München noch bewahrt werden mag,<lb/> können wir natürlich nicht für ihn haben ... Auch hat es sich Cornelius nicht<lb/> eben angelegen sein lassen, seinerseits zu uns in ein näheres Verhältniß zu<lb/> treten. Er ist uns, wie es scheint, mit einer gewissen Absichtlichkeit fremd ge¬<lb/> blieben." Daß der König und später in gleichem Grade der Prinzregent, unser<lb/> jetziger Kaiser, daß Männer wie Alexander von Humboldt, der Kultusminister<lb/> von Bethmann-Hollweg, Graf Raczynski, die Brüder Grimm u. a. in. dem<lb/> Meister mit inniger Verehrung zugethan waren, verringerte feine Erbitterung<lb/> gegen Berlin nicht. Als im Herbst 1859 sämmtliche Kartons von Cornelius<lb/> welche im Besitze der preußischen Staatsregierung waren, die zur Münchener<lb/> Glyptothek und die für den projektirten Kamposanto in Berlin ausgestellt waren,<lb/> schrieb Cornelius uuter dem 17. September 1859 aus Rom an einen Freund:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0097]
damals noch in München. Um so größeres Aufsehen mußte die strenge, aber
gerechtfertigte Kritik des Berliner Berichterstatters über die ersten Arbeiten des
Cornelius und ihre Aufnahme in Berlin machen! „Es gilt, einen Cornelius
in Briefen zu behandeln, sagt der Verfasser der „Berliner Briefe" darin----
Berlin, dies Symbol von Hochmuth und Selbgefälligkeit, Berlin, das nicht
einmal seinen Schinkel verstanden.... Berlin will es sich anmaßen, über
einen Meister ein Urtheil zu fällen, der nur mit Entäußerung aller Subjekti¬
vität aufgefaßt, nur mit voller Hingabe der Kräfte des Gemüths begriffen
werden kaun! — Es mag immerhin so sein. Aber Cornelius ist einmal in
Berlin, er hat den Ruf hierher angenommen, er hat für uns zu schaffen an¬
gefangen und ich glaube, es hat also auch die Stimme des Berliners ein
Recht, über ihn gehört zu werden." Den Hauptgegenstand der Kritik bildete
der Carton mit den apokalyptischen Reitern, der eben in Cornelius Atelier
ausgestellt worden war. Er mache dem Berichterstatter „keineswegs einen er¬
freulichen Eindruck..., da die derbere Gegenständlichkeit der großen Gestalten
die Wirkung des kleinen Entwurfs nicht erreichte." Am Ende stand der
Karton dem Kritiker nicht viel höher als die Entwürfe, welche Cornelius für
ein Maskenfest bei Hofe nach Tassos befreiten Jerusalem gezeichnet hatte und
die selbst seine wärmsten Verehrer zu seineu mißlungenen Arbeiten zählten.
Von diesen Tassobildern hatte der Verfasser der „Berliner Briefe" gesagt: „Und
kehrte uns ein Raffael wieder und wollte uns Arbeiten der Art unter der
Autorität seines Namens aufdrängen, ich würde sie mit Entrüstung von mir
weisen." Am bezeichnendsten für die Stimmung der Berliner Kreise gegenüber
Cornelius — denn wir dürfen diese Kritik wohl mit Recht als einen Ausdruck
der allgemeinen Stimmung ansehen — ist aber folgende Stelle: „Diejenige
persönliche Pietät, die wir für einen Mann empfinden, an den wir bei lang¬
jährigem Zusammenwirken durch die verschiedenartigsten Bande geknüpft find,
eine Pietät, wie sie für Cornelius in München noch bewahrt werden mag,
können wir natürlich nicht für ihn haben ... Auch hat es sich Cornelius nicht
eben angelegen sein lassen, seinerseits zu uns in ein näheres Verhältniß zu
treten. Er ist uns, wie es scheint, mit einer gewissen Absichtlichkeit fremd ge¬
blieben." Daß der König und später in gleichem Grade der Prinzregent, unser
jetziger Kaiser, daß Männer wie Alexander von Humboldt, der Kultusminister
von Bethmann-Hollweg, Graf Raczynski, die Brüder Grimm u. a. in. dem
Meister mit inniger Verehrung zugethan waren, verringerte feine Erbitterung
gegen Berlin nicht. Als im Herbst 1859 sämmtliche Kartons von Cornelius
welche im Besitze der preußischen Staatsregierung waren, die zur Münchener
Glyptothek und die für den projektirten Kamposanto in Berlin ausgestellt waren,
schrieb Cornelius uuter dem 17. September 1859 aus Rom an einen Freund:
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