Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zerstört. -- Das heftige Wetter reichte hinauf bis zum Himmel, -- Bruder fah uicht
seineu Bruder, -- Nicht wurden verschont die Menschen. -- Die Götter im Himmel
fürchteten das Wetter -- Und suchten eine Zuflucht. --In den Himmel Anus stiegen
sie auf, -- Wie Hunde mit eingezogenem Schwänze kauerten sie zusammen. --
Und Istar that ihren Mund ans und sprach: -- "Die Welt hat sich gewandt
zur Sünde, -- Und vor den Göttern weissagte ich Verderben." -- Da weinten
die Götter mit ihr, -- Und verhüllt waren ihre Lippen wegen des kommenden
Verderbens. -- Sechs Tage und Nächte vergingen, -- Das Wetter wurde
übermächtig. -- Am siebenten Tage ward still der Sturm in seinem Laufe, --
Das Wetter ward ruhig, -- Die See ließ er trocknen, -- Der Wind und das
Wetter hörten auf. -- Ich ward fortgetragen durch das Meer der Uebelthäter,
-- Und alle die Menschenkinder, die sich wandten zur Sünde, -- Wie Schilf
trieben ihre Leichname umher. -- Ick) that das Fenster auf, -- Und Licht
brach herein über meine Zuflucht. -- Ich fuhr über das Ufer am Meeresende,
-- Zum Lande Nizir kam das Schiff; -- Darüber hinwegfahren konnte ich
nicht. -- Am siebenten Tage, wie er dahinschwand, -- sandte ich aus eine
Taube. -- Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte
-- Fand sie nicht, und sie kehrte wieder. -- Ich sandte aus eine Schwalbe. --
Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte -- Fand sie
nicht, und sie kehrte wieder. -- Ich sandte aus einen Raben, und er verließ
mich. -- Der Rabe flog davon, und die Leichname auf den Wassern -- Sah
er, und er fraß, er schwamm; -- Hinweg flog er und kehrte nicht wieder. --
Ich sandte aus alles Lebendige nach den vier Winden; -- Ich goß aus ein
Trankopfer. -- Ich baute einen Altar ans der Spitze des Berges, -- An sieben
Pflanzen schnitt ich, -- Untenhin legte ich Schilf, Fichtenreiser und Gewürze.
-- Die Götter versammelten sich, als es brannte, -- Als es wohlgefällig
brannte, -- Die Götter, wie Fliegen fielen sie über das Opfer her."

Und nachdem nun Hea verheißen, daß eine Fluth nicht wieder kommen
solle, fährt Columne IV also fort:

"Als sein Gericht vollzogen war, -- Ging Bel mitten aufs Schiff, --
Nahm meine Hand und führte mich heraus -- Und ließ bringen mein Weib
an meine Seite. -- Er reinigte das Land, -- Er machte einen Bund, -- Er
gab seinen Segen vor Hasisadra und dem Volke." --

Dies möge zur Charakterisirung dieser assyrischen Sintflnthsversiou ge¬
nügen ; ich habe weder alles geben, noch die Kontinuität wahren können wegen
der vielen Lücken. Die Götter, welche, wie die Fliegen über eine leckre Speise,
über das Opfer herfallen, die den Schweif wie Hunde vor dem Donner ein¬
ziehen und sich feig zu Ann flüchten, alle diese anthropomorphistischen Vor¬
stellungen weichen zwar von der Fassung der semitischen Tradition durchaus


zerstört. — Das heftige Wetter reichte hinauf bis zum Himmel, — Bruder fah uicht
seineu Bruder, — Nicht wurden verschont die Menschen. — Die Götter im Himmel
fürchteten das Wetter — Und suchten eine Zuflucht. —In den Himmel Anus stiegen
sie auf, — Wie Hunde mit eingezogenem Schwänze kauerten sie zusammen. —
Und Istar that ihren Mund ans und sprach: — „Die Welt hat sich gewandt
zur Sünde, — Und vor den Göttern weissagte ich Verderben." — Da weinten
die Götter mit ihr, — Und verhüllt waren ihre Lippen wegen des kommenden
Verderbens. — Sechs Tage und Nächte vergingen, — Das Wetter wurde
übermächtig. — Am siebenten Tage ward still der Sturm in seinem Laufe, —
Das Wetter ward ruhig, — Die See ließ er trocknen, — Der Wind und das
Wetter hörten auf. — Ich ward fortgetragen durch das Meer der Uebelthäter,
— Und alle die Menschenkinder, die sich wandten zur Sünde, — Wie Schilf
trieben ihre Leichname umher. — Ick) that das Fenster auf, — Und Licht
brach herein über meine Zuflucht. — Ich fuhr über das Ufer am Meeresende,
— Zum Lande Nizir kam das Schiff; — Darüber hinwegfahren konnte ich
nicht. — Am siebenten Tage, wie er dahinschwand, — sandte ich aus eine
Taube. — Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte
— Fand sie nicht, und sie kehrte wieder. — Ich sandte aus eine Schwalbe. —
Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte — Fand sie
nicht, und sie kehrte wieder. — Ich sandte aus einen Raben, und er verließ
mich. — Der Rabe flog davon, und die Leichname auf den Wassern — Sah
er, und er fraß, er schwamm; — Hinweg flog er und kehrte nicht wieder. —
Ich sandte aus alles Lebendige nach den vier Winden; — Ich goß aus ein
Trankopfer. — Ich baute einen Altar ans der Spitze des Berges, — An sieben
Pflanzen schnitt ich, — Untenhin legte ich Schilf, Fichtenreiser und Gewürze.
— Die Götter versammelten sich, als es brannte, — Als es wohlgefällig
brannte, — Die Götter, wie Fliegen fielen sie über das Opfer her."

Und nachdem nun Hea verheißen, daß eine Fluth nicht wieder kommen
solle, fährt Columne IV also fort:

„Als sein Gericht vollzogen war, — Ging Bel mitten aufs Schiff, —
Nahm meine Hand und führte mich heraus — Und ließ bringen mein Weib
an meine Seite. — Er reinigte das Land, — Er machte einen Bund, — Er
gab seinen Segen vor Hasisadra und dem Volke." —

Dies möge zur Charakterisirung dieser assyrischen Sintflnthsversiou ge¬
nügen ; ich habe weder alles geben, noch die Kontinuität wahren können wegen
der vielen Lücken. Die Götter, welche, wie die Fliegen über eine leckre Speise,
über das Opfer herfallen, die den Schweif wie Hunde vor dem Donner ein¬
ziehen und sich feig zu Ann flüchten, alle diese anthropomorphistischen Vor¬
stellungen weichen zwar von der Fassung der semitischen Tradition durchaus


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0065" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139886"/>
          <p xml:id="ID_227" prev="#ID_226"> zerstört. &#x2014; Das heftige Wetter reichte hinauf bis zum Himmel, &#x2014; Bruder fah uicht<lb/>
seineu Bruder, &#x2014; Nicht wurden verschont die Menschen. &#x2014; Die Götter im Himmel<lb/>
fürchteten das Wetter &#x2014; Und suchten eine Zuflucht. &#x2014;In den Himmel Anus stiegen<lb/>
sie auf, &#x2014; Wie Hunde mit eingezogenem Schwänze kauerten sie zusammen. &#x2014;<lb/>
Und Istar that ihren Mund ans und sprach: &#x2014; &#x201E;Die Welt hat sich gewandt<lb/>
zur Sünde, &#x2014; Und vor den Göttern weissagte ich Verderben." &#x2014; Da weinten<lb/>
die Götter mit ihr, &#x2014; Und verhüllt waren ihre Lippen wegen des kommenden<lb/>
Verderbens. &#x2014; Sechs Tage und Nächte vergingen, &#x2014; Das Wetter wurde<lb/>
übermächtig. &#x2014; Am siebenten Tage ward still der Sturm in seinem Laufe, &#x2014;<lb/>
Das Wetter ward ruhig, &#x2014; Die See ließ er trocknen, &#x2014; Der Wind und das<lb/>
Wetter hörten auf. &#x2014; Ich ward fortgetragen durch das Meer der Uebelthäter,<lb/>
&#x2014; Und alle die Menschenkinder, die sich wandten zur Sünde, &#x2014; Wie Schilf<lb/>
trieben ihre Leichname umher. &#x2014; Ick) that das Fenster auf, &#x2014; Und Licht<lb/>
brach herein über meine Zuflucht. &#x2014; Ich fuhr über das Ufer am Meeresende,<lb/>
&#x2014; Zum Lande Nizir kam das Schiff; &#x2014; Darüber hinwegfahren konnte ich<lb/>
nicht. &#x2014; Am siebenten Tage, wie er dahinschwand, &#x2014; sandte ich aus eine<lb/>
Taube. &#x2014; Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte<lb/>
&#x2014; Fand sie nicht, und sie kehrte wieder. &#x2014; Ich sandte aus eine Schwalbe. &#x2014;<lb/>
Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte &#x2014; Fand sie<lb/>
nicht, und sie kehrte wieder. &#x2014; Ich sandte aus einen Raben, und er verließ<lb/>
mich. &#x2014; Der Rabe flog davon, und die Leichname auf den Wassern &#x2014; Sah<lb/>
er, und er fraß, er schwamm; &#x2014; Hinweg flog er und kehrte nicht wieder. &#x2014;<lb/>
Ich sandte aus alles Lebendige nach den vier Winden; &#x2014; Ich goß aus ein<lb/>
Trankopfer. &#x2014; Ich baute einen Altar ans der Spitze des Berges, &#x2014; An sieben<lb/>
Pflanzen schnitt ich, &#x2014; Untenhin legte ich Schilf, Fichtenreiser und Gewürze.<lb/>
&#x2014; Die Götter versammelten sich, als es brannte, &#x2014; Als es wohlgefällig<lb/>
brannte, &#x2014; Die Götter, wie Fliegen fielen sie über das Opfer her."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_228"> Und nachdem nun Hea verheißen, daß eine Fluth nicht wieder kommen<lb/>
solle, fährt Columne IV also fort:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_229"> &#x201E;Als sein Gericht vollzogen war, &#x2014; Ging Bel mitten aufs Schiff, &#x2014;<lb/>
Nahm meine Hand und führte mich heraus &#x2014; Und ließ bringen mein Weib<lb/>
an meine Seite. &#x2014; Er reinigte das Land, &#x2014; Er machte einen Bund, &#x2014; Er<lb/>
gab seinen Segen vor Hasisadra und dem Volke." &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_230" next="#ID_231"> Dies möge zur Charakterisirung dieser assyrischen Sintflnthsversiou ge¬<lb/>
nügen ; ich habe weder alles geben, noch die Kontinuität wahren können wegen<lb/>
der vielen Lücken. Die Götter, welche, wie die Fliegen über eine leckre Speise,<lb/>
über das Opfer herfallen, die den Schweif wie Hunde vor dem Donner ein¬<lb/>
ziehen und sich feig zu Ann flüchten, alle diese anthropomorphistischen Vor¬<lb/>
stellungen weichen zwar von der Fassung der semitischen Tradition durchaus</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0065] zerstört. — Das heftige Wetter reichte hinauf bis zum Himmel, — Bruder fah uicht seineu Bruder, — Nicht wurden verschont die Menschen. — Die Götter im Himmel fürchteten das Wetter — Und suchten eine Zuflucht. —In den Himmel Anus stiegen sie auf, — Wie Hunde mit eingezogenem Schwänze kauerten sie zusammen. — Und Istar that ihren Mund ans und sprach: — „Die Welt hat sich gewandt zur Sünde, — Und vor den Göttern weissagte ich Verderben." — Da weinten die Götter mit ihr, — Und verhüllt waren ihre Lippen wegen des kommenden Verderbens. — Sechs Tage und Nächte vergingen, — Das Wetter wurde übermächtig. — Am siebenten Tage ward still der Sturm in seinem Laufe, — Das Wetter ward ruhig, — Die See ließ er trocknen, — Der Wind und das Wetter hörten auf. — Ich ward fortgetragen durch das Meer der Uebelthäter, — Und alle die Menschenkinder, die sich wandten zur Sünde, — Wie Schilf trieben ihre Leichname umher. — Ick) that das Fenster auf, — Und Licht brach herein über meine Zuflucht. — Ich fuhr über das Ufer am Meeresende, — Zum Lande Nizir kam das Schiff; — Darüber hinwegfahren konnte ich nicht. — Am siebenten Tage, wie er dahinschwand, — sandte ich aus eine Taube. — Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte — Fand sie nicht, und sie kehrte wieder. — Ich sandte aus eine Schwalbe. — Sie verließ mich und flog davon und suchte und eine Ruhestätte — Fand sie nicht, und sie kehrte wieder. — Ich sandte aus einen Raben, und er verließ mich. — Der Rabe flog davon, und die Leichname auf den Wassern — Sah er, und er fraß, er schwamm; — Hinweg flog er und kehrte nicht wieder. — Ich sandte aus alles Lebendige nach den vier Winden; — Ich goß aus ein Trankopfer. — Ich baute einen Altar ans der Spitze des Berges, — An sieben Pflanzen schnitt ich, — Untenhin legte ich Schilf, Fichtenreiser und Gewürze. — Die Götter versammelten sich, als es brannte, — Als es wohlgefällig brannte, — Die Götter, wie Fliegen fielen sie über das Opfer her." Und nachdem nun Hea verheißen, daß eine Fluth nicht wieder kommen solle, fährt Columne IV also fort: „Als sein Gericht vollzogen war, — Ging Bel mitten aufs Schiff, — Nahm meine Hand und führte mich heraus — Und ließ bringen mein Weib an meine Seite. — Er reinigte das Land, — Er machte einen Bund, — Er gab seinen Segen vor Hasisadra und dem Volke." — Dies möge zur Charakterisirung dieser assyrischen Sintflnthsversiou ge¬ nügen ; ich habe weder alles geben, noch die Kontinuität wahren können wegen der vielen Lücken. Die Götter, welche, wie die Fliegen über eine leckre Speise, über das Opfer herfallen, die den Schweif wie Hunde vor dem Donner ein¬ ziehen und sich feig zu Ann flüchten, alle diese anthropomorphistischen Vor¬ stellungen weichen zwar von der Fassung der semitischen Tradition durchaus

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/65
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/65>, abgerufen am 27.07.2024.