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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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noch wohnte bei dem andern, -- Noch wandelten keine Thiere umher, -- Noch
keiner der Götter war geboren. -- Ihre Namen waren noch nicht genannt, --
Ihre Eigenschaften noch nicht bekannt. -- Dann wurden die ältesten der Götter,
Lakhmu und Lakamu, geboren, -- Und sie wuchsen, -- Assur und Kissur wurden
dann geboren und lebten durch lange Zeiten. -- Der Gott Ann.....hier
bricht die Zeile ab. -- Auf die eine Grundabweichung von der mosaischen Dar¬
stellung will ich kurz hinweisen. Wir haben hier die moderne Evolutionstheorie
bereits angewandt auf Gott. Das Chaos der Wasser gebiert ihn und seine Mit¬
götter; die Tlamat, "die göttliche Mutter, die den Himmel geboren", zeugt sie,**)
während Moses die absolute Existenz, seinen Jahveh als den Urquell alles Sei¬
enden an die Spitze stellt. Und welche gewaltige Majestät und ergreifende Ein¬
fachheit gebraucht dieser Moses zu demselben Gedanken: "Am Anfang schuf
Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüste und leer, und es war
finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte ans den Wassern."

Dem 4. biblischen Schöpfungstage entspricht das 5. Tüfelchen, welches so
.lautet:

"Er machte Wohnungen für die großen Götter, -- Himmelszeiehen fetzte
er, ihre Zeichen wie Thiere, -- Er machte das Jahr; in 4 Viertel theilte er
es. -- 12 Monate machte er mit den Himmelszeiehen, je 3 und 3, -- Und
Festzeiten setzte er für die Tage des Jahres. -- Er machte Wohnungen für
die Planeten, für ihren Auf- und Niedergang; -- Und damit sie recht liefen,
und ihr Lauf nicht verzögert werde, -- Machte er die Wohnungen von Bel
und Hea nahe bei ihnen. -- Große Thore öffnete er an beiden Seiten. --
Er machte sie fest und stark, links und rechts, -- In ihre Mitte setzte er
Lichter; -- Er machte den Mond, die Nacht zu regieren, -- Zu wandern durch
die Nacht bis zur Morgendämmerung. -- Am Anfange des Monats, wenn
die Nacht beginnt, -- schossen ans seine Hörner, die Himmel zu erleuchten. --
Auf den 7. Tag bestimmte er einen heiligen Tag, -- Und aufzuhören von
aller Arbeit, befahl er. -- Dann stieg auf am Himmelshorizonte die Sonne
in Pracht." -- Hier bricht abermals die Tafel ab; aber auch das Fragment ist
außerordentlich wichtig, denn es giebt die vollständige Grundlage der ganzen




") Ueetwg ok tlo Loeletz? ok Litt. ^.roi^col,, I>onäou, 4. Januar 1876. Es ist die
Entzifferung von Fox Talbot ?. N. 8., welche einigermaßen von derjenigen G, Smith's in
seinein ^vo> ok Smesis (xxix, 263 ff.) abweicht. -- Ich bemerke hier gleich für das
Folgende, daß ich in den Uebersetzungen weiter unten den Text zwar möglichst wörtlich, aber
nicht in seiner genauen fragmentaren Gestalt gebe. Daran hätte sich eine fnchwissenschaft-
Uche Svezmlstudie zu bemühen; ich muß deshalb das weitergehende Interesse meiner Leser
' °uf die einschlägigen Partien in S. LwitK, vuslä, ^<-o. c>t "erosis, I.ol>av", 1876, oder
für den Sintsluthsbericht in deutscher Uebersetzung auf meinen Aufsatz in den "Jahrb. für
dmtsche Theologie", Bd. 13, Heft 1. 1873, xs-s, 74--79 verweisen.
**
) ^vaäsw^, 6. Oktober 1377, i>ax, 344.
Grenzboten II. 1378. 3

noch wohnte bei dem andern, — Noch wandelten keine Thiere umher, — Noch
keiner der Götter war geboren. — Ihre Namen waren noch nicht genannt, —
Ihre Eigenschaften noch nicht bekannt. — Dann wurden die ältesten der Götter,
Lakhmu und Lakamu, geboren, — Und sie wuchsen, — Assur und Kissur wurden
dann geboren und lebten durch lange Zeiten. — Der Gott Ann.....hier
bricht die Zeile ab. — Auf die eine Grundabweichung von der mosaischen Dar¬
stellung will ich kurz hinweisen. Wir haben hier die moderne Evolutionstheorie
bereits angewandt auf Gott. Das Chaos der Wasser gebiert ihn und seine Mit¬
götter; die Tlamat, „die göttliche Mutter, die den Himmel geboren", zeugt sie,**)
während Moses die absolute Existenz, seinen Jahveh als den Urquell alles Sei¬
enden an die Spitze stellt. Und welche gewaltige Majestät und ergreifende Ein¬
fachheit gebraucht dieser Moses zu demselben Gedanken: „Am Anfang schuf
Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüste und leer, und es war
finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte ans den Wassern."

Dem 4. biblischen Schöpfungstage entspricht das 5. Tüfelchen, welches so
.lautet:

„Er machte Wohnungen für die großen Götter, — Himmelszeiehen fetzte
er, ihre Zeichen wie Thiere, — Er machte das Jahr; in 4 Viertel theilte er
es. — 12 Monate machte er mit den Himmelszeiehen, je 3 und 3, — Und
Festzeiten setzte er für die Tage des Jahres. — Er machte Wohnungen für
die Planeten, für ihren Auf- und Niedergang; — Und damit sie recht liefen,
und ihr Lauf nicht verzögert werde, — Machte er die Wohnungen von Bel
und Hea nahe bei ihnen. — Große Thore öffnete er an beiden Seiten. —
Er machte sie fest und stark, links und rechts, — In ihre Mitte setzte er
Lichter; — Er machte den Mond, die Nacht zu regieren, — Zu wandern durch
die Nacht bis zur Morgendämmerung. — Am Anfange des Monats, wenn
die Nacht beginnt, — schossen ans seine Hörner, die Himmel zu erleuchten. —
Auf den 7. Tag bestimmte er einen heiligen Tag, — Und aufzuhören von
aller Arbeit, befahl er. — Dann stieg auf am Himmelshorizonte die Sonne
in Pracht." — Hier bricht abermals die Tafel ab; aber auch das Fragment ist
außerordentlich wichtig, denn es giebt die vollständige Grundlage der ganzen




") Ueetwg ok tlo Loeletz? ok Litt. ^.roi^col,, I>onäou, 4. Januar 1876. Es ist die
Entzifferung von Fox Talbot ?. N. 8., welche einigermaßen von derjenigen G, Smith's in
seinein ^vo> ok Smesis (xxix, 263 ff.) abweicht. — Ich bemerke hier gleich für das
Folgende, daß ich in den Uebersetzungen weiter unten den Text zwar möglichst wörtlich, aber
nicht in seiner genauen fragmentaren Gestalt gebe. Daran hätte sich eine fnchwissenschaft-
Uche Svezmlstudie zu bemühen; ich muß deshalb das weitergehende Interesse meiner Leser
' °uf die einschlägigen Partien in S. LwitK, vuslä, ^<-o. c>t «erosis, I.ol>av», 1876, oder
für den Sintsluthsbericht in deutscher Uebersetzung auf meinen Aufsatz in den „Jahrb. für
dmtsche Theologie", Bd. 13, Heft 1. 1873, xs-s, 74—79 verweisen.
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) ^vaäsw^, 6. Oktober 1377, i>ax, 344.
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[0061] noch wohnte bei dem andern, — Noch wandelten keine Thiere umher, — Noch keiner der Götter war geboren. — Ihre Namen waren noch nicht genannt, — Ihre Eigenschaften noch nicht bekannt. — Dann wurden die ältesten der Götter, Lakhmu und Lakamu, geboren, — Und sie wuchsen, — Assur und Kissur wurden dann geboren und lebten durch lange Zeiten. — Der Gott Ann.....hier bricht die Zeile ab. — Auf die eine Grundabweichung von der mosaischen Dar¬ stellung will ich kurz hinweisen. Wir haben hier die moderne Evolutionstheorie bereits angewandt auf Gott. Das Chaos der Wasser gebiert ihn und seine Mit¬ götter; die Tlamat, „die göttliche Mutter, die den Himmel geboren", zeugt sie,**) während Moses die absolute Existenz, seinen Jahveh als den Urquell alles Sei¬ enden an die Spitze stellt. Und welche gewaltige Majestät und ergreifende Ein¬ fachheit gebraucht dieser Moses zu demselben Gedanken: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüste und leer, und es war finster auf der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte ans den Wassern." Dem 4. biblischen Schöpfungstage entspricht das 5. Tüfelchen, welches so .lautet: „Er machte Wohnungen für die großen Götter, — Himmelszeiehen fetzte er, ihre Zeichen wie Thiere, — Er machte das Jahr; in 4 Viertel theilte er es. — 12 Monate machte er mit den Himmelszeiehen, je 3 und 3, — Und Festzeiten setzte er für die Tage des Jahres. — Er machte Wohnungen für die Planeten, für ihren Auf- und Niedergang; — Und damit sie recht liefen, und ihr Lauf nicht verzögert werde, — Machte er die Wohnungen von Bel und Hea nahe bei ihnen. — Große Thore öffnete er an beiden Seiten. — Er machte sie fest und stark, links und rechts, — In ihre Mitte setzte er Lichter; — Er machte den Mond, die Nacht zu regieren, — Zu wandern durch die Nacht bis zur Morgendämmerung. — Am Anfange des Monats, wenn die Nacht beginnt, — schossen ans seine Hörner, die Himmel zu erleuchten. — Auf den 7. Tag bestimmte er einen heiligen Tag, — Und aufzuhören von aller Arbeit, befahl er. — Dann stieg auf am Himmelshorizonte die Sonne in Pracht." — Hier bricht abermals die Tafel ab; aber auch das Fragment ist außerordentlich wichtig, denn es giebt die vollständige Grundlage der ganzen ") Ueetwg ok tlo Loeletz? ok Litt. ^.roi^col,, I>onäou, 4. Januar 1876. Es ist die Entzifferung von Fox Talbot ?. N. 8., welche einigermaßen von derjenigen G, Smith's in seinein ^vo> ok Smesis (xxix, 263 ff.) abweicht. — Ich bemerke hier gleich für das Folgende, daß ich in den Uebersetzungen weiter unten den Text zwar möglichst wörtlich, aber nicht in seiner genauen fragmentaren Gestalt gebe. Daran hätte sich eine fnchwissenschaft- Uche Svezmlstudie zu bemühen; ich muß deshalb das weitergehende Interesse meiner Leser ' °uf die einschlägigen Partien in S. LwitK, vuslä, ^<-o. c>t «erosis, I.ol>av», 1876, oder für den Sintsluthsbericht in deutscher Uebersetzung auf meinen Aufsatz in den „Jahrb. für dmtsche Theologie", Bd. 13, Heft 1. 1873, xs-s, 74—79 verweisen. ** ) ^vaäsw^, 6. Oktober 1377, i>ax, 344. Grenzboten II. 1378. 3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/61>, abgerufen am 29.12.2024.