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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Ale neueren assyrischen Ausgrabungen.
i.

"Ninive wird das Pompeji Mittelasiens werden, eine unermeßliche und noch
unberührte Fundgrube für unsere Nachkommen, denen ein Champollion sür die
assyrische Schrift nicht fehlen wird. Bereitet den Weg, die Ihr es vermögt durch
Verständnis der Zendsprache, zur Entzifferung auch der assyrischen Keilschrift."

Diese wahrhaft bin'natorische Bemerkung Barthold Niebuhrs, die er in
der Zeit der hochgehenden aegyptologischen Wogen vor fast 50 Jahren einem
Aufsatze Otfried Müller's über "Sandon und Sardancipal" im Rheinischen
Museum ansaugte*) und die selbst unter den Assyriologen in unverdiente Ver¬
gessenheit gerathen zu sein scheint, darf gegenwärtig um so mehr dieser Vergessen¬
heit entrissen und in den Vordergrund gestellt werden, als bekanntlich infolge der
z. Th. begründeten, aber überheftigen Gutschmidschen Angriffe auf die Fehler
eiuer enthusiastischen Assyriologie Gefahr vorhanden ist, daß das Kind mit dem
Bade ausgeschüttet werde, und auch das, was mit Recht unter dem Namen
"gesicherte Resultate" geht, von der bekannten Aörin-MssiraA sköxsis als
werthlos bei Seite geschoben wird.

Die deutsche Wissenschaft, namentlich die Archäologie, hat diese unglückliche
Identification der Einzelerscheinung mit dem Ganzen, auf dem Gebiete der
Ausgrabungen wenigstens, nach mehr als einer Seite hin in unliebsamer Weise
zu bedauern gehabt: ich brauche einerseits nur an die kaum noch schwebende
Frage der Noavltiea, auch an die cyprischen Sammlungen des Generals
Cesnola zu erinnern und andererseits auf die Fülle von Schätzen hinzuweisen,
die in dem begonnenen "Jahrhundert der Ausgrabungen" London, Paris,
Rom, New-York !c. in ihren Museen aufgestapelt haben.



°e Rhein. Museum für Philologie, 3. ^ahrg., Vom? 1829, I>^. 41.
Grenzboten II- 1873.
Ale neueren assyrischen Ausgrabungen.
i.

„Ninive wird das Pompeji Mittelasiens werden, eine unermeßliche und noch
unberührte Fundgrube für unsere Nachkommen, denen ein Champollion sür die
assyrische Schrift nicht fehlen wird. Bereitet den Weg, die Ihr es vermögt durch
Verständnis der Zendsprache, zur Entzifferung auch der assyrischen Keilschrift."

Diese wahrhaft bin'natorische Bemerkung Barthold Niebuhrs, die er in
der Zeit der hochgehenden aegyptologischen Wogen vor fast 50 Jahren einem
Aufsatze Otfried Müller's über „Sandon und Sardancipal" im Rheinischen
Museum ansaugte*) und die selbst unter den Assyriologen in unverdiente Ver¬
gessenheit gerathen zu sein scheint, darf gegenwärtig um so mehr dieser Vergessen¬
heit entrissen und in den Vordergrund gestellt werden, als bekanntlich infolge der
z. Th. begründeten, aber überheftigen Gutschmidschen Angriffe auf die Fehler
eiuer enthusiastischen Assyriologie Gefahr vorhanden ist, daß das Kind mit dem
Bade ausgeschüttet werde, und auch das, was mit Recht unter dem Namen
„gesicherte Resultate" geht, von der bekannten Aörin-MssiraA sköxsis als
werthlos bei Seite geschoben wird.

Die deutsche Wissenschaft, namentlich die Archäologie, hat diese unglückliche
Identification der Einzelerscheinung mit dem Ganzen, auf dem Gebiete der
Ausgrabungen wenigstens, nach mehr als einer Seite hin in unliebsamer Weise
zu bedauern gehabt: ich brauche einerseits nur an die kaum noch schwebende
Frage der Noavltiea, auch an die cyprischen Sammlungen des Generals
Cesnola zu erinnern und andererseits auf die Fülle von Schätzen hinzuweisen,
die in dem begonnenen „Jahrhundert der Ausgrabungen" London, Paris,
Rom, New-York !c. in ihren Museen aufgestapelt haben.



°e Rhein. Museum für Philologie, 3. ^ahrg., Vom? 1829, I>^. 41.
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[0005] Ale neueren assyrischen Ausgrabungen. i. „Ninive wird das Pompeji Mittelasiens werden, eine unermeßliche und noch unberührte Fundgrube für unsere Nachkommen, denen ein Champollion sür die assyrische Schrift nicht fehlen wird. Bereitet den Weg, die Ihr es vermögt durch Verständnis der Zendsprache, zur Entzifferung auch der assyrischen Keilschrift." Diese wahrhaft bin'natorische Bemerkung Barthold Niebuhrs, die er in der Zeit der hochgehenden aegyptologischen Wogen vor fast 50 Jahren einem Aufsatze Otfried Müller's über „Sandon und Sardancipal" im Rheinischen Museum ansaugte*) und die selbst unter den Assyriologen in unverdiente Ver¬ gessenheit gerathen zu sein scheint, darf gegenwärtig um so mehr dieser Vergessen¬ heit entrissen und in den Vordergrund gestellt werden, als bekanntlich infolge der z. Th. begründeten, aber überheftigen Gutschmidschen Angriffe auf die Fehler eiuer enthusiastischen Assyriologie Gefahr vorhanden ist, daß das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werde, und auch das, was mit Recht unter dem Namen „gesicherte Resultate" geht, von der bekannten Aörin-MssiraA sköxsis als werthlos bei Seite geschoben wird. Die deutsche Wissenschaft, namentlich die Archäologie, hat diese unglückliche Identification der Einzelerscheinung mit dem Ganzen, auf dem Gebiete der Ausgrabungen wenigstens, nach mehr als einer Seite hin in unliebsamer Weise zu bedauern gehabt: ich brauche einerseits nur an die kaum noch schwebende Frage der Noavltiea, auch an die cyprischen Sammlungen des Generals Cesnola zu erinnern und andererseits auf die Fülle von Schätzen hinzuweisen, die in dem begonnenen „Jahrhundert der Ausgrabungen" London, Paris, Rom, New-York !c. in ihren Museen aufgestapelt haben. °e Rhein. Museum für Philologie, 3. ^ahrg., Vom? 1829, I>^. 41. Grenzboten II- 1873.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/5>, abgerufen am 09.11.2024.