Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.vereinzeltes, streng abgegrenztes Gebiet des geistigen Schaffens unserer Zeit Nach diesen einleitenden Worten wollen wir versuchen, die Grund¬ vereinzeltes, streng abgegrenztes Gebiet des geistigen Schaffens unserer Zeit Nach diesen einleitenden Worten wollen wir versuchen, die Grund¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0486" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140307"/> <p xml:id="ID_1392" prev="#ID_1391"> vereinzeltes, streng abgegrenztes Gebiet des geistigen Schaffens unserer Zeit<lb/> zu durchwandern, ordnend, sichtend, prüfend. Sondern der Besitzstand der<lb/> naturwissenschaftlichen Forschung, wie nicht minder der der reinen Philosophie,<lb/> der Theologie und Kirche waren mit Bezug auf die gestellte Frage zu inven-<lb/> tarisiren, mancherlei Nebengebiete waren, wenn auch nur flüchtig, doch scharfen<lb/> Blickes zu überschauen. Und aus dem Allem, was also gewonnen ward, mußte<lb/> klare, konsequente Logik, gepaart mit feinem Verständniß für das vielseitige Be¬<lb/> dürfniß des Einzelnen und der Gesammtheit in ihren mannigfachen Organi¬<lb/> sationen Resultate gewinnen, die bestehen können vor dem Richterstuhl der<lb/> lediglich die Wahrheit als Zweck setzenden Wissenschaft. Schon die Thatsache,<lb/> daß die Direktoren der erwähnten Gesellschaft der in Rede stehenden Arbeit<lb/> den Preis zuerkannten und die Abhandlung in die Werke der Gesellschaft auf¬<lb/> nahmen, bürgt für die Gründlichkeit und Gediegenheit der Leistung, die sich<lb/> als „ein schönes Ganze" erweist und „eine kurz gefaßte und vollständige<lb/> Antwort auf die gestellte Frage gibt". Einige Direktoren „trugen schweres<lb/> Bedenken gegen des Verfassers Ausicht vom Wesen der Religion und gegen<lb/> sein Urtheil über das kirchliche Christenthum. Sie waren aber mit den übrigen<lb/> der Meinung, daß die Krönung einer Preisabhandlung, wenigstens einer so<lb/> individuellen Arbeit als die von diesem Verfasser, keineswegs als eine Ge¬<lb/> nehmigung seiner besondern Ansichten, sondern vielmehr als eine Anerkennung<lb/> und Huldigung seiner Verdienste und der allgemeinen Tendenz seiner Arbeit,<lb/> der Vertheidigung der Religion und Sittlichkeit und ihrer Grundlagen, betrachtet<lb/> werden müsse." UnsW dieser Passus des preisrichterlichen Urtheils ganz be¬<lb/> sonders werthvoll gewesen. Beweist er doch, daß hier nicht eine jener übel<lb/> berufenen, jeden Merkmals wahrer Wissenschaftlichkeit baaren, apologetischen<lb/> Schriften vorliege, mit denen in Naturwissenschaft und Philosophie dilettan-<lb/> tirende Theologen den Büchermarkt überschwemmen. Wenn trotzdem diese<lb/> rein nach den Gesetzen der logischen Wahrheit gearbeitete Abhandlung Religion<lb/> und Sittlichkeit und zwar christliche Religion und christliche Sittlichkeit ver¬<lb/> theidigt, so kann das für jeden Bekenner dieser beiden nur um so erfreulicher sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1393" next="#ID_1394"> Nach diesen einleitenden Worten wollen wir versuchen, die Grund¬<lb/> gedanken der Abhandlung darzulegen, nicht um den Inhalt derselben<lb/> erschöpfend wiederzugeben, sondern nur um Plan, Gang und Resultat der¬<lb/> selben zu veranschaulichen. Vielleicht, daß ein und der andere Leser dadurch<lb/> sich angeregt fühlt, das Büchlein selbst zur Hand zu nehmen. Ist doch, wie<lb/> der Verfasser richtig bemerkt, das Schlagwort „Darwinismus" — gewöhnlich,<lb/> aber stets mißbräuchlich mit Deszendenz- und Evolutionstheorie identifizirt —<lb/> seit etwa fünfzehn Jahren in aller Mund! Und mit Recht. Denn der Grund¬<lb/> gedanke des Darwinismus, die Annahme einer organischen Deszendenz, ist</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0486]
vereinzeltes, streng abgegrenztes Gebiet des geistigen Schaffens unserer Zeit
zu durchwandern, ordnend, sichtend, prüfend. Sondern der Besitzstand der
naturwissenschaftlichen Forschung, wie nicht minder der der reinen Philosophie,
der Theologie und Kirche waren mit Bezug auf die gestellte Frage zu inven-
tarisiren, mancherlei Nebengebiete waren, wenn auch nur flüchtig, doch scharfen
Blickes zu überschauen. Und aus dem Allem, was also gewonnen ward, mußte
klare, konsequente Logik, gepaart mit feinem Verständniß für das vielseitige Be¬
dürfniß des Einzelnen und der Gesammtheit in ihren mannigfachen Organi¬
sationen Resultate gewinnen, die bestehen können vor dem Richterstuhl der
lediglich die Wahrheit als Zweck setzenden Wissenschaft. Schon die Thatsache,
daß die Direktoren der erwähnten Gesellschaft der in Rede stehenden Arbeit
den Preis zuerkannten und die Abhandlung in die Werke der Gesellschaft auf¬
nahmen, bürgt für die Gründlichkeit und Gediegenheit der Leistung, die sich
als „ein schönes Ganze" erweist und „eine kurz gefaßte und vollständige
Antwort auf die gestellte Frage gibt". Einige Direktoren „trugen schweres
Bedenken gegen des Verfassers Ausicht vom Wesen der Religion und gegen
sein Urtheil über das kirchliche Christenthum. Sie waren aber mit den übrigen
der Meinung, daß die Krönung einer Preisabhandlung, wenigstens einer so
individuellen Arbeit als die von diesem Verfasser, keineswegs als eine Ge¬
nehmigung seiner besondern Ansichten, sondern vielmehr als eine Anerkennung
und Huldigung seiner Verdienste und der allgemeinen Tendenz seiner Arbeit,
der Vertheidigung der Religion und Sittlichkeit und ihrer Grundlagen, betrachtet
werden müsse." UnsW dieser Passus des preisrichterlichen Urtheils ganz be¬
sonders werthvoll gewesen. Beweist er doch, daß hier nicht eine jener übel
berufenen, jeden Merkmals wahrer Wissenschaftlichkeit baaren, apologetischen
Schriften vorliege, mit denen in Naturwissenschaft und Philosophie dilettan-
tirende Theologen den Büchermarkt überschwemmen. Wenn trotzdem diese
rein nach den Gesetzen der logischen Wahrheit gearbeitete Abhandlung Religion
und Sittlichkeit und zwar christliche Religion und christliche Sittlichkeit ver¬
theidigt, so kann das für jeden Bekenner dieser beiden nur um so erfreulicher sein.
Nach diesen einleitenden Worten wollen wir versuchen, die Grund¬
gedanken der Abhandlung darzulegen, nicht um den Inhalt derselben
erschöpfend wiederzugeben, sondern nur um Plan, Gang und Resultat der¬
selben zu veranschaulichen. Vielleicht, daß ein und der andere Leser dadurch
sich angeregt fühlt, das Büchlein selbst zur Hand zu nehmen. Ist doch, wie
der Verfasser richtig bemerkt, das Schlagwort „Darwinismus" — gewöhnlich,
aber stets mißbräuchlich mit Deszendenz- und Evolutionstheorie identifizirt —
seit etwa fünfzehn Jahren in aller Mund! Und mit Recht. Denn der Grund¬
gedanke des Darwinismus, die Annahme einer organischen Deszendenz, ist
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