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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Plünderung und sonstigen Schandthaten des Kriegsvolks ein. Der schon mehr¬
mals genannte Ort Bachem z. B. war schon im November zum dritten Mal
in Brand gesteckt worden und wurde am 10. April des folgenden Jahres, als
die vereinigten Heere des Herzogs Bernhard von Weimar und des schwedischen
Generals Gustav Horn in Baiern einfielen, zum vierten Male angezündet.
"Am 5., 6. und 7. Januar 1633 wurde unser Dorf Adelsried von schwedischer
Reiterei und Fußvolk drei Tage lang ausgeplündert. Die ganze Einwohner¬
schaft ist in die Wälder geflohen und dort gehen sie vor Kälte, Hunger und
Schrecken zu Grunde. Ein Minos von der Reiterei sagte, er werde das ganze
Dorf zusammen brennen, weil er vor einigen Monaten von unserer Liüva
Ap.g.Ma gefangen nach Augsburg vor den Obersten von Liebenstein geführt
worden sei. Als man ihn bat, wenigstens die unschuldigen Weiber und Kinder
zu schonen, antwortete er: "Nichts werde ich schonen, weil man auch mich
nicht geschont, sondern wie einen Räuber nach Augsburg geschleppt hat!" Am
1. Januar hielten die schwedischen Soldaten am Göppinger Thor einen Markt
von den, den Bauern abgenommenen Ochsen, Kühen, Pferden, Kleidungsstücken,
Hausgeräth u. s. w. In Summa; unsere Stadt Augsburg, deren Namen
früher in so glänzendem und fleckenlosen Licht strahlte, "ist jetzt zu einer rechten
Raubstat worden"; es steht zu befürchten "Got werde ihr es gesegnen wie
dem Hunde das Gras.''')" Am 16. Januar kam ein Diener, den wir nach
Oberhausen (Dorf in der Nähe von Augsburg jenseits der Wertach) geschickt,
zurück, und berichtete es seien schwedische Reiter mit Wagen im Dorfe, die
alles ausplünderten, und jedem den sie erwischten, selbst die Kleider vom Leib
bis auf's Hemd auszogen. In diesen Tagen wurde ein Landpfarrer von den
schwedischen Soldaten gefangen und mußte unter einen Wagen gebunden, wie
ein Vierfüßer bis in die Stadt hineinkriechen. Hier wurde er um ein Löse¬
geld losgekauft, starb aber am .zweiten Tag darauf. Oruäs1its.s xllis Hrmra
^rü'Lloa!"

Mit der katholischen Geistlichkeit ging es nun immer mehr bergab. An¬
fänglich hatte man sie von Seiten der Anführer sowohl wie der niederen
Offiziere mit einiger Rücksicht behandelt und sich dafür bezahlen lassen. All¬
mählich aber war alles ausgepreßt worden, was ausgepreßt werden konnte und
damit fiel der Grund für weitere Rücksichtnahme.



*) Verkauf geraubter Gegenstände war übrigens etwas sehr Gewöhnliches. Es geschah
schon gleich nach der Ankunft des schwedischen Heeres und scheint sogar anfänglich den
Bürgern gar nicht so übel behagt zu haben. Ein paar Monate nach dem oben erwähnten
Vorfalle wurde im Vorhofe des Klosters selbst ein Säumarkt eingerichtet. "Es hat geheißen:
herbey, ihr Vürgerl gute, fciiste Sew, gute Kuh, gute Schaf! herbey wollen euch einen
guten Kauf geben. "O mores! o Iwminos! non doininss!"

Plünderung und sonstigen Schandthaten des Kriegsvolks ein. Der schon mehr¬
mals genannte Ort Bachem z. B. war schon im November zum dritten Mal
in Brand gesteckt worden und wurde am 10. April des folgenden Jahres, als
die vereinigten Heere des Herzogs Bernhard von Weimar und des schwedischen
Generals Gustav Horn in Baiern einfielen, zum vierten Male angezündet.
„Am 5., 6. und 7. Januar 1633 wurde unser Dorf Adelsried von schwedischer
Reiterei und Fußvolk drei Tage lang ausgeplündert. Die ganze Einwohner¬
schaft ist in die Wälder geflohen und dort gehen sie vor Kälte, Hunger und
Schrecken zu Grunde. Ein Minos von der Reiterei sagte, er werde das ganze
Dorf zusammen brennen, weil er vor einigen Monaten von unserer Liüva
Ap.g.Ma gefangen nach Augsburg vor den Obersten von Liebenstein geführt
worden sei. Als man ihn bat, wenigstens die unschuldigen Weiber und Kinder
zu schonen, antwortete er: „Nichts werde ich schonen, weil man auch mich
nicht geschont, sondern wie einen Räuber nach Augsburg geschleppt hat!" Am
1. Januar hielten die schwedischen Soldaten am Göppinger Thor einen Markt
von den, den Bauern abgenommenen Ochsen, Kühen, Pferden, Kleidungsstücken,
Hausgeräth u. s. w. In Summa; unsere Stadt Augsburg, deren Namen
früher in so glänzendem und fleckenlosen Licht strahlte, „ist jetzt zu einer rechten
Raubstat worden"; es steht zu befürchten „Got werde ihr es gesegnen wie
dem Hunde das Gras.''')" Am 16. Januar kam ein Diener, den wir nach
Oberhausen (Dorf in der Nähe von Augsburg jenseits der Wertach) geschickt,
zurück, und berichtete es seien schwedische Reiter mit Wagen im Dorfe, die
alles ausplünderten, und jedem den sie erwischten, selbst die Kleider vom Leib
bis auf's Hemd auszogen. In diesen Tagen wurde ein Landpfarrer von den
schwedischen Soldaten gefangen und mußte unter einen Wagen gebunden, wie
ein Vierfüßer bis in die Stadt hineinkriechen. Hier wurde er um ein Löse¬
geld losgekauft, starb aber am .zweiten Tag darauf. Oruäs1its.s xllis Hrmra
^rü'Lloa!"

Mit der katholischen Geistlichkeit ging es nun immer mehr bergab. An¬
fänglich hatte man sie von Seiten der Anführer sowohl wie der niederen
Offiziere mit einiger Rücksicht behandelt und sich dafür bezahlen lassen. All¬
mählich aber war alles ausgepreßt worden, was ausgepreßt werden konnte und
damit fiel der Grund für weitere Rücksichtnahme.



*) Verkauf geraubter Gegenstände war übrigens etwas sehr Gewöhnliches. Es geschah
schon gleich nach der Ankunft des schwedischen Heeres und scheint sogar anfänglich den
Bürgern gar nicht so übel behagt zu haben. Ein paar Monate nach dem oben erwähnten
Vorfalle wurde im Vorhofe des Klosters selbst ein Säumarkt eingerichtet. „Es hat geheißen:
herbey, ihr Vürgerl gute, fciiste Sew, gute Kuh, gute Schaf! herbey wollen euch einen
guten Kauf geben. „O mores! o Iwminos! non doininss!"
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[0422] Plünderung und sonstigen Schandthaten des Kriegsvolks ein. Der schon mehr¬ mals genannte Ort Bachem z. B. war schon im November zum dritten Mal in Brand gesteckt worden und wurde am 10. April des folgenden Jahres, als die vereinigten Heere des Herzogs Bernhard von Weimar und des schwedischen Generals Gustav Horn in Baiern einfielen, zum vierten Male angezündet. „Am 5., 6. und 7. Januar 1633 wurde unser Dorf Adelsried von schwedischer Reiterei und Fußvolk drei Tage lang ausgeplündert. Die ganze Einwohner¬ schaft ist in die Wälder geflohen und dort gehen sie vor Kälte, Hunger und Schrecken zu Grunde. Ein Minos von der Reiterei sagte, er werde das ganze Dorf zusammen brennen, weil er vor einigen Monaten von unserer Liüva Ap.g.Ma gefangen nach Augsburg vor den Obersten von Liebenstein geführt worden sei. Als man ihn bat, wenigstens die unschuldigen Weiber und Kinder zu schonen, antwortete er: „Nichts werde ich schonen, weil man auch mich nicht geschont, sondern wie einen Räuber nach Augsburg geschleppt hat!" Am 1. Januar hielten die schwedischen Soldaten am Göppinger Thor einen Markt von den, den Bauern abgenommenen Ochsen, Kühen, Pferden, Kleidungsstücken, Hausgeräth u. s. w. In Summa; unsere Stadt Augsburg, deren Namen früher in so glänzendem und fleckenlosen Licht strahlte, „ist jetzt zu einer rechten Raubstat worden"; es steht zu befürchten „Got werde ihr es gesegnen wie dem Hunde das Gras.''')" Am 16. Januar kam ein Diener, den wir nach Oberhausen (Dorf in der Nähe von Augsburg jenseits der Wertach) geschickt, zurück, und berichtete es seien schwedische Reiter mit Wagen im Dorfe, die alles ausplünderten, und jedem den sie erwischten, selbst die Kleider vom Leib bis auf's Hemd auszogen. In diesen Tagen wurde ein Landpfarrer von den schwedischen Soldaten gefangen und mußte unter einen Wagen gebunden, wie ein Vierfüßer bis in die Stadt hineinkriechen. Hier wurde er um ein Löse¬ geld losgekauft, starb aber am .zweiten Tag darauf. Oruäs1its.s xllis Hrmra ^rü'Lloa!" Mit der katholischen Geistlichkeit ging es nun immer mehr bergab. An¬ fänglich hatte man sie von Seiten der Anführer sowohl wie der niederen Offiziere mit einiger Rücksicht behandelt und sich dafür bezahlen lassen. All¬ mählich aber war alles ausgepreßt worden, was ausgepreßt werden konnte und damit fiel der Grund für weitere Rücksichtnahme. *) Verkauf geraubter Gegenstände war übrigens etwas sehr Gewöhnliches. Es geschah schon gleich nach der Ankunft des schwedischen Heeres und scheint sogar anfänglich den Bürgern gar nicht so übel behagt zu haben. Ein paar Monate nach dem oben erwähnten Vorfalle wurde im Vorhofe des Klosters selbst ein Säumarkt eingerichtet. „Es hat geheißen: herbey, ihr Vürgerl gute, fciiste Sew, gute Kuh, gute Schaf! herbey wollen euch einen guten Kauf geben. „O mores! o Iwminos! non doininss!"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/422>, abgerufen am 09.11.2024.