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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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Waare mit den wirklichen Verkäufen übereinstimmt. Natürlich erzeugt diese
öffentliche Kontrole ein ausgedehntes und widerwärtiges Dennnziantenwesen,
das obendrein durch Aussetzung von Prämien noch künstlich gezüchtet wird.
Hohe Kautionen, sowie rigorose Strafandrohungen umgeben alle diese Bestim¬
mungen mit einer dornigen Hecke. Uuter solchen Bürgschaften kümmert sich
der Fiscus nicht weiter um Feststellung der Steuerpflicht nud des Stener-
betrags, der Fabrikant hat sich selbst zu besteuern. Neben einer jährlichen
Spezialgewerbesteuer für alle Fabrikanten und Händler besteht die Fabrikat¬
steuer in ihrer Wesenheit aus einer Abgabe von fabrizirten Tabak und Cigarren,
die alle Fabrikate gleichmäßig trifft, ob sie aus Tabak oder Tabakssurrogateu
bestehen, wodurch jeder Anreiz zu Fälschungen entfällt. Diese Abgabe nimmt
nach einem einheitlichen Satze nur auf die Quantität, nicht auf die Qualität
Rücksicht; die Art der Verpackung ist dem Fabrikanten nach Form und Inhalt
genau vorgeschrieben und er ist verpflichtet, jedes Stück Waare, welches die
Fabrik verläßt, mit einer Stempelmarke zu versehen; indem er diese Marken
vom Fiscus einlöst, entrichtet er die Steuer. Subjektiv wird die Erfüllung
der Steuerpflicht durch die oben erwähnten Konkolmaßregeln, objektiv durch
die als Steuerquittung geltende Stempelmarke festgestellt, welche auf der äußern
Hülle jedes Tabaksfabrikats klebt. Jmportirter Tabak verfällt neben einem
hohen Zolle gleichfalls der inländischen Stempelabgabe. Man sieht, wie
komplizirt und verwickelt dies System ist; die leitenden Stellen im Steuer-
und Zollwesen der Vereinigten Staaten erklären anch peremtorisch, daß es
Hinterziehungen von irgend nennenswerthen Umfange nicht zulasse, was allerdings
nicht überall Glauben findet; die sittlichen Schäden des Schmuggels werden
ohnehin durch das Ueberwuchern des Denunziantenwesens mindestens aufge¬
wogen. Ein dunkler Fleck klebt freilich der Fabrikntsteuer anch nach amtlicher
Auskunft an in Folge des Umstandes, daß die Steuer den Tabak erst beim
Herausbringen aus der Fabrik trifft; der Bundessteuerkommissär, der leitende
Beamte des ganzen Stenerwesens, welcher die Anzahl der Tabaksverbraucher
in den Vereinigten Staaten ans 8,800,000 Personen schätzt, läßt sich darüber
folgendermaßen aus: "Vou dieser Anzahl mögen beiläufig 800,000 Personen,
bestehend in den Tabakspflanzern, den Tabaksfabrikanten und deu von diesen
beschäftigten Personen rohen oder fabrizirten Tabak verbrauchen, ohne die
Steuer zu bezahlen." Bei geringerem Steuerfuße, der sich auf etwas über
200 Prozent vom Werthe der Waare stellt, und bei geringeren Verwaltungs-
kosten wirft die Fabrikatsteuer Reinertrage ab, die von Jahr zu Jahr stetig
steigen, 1876/77 44,753,546 Doll. betrugen und schon jetzt mit einziger Aus¬
nahme der französischen Regie die Gewinne in den Monvpolstaaten beträchtlich
übertreffen. Dabei besitzen die Vereinigten Staaten einen Tabaksbau, eine


Waare mit den wirklichen Verkäufen übereinstimmt. Natürlich erzeugt diese
öffentliche Kontrole ein ausgedehntes und widerwärtiges Dennnziantenwesen,
das obendrein durch Aussetzung von Prämien noch künstlich gezüchtet wird.
Hohe Kautionen, sowie rigorose Strafandrohungen umgeben alle diese Bestim¬
mungen mit einer dornigen Hecke. Uuter solchen Bürgschaften kümmert sich
der Fiscus nicht weiter um Feststellung der Steuerpflicht nud des Stener-
betrags, der Fabrikant hat sich selbst zu besteuern. Neben einer jährlichen
Spezialgewerbesteuer für alle Fabrikanten und Händler besteht die Fabrikat¬
steuer in ihrer Wesenheit aus einer Abgabe von fabrizirten Tabak und Cigarren,
die alle Fabrikate gleichmäßig trifft, ob sie aus Tabak oder Tabakssurrogateu
bestehen, wodurch jeder Anreiz zu Fälschungen entfällt. Diese Abgabe nimmt
nach einem einheitlichen Satze nur auf die Quantität, nicht auf die Qualität
Rücksicht; die Art der Verpackung ist dem Fabrikanten nach Form und Inhalt
genau vorgeschrieben und er ist verpflichtet, jedes Stück Waare, welches die
Fabrik verläßt, mit einer Stempelmarke zu versehen; indem er diese Marken
vom Fiscus einlöst, entrichtet er die Steuer. Subjektiv wird die Erfüllung
der Steuerpflicht durch die oben erwähnten Konkolmaßregeln, objektiv durch
die als Steuerquittung geltende Stempelmarke festgestellt, welche auf der äußern
Hülle jedes Tabaksfabrikats klebt. Jmportirter Tabak verfällt neben einem
hohen Zolle gleichfalls der inländischen Stempelabgabe. Man sieht, wie
komplizirt und verwickelt dies System ist; die leitenden Stellen im Steuer-
und Zollwesen der Vereinigten Staaten erklären anch peremtorisch, daß es
Hinterziehungen von irgend nennenswerthen Umfange nicht zulasse, was allerdings
nicht überall Glauben findet; die sittlichen Schäden des Schmuggels werden
ohnehin durch das Ueberwuchern des Denunziantenwesens mindestens aufge¬
wogen. Ein dunkler Fleck klebt freilich der Fabrikntsteuer anch nach amtlicher
Auskunft an in Folge des Umstandes, daß die Steuer den Tabak erst beim
Herausbringen aus der Fabrik trifft; der Bundessteuerkommissär, der leitende
Beamte des ganzen Stenerwesens, welcher die Anzahl der Tabaksverbraucher
in den Vereinigten Staaten ans 8,800,000 Personen schätzt, läßt sich darüber
folgendermaßen aus: „Vou dieser Anzahl mögen beiläufig 800,000 Personen,
bestehend in den Tabakspflanzern, den Tabaksfabrikanten und deu von diesen
beschäftigten Personen rohen oder fabrizirten Tabak verbrauchen, ohne die
Steuer zu bezahlen." Bei geringerem Steuerfuße, der sich auf etwas über
200 Prozent vom Werthe der Waare stellt, und bei geringeren Verwaltungs-
kosten wirft die Fabrikatsteuer Reinertrage ab, die von Jahr zu Jahr stetig
steigen, 1876/77 44,753,546 Doll. betrugen und schon jetzt mit einziger Aus¬
nahme der französischen Regie die Gewinne in den Monvpolstaaten beträchtlich
übertreffen. Dabei besitzen die Vereinigten Staaten einen Tabaksbau, eine


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[0304] Waare mit den wirklichen Verkäufen übereinstimmt. Natürlich erzeugt diese öffentliche Kontrole ein ausgedehntes und widerwärtiges Dennnziantenwesen, das obendrein durch Aussetzung von Prämien noch künstlich gezüchtet wird. Hohe Kautionen, sowie rigorose Strafandrohungen umgeben alle diese Bestim¬ mungen mit einer dornigen Hecke. Uuter solchen Bürgschaften kümmert sich der Fiscus nicht weiter um Feststellung der Steuerpflicht nud des Stener- betrags, der Fabrikant hat sich selbst zu besteuern. Neben einer jährlichen Spezialgewerbesteuer für alle Fabrikanten und Händler besteht die Fabrikat¬ steuer in ihrer Wesenheit aus einer Abgabe von fabrizirten Tabak und Cigarren, die alle Fabrikate gleichmäßig trifft, ob sie aus Tabak oder Tabakssurrogateu bestehen, wodurch jeder Anreiz zu Fälschungen entfällt. Diese Abgabe nimmt nach einem einheitlichen Satze nur auf die Quantität, nicht auf die Qualität Rücksicht; die Art der Verpackung ist dem Fabrikanten nach Form und Inhalt genau vorgeschrieben und er ist verpflichtet, jedes Stück Waare, welches die Fabrik verläßt, mit einer Stempelmarke zu versehen; indem er diese Marken vom Fiscus einlöst, entrichtet er die Steuer. Subjektiv wird die Erfüllung der Steuerpflicht durch die oben erwähnten Konkolmaßregeln, objektiv durch die als Steuerquittung geltende Stempelmarke festgestellt, welche auf der äußern Hülle jedes Tabaksfabrikats klebt. Jmportirter Tabak verfällt neben einem hohen Zolle gleichfalls der inländischen Stempelabgabe. Man sieht, wie komplizirt und verwickelt dies System ist; die leitenden Stellen im Steuer- und Zollwesen der Vereinigten Staaten erklären anch peremtorisch, daß es Hinterziehungen von irgend nennenswerthen Umfange nicht zulasse, was allerdings nicht überall Glauben findet; die sittlichen Schäden des Schmuggels werden ohnehin durch das Ueberwuchern des Denunziantenwesens mindestens aufge¬ wogen. Ein dunkler Fleck klebt freilich der Fabrikntsteuer anch nach amtlicher Auskunft an in Folge des Umstandes, daß die Steuer den Tabak erst beim Herausbringen aus der Fabrik trifft; der Bundessteuerkommissär, der leitende Beamte des ganzen Stenerwesens, welcher die Anzahl der Tabaksverbraucher in den Vereinigten Staaten ans 8,800,000 Personen schätzt, läßt sich darüber folgendermaßen aus: „Vou dieser Anzahl mögen beiläufig 800,000 Personen, bestehend in den Tabakspflanzern, den Tabaksfabrikanten und deu von diesen beschäftigten Personen rohen oder fabrizirten Tabak verbrauchen, ohne die Steuer zu bezahlen." Bei geringerem Steuerfuße, der sich auf etwas über 200 Prozent vom Werthe der Waare stellt, und bei geringeren Verwaltungs- kosten wirft die Fabrikatsteuer Reinertrage ab, die von Jahr zu Jahr stetig steigen, 1876/77 44,753,546 Doll. betrugen und schon jetzt mit einziger Aus¬ nahme der französischen Regie die Gewinne in den Monvpolstaaten beträchtlich übertreffen. Dabei besitzen die Vereinigten Staaten einen Tabaksbau, eine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/304>, abgerufen am 27.07.2024.