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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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für seine Gelehrtenrepublik Ausländer von Ruf und Bedeutung anwarb, sondern
daß er auch fremde Militärs, die durch erprobte Geschicklichkeit und gediegene
Kenntnisse dem preußischen Kriegsruhm und der preußischen Kriegs-Kunst
förderlich werden konnten, mit offenen Armen aufnahm. Wir nennen nur
Generalfeldmarschall Keith, ursprünglich Schotte, aus russischen, General Graf
Rothenburg und Ingenieur-Oberst Balbi aus französischen, so wie die beiden
Grafen Schmettau aus österreichischen Diensten. Zu diesen Fremden gehörte
auch Jsaak Fran?vis Egmont von Chasot. Allerdings datirt sein Uebertritt
nach Preußen schon aus früherer Zeit. Aus einer normannischen Familie stam¬
mend, finden wir ihn zur Zeit des polnischen Königswahl-Krieges 1734 als
Lieutenant bei der Armee des Herzogs von Berwick vor der deutschen Reichs¬
festung Philippsburg am Rhein. Thatenlos, und ohne auch nur den Versuch
zu machen die hartbedrängte Festung noch rechtzeitig zu entsetzen, stand die
Reichsarmee, zu der auch ein preußisches Hilfskorps von 10,000 Mann gehörte,
unter dem greisen Prinzen Eugen bei Wiesenthal. Hier machte der preußische
Kronprinz Friedrich, der sich gleich vielen anderen deutschen Fürsten im Haupt¬
quartier eingefunden hatte, die erste Bekanntschaft mit Chasot. Dieser war
nämlich in Folge eines Duells, wobei sein Gegner todt auf dem Platze blieb,
ans dem Bereich des französischen Kriegsrechts geflüchtet und hatte im Lager
des Prinzen Eugen ein Asyl gefunden. Friedrich empfand fo entschiedenes
Wohlgefallen an dem jungen, lebensfrischen französischen Offizier, daß er den¬
selben auffordern ließ, ihn nach Berlin zu begleiten, einer Aufforderung, der
Chasot gern Folge leistete.

Schon im Herbste 1736 siedelte Friedrich nach Rheinsberg über und zu
dem klassisch gewordenen Kreise, der sich dort um ihn sammelte, gehörte auch
Chasot. Bei der ihm eigenen Schmiegsamkeit und Lebensfülle wußte er sich
den ernsten wie heitern Neigungen des Prinzen anzuschließen und gewann
dessen ganze Zuneigung. Daß es sich in jenem Kreise nicht nur um Tändeleien
handelte, sondern anch ein tiefes, ernsthaftes Streben vorwaltete, davon giebt
der in Rheinsberg gestiftete Bayard-Orden Zeugniß; zu dessen zwölf Rittern
gehörte auch Chasot.

In eine wirklich militärische Stellung trat Chasot erst nach der Thron¬
besteigung Friedrich's, indem dieser ihm noch vor Beginn des ersten schlesischen
Krieges die Organisation und Ausbildung eines neu zu errichtenden Jäger-
Korps übertrug. Mit diesem folgte er im Anfang des Jahres 1741 dem
Könige nach Schlesien, um jedoch bald nach der Schlacht bei Mollwitz als
Rittmeister beim Dragoner-Regiment Baireuth angestellt zu werden. Er hatte
wiederholt Gelegenheit, sich in glänzender Weise hervorzuthun und empfing
nach der Schlacht von Chazlau eigenhändig von seinem königlichen Freunde


für seine Gelehrtenrepublik Ausländer von Ruf und Bedeutung anwarb, sondern
daß er auch fremde Militärs, die durch erprobte Geschicklichkeit und gediegene
Kenntnisse dem preußischen Kriegsruhm und der preußischen Kriegs-Kunst
förderlich werden konnten, mit offenen Armen aufnahm. Wir nennen nur
Generalfeldmarschall Keith, ursprünglich Schotte, aus russischen, General Graf
Rothenburg und Ingenieur-Oberst Balbi aus französischen, so wie die beiden
Grafen Schmettau aus österreichischen Diensten. Zu diesen Fremden gehörte
auch Jsaak Fran?vis Egmont von Chasot. Allerdings datirt sein Uebertritt
nach Preußen schon aus früherer Zeit. Aus einer normannischen Familie stam¬
mend, finden wir ihn zur Zeit des polnischen Königswahl-Krieges 1734 als
Lieutenant bei der Armee des Herzogs von Berwick vor der deutschen Reichs¬
festung Philippsburg am Rhein. Thatenlos, und ohne auch nur den Versuch
zu machen die hartbedrängte Festung noch rechtzeitig zu entsetzen, stand die
Reichsarmee, zu der auch ein preußisches Hilfskorps von 10,000 Mann gehörte,
unter dem greisen Prinzen Eugen bei Wiesenthal. Hier machte der preußische
Kronprinz Friedrich, der sich gleich vielen anderen deutschen Fürsten im Haupt¬
quartier eingefunden hatte, die erste Bekanntschaft mit Chasot. Dieser war
nämlich in Folge eines Duells, wobei sein Gegner todt auf dem Platze blieb,
ans dem Bereich des französischen Kriegsrechts geflüchtet und hatte im Lager
des Prinzen Eugen ein Asyl gefunden. Friedrich empfand fo entschiedenes
Wohlgefallen an dem jungen, lebensfrischen französischen Offizier, daß er den¬
selben auffordern ließ, ihn nach Berlin zu begleiten, einer Aufforderung, der
Chasot gern Folge leistete.

Schon im Herbste 1736 siedelte Friedrich nach Rheinsberg über und zu
dem klassisch gewordenen Kreise, der sich dort um ihn sammelte, gehörte auch
Chasot. Bei der ihm eigenen Schmiegsamkeit und Lebensfülle wußte er sich
den ernsten wie heitern Neigungen des Prinzen anzuschließen und gewann
dessen ganze Zuneigung. Daß es sich in jenem Kreise nicht nur um Tändeleien
handelte, sondern anch ein tiefes, ernsthaftes Streben vorwaltete, davon giebt
der in Rheinsberg gestiftete Bayard-Orden Zeugniß; zu dessen zwölf Rittern
gehörte auch Chasot.

In eine wirklich militärische Stellung trat Chasot erst nach der Thron¬
besteigung Friedrich's, indem dieser ihm noch vor Beginn des ersten schlesischen
Krieges die Organisation und Ausbildung eines neu zu errichtenden Jäger-
Korps übertrug. Mit diesem folgte er im Anfang des Jahres 1741 dem
Könige nach Schlesien, um jedoch bald nach der Schlacht bei Mollwitz als
Rittmeister beim Dragoner-Regiment Baireuth angestellt zu werden. Er hatte
wiederholt Gelegenheit, sich in glänzender Weise hervorzuthun und empfing
nach der Schlacht von Chazlau eigenhändig von seinem königlichen Freunde


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/280>, abgerufen am 06.10.2024.