Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.in der rücksichtslosesten Weise abkanzeln lassen, weil er bei seinem'Vorgehen ganz Nicht genug, gegen das Zustandekommen antiklerikaler Gesetze nichts gethan in der rücksichtslosesten Weise abkanzeln lassen, weil er bei seinem'Vorgehen ganz Nicht genug, gegen das Zustandekommen antiklerikaler Gesetze nichts gethan <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0227" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140048"/> <p xml:id="ID_715" prev="#ID_714"> in der rücksichtslosesten Weise abkanzeln lassen, weil er bei seinem'Vorgehen ganz<lb/> unberechtigter Weise sich zum Anwalt der Kirche aufgeworfen habe, welche in<lb/> dem usurpatorischen Parlament keinen Anwalt brauche und wolle! „Ich glaube<lb/> nicht," sagt Pater Curci darüber, „daß man sich eine dümmere Arroganz und<lb/> eine niedrigere Hofdienerei denken kann als diese." Weil in Folge dessen<lb/> Niemand mehr für die Kirche auftrat, gingen natürlich die Gesetze gegen sie<lb/> durch, und ihre Anwendung entbehrte nicht immer der Härte, während nach<lb/> Curci vielleicht manches kirchengegnerische Gesetz durch die Anwesenheit von<lb/> 40 bis 50 „katholischen" Deputirten verhindert worden wäre. Ja er führt als<lb/> einen Ausspruch Rattazzi's an, daß, wenn dreißig katholische Abgeordnete im<lb/> Parlament gewesen wären, die Regierung nicht nach Rom gekommen sein würde,<lb/> was allerdings stark bezweifelt werden darf, „so daß das ganze Verdienst dieses<lb/> Factums, daß so verhängnißvoll für die Kirche und so schmerzlich für den<lb/> Papst wurde, in letzter Instanz auf Rechnung Derjenigen zu setzen sei, welche<lb/> unter dem Scheine, der Kirche und dem Papste zu dienen, die Straße, auf der<lb/> man sie angreifen konnte, vor dem einzigen ernstlichen Hindernisse sauberem,<lb/> das dort angetroffen werden konnte." Es ist gesagt worden, daß gerade diese<lb/> obstinaten Zeloten im Dienste der Regierung gestanden wären. Curci sagt:<lb/> „Ich glaube das nicht und habe es nie geglaubt; aber man kann nicht läugnen,<lb/> daß sie das volle Verdienst haben, weil in der That die Regierung, wenn sie<lb/> antikatholische Absichten hatte, niemals von Irgendjemand besser bedient werden<lb/> konnte, als von gewissen katholischen Journalen."</p><lb/> <p xml:id="ID_716" next="#ID_717"> Nicht genug, gegen das Zustandekommen antiklerikaler Gesetze nichts gethan<lb/> zu haben, thaten die Fanatiker Alles, ihre Ausführung härter zu machen oder<lb/> erscheinen zu lassen. „Von den Zeloten wurden die Staatsbeamten als Kirchen¬<lb/> räuber, Exkommunizirte, Usurpatoren betrachtet, wie wenn sie gestern mit eigenen<lb/> Händen dem Papste die Krone von der Stirn gerissen hätten. In dieser Be¬<lb/> mühung zum Zorne zu reizen und gerechte Empfindlichkeiten zu erregen, voll¬<lb/> führten die hitzigsten Vertreter der katholischen Presse Heldenthaten, welche der<lb/> Geschichte würdig sind." Als ein Beispiel dieser Art führt Curci die Beur¬<lb/> theilung an, welche in einem klerikalen Journal der vom Unterrichtsminister<lb/> angeordneten Inspektion der bischöflichen Seminare zu Theil wurde. Natürlich<lb/> trug die Begegnung zwischen den geistlichen Anstaltsvorstehern und den Regie-<lb/> rungsbeamten nicht überall den gleichen Charakter, da derselbe wesentlich von<lb/> den Persönlichkeiten abhängen mußte. Ju manchen Fällen verlief der Akt<lb/> unter beiderseitiger Beobachtung höflicher Formen auf das Befriedigendste; in<lb/> anderen brachte schroffes oder widerspenstiges Auftreten unangenehme Recontres<lb/> hervor. „Eine von jenen Schlangen," sagt Curci, von einem klerikalen Jour¬<lb/> nalisten sprechend, „besaß einen Strahl Geifer für beide Fälle: Im Falle der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0227]
in der rücksichtslosesten Weise abkanzeln lassen, weil er bei seinem'Vorgehen ganz
unberechtigter Weise sich zum Anwalt der Kirche aufgeworfen habe, welche in
dem usurpatorischen Parlament keinen Anwalt brauche und wolle! „Ich glaube
nicht," sagt Pater Curci darüber, „daß man sich eine dümmere Arroganz und
eine niedrigere Hofdienerei denken kann als diese." Weil in Folge dessen
Niemand mehr für die Kirche auftrat, gingen natürlich die Gesetze gegen sie
durch, und ihre Anwendung entbehrte nicht immer der Härte, während nach
Curci vielleicht manches kirchengegnerische Gesetz durch die Anwesenheit von
40 bis 50 „katholischen" Deputirten verhindert worden wäre. Ja er führt als
einen Ausspruch Rattazzi's an, daß, wenn dreißig katholische Abgeordnete im
Parlament gewesen wären, die Regierung nicht nach Rom gekommen sein würde,
was allerdings stark bezweifelt werden darf, „so daß das ganze Verdienst dieses
Factums, daß so verhängnißvoll für die Kirche und so schmerzlich für den
Papst wurde, in letzter Instanz auf Rechnung Derjenigen zu setzen sei, welche
unter dem Scheine, der Kirche und dem Papste zu dienen, die Straße, auf der
man sie angreifen konnte, vor dem einzigen ernstlichen Hindernisse sauberem,
das dort angetroffen werden konnte." Es ist gesagt worden, daß gerade diese
obstinaten Zeloten im Dienste der Regierung gestanden wären. Curci sagt:
„Ich glaube das nicht und habe es nie geglaubt; aber man kann nicht läugnen,
daß sie das volle Verdienst haben, weil in der That die Regierung, wenn sie
antikatholische Absichten hatte, niemals von Irgendjemand besser bedient werden
konnte, als von gewissen katholischen Journalen."
Nicht genug, gegen das Zustandekommen antiklerikaler Gesetze nichts gethan
zu haben, thaten die Fanatiker Alles, ihre Ausführung härter zu machen oder
erscheinen zu lassen. „Von den Zeloten wurden die Staatsbeamten als Kirchen¬
räuber, Exkommunizirte, Usurpatoren betrachtet, wie wenn sie gestern mit eigenen
Händen dem Papste die Krone von der Stirn gerissen hätten. In dieser Be¬
mühung zum Zorne zu reizen und gerechte Empfindlichkeiten zu erregen, voll¬
führten die hitzigsten Vertreter der katholischen Presse Heldenthaten, welche der
Geschichte würdig sind." Als ein Beispiel dieser Art führt Curci die Beur¬
theilung an, welche in einem klerikalen Journal der vom Unterrichtsminister
angeordneten Inspektion der bischöflichen Seminare zu Theil wurde. Natürlich
trug die Begegnung zwischen den geistlichen Anstaltsvorstehern und den Regie-
rungsbeamten nicht überall den gleichen Charakter, da derselbe wesentlich von
den Persönlichkeiten abhängen mußte. Ju manchen Fällen verlief der Akt
unter beiderseitiger Beobachtung höflicher Formen auf das Befriedigendste; in
anderen brachte schroffes oder widerspenstiges Auftreten unangenehme Recontres
hervor. „Eine von jenen Schlangen," sagt Curci, von einem klerikalen Jour¬
nalisten sprechend, „besaß einen Strahl Geifer für beide Fälle: Im Falle der
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