Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.anderen Bildern ähnliche Erfolge erzielt, wenn gleich sie an innerer Bedeutung Daß die Kraft des Meisters auch heute noch nicht erlahmt ist, hat ein Die Lösung so großer Aufgaben, wie die eben genannten waren, ließ anderen Bildern ähnliche Erfolge erzielt, wenn gleich sie an innerer Bedeutung Daß die Kraft des Meisters auch heute noch nicht erlahmt ist, hat ein Die Lösung so großer Aufgaben, wie die eben genannten waren, ließ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0175" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139996"/> <p xml:id="ID_563" prev="#ID_562"> anderen Bildern ähnliche Erfolge erzielt, wenn gleich sie an innerer Bedeutung<lb/> dem Abschiede Karl's nachstehen, mit einer „Esther vor Ahasver" (1856),<lb/> einer „Philippine Welser vor Kaiser Ferdinand" und einer Scene ans Shake¬<lb/> speare's sagenhafter Jugendzeit, wie der nachmalige Dichter wegen Wilddieberei<lb/> vor den Friedensrichter geführt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_564"> Daß die Kraft des Meisters auch heute noch nicht erlahmt ist, hat ein<lb/> erst 1874 ausgeführtes, figurenreiches Historienbild „Friedrich von Hohenzollern<lb/> nimmt die Huldigungen der Städte Berlin und Köln (1415) entgegen" (Berliner<lb/> Nationalgalerie) bewiesen. Durch die Ueberfülle der Figuren, von denen fast eine<lb/> jede eine historische Persönlichkeit darstellt und als solche auch charakterisirt ist, ist<lb/> eine etwas unruhige Haltung in das Bild hineingekommen, welche auch durch<lb/> koloristische Mittel nicht ruhiger gestimmt worden ist. Die bunten Lokaltöne<lb/> lassen einen einheitlichen Gesammtton nicht aufkommen. Auch ist der Fleischton<lb/> bei den meisten Figuren unnatürlich rosig, eine Erscheinung, die bei älteren<lb/> Malern nicht selten ist und vermuthlich auf eine Veränderung des Sehroths<lb/> zurückzuführen ist. Indessen überrascht das Bild durch eine Fülle interessanter<lb/> und imponirender Einzelheiten, die ein sehr ernsthaftes und eingehendes Stu¬<lb/> dium voraussetzen. Es zeigt, daß sein Schöpfer, wie er vor einem Viertel¬<lb/> jahrhundert kühn auf der Bahn der Coloristik vorwärts gegangen ist, auch<lb/> heute noch tapfer mit den koloristischen Fortschritten der Neuzeit gleichen Schritt<lb/> zu halten weiß.</p><lb/> <p xml:id="ID_565"> Die Lösung so großer Aufgaben, wie die eben genannten waren, ließ<lb/> Schrader noch die Zeit zu einer umfassenden und ersprießlichen Lehrthätigkeit<lb/> an der Berliner Kunstakademie und zur Ausführung zahlreicher Porträts.<lb/> Seine Erfolge auf diesem Gebiete sichern ihm auch unter den Berliner<lb/> Bildnißmalern einen der ersten Plätze. Auf der Wiener Weltausstellung waren<lb/> es vier ausgezeichnete Porträts, unter ihnen das des Grafen Moltke, welche<lb/> dem Maler die Ehre der Kunstmedaille eintrugen. Schlichte Wahrheit des<lb/> Vortrags und ein liebevolles Eingehen in die charakteristischen Eigenthümlich¬<lb/> keiten des darzustellenden Individuums sind die Vorzüge Schrader's als<lb/> Bildnißmaler.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0175]
anderen Bildern ähnliche Erfolge erzielt, wenn gleich sie an innerer Bedeutung
dem Abschiede Karl's nachstehen, mit einer „Esther vor Ahasver" (1856),
einer „Philippine Welser vor Kaiser Ferdinand" und einer Scene ans Shake¬
speare's sagenhafter Jugendzeit, wie der nachmalige Dichter wegen Wilddieberei
vor den Friedensrichter geführt wird.
Daß die Kraft des Meisters auch heute noch nicht erlahmt ist, hat ein
erst 1874 ausgeführtes, figurenreiches Historienbild „Friedrich von Hohenzollern
nimmt die Huldigungen der Städte Berlin und Köln (1415) entgegen" (Berliner
Nationalgalerie) bewiesen. Durch die Ueberfülle der Figuren, von denen fast eine
jede eine historische Persönlichkeit darstellt und als solche auch charakterisirt ist, ist
eine etwas unruhige Haltung in das Bild hineingekommen, welche auch durch
koloristische Mittel nicht ruhiger gestimmt worden ist. Die bunten Lokaltöne
lassen einen einheitlichen Gesammtton nicht aufkommen. Auch ist der Fleischton
bei den meisten Figuren unnatürlich rosig, eine Erscheinung, die bei älteren
Malern nicht selten ist und vermuthlich auf eine Veränderung des Sehroths
zurückzuführen ist. Indessen überrascht das Bild durch eine Fülle interessanter
und imponirender Einzelheiten, die ein sehr ernsthaftes und eingehendes Stu¬
dium voraussetzen. Es zeigt, daß sein Schöpfer, wie er vor einem Viertel¬
jahrhundert kühn auf der Bahn der Coloristik vorwärts gegangen ist, auch
heute noch tapfer mit den koloristischen Fortschritten der Neuzeit gleichen Schritt
zu halten weiß.
Die Lösung so großer Aufgaben, wie die eben genannten waren, ließ
Schrader noch die Zeit zu einer umfassenden und ersprießlichen Lehrthätigkeit
an der Berliner Kunstakademie und zur Ausführung zahlreicher Porträts.
Seine Erfolge auf diesem Gebiete sichern ihm auch unter den Berliner
Bildnißmalern einen der ersten Plätze. Auf der Wiener Weltausstellung waren
es vier ausgezeichnete Porträts, unter ihnen das des Grafen Moltke, welche
dem Maler die Ehre der Kunstmedaille eintrugen. Schlichte Wahrheit des
Vortrags und ein liebevolles Eingehen in die charakteristischen Eigenthümlich¬
keiten des darzustellenden Individuums sind die Vorzüge Schrader's als
Bildnißmaler.
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