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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

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eitel erwähnten Portraitmalers Hensel. Auch er war an den mythologischen
Wandbildern im Niobidensaale des Neuen Museums und an der monumen¬
talen Ausschmückung der Schloßkapelle thätig. Am Ende wandte er sich aus¬
schließlich der religiösen Malerei zu, vermochte aber bei seiner strengen, akade¬
mischen Richtung keine nachhaltigen Erfolge zu erzielen.

Nächst den belgischen Coloristen waren es vorzugsweise die Düssel¬
dorfer, welche einen bestimmenden Einfluß auf die Berliner Historienmalerei
übten. In keinem der Berliner Maler haben sich diese beiden Einflüsse
zu so inniger Harmonie verquickt, wie in Julius Schrader, der am Ende
über beide Richtungen hinausging und sich einen selbstständigen Stil,
einen breiten, malerischen Vortrag aneignete, der eine Zeit lang für die
Berliner Historienmalerei maßgebend war. Schrader (geb. 1815) bildete sich
zunächst auf der Berliner, dann aber unter Schadow's Leitung auf der Düssel¬
dorfer Akademie, wo er sieben Jahre lang arbeitete und sein Studium nur
durch Reisen nach Frankreich und den Niederlanden unterbrach. Mit dem
Stipendium der Berliner Akademie ging er 1845 nach Rom und malte dort
l847 sein erstes größeres Bild "die Uebergabe von Calais an Eduard III.
von England im Jahre 1347." Indessen steht der Maler hier noch ganz
unter dem Einfluß der älteren Düsseldorfer Richtung. Der Ton ist schwer,
die Stimmung düster und die kolossalen Figuren entsprechen nicht ganz der
Bedeutung des Vorgangs. Heute, wo dieses Bild seinen Platz in der National¬
galerie neben den besten Werken seines Meisters gefunden hat, lernt man die
Größe des Schritts, um den sich Schrader von den Düsseldorfern entfernt,
völlig würdigen. Bevor er jedoch mit größeren Staffeleibildern in die Oeffent-
Uchkeit trat, betheiligte er sich noch in hervorragendem Maße an der Aus¬
schmückung der von Stiller erbauten neuen Schloßkapelle. Er malte dort in
der von Kaulbach importirten stereochromischen Manier, welche sich von der
Freskomalerei dadurch unterscheidet, daß die Wasserfarben auf eine zuvor ganz
trocken geriebene Kalkfläche aufgetragen werden, die Bilder der zwölf ersten
christlichen Monarchen von Konstantin dem Großen bis aus Gottfried von
Bouillon. Außer den genannten Kaselowsky und Schrader war noch eine
Anzahl anderer Maler der älteren Schule in der Schloßkapelle thätig: A. v.
Klöber, Daege, Henning, Hopfgarten, Holbein und Steinbrück. Die erstge¬
nannten haben bereits im vorigen Artikel gebührende Erwähnung gefunden.
Steinbrück (geb. 1802) hatte seine ersten Studien im Atelier Wachs ge¬
macht, war dann nach Düsseldorf und nach Rom gegangen und nahm 1830
seinen Aufenthalt in Düsseldorf, wo er bis zum Jahre 1846 blieb. Dann
ließ er sich in Berlin nieder, betheiligte sich an der Dokoration des Neuen
Museums und war dann fast ausschließlich auf dem Gebiete der religiösen


Grenzboten II. 1878. 22

eitel erwähnten Portraitmalers Hensel. Auch er war an den mythologischen
Wandbildern im Niobidensaale des Neuen Museums und an der monumen¬
talen Ausschmückung der Schloßkapelle thätig. Am Ende wandte er sich aus¬
schließlich der religiösen Malerei zu, vermochte aber bei seiner strengen, akade¬
mischen Richtung keine nachhaltigen Erfolge zu erzielen.

Nächst den belgischen Coloristen waren es vorzugsweise die Düssel¬
dorfer, welche einen bestimmenden Einfluß auf die Berliner Historienmalerei
übten. In keinem der Berliner Maler haben sich diese beiden Einflüsse
zu so inniger Harmonie verquickt, wie in Julius Schrader, der am Ende
über beide Richtungen hinausging und sich einen selbstständigen Stil,
einen breiten, malerischen Vortrag aneignete, der eine Zeit lang für die
Berliner Historienmalerei maßgebend war. Schrader (geb. 1815) bildete sich
zunächst auf der Berliner, dann aber unter Schadow's Leitung auf der Düssel¬
dorfer Akademie, wo er sieben Jahre lang arbeitete und sein Studium nur
durch Reisen nach Frankreich und den Niederlanden unterbrach. Mit dem
Stipendium der Berliner Akademie ging er 1845 nach Rom und malte dort
l847 sein erstes größeres Bild „die Uebergabe von Calais an Eduard III.
von England im Jahre 1347." Indessen steht der Maler hier noch ganz
unter dem Einfluß der älteren Düsseldorfer Richtung. Der Ton ist schwer,
die Stimmung düster und die kolossalen Figuren entsprechen nicht ganz der
Bedeutung des Vorgangs. Heute, wo dieses Bild seinen Platz in der National¬
galerie neben den besten Werken seines Meisters gefunden hat, lernt man die
Größe des Schritts, um den sich Schrader von den Düsseldorfern entfernt,
völlig würdigen. Bevor er jedoch mit größeren Staffeleibildern in die Oeffent-
Uchkeit trat, betheiligte er sich noch in hervorragendem Maße an der Aus¬
schmückung der von Stiller erbauten neuen Schloßkapelle. Er malte dort in
der von Kaulbach importirten stereochromischen Manier, welche sich von der
Freskomalerei dadurch unterscheidet, daß die Wasserfarben auf eine zuvor ganz
trocken geriebene Kalkfläche aufgetragen werden, die Bilder der zwölf ersten
christlichen Monarchen von Konstantin dem Großen bis aus Gottfried von
Bouillon. Außer den genannten Kaselowsky und Schrader war noch eine
Anzahl anderer Maler der älteren Schule in der Schloßkapelle thätig: A. v.
Klöber, Daege, Henning, Hopfgarten, Holbein und Steinbrück. Die erstge¬
nannten haben bereits im vorigen Artikel gebührende Erwähnung gefunden.
Steinbrück (geb. 1802) hatte seine ersten Studien im Atelier Wachs ge¬
macht, war dann nach Düsseldorf und nach Rom gegangen und nahm 1830
seinen Aufenthalt in Düsseldorf, wo er bis zum Jahre 1846 blieb. Dann
ließ er sich in Berlin nieder, betheiligte sich an der Dokoration des Neuen
Museums und war dann fast ausschließlich auf dem Gebiete der religiösen


Grenzboten II. 1878. 22
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[0173] eitel erwähnten Portraitmalers Hensel. Auch er war an den mythologischen Wandbildern im Niobidensaale des Neuen Museums und an der monumen¬ talen Ausschmückung der Schloßkapelle thätig. Am Ende wandte er sich aus¬ schließlich der religiösen Malerei zu, vermochte aber bei seiner strengen, akade¬ mischen Richtung keine nachhaltigen Erfolge zu erzielen. Nächst den belgischen Coloristen waren es vorzugsweise die Düssel¬ dorfer, welche einen bestimmenden Einfluß auf die Berliner Historienmalerei übten. In keinem der Berliner Maler haben sich diese beiden Einflüsse zu so inniger Harmonie verquickt, wie in Julius Schrader, der am Ende über beide Richtungen hinausging und sich einen selbstständigen Stil, einen breiten, malerischen Vortrag aneignete, der eine Zeit lang für die Berliner Historienmalerei maßgebend war. Schrader (geb. 1815) bildete sich zunächst auf der Berliner, dann aber unter Schadow's Leitung auf der Düssel¬ dorfer Akademie, wo er sieben Jahre lang arbeitete und sein Studium nur durch Reisen nach Frankreich und den Niederlanden unterbrach. Mit dem Stipendium der Berliner Akademie ging er 1845 nach Rom und malte dort l847 sein erstes größeres Bild „die Uebergabe von Calais an Eduard III. von England im Jahre 1347." Indessen steht der Maler hier noch ganz unter dem Einfluß der älteren Düsseldorfer Richtung. Der Ton ist schwer, die Stimmung düster und die kolossalen Figuren entsprechen nicht ganz der Bedeutung des Vorgangs. Heute, wo dieses Bild seinen Platz in der National¬ galerie neben den besten Werken seines Meisters gefunden hat, lernt man die Größe des Schritts, um den sich Schrader von den Düsseldorfern entfernt, völlig würdigen. Bevor er jedoch mit größeren Staffeleibildern in die Oeffent- Uchkeit trat, betheiligte er sich noch in hervorragendem Maße an der Aus¬ schmückung der von Stiller erbauten neuen Schloßkapelle. Er malte dort in der von Kaulbach importirten stereochromischen Manier, welche sich von der Freskomalerei dadurch unterscheidet, daß die Wasserfarben auf eine zuvor ganz trocken geriebene Kalkfläche aufgetragen werden, die Bilder der zwölf ersten christlichen Monarchen von Konstantin dem Großen bis aus Gottfried von Bouillon. Außer den genannten Kaselowsky und Schrader war noch eine Anzahl anderer Maler der älteren Schule in der Schloßkapelle thätig: A. v. Klöber, Daege, Henning, Hopfgarten, Holbein und Steinbrück. Die erstge¬ nannten haben bereits im vorigen Artikel gebührende Erwähnung gefunden. Steinbrück (geb. 1802) hatte seine ersten Studien im Atelier Wachs ge¬ macht, war dann nach Düsseldorf und nach Rom gegangen und nahm 1830 seinen Aufenthalt in Düsseldorf, wo er bis zum Jahre 1846 blieb. Dann ließ er sich in Berlin nieder, betheiligte sich an der Dokoration des Neuen Museums und war dann fast ausschließlich auf dem Gebiete der religiösen Grenzboten II. 1878. 22

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/173>, abgerufen am 01.09.2024.