Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.Schriftcharaktere bedeckt waren; dazu kamen, unzweifelhaft gleichfalls künstleri¬ Was erzählten denn diese Palastwände, diese Obelisken, diese Wandgemälde, Es ist nothwendig dazu, einen Blick auf die Schrift, die Sprache und Indem ich von den monumentalen Inschriften, die sich unter Königsbildern, ') G, Smith giebt in seinen -^s. Visoov. eine Anzahl guter Abbildungen, 138--143. ") ok. die Abbildung bei G. Smith, c?K",I<1, ^co. Sen., 11.^. 10.
Schriftcharaktere bedeckt waren; dazu kamen, unzweifelhaft gleichfalls künstleri¬ Was erzählten denn diese Palastwände, diese Obelisken, diese Wandgemälde, Es ist nothwendig dazu, einen Blick auf die Schrift, die Sprache und Indem ich von den monumentalen Inschriften, die sich unter Königsbildern, ') G, Smith giebt in seinen -^s. Visoov. eine Anzahl guter Abbildungen, 138—143. ") ok. die Abbildung bei G. Smith, c?K»,I<1, ^co. Sen., 11.^. 10.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0011" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139832"/> <p xml:id="ID_17" prev="#ID_16"> Schriftcharaktere bedeckt waren; dazu kamen, unzweifelhaft gleichfalls künstleri¬<lb/> schen Zwecken dienend, Obelisken voller Keile, Figuren, Statuen aus Kalk und<lb/> anderem Gestein, Bronceschalen, Waffen, Helme,*) Gewichte und endlich eine<lb/> überaus große Anzahl beschriebener Thontäfelchen, wie wir gleich sehen wer¬<lb/> den, Denkmäler einer assyrischen Literatur, wenn man will, assyrische Bücher.<lb/> — Wir modernen Menschen reden in preisender Weise viel von Königlichen<lb/> Bibliotheken. Die einen, die in den cmkältenden Sälen die Schätze des arbei¬<lb/> tenden Menschengeistes, in solider Buchform und in Reihe und Glied aufmar-<lb/> schirt, anstaunen; die andern, die diese Schätze nicht nur schauen, sondern an<lb/> ihnen theilnehmen dürfen; das eine moderne Errungenschaft zu nennen, ist<lb/> eitel Phrase; freilich Rom und Athen, die klassischen Kulturstätten, haben<lb/> davon kaum Anfänge aufzuweisen; in diesen ninivitischen Palästen haben wir<lb/> sie bereits ums Jahr 800 v. Chr., also vor Roms Erbauung und lange vor<lb/> den Perserkriegen; in bewundernswerther Klarheit und Methode z. B. unter<lb/> dem Könige Assurbanipal um 660 v. Chr., der an seinen Bibliothekswänden<lb/> die historischen und astronomischen Studien sorgfältig und patriotisch pflegte.</p><lb/> <p xml:id="ID_18"> Was erzählten denn diese Palastwände, diese Obelisken, diese Wandgemälde,<lb/> diese zahllosen im Sande verstreuten, wiederaufgefundenen und in jenen Eichen-<lb/> hvlzkästen in Reihe und Glied wohlgeordneten Tüfelchenfragmente? Wer löste<lb/> die 1000jährigen Geheimnisse ihrer Zunge und zwang die alten Assyrer zum<lb/> Reden?</p><lb/> <p xml:id="ID_19"> Es ist nothwendig dazu, einen Blick auf die Schrift, die Sprache und<lb/> die Entziffernngsversuche zu werfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_20" next="#ID_21"> Indem ich von den monumentalen Inschriften, die sich unter Königsbildern,<lb/> auf dem Sockel von Statuen, an den geflügelten Löwen u. a. finden, absehe,<lb/> nehme ich für den angegebenen Zweck die im eigentlichen Sinne sogenannten<lb/> Annalen Assyriens in Anspruch. Es sind dies jene unscheinbaren Thouscherben,<lb/> formlos und scharfgekantet, die einen so groß wie die Schiefertafel eines<lb/> Knaben, die andern wie ein Zweimarkstück, schwarz, gran, grünlich, meist in<lb/> einem ins Rothe spielenden Tone. So liegen sie dem Auge eines jeden Be¬<lb/> suchers ausgestellt unter Glas und Rahmen in dem beschriebenen Saale des<lb/> Britischen Museums. Das berühmte 11. Täfelchen aus der Jzdubarsage z. B.<lb/> in der Größe eines halben 1000 Markscheines, vielfach zerbrochen, an den<lb/> Kanten abgestoßen, mit Flecken auf seiner Oberfläche und mehrfach ganz durch¬<lb/> brochen, im Ganzen in nicht weniger als 16 Fragmenten/'*) aber über und</p><lb/> <note xml:id="FID_17" place="foot"> ') G, Smith giebt in seinen -^s. Visoov. eine Anzahl guter Abbildungen,<lb/> 138—143.</note><lb/> <note xml:id="FID_18" place="foot"> ") ok. die Abbildung bei G. Smith, c?K»,I<1, ^co. Sen., 11.^. 10.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0011]
Schriftcharaktere bedeckt waren; dazu kamen, unzweifelhaft gleichfalls künstleri¬
schen Zwecken dienend, Obelisken voller Keile, Figuren, Statuen aus Kalk und
anderem Gestein, Bronceschalen, Waffen, Helme,*) Gewichte und endlich eine
überaus große Anzahl beschriebener Thontäfelchen, wie wir gleich sehen wer¬
den, Denkmäler einer assyrischen Literatur, wenn man will, assyrische Bücher.
— Wir modernen Menschen reden in preisender Weise viel von Königlichen
Bibliotheken. Die einen, die in den cmkältenden Sälen die Schätze des arbei¬
tenden Menschengeistes, in solider Buchform und in Reihe und Glied aufmar-
schirt, anstaunen; die andern, die diese Schätze nicht nur schauen, sondern an
ihnen theilnehmen dürfen; das eine moderne Errungenschaft zu nennen, ist
eitel Phrase; freilich Rom und Athen, die klassischen Kulturstätten, haben
davon kaum Anfänge aufzuweisen; in diesen ninivitischen Palästen haben wir
sie bereits ums Jahr 800 v. Chr., also vor Roms Erbauung und lange vor
den Perserkriegen; in bewundernswerther Klarheit und Methode z. B. unter
dem Könige Assurbanipal um 660 v. Chr., der an seinen Bibliothekswänden
die historischen und astronomischen Studien sorgfältig und patriotisch pflegte.
Was erzählten denn diese Palastwände, diese Obelisken, diese Wandgemälde,
diese zahllosen im Sande verstreuten, wiederaufgefundenen und in jenen Eichen-
hvlzkästen in Reihe und Glied wohlgeordneten Tüfelchenfragmente? Wer löste
die 1000jährigen Geheimnisse ihrer Zunge und zwang die alten Assyrer zum
Reden?
Es ist nothwendig dazu, einen Blick auf die Schrift, die Sprache und
die Entziffernngsversuche zu werfen.
Indem ich von den monumentalen Inschriften, die sich unter Königsbildern,
auf dem Sockel von Statuen, an den geflügelten Löwen u. a. finden, absehe,
nehme ich für den angegebenen Zweck die im eigentlichen Sinne sogenannten
Annalen Assyriens in Anspruch. Es sind dies jene unscheinbaren Thouscherben,
formlos und scharfgekantet, die einen so groß wie die Schiefertafel eines
Knaben, die andern wie ein Zweimarkstück, schwarz, gran, grünlich, meist in
einem ins Rothe spielenden Tone. So liegen sie dem Auge eines jeden Be¬
suchers ausgestellt unter Glas und Rahmen in dem beschriebenen Saale des
Britischen Museums. Das berühmte 11. Täfelchen aus der Jzdubarsage z. B.
in der Größe eines halben 1000 Markscheines, vielfach zerbrochen, an den
Kanten abgestoßen, mit Flecken auf seiner Oberfläche und mehrfach ganz durch¬
brochen, im Ganzen in nicht weniger als 16 Fragmenten/'*) aber über und
') G, Smith giebt in seinen -^s. Visoov. eine Anzahl guter Abbildungen,
138—143.
") ok. die Abbildung bei G. Smith, c?K»,I<1, ^co. Sen., 11.^. 10.
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