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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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hoben worden) daß Deutschland durch dieselbe nun endlich das besitzt, was
seit Jahren allgemein erwünscht war: eine wahrhaft nationale deutsche
Revue." Mit derselben Kunstfertigkeit also, wie in diesem fünften Hefte das
"Quartal" in einen "Jahrgang" verwandelt worden war, giebt man hier sech¬
zehn, sage sechzehn deutsche Zeitungen für die "gestimmte Presse" aus, und
einige entgegenkommende Worte der Höflichkeit, mit der die Kolleginnen das
neue Unternehmen begrüßt haben, summirt, knmulirt und kondensirt man zu
dem Superlativ: "wichtigste und nützlichste Zeitschrift- für jeden gebildeten
Deutschen." Dieses Kunststück wird aber durch ein anderes womöglich noch
überboten. Das unvermeidliche "Resumv zur gefälligen Benutzung", welches
in Rieseuformat das letzte Heft der "Revue" begleitete, beginnt mit folgenden
schwungvollen Worten: "Alle patriotischen, freisinnigen und gebildeten Leser¬
kreise hat die Gartenlaube durch einen längeren Artikel auf die "Deutsche
Revue" ganz besonders aufmerksam gemacht", und auf dem Umschlage des
Heftes selbst heißt es: "Wenn die Gartenlaube, bei der Recensionen zu den
Seltenheiten gehören, wie geschehen, für die "Deutsche Revue" eine Lanze ein¬
legt, (der Herr Verleger meinen wohl "bricht", das bloße "einlegen" ist nicht
genug), so spricht dies am deutlichsten für die Gediegenheit und Bedeutung
dieses Unternehmens." Nun berührt es schon etwas eigenthümlich, wenn eine
Zeitschrift vou der Höhe und Erhabenheit, wie es doch die "Deutsche Revue"
gern sein möchte, sich zu ihrer Empfehlung auf die "Gartenlaube" beruft.
Wer gewisse Zeitungen liest, der liest bekanntlich gewisse andere nicht, und
umgekehrt, jeder nach seinem Geschmack. Wie sieht denn nun aber die "Lanze"
aus, welche die Gartenlaube für die "Deutsche Revue" bricht? In ihrer
Nummer 43 schreibt sie buchstäblich folgendes: "Das dießjährige Oktoberheft
der in Berlin erscheinenden Zeitschrift "Deutsche Revue" bringt einen sehr
beachtenswerthen Mahnruf von Professor Schenkel in Heidelberg über die
nationale Bedeutung der religiösen Frage", und hieran werden noch ein paar
Bemerkungen, lediglich über den angeführten Aufsatz, geknüpft. Das
ist Alles. Und das nennt der Verleger eine "Recension" der "Revue"! Das
nennt er "eine Lanze einlegen!" -- Ein Kommentar ist wohl überflüssig.

Das dritte, was uns an der neuen "Revue" mißfällt, ist das, daß die
Zeitschrift beharrlich vorgiebt, etwas anderes zu sein, als was sie in Wahrheit
ist. In dem ersten Prospekte hieß es, in der "Deutschen Revue" sollten nach¬
folgende Fächer: Politik, Nationalökonomie und Statistik, Handel, Gewerbe
und Industrie, Landwirthschaft, Staats- und Rechtswissenschaft, Geschichte,
Geographie, Philosophie, Medizin und Naturwissenschaft, Kunst und Literatur
"in jeder Nummer von einer Autorität in allgemein verständlicher Weise be¬
handelt und alle wichtigen Fragen, Fortschritte ?e, besprochen werden,


hoben worden) daß Deutschland durch dieselbe nun endlich das besitzt, was
seit Jahren allgemein erwünscht war: eine wahrhaft nationale deutsche
Revue." Mit derselben Kunstfertigkeit also, wie in diesem fünften Hefte das
„Quartal" in einen „Jahrgang" verwandelt worden war, giebt man hier sech¬
zehn, sage sechzehn deutsche Zeitungen für die „gestimmte Presse" aus, und
einige entgegenkommende Worte der Höflichkeit, mit der die Kolleginnen das
neue Unternehmen begrüßt haben, summirt, knmulirt und kondensirt man zu
dem Superlativ: „wichtigste und nützlichste Zeitschrift- für jeden gebildeten
Deutschen." Dieses Kunststück wird aber durch ein anderes womöglich noch
überboten. Das unvermeidliche „Resumv zur gefälligen Benutzung", welches
in Rieseuformat das letzte Heft der „Revue" begleitete, beginnt mit folgenden
schwungvollen Worten: „Alle patriotischen, freisinnigen und gebildeten Leser¬
kreise hat die Gartenlaube durch einen längeren Artikel auf die „Deutsche
Revue" ganz besonders aufmerksam gemacht", und auf dem Umschlage des
Heftes selbst heißt es: „Wenn die Gartenlaube, bei der Recensionen zu den
Seltenheiten gehören, wie geschehen, für die „Deutsche Revue" eine Lanze ein¬
legt, (der Herr Verleger meinen wohl „bricht", das bloße „einlegen" ist nicht
genug), so spricht dies am deutlichsten für die Gediegenheit und Bedeutung
dieses Unternehmens." Nun berührt es schon etwas eigenthümlich, wenn eine
Zeitschrift vou der Höhe und Erhabenheit, wie es doch die „Deutsche Revue"
gern sein möchte, sich zu ihrer Empfehlung auf die „Gartenlaube" beruft.
Wer gewisse Zeitungen liest, der liest bekanntlich gewisse andere nicht, und
umgekehrt, jeder nach seinem Geschmack. Wie sieht denn nun aber die „Lanze"
aus, welche die Gartenlaube für die „Deutsche Revue" bricht? In ihrer
Nummer 43 schreibt sie buchstäblich folgendes: „Das dießjährige Oktoberheft
der in Berlin erscheinenden Zeitschrift „Deutsche Revue" bringt einen sehr
beachtenswerthen Mahnruf von Professor Schenkel in Heidelberg über die
nationale Bedeutung der religiösen Frage", und hieran werden noch ein paar
Bemerkungen, lediglich über den angeführten Aufsatz, geknüpft. Das
ist Alles. Und das nennt der Verleger eine „Recension" der „Revue"! Das
nennt er „eine Lanze einlegen!" — Ein Kommentar ist wohl überflüssig.

Das dritte, was uns an der neuen „Revue" mißfällt, ist das, daß die
Zeitschrift beharrlich vorgiebt, etwas anderes zu sein, als was sie in Wahrheit
ist. In dem ersten Prospekte hieß es, in der „Deutschen Revue" sollten nach¬
folgende Fächer: Politik, Nationalökonomie und Statistik, Handel, Gewerbe
und Industrie, Landwirthschaft, Staats- und Rechtswissenschaft, Geschichte,
Geographie, Philosophie, Medizin und Naturwissenschaft, Kunst und Literatur
„in jeder Nummer von einer Autorität in allgemein verständlicher Weise be¬
handelt und alle wichtigen Fragen, Fortschritte ?e, besprochen werden,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/92>, abgerufen am 20.10.2024.