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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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Geschrift, daß sie allzeit Recht gewinnen, das lernt der heilig Geist nicht, er
lernet nichts, denn Wahrheit und Gerechtigkeit, darumb ist er ein Feind aller
Schriftgelehrten, (und die Schriftgelehrten) wiederumb ein Feind des heiligen
Geists, und alle, die nach dem Geist richten wollen und nach der Wahrheit,
halten die Schriftgelehrten für Narren ... Es sitzen zwölf, und richten zween,
die gelten mehr, denn die andern all, sie müssen ja sprechen, aber Gott kennt
ihr Herz. Meint ihr, daß der heilige Geist allzeit ein stumm (?) wird bleiben
und sich also ein lassen graben als dorse er nichts mehr reden? Aber sein
Stimm und sein Wahrheit gehet daher und klingt wie ein Pnsaun in aller
Menschen Herzen und öffnet alle Ungerechtigkeit der Schriftweisen. Meint ihr
auch, ihr großmächtigen, herscheten (herrschenden) Männer, wie ihr genannt
werde vom höchsten an bis auf den niedrigsten, hätt ihr die alten, ungelehrten
Männer lassen richten und Recht sprechen bis auf die Zeit, meint ihr auch,
daß also übel auf Erden stund? Ich glaub, daß Gott der heilige Geist mehr
Weisheit geb einem alten ungelehrten Mann, denn einem jungen gelehrten."

Wiederholt klagt der Verfasser auch über die Verfolgungen, denen der Buch¬
druck ausgesetzt sei. So lange man Fürsten und Königen, Rittern, Grafen
und Edlen die Wahrheit gesagt habe und ihre Ungerechtigkeit habe drucken
lassen, da Hütten die Schriftgelehrten geschwiegen. "Aber jetzund, so ihre Unge¬
rechtigkeit anch verkünde soll werden und an Tag kommen soll, schreien sie mit
Mord, verbieten alle Druckerei, daß es nicht geschehe. Aber es muß alle Ver¬
kündung Gottes offenbar werden aller Welt, nicht einmal, oft, oft!"

Gegen das Ende seiner Schrift verwahrt er sich ausdrücklich dagegen, als
ob er mit seinem Büchlein etwa Aufruhr stiften wolle. "Darumb darf nie-
mands gedenken, daß von Büchern oder von Schreiben Aufruhr kommen, es
kummt alles aus Gottes Macht. . Das Büchlein hab ich nicht gemacht,
daß ich zürne oder jemands zürnen soll, oder einerlei die Welt zu Zorn bewegen,
sondern zu gutem Fried und zu guter Einigkeit. Wenn wo Unfried ist, der
macht Unfried, wo aber guter Fried ist, der macht auch guten Fried . . .
Mein Büchlein macht nicht Aufruhr, zeiget nur an, die in der Bosheit sitzen,
daß sie sich erkennen und bitten Gott um Gnad."

In den Schlußworten endlich kommt er nochmals unter einem Gleichniß
auf seiue kommunistischen Ideen zurück. "Es siud gesehen drei Tisch in der
Welt, der erst überflüssig und zuviel darauf, der ander mittelmäßig und ein
bequeme Nothdurft, der dritt ganz nothdürftig. Do sein kommen die von dem
überflüssigen Tisch und wollten nehmen von dem wenigem Tische das Brod.
Hieraus erhebt sich der Kampf, und daß Gott wird umstoßen den überflüssigen
Tisch und den geringen Tisch, und bestätigen den Mitteln Tisch."

So weit unsere Broschüre. Die Frage liegt nahe: Wer mag der Verfasser


so*

Geschrift, daß sie allzeit Recht gewinnen, das lernt der heilig Geist nicht, er
lernet nichts, denn Wahrheit und Gerechtigkeit, darumb ist er ein Feind aller
Schriftgelehrten, (und die Schriftgelehrten) wiederumb ein Feind des heiligen
Geists, und alle, die nach dem Geist richten wollen und nach der Wahrheit,
halten die Schriftgelehrten für Narren ... Es sitzen zwölf, und richten zween,
die gelten mehr, denn die andern all, sie müssen ja sprechen, aber Gott kennt
ihr Herz. Meint ihr, daß der heilige Geist allzeit ein stumm (?) wird bleiben
und sich also ein lassen graben als dorse er nichts mehr reden? Aber sein
Stimm und sein Wahrheit gehet daher und klingt wie ein Pnsaun in aller
Menschen Herzen und öffnet alle Ungerechtigkeit der Schriftweisen. Meint ihr
auch, ihr großmächtigen, herscheten (herrschenden) Männer, wie ihr genannt
werde vom höchsten an bis auf den niedrigsten, hätt ihr die alten, ungelehrten
Männer lassen richten und Recht sprechen bis auf die Zeit, meint ihr auch,
daß also übel auf Erden stund? Ich glaub, daß Gott der heilige Geist mehr
Weisheit geb einem alten ungelehrten Mann, denn einem jungen gelehrten."

Wiederholt klagt der Verfasser auch über die Verfolgungen, denen der Buch¬
druck ausgesetzt sei. So lange man Fürsten und Königen, Rittern, Grafen
und Edlen die Wahrheit gesagt habe und ihre Ungerechtigkeit habe drucken
lassen, da Hütten die Schriftgelehrten geschwiegen. „Aber jetzund, so ihre Unge¬
rechtigkeit anch verkünde soll werden und an Tag kommen soll, schreien sie mit
Mord, verbieten alle Druckerei, daß es nicht geschehe. Aber es muß alle Ver¬
kündung Gottes offenbar werden aller Welt, nicht einmal, oft, oft!"

Gegen das Ende seiner Schrift verwahrt er sich ausdrücklich dagegen, als
ob er mit seinem Büchlein etwa Aufruhr stiften wolle. „Darumb darf nie-
mands gedenken, daß von Büchern oder von Schreiben Aufruhr kommen, es
kummt alles aus Gottes Macht. . Das Büchlein hab ich nicht gemacht,
daß ich zürne oder jemands zürnen soll, oder einerlei die Welt zu Zorn bewegen,
sondern zu gutem Fried und zu guter Einigkeit. Wenn wo Unfried ist, der
macht Unfried, wo aber guter Fried ist, der macht auch guten Fried . . .
Mein Büchlein macht nicht Aufruhr, zeiget nur an, die in der Bosheit sitzen,
daß sie sich erkennen und bitten Gott um Gnad."

In den Schlußworten endlich kommt er nochmals unter einem Gleichniß
auf seiue kommunistischen Ideen zurück. „Es siud gesehen drei Tisch in der
Welt, der erst überflüssig und zuviel darauf, der ander mittelmäßig und ein
bequeme Nothdurft, der dritt ganz nothdürftig. Do sein kommen die von dem
überflüssigen Tisch und wollten nehmen von dem wenigem Tische das Brod.
Hieraus erhebt sich der Kampf, und daß Gott wird umstoßen den überflüssigen
Tisch und den geringen Tisch, und bestätigen den Mitteln Tisch."

So weit unsere Broschüre. Die Frage liegt nahe: Wer mag der Verfasser


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[0483] Geschrift, daß sie allzeit Recht gewinnen, das lernt der heilig Geist nicht, er lernet nichts, denn Wahrheit und Gerechtigkeit, darumb ist er ein Feind aller Schriftgelehrten, (und die Schriftgelehrten) wiederumb ein Feind des heiligen Geists, und alle, die nach dem Geist richten wollen und nach der Wahrheit, halten die Schriftgelehrten für Narren ... Es sitzen zwölf, und richten zween, die gelten mehr, denn die andern all, sie müssen ja sprechen, aber Gott kennt ihr Herz. Meint ihr, daß der heilige Geist allzeit ein stumm (?) wird bleiben und sich also ein lassen graben als dorse er nichts mehr reden? Aber sein Stimm und sein Wahrheit gehet daher und klingt wie ein Pnsaun in aller Menschen Herzen und öffnet alle Ungerechtigkeit der Schriftweisen. Meint ihr auch, ihr großmächtigen, herscheten (herrschenden) Männer, wie ihr genannt werde vom höchsten an bis auf den niedrigsten, hätt ihr die alten, ungelehrten Männer lassen richten und Recht sprechen bis auf die Zeit, meint ihr auch, daß also übel auf Erden stund? Ich glaub, daß Gott der heilige Geist mehr Weisheit geb einem alten ungelehrten Mann, denn einem jungen gelehrten." Wiederholt klagt der Verfasser auch über die Verfolgungen, denen der Buch¬ druck ausgesetzt sei. So lange man Fürsten und Königen, Rittern, Grafen und Edlen die Wahrheit gesagt habe und ihre Ungerechtigkeit habe drucken lassen, da Hütten die Schriftgelehrten geschwiegen. „Aber jetzund, so ihre Unge¬ rechtigkeit anch verkünde soll werden und an Tag kommen soll, schreien sie mit Mord, verbieten alle Druckerei, daß es nicht geschehe. Aber es muß alle Ver¬ kündung Gottes offenbar werden aller Welt, nicht einmal, oft, oft!" Gegen das Ende seiner Schrift verwahrt er sich ausdrücklich dagegen, als ob er mit seinem Büchlein etwa Aufruhr stiften wolle. „Darumb darf nie- mands gedenken, daß von Büchern oder von Schreiben Aufruhr kommen, es kummt alles aus Gottes Macht. . Das Büchlein hab ich nicht gemacht, daß ich zürne oder jemands zürnen soll, oder einerlei die Welt zu Zorn bewegen, sondern zu gutem Fried und zu guter Einigkeit. Wenn wo Unfried ist, der macht Unfried, wo aber guter Fried ist, der macht auch guten Fried . . . Mein Büchlein macht nicht Aufruhr, zeiget nur an, die in der Bosheit sitzen, daß sie sich erkennen und bitten Gott um Gnad." In den Schlußworten endlich kommt er nochmals unter einem Gleichniß auf seiue kommunistischen Ideen zurück. „Es siud gesehen drei Tisch in der Welt, der erst überflüssig und zuviel darauf, der ander mittelmäßig und ein bequeme Nothdurft, der dritt ganz nothdürftig. Do sein kommen die von dem überflüssigen Tisch und wollten nehmen von dem wenigem Tische das Brod. Hieraus erhebt sich der Kampf, und daß Gott wird umstoßen den überflüssigen Tisch und den geringen Tisch, und bestätigen den Mitteln Tisch." So weit unsere Broschüre. Die Frage liegt nahe: Wer mag der Verfasser so*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/483>, abgerufen am 27.09.2024.