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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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hineingezogen. Ans einem widersetzlichen Landadel entwickelte Philippvs durch
weise Wiederbelebung der alten Kampfgefolgschaft einen Schwertadel. Edel¬
geborene Ehrenwachen zu Roß und zu Fuß, die zugleich als immerwährender
Ausschuß und Rahmen des Reichsheers betrachtet wurden, traten als "He-
tairoi", als Genossenschaft des Königs, zu diesem in ein Verhältniß ehrfurchts¬
voller Kameradschaft, das den Waffendienst um seine Person bald als beson¬
ders wünschenswerth erscheinen ließ. -- So bildeten sich unter den Augen und
in der Zucht des Philippos die Führer des Heeres, und diese Kriegsverfas¬
sung gab Makedonien jene ruhige Tüchtigkeit, durch die es ebensowol deu er¬
schlafften Bürgermilizen, wie den gesinnungslosen Söldnern von Hellas über¬
legen war.

Wenn man von der Heeresorganisation im Einzelnen reden will,
so ist das nur möglich, insofern zugegeben wird, daß man von den ersten
Einrichtungen, wie sie sich bei Alexander d. Gr. vorfinden, zurückschließen darf,
auf die Institutionell seines Vaters. Dafür sprechen aber ausdrückliche Zeug¬
nisse und zugleich die höchste Wahrscheinlichkeit.*)

Die Stärke des makedonischer Heeres unter Philippos war wenig über
30,000 M. zu Fuß und 3000 Pferde.")

Das Fußvolk zerfiel in Phalangiten, Hypaspisten und Schützen.

Die Phalangiten sind Hopliten, welche in Stärke von etwa 24,000
Mann nach einer Dienstliste aus den freien Bürgern und Bauern ausgehoben
wurden und während eines bestimmten Zeitraums zum aktiven Dienste ver¬
pflichtet blieben. _^ Mr Aushebung und Militärverwaltung war das Land
in wahrscheinlich 6 Bezirke eingetheilt, denen die Fußvolks-Abtheilungen des
Heerbanns entsprachen. Die hellenischen Koloniestädte der Küste hatte man
wohl nicht in diese Bezirke aufgenommen; sie wurden vermuthlich nur aus¬
nahmsweise mit ihrer Mannschaft, dagegen regelmäßig durch Kriegssteuern
herangezogen.

Die 6 Fußvolksabtheilungen des Heerbanns, bald Phalanx, bald Taxis
genannt, hatten eine mittlere Stärke von je 4000 Mann und erscheinen als
landsmannschaftlich zusammengestellte Prvvinzialregimenter.

Arrian zufolge stand die Phalanx 16 Mann hoch; eine Rotte bezeichnet
er als Lochos; 4 Rotten nennt er eine Tetrarchie, 4 Tetrarchien ein Syn-
tagma oder eine Xenagie; 4 Shntngmen, also 1024 Mann, bildeten eine





") Dem Nächstfolgenden liegt die Abhandlung von Rüstow und Köchly in ihrer "Ge¬
schichte des griechischen Kriegswesens" zu Grunde. Ergänzend wurde I. G. Drossen's
gelehrte Abhandlung über "Alexander d. Gr. Armee" (Hermes XII.) herangezogen.
Diodor XVI. 35.
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) Nrriau. Anat. I, 24, 2.

hineingezogen. Ans einem widersetzlichen Landadel entwickelte Philippvs durch
weise Wiederbelebung der alten Kampfgefolgschaft einen Schwertadel. Edel¬
geborene Ehrenwachen zu Roß und zu Fuß, die zugleich als immerwährender
Ausschuß und Rahmen des Reichsheers betrachtet wurden, traten als „He-
tairoi", als Genossenschaft des Königs, zu diesem in ein Verhältniß ehrfurchts¬
voller Kameradschaft, das den Waffendienst um seine Person bald als beson¬
ders wünschenswerth erscheinen ließ. — So bildeten sich unter den Augen und
in der Zucht des Philippos die Führer des Heeres, und diese Kriegsverfas¬
sung gab Makedonien jene ruhige Tüchtigkeit, durch die es ebensowol deu er¬
schlafften Bürgermilizen, wie den gesinnungslosen Söldnern von Hellas über¬
legen war.

Wenn man von der Heeresorganisation im Einzelnen reden will,
so ist das nur möglich, insofern zugegeben wird, daß man von den ersten
Einrichtungen, wie sie sich bei Alexander d. Gr. vorfinden, zurückschließen darf,
auf die Institutionell seines Vaters. Dafür sprechen aber ausdrückliche Zeug¬
nisse und zugleich die höchste Wahrscheinlichkeit.*)

Die Stärke des makedonischer Heeres unter Philippos war wenig über
30,000 M. zu Fuß und 3000 Pferde.«)

Das Fußvolk zerfiel in Phalangiten, Hypaspisten und Schützen.

Die Phalangiten sind Hopliten, welche in Stärke von etwa 24,000
Mann nach einer Dienstliste aus den freien Bürgern und Bauern ausgehoben
wurden und während eines bestimmten Zeitraums zum aktiven Dienste ver¬
pflichtet blieben. _^ Mr Aushebung und Militärverwaltung war das Land
in wahrscheinlich 6 Bezirke eingetheilt, denen die Fußvolks-Abtheilungen des
Heerbanns entsprachen. Die hellenischen Koloniestädte der Küste hatte man
wohl nicht in diese Bezirke aufgenommen; sie wurden vermuthlich nur aus¬
nahmsweise mit ihrer Mannschaft, dagegen regelmäßig durch Kriegssteuern
herangezogen.

Die 6 Fußvolksabtheilungen des Heerbanns, bald Phalanx, bald Taxis
genannt, hatten eine mittlere Stärke von je 4000 Mann und erscheinen als
landsmannschaftlich zusammengestellte Prvvinzialregimenter.

Arrian zufolge stand die Phalanx 16 Mann hoch; eine Rotte bezeichnet
er als Lochos; 4 Rotten nennt er eine Tetrarchie, 4 Tetrarchien ein Syn-
tagma oder eine Xenagie; 4 Shntngmen, also 1024 Mann, bildeten eine





") Dem Nächstfolgenden liegt die Abhandlung von Rüstow und Köchly in ihrer „Ge¬
schichte des griechischen Kriegswesens" zu Grunde. Ergänzend wurde I. G. Drossen's
gelehrte Abhandlung über „Alexander d. Gr. Armee" (Hermes XII.) herangezogen.
Diodor XVI. 35.
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[0424] hineingezogen. Ans einem widersetzlichen Landadel entwickelte Philippvs durch weise Wiederbelebung der alten Kampfgefolgschaft einen Schwertadel. Edel¬ geborene Ehrenwachen zu Roß und zu Fuß, die zugleich als immerwährender Ausschuß und Rahmen des Reichsheers betrachtet wurden, traten als „He- tairoi", als Genossenschaft des Königs, zu diesem in ein Verhältniß ehrfurchts¬ voller Kameradschaft, das den Waffendienst um seine Person bald als beson¬ ders wünschenswerth erscheinen ließ. — So bildeten sich unter den Augen und in der Zucht des Philippos die Führer des Heeres, und diese Kriegsverfas¬ sung gab Makedonien jene ruhige Tüchtigkeit, durch die es ebensowol deu er¬ schlafften Bürgermilizen, wie den gesinnungslosen Söldnern von Hellas über¬ legen war. Wenn man von der Heeresorganisation im Einzelnen reden will, so ist das nur möglich, insofern zugegeben wird, daß man von den ersten Einrichtungen, wie sie sich bei Alexander d. Gr. vorfinden, zurückschließen darf, auf die Institutionell seines Vaters. Dafür sprechen aber ausdrückliche Zeug¬ nisse und zugleich die höchste Wahrscheinlichkeit.*) Die Stärke des makedonischer Heeres unter Philippos war wenig über 30,000 M. zu Fuß und 3000 Pferde.«) Das Fußvolk zerfiel in Phalangiten, Hypaspisten und Schützen. Die Phalangiten sind Hopliten, welche in Stärke von etwa 24,000 Mann nach einer Dienstliste aus den freien Bürgern und Bauern ausgehoben wurden und während eines bestimmten Zeitraums zum aktiven Dienste ver¬ pflichtet blieben. _^ Mr Aushebung und Militärverwaltung war das Land in wahrscheinlich 6 Bezirke eingetheilt, denen die Fußvolks-Abtheilungen des Heerbanns entsprachen. Die hellenischen Koloniestädte der Küste hatte man wohl nicht in diese Bezirke aufgenommen; sie wurden vermuthlich nur aus¬ nahmsweise mit ihrer Mannschaft, dagegen regelmäßig durch Kriegssteuern herangezogen. Die 6 Fußvolksabtheilungen des Heerbanns, bald Phalanx, bald Taxis genannt, hatten eine mittlere Stärke von je 4000 Mann und erscheinen als landsmannschaftlich zusammengestellte Prvvinzialregimenter. Arrian zufolge stand die Phalanx 16 Mann hoch; eine Rotte bezeichnet er als Lochos; 4 Rotten nennt er eine Tetrarchie, 4 Tetrarchien ein Syn- tagma oder eine Xenagie; 4 Shntngmen, also 1024 Mann, bildeten eine ") Dem Nächstfolgenden liegt die Abhandlung von Rüstow und Köchly in ihrer „Ge¬ schichte des griechischen Kriegswesens" zu Grunde. Ergänzend wurde I. G. Drossen's gelehrte Abhandlung über „Alexander d. Gr. Armee" (Hermes XII.) herangezogen. Diodor XVI. 35. *** ) Nrriau. Anat. I, 24, 2.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/424>, abgerufen am 27.09.2024.