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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.

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tegikon, d. h. den Dienstsold für Heer und Flotte ein. Der Hoplit em¬
pfing täglich 3 Obolen bis 1 Drachme, der Offizier das Doppelte, der Reiter
das Dreifache und dazu Verpflegung in nennr oder Geld. Dem Marine¬
soldaten wurden durchschnittlich 8 Obolen gewährt. -- Um dieselbe Zeit (461/0)
trat Perikles mit großartigen fortifikatorischer Plänen hervor. Schon Themi-
stokles hatte, trotz des fanatischen Einspruches der Spartaner, die Befestigung
der Stadt Athen durch eine Ringmauer von etwa 1 Meile im Umfange mit
vielen viereckigen Thürmen und mindestens 9 Thoren durchgeführt; nicht min¬
der hatte er die Häfen des Peiraiens befestigt; die Mauer, welche diese Hasen
auf der Seeseite wie zu Lande umschloß, hatte eiuen Umfang von l'/s Meilen,
eine Höhe von 30 Fuß und eine solche Breite, daß zwei Frachtwagen einander
ausweichen konnten. Perikles unternahm es nun, die Stadt Athen mit den
Häfen durch ähnliche Werke zu verbinden, um jener, im Falle der Belagerung
Zuzug und Zufuhr vom Meere her zu sichern. Da erhoben sich denn die
berühmten "langen Mauern", deren nördlicher Schenkel nahezu eine Meile,
der südliche nur wenig minder lang war. -- Endlich wendete Perikles der
Entwickelung des Seewesens seine volle Aufmerksamkeit zu. Er führte
große jährliche Uebnngsfcchrten ein, an denen die Bürger in bedeutender Zahl
theilnehmen mußten. In jedem Jahre wurden 60 Schiffe 8 Monate lang in
Dienst gestellt. Mit regeln persönlichem Interesse förderte Perikles die Ver¬
besserung des Kriegstransportwesens; er war es, der die Hippagi, die Pferde¬
schiffe, einführte; er ist der eigentliche Erfinder der alors tsri'öko, jener Eisen¬
griffe, die zum Entern feindlicher Schiffedienten und der Ulm-Mg'vues, d. h. der Rei߬
haken, mit denen man die Pallisaden feindlicher Verschanzungen niederriß. Als
Techniker stand ihm dabei der berühmte Ingenieur Artemon zur Seite. --Die
beiden äußeren "langen Mauern" wurden mit dein Jahre 456 vollendet, und
sogleich begann Perikles den Bau einer dritten, mittleren Mauer zwischen
dem nördlichen Mauerschenkel, der zum Peiraiens und dem südlichen, der zum
Phaleron führte. Daneben betrieb er den völligen Umbau der Hafenstadt Pei¬
raiens, um deren Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und die Ausrüstung der Flotte
zu erleichtern.*) -- So arbeitete Perikles gewaltig an der Machtentfaltung
seiner Vaterstadt, und zugleich griff die Politik Athens auf das Großartigste
in die Ferne. Unter einem Nachkommen der alten Pharaonen war Aegypten
vom Großkönige abgefallen. Ein selbständiges Aegypten hätte die Flanke
der persischen Macht dauernd bedroht; Syrien, Kypros, Kilikien hätten sich



*) Adolph Schmidt: Perikles und sein Zeitalter. (Epochen und Katastrophen,)
Berlin 1874.

tegikon, d. h. den Dienstsold für Heer und Flotte ein. Der Hoplit em¬
pfing täglich 3 Obolen bis 1 Drachme, der Offizier das Doppelte, der Reiter
das Dreifache und dazu Verpflegung in nennr oder Geld. Dem Marine¬
soldaten wurden durchschnittlich 8 Obolen gewährt. — Um dieselbe Zeit (461/0)
trat Perikles mit großartigen fortifikatorischer Plänen hervor. Schon Themi-
stokles hatte, trotz des fanatischen Einspruches der Spartaner, die Befestigung
der Stadt Athen durch eine Ringmauer von etwa 1 Meile im Umfange mit
vielen viereckigen Thürmen und mindestens 9 Thoren durchgeführt; nicht min¬
der hatte er die Häfen des Peiraiens befestigt; die Mauer, welche diese Hasen
auf der Seeseite wie zu Lande umschloß, hatte eiuen Umfang von l'/s Meilen,
eine Höhe von 30 Fuß und eine solche Breite, daß zwei Frachtwagen einander
ausweichen konnten. Perikles unternahm es nun, die Stadt Athen mit den
Häfen durch ähnliche Werke zu verbinden, um jener, im Falle der Belagerung
Zuzug und Zufuhr vom Meere her zu sichern. Da erhoben sich denn die
berühmten „langen Mauern", deren nördlicher Schenkel nahezu eine Meile,
der südliche nur wenig minder lang war. — Endlich wendete Perikles der
Entwickelung des Seewesens seine volle Aufmerksamkeit zu. Er führte
große jährliche Uebnngsfcchrten ein, an denen die Bürger in bedeutender Zahl
theilnehmen mußten. In jedem Jahre wurden 60 Schiffe 8 Monate lang in
Dienst gestellt. Mit regeln persönlichem Interesse förderte Perikles die Ver¬
besserung des Kriegstransportwesens; er war es, der die Hippagi, die Pferde¬
schiffe, einführte; er ist der eigentliche Erfinder der alors tsri'öko, jener Eisen¬
griffe, die zum Entern feindlicher Schiffedienten und der Ulm-Mg'vues, d. h. der Rei߬
haken, mit denen man die Pallisaden feindlicher Verschanzungen niederriß. Als
Techniker stand ihm dabei der berühmte Ingenieur Artemon zur Seite. —Die
beiden äußeren „langen Mauern" wurden mit dein Jahre 456 vollendet, und
sogleich begann Perikles den Bau einer dritten, mittleren Mauer zwischen
dem nördlichen Mauerschenkel, der zum Peiraiens und dem südlichen, der zum
Phaleron führte. Daneben betrieb er den völligen Umbau der Hafenstadt Pei¬
raiens, um deren Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und die Ausrüstung der Flotte
zu erleichtern.*) — So arbeitete Perikles gewaltig an der Machtentfaltung
seiner Vaterstadt, und zugleich griff die Politik Athens auf das Großartigste
in die Ferne. Unter einem Nachkommen der alten Pharaonen war Aegypten
vom Großkönige abgefallen. Ein selbständiges Aegypten hätte die Flanke
der persischen Macht dauernd bedroht; Syrien, Kypros, Kilikien hätten sich



*) Adolph Schmidt: Perikles und sein Zeitalter. (Epochen und Katastrophen,)
Berlin 1874.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157649/212>, abgerufen am 27.09.2024.