Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. I. Band.Verstand führt uns, eben seiner Richtigkeit wegen, zur Tugend, und ohne Wir haben schon vorher angedeutet, wie nach dem Tode des großen So verlebte der Prinz, ziemlich abgeschlossen von der Außenwelt, seine Verstand führt uns, eben seiner Richtigkeit wegen, zur Tugend, und ohne Wir haben schon vorher angedeutet, wie nach dem Tode des großen So verlebte der Prinz, ziemlich abgeschlossen von der Außenwelt, seine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0178" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139471"/> <p xml:id="ID_509" prev="#ID_508"> Verstand führt uns, eben seiner Richtigkeit wegen, zur Tugend, und ohne<lb/> Tugend giebt es keine dauernde Gesellschaft."</p><lb/> <p xml:id="ID_510"> Wir haben schon vorher angedeutet, wie nach dem Tode des großen<lb/> Königs, und nachdem die Absicht einer Uebersiedelung nach Paris fehlgeschlagen,<lb/> sich der Prinz Heinrich immer mehr in Rheinsberg einpuppte. Die Zustände,<lb/> wie sie sich in Berlin entwickelten, konnten ihm unmöglich zusagen und nur<lb/> äußerst selten ließ er sich in seinem Palais, der jetzigen Universität, sehen.<lb/> Mit höchster Mißbilligung und wahrscheinlich nicht immer mit der ihm wohl<lb/> sonst eigenen Zurückhaltung, äußerte er sich über den Einfluß der Rietz und<lb/> ihres Anhanges. Als er eines Tages an dem Palais der späteren Gräfin<lb/> Lichten»» vorüberging, sagte er zu seinem Begleiter: „In dieser Spelunke ist<lb/> Alles intime!" Ein Brief an seinen früheren Adjutanten aus der Zeit des<lb/> siebenjährigen Krieges, den General-Lieutnant Grafen Henckel von Donners¬<lb/> mark, d. d. Rheinsberg den 30. Dezember 1791, enthält folgende Stelle, die<lb/> wir vorziehen im Originaltext wieder zu geben: „Usureusoment (zu«z ^ignore<lb/> lei l'Lxistsneö ac Lorken, ?ot«äg.in, as ^roclerie OuMume, an lioi Liseltoll's-<lb/> vsräei', an Koi ^üllnor et nes soeurs dvir^so er» tkLologie, an'on g.<lb/> MntLK s. Lerlin, <mi «loivent, introäuire 1^ nouvellv äoetrins, in^is auxciuels<lb/> ä Wut inoinönt on äonnö is xikck g,u . . . Mit diesen Anschauungen war<lb/> natürlich jeder Verkehr des Prinzen mit dem Hofe und auch jeder Einfluß<lb/> auf die Staatsangelegenheiten abgeschnitten. Er mißbilligte nicht nur den<lb/> Krieg gegen Frankreich, der zum Baseler Frieden führte, sondern tadelte vor<lb/> allen Dingen auch die Art und Weise der Kriegsführung. Seinen Rath in<lb/> politischen Dingen drängte er jedoch ebenso wenig auf, wie er verlangt wurde.<lb/> Seine Verstimmung gegen Personen und Zustände am Hofe und im Staate<lb/> wurde immer mächtiger und zuletzt beschränkte er sich auf einen kleinen Kreis<lb/> alter Freunde und Gesinnungsgenossen, der sich in Rheinsberg um ihn ver¬<lb/> sammelte. Der Verkehr an seinein Hofe war, wenn auch durch gewisse Formen<lb/> gebunden, doch frei vou aller steifen Etiquette. War auch der Prinz selbst<lb/> ünßerst mäßig, so ließ sein Gastfreiheit doch nichts zu wünschen übrig. In<lb/> der Unterhaltung war er, wie sein großer Bruder geistreich und anregend; sie<lb/> drehte sich um Gegenstände der Kunst und Wissenschaft, um philosophische<lb/> Streitfragen und Dinge der Politik, über die er sich mit großer Freimüthig¬<lb/> keit zu äußern pflegte. Wenn er auch gegen seinen Feldherrnruhm sicher nicht<lb/> gleichgültig war und durchaus keine übermäßige bescheidene Anschauung von<lb/> seinen Verdiensten hatte, wurde über Krieg und Kriegführung, vielleicht weil<lb/> zum Metier gehörig, selten gesprochen.</p><lb/> <p xml:id="ID_511" next="#ID_512"> So verlebte der Prinz, ziemlich abgeschlossen von der Außenwelt, seine<lb/> letzten Lebensjahre, und man hätte glauben sollen, daß nach dem Tode seines</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0178]
Verstand führt uns, eben seiner Richtigkeit wegen, zur Tugend, und ohne
Tugend giebt es keine dauernde Gesellschaft."
Wir haben schon vorher angedeutet, wie nach dem Tode des großen
Königs, und nachdem die Absicht einer Uebersiedelung nach Paris fehlgeschlagen,
sich der Prinz Heinrich immer mehr in Rheinsberg einpuppte. Die Zustände,
wie sie sich in Berlin entwickelten, konnten ihm unmöglich zusagen und nur
äußerst selten ließ er sich in seinem Palais, der jetzigen Universität, sehen.
Mit höchster Mißbilligung und wahrscheinlich nicht immer mit der ihm wohl
sonst eigenen Zurückhaltung, äußerte er sich über den Einfluß der Rietz und
ihres Anhanges. Als er eines Tages an dem Palais der späteren Gräfin
Lichten»» vorüberging, sagte er zu seinem Begleiter: „In dieser Spelunke ist
Alles intime!" Ein Brief an seinen früheren Adjutanten aus der Zeit des
siebenjährigen Krieges, den General-Lieutnant Grafen Henckel von Donners¬
mark, d. d. Rheinsberg den 30. Dezember 1791, enthält folgende Stelle, die
wir vorziehen im Originaltext wieder zu geben: „Usureusoment (zu«z ^ignore
lei l'Lxistsneö ac Lorken, ?ot«äg.in, as ^roclerie OuMume, an lioi Liseltoll's-
vsräei', an Koi ^üllnor et nes soeurs dvir^so er» tkLologie, an'on g.
MntLK s. Lerlin, <mi «loivent, introäuire 1^ nouvellv äoetrins, in^is auxciuels
ä Wut inoinönt on äonnö is xikck g,u . . . Mit diesen Anschauungen war
natürlich jeder Verkehr des Prinzen mit dem Hofe und auch jeder Einfluß
auf die Staatsangelegenheiten abgeschnitten. Er mißbilligte nicht nur den
Krieg gegen Frankreich, der zum Baseler Frieden führte, sondern tadelte vor
allen Dingen auch die Art und Weise der Kriegsführung. Seinen Rath in
politischen Dingen drängte er jedoch ebenso wenig auf, wie er verlangt wurde.
Seine Verstimmung gegen Personen und Zustände am Hofe und im Staate
wurde immer mächtiger und zuletzt beschränkte er sich auf einen kleinen Kreis
alter Freunde und Gesinnungsgenossen, der sich in Rheinsberg um ihn ver¬
sammelte. Der Verkehr an seinein Hofe war, wenn auch durch gewisse Formen
gebunden, doch frei vou aller steifen Etiquette. War auch der Prinz selbst
ünßerst mäßig, so ließ sein Gastfreiheit doch nichts zu wünschen übrig. In
der Unterhaltung war er, wie sein großer Bruder geistreich und anregend; sie
drehte sich um Gegenstände der Kunst und Wissenschaft, um philosophische
Streitfragen und Dinge der Politik, über die er sich mit großer Freimüthig¬
keit zu äußern pflegte. Wenn er auch gegen seinen Feldherrnruhm sicher nicht
gleichgültig war und durchaus keine übermäßige bescheidene Anschauung von
seinen Verdiensten hatte, wurde über Krieg und Kriegführung, vielleicht weil
zum Metier gehörig, selten gesprochen.
So verlebte der Prinz, ziemlich abgeschlossen von der Außenwelt, seine
letzten Lebensjahre, und man hätte glauben sollen, daß nach dem Tode seines
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