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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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mit 54, andrerseits Connecticut mit nahezu 7 und Maine mit noch nicht 4 Prozent
des Lesens und Schreibens Unkundigen von der Gesammtbevölkerung. Im
Norden siel beiläufig die Hälfte der Analphabeten ans Eingewanderte, während
im Süden ein Drittheil derselben ans die einheimische weiße Bevölkerung kann

Schließlich zeigen wir an einem der in unsrer Schrift mitgetheilten Bei¬
spiele, was eine amerikanische Ili^Ir LeKool leistet. Professor Soley schreibt
über die Zulassungsprüfungen an der Marineakademie der Vereinigten
Staaten:

"Es ist für die Prüfungskommission bemerkenswerth, daß eine beträchtliche
Mehrheit der Kandidaten zu den Znlassungsprüfungen höchst armselig gerüstet
erscheint. Die verlangten Kenntnisse sind durchweg so elementarer Natur, die
anzufertigenden Schriftstücke so einfach und leicht, daß sich jedermann die
Frage aufdrängen muß: Warum sollen aus allen Theilen des Landes ausge-
suchte Knaben im durchschnittlichen Alter von 16 Jahren unfähig sein, eine
befriedigende Prüfung in der Sprachlehre, der Erdkunde, der Rechtschreibung
und der Mathematik abzulegen? Wie kommt es, daß von etwa zweihundert
Knaben jenes Alters, welche alljährlich zur Prüfung zugelassen werden, kaum
die Hälfte ein "Genügend" zu erlangen vermag?"

"Ein junger, fast achtzehnjähriger Mann bat um Vornahme der Aufnahme-
prüfung, indem er bemerkte, daß nach einem Examen, das mit siebzehn Be¬
werbern abgehalten worden sei, die Wahl auf ihn gefallen, und daß er selbst
schon in der Seeundärschule Unterricht ertheilt habe. Sorgfältige Nachfrage
in Betreff der letzteren Behauptung ergab Folgendes: Kandidaten, welche Lehrer
zu werden wünschen, sind von dem Schulkommissär des Distriktes zu excimiuiren.
Der Kommissär wird bei einer allgemeinen Wahl von den Stimmberechtigten
des Schuldistriktes gewählt. Unser junger Mann war nach der Regel geprüft
und daun an der Bezirksschnle angestellt worden. Das Schuljahr besteht aus
zwei Abschnitten, von denen jeder 12 bis 14 Wochen umfaßt, und der Kan¬
didat hatte während fünf solcher Perioden in der Schule Unterricht ertheilt.
Anfänglich hatte er 9 Schüler gehabt, die er im Rechnen, der Erdkunde, der
Sprachlehre, dem Lesen und der Rechtschreibung unterrichtet; später hatte sich
seiue Verantwortlichkeit über 34 Schüler erstreckt, die er in der Algebra und
der Geschichte der Vereinigten Staaten unterwiesen hatte." "Bei seiner Auf¬
nahmeprüfung an unsrer Akademie verfehlte er drei Viertheile der schriftlichen
mathematischen Arbeiten. Die Aufsätze, mit denen er seine Kenntniß der Recht¬
schreibung bekunden sollte, wimmelten von groben Fehlern. In der Geographie
bekam er folgende Fragen zu schriftlicher Beantwortung:

1. Geben Sie die Lage der folgenden Städte und die Gewässer an, in
deren Nähe sie sich befinden: Toledo, Carthagena, Krakau, Trapezunt, Caleutta.


mit 54, andrerseits Connecticut mit nahezu 7 und Maine mit noch nicht 4 Prozent
des Lesens und Schreibens Unkundigen von der Gesammtbevölkerung. Im
Norden siel beiläufig die Hälfte der Analphabeten ans Eingewanderte, während
im Süden ein Drittheil derselben ans die einheimische weiße Bevölkerung kann

Schließlich zeigen wir an einem der in unsrer Schrift mitgetheilten Bei¬
spiele, was eine amerikanische Ili^Ir LeKool leistet. Professor Soley schreibt
über die Zulassungsprüfungen an der Marineakademie der Vereinigten
Staaten:

„Es ist für die Prüfungskommission bemerkenswerth, daß eine beträchtliche
Mehrheit der Kandidaten zu den Znlassungsprüfungen höchst armselig gerüstet
erscheint. Die verlangten Kenntnisse sind durchweg so elementarer Natur, die
anzufertigenden Schriftstücke so einfach und leicht, daß sich jedermann die
Frage aufdrängen muß: Warum sollen aus allen Theilen des Landes ausge-
suchte Knaben im durchschnittlichen Alter von 16 Jahren unfähig sein, eine
befriedigende Prüfung in der Sprachlehre, der Erdkunde, der Rechtschreibung
und der Mathematik abzulegen? Wie kommt es, daß von etwa zweihundert
Knaben jenes Alters, welche alljährlich zur Prüfung zugelassen werden, kaum
die Hälfte ein „Genügend" zu erlangen vermag?"

„Ein junger, fast achtzehnjähriger Mann bat um Vornahme der Aufnahme-
prüfung, indem er bemerkte, daß nach einem Examen, das mit siebzehn Be¬
werbern abgehalten worden sei, die Wahl auf ihn gefallen, und daß er selbst
schon in der Seeundärschule Unterricht ertheilt habe. Sorgfältige Nachfrage
in Betreff der letzteren Behauptung ergab Folgendes: Kandidaten, welche Lehrer
zu werden wünschen, sind von dem Schulkommissär des Distriktes zu excimiuiren.
Der Kommissär wird bei einer allgemeinen Wahl von den Stimmberechtigten
des Schuldistriktes gewählt. Unser junger Mann war nach der Regel geprüft
und daun an der Bezirksschnle angestellt worden. Das Schuljahr besteht aus
zwei Abschnitten, von denen jeder 12 bis 14 Wochen umfaßt, und der Kan¬
didat hatte während fünf solcher Perioden in der Schule Unterricht ertheilt.
Anfänglich hatte er 9 Schüler gehabt, die er im Rechnen, der Erdkunde, der
Sprachlehre, dem Lesen und der Rechtschreibung unterrichtet; später hatte sich
seiue Verantwortlichkeit über 34 Schüler erstreckt, die er in der Algebra und
der Geschichte der Vereinigten Staaten unterwiesen hatte." „Bei seiner Auf¬
nahmeprüfung an unsrer Akademie verfehlte er drei Viertheile der schriftlichen
mathematischen Arbeiten. Die Aufsätze, mit denen er seine Kenntniß der Recht¬
schreibung bekunden sollte, wimmelten von groben Fehlern. In der Geographie
bekam er folgende Fragen zu schriftlicher Beantwortung:

1. Geben Sie die Lage der folgenden Städte und die Gewässer an, in
deren Nähe sie sich befinden: Toledo, Carthagena, Krakau, Trapezunt, Caleutta.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/515>, abgerufen am 28.09.2024.