Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

einen Theil der Bnudesländereien oder des aus deren Verkauf gelösten. Geldes
für Unterrichtszwecke bestimmte, die Gabe gern an. Der in das Jahr 1867
fallende Versuch aber, eine Unterrichtsbehörde für den gesammten Bund zu
schaffen, brachte nichts zu Stande, was geeignet gewesen wäre, Einfluß von
Bedeutung zu üben und dem von hervorragenden Pädagogen der verschiedensten
Unionsstaaten empfundenen und laut geäußerten Bedürfnisse zu entsprechen.
Das damals als eine Abtheilung des Ministeriums des Innern eingerichtete
Erziehnngsamt (Lo^ra "5 Lamell-lion) ist keine beaufsichtigende oder gar leitende,
sondern nur eine sammelnde und berathende Behörde, und es darf den Erziehnngs-
behörden nicht einmal unaufgefordert, sondern lediglich auf deren Fragen und
Ansuchen Rath ertheilen. Es ist, wie das betreffende Gesetz sagt, geschaffen,
"statistische Thatsachen zu sammeln, welche geeignet sind, den Stand und die
Entwickelung des Erziehungswesen in den verschiedenen Staaten und Territorien
zu zeigen und in Bezug auf Einrichtung und Leitung von Schulen, dann auf
Uuterrichtssysteme und Lehrmethoden Kenntnisse zu verbreiten, welche das
Volk der Vereinigten Staaten im Schaffen und Erhalten wirksamer Schul¬
systeme unterstützen und das Erziehungswesen im ganzen Lande fördern".
Im Jahre 1871 beantragte ein Abgeordneter des Staates Massachusetts, wo
beiläufig die meiste Bildung in der Union herrscht, im Kongresse ein Gesetz
zur Einführung eines Systemes des öffentlichen Unterrichtes für den ganzen
Bund, aber ohne Erfolg. 1872 verwarf der Kongreß eine Bill, die einen
nationalen Erziehuugsfvud gründen sollte. Die Pflicht, für die Verbreitung
von Kenntnissen zu sorgen, liegt daher ausschließlich den Einzelstaaten ob, und
diese beschaffen die Mittel hierzu theils aus dem ihnen durch Verkauf von
Bundesländereien erwachsenen Schulfoud, theils aus Beiträgen vom Staats¬
einkommen und theils aus Schulsteueru, die in manchen Städten zwanzig
Tausendtel vom abgeschätzten Besitzwerthe betragen.

Der Einzelstaat stellt das Unterrichtssystem fest, bildet die Schulbezirke
und schreibt das schulpflichtige Alter vor. Die Einrichtung und Verwaltung
liegt in den Händen der Gemeinden, der Staat behält sich, obwohl er Beiträge
leistet, nur eine ganz allgemeine Oberaufsicht vor, die ein von ihm ernannter
Superintendent besorgt. Lehrinstitute höheren Grades werden theils vom
Staate allein, theils von ihm im Verein mit Gemeinden oder Privatleuten,
theils endlich von Gesellschaften, Sekten oder einzelnen Personen errichtet, erhalten
und verwaltet. Die Errichtung und Verwaltung der Volksschulen dagegen ist
Sache der Gemeinden, welche die Schulvorstände wählen, die Steuern für
Schulzwecke erheben, die Lehrer prüfen, deren Gehalt festsetzen, Lehrpläne
vorschreiben und Schulhäuser bauen. Nur wo eine Gemeinde noch nicht organisirt
ist, kümmert sich der Staat um die betreffende Schule. Massachusetts war


einen Theil der Bnudesländereien oder des aus deren Verkauf gelösten. Geldes
für Unterrichtszwecke bestimmte, die Gabe gern an. Der in das Jahr 1867
fallende Versuch aber, eine Unterrichtsbehörde für den gesammten Bund zu
schaffen, brachte nichts zu Stande, was geeignet gewesen wäre, Einfluß von
Bedeutung zu üben und dem von hervorragenden Pädagogen der verschiedensten
Unionsstaaten empfundenen und laut geäußerten Bedürfnisse zu entsprechen.
Das damals als eine Abtheilung des Ministeriums des Innern eingerichtete
Erziehnngsamt (Lo^ra «5 Lamell-lion) ist keine beaufsichtigende oder gar leitende,
sondern nur eine sammelnde und berathende Behörde, und es darf den Erziehnngs-
behörden nicht einmal unaufgefordert, sondern lediglich auf deren Fragen und
Ansuchen Rath ertheilen. Es ist, wie das betreffende Gesetz sagt, geschaffen,
„statistische Thatsachen zu sammeln, welche geeignet sind, den Stand und die
Entwickelung des Erziehungswesen in den verschiedenen Staaten und Territorien
zu zeigen und in Bezug auf Einrichtung und Leitung von Schulen, dann auf
Uuterrichtssysteme und Lehrmethoden Kenntnisse zu verbreiten, welche das
Volk der Vereinigten Staaten im Schaffen und Erhalten wirksamer Schul¬
systeme unterstützen und das Erziehungswesen im ganzen Lande fördern".
Im Jahre 1871 beantragte ein Abgeordneter des Staates Massachusetts, wo
beiläufig die meiste Bildung in der Union herrscht, im Kongresse ein Gesetz
zur Einführung eines Systemes des öffentlichen Unterrichtes für den ganzen
Bund, aber ohne Erfolg. 1872 verwarf der Kongreß eine Bill, die einen
nationalen Erziehuugsfvud gründen sollte. Die Pflicht, für die Verbreitung
von Kenntnissen zu sorgen, liegt daher ausschließlich den Einzelstaaten ob, und
diese beschaffen die Mittel hierzu theils aus dem ihnen durch Verkauf von
Bundesländereien erwachsenen Schulfoud, theils aus Beiträgen vom Staats¬
einkommen und theils aus Schulsteueru, die in manchen Städten zwanzig
Tausendtel vom abgeschätzten Besitzwerthe betragen.

Der Einzelstaat stellt das Unterrichtssystem fest, bildet die Schulbezirke
und schreibt das schulpflichtige Alter vor. Die Einrichtung und Verwaltung
liegt in den Händen der Gemeinden, der Staat behält sich, obwohl er Beiträge
leistet, nur eine ganz allgemeine Oberaufsicht vor, die ein von ihm ernannter
Superintendent besorgt. Lehrinstitute höheren Grades werden theils vom
Staate allein, theils von ihm im Verein mit Gemeinden oder Privatleuten,
theils endlich von Gesellschaften, Sekten oder einzelnen Personen errichtet, erhalten
und verwaltet. Die Errichtung und Verwaltung der Volksschulen dagegen ist
Sache der Gemeinden, welche die Schulvorstände wählen, die Steuern für
Schulzwecke erheben, die Lehrer prüfen, deren Gehalt festsetzen, Lehrpläne
vorschreiben und Schulhäuser bauen. Nur wo eine Gemeinde noch nicht organisirt
ist, kümmert sich der Staat um die betreffende Schule. Massachusetts war


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138733"/>
          <p xml:id="ID_1529" prev="#ID_1528"> einen Theil der Bnudesländereien oder des aus deren Verkauf gelösten. Geldes<lb/>
für Unterrichtszwecke bestimmte, die Gabe gern an. Der in das Jahr 1867<lb/>
fallende Versuch aber, eine Unterrichtsbehörde für den gesammten Bund zu<lb/>
schaffen, brachte nichts zu Stande, was geeignet gewesen wäre, Einfluß von<lb/>
Bedeutung zu üben und dem von hervorragenden Pädagogen der verschiedensten<lb/>
Unionsstaaten empfundenen und laut geäußerten Bedürfnisse zu entsprechen.<lb/>
Das damals als eine Abtheilung des Ministeriums des Innern eingerichtete<lb/>
Erziehnngsamt (Lo^ra «5 Lamell-lion) ist keine beaufsichtigende oder gar leitende,<lb/>
sondern nur eine sammelnde und berathende Behörde, und es darf den Erziehnngs-<lb/>
behörden nicht einmal unaufgefordert, sondern lediglich auf deren Fragen und<lb/>
Ansuchen Rath ertheilen. Es ist, wie das betreffende Gesetz sagt, geschaffen,<lb/>
&#x201E;statistische Thatsachen zu sammeln, welche geeignet sind, den Stand und die<lb/>
Entwickelung des Erziehungswesen in den verschiedenen Staaten und Territorien<lb/>
zu zeigen und in Bezug auf Einrichtung und Leitung von Schulen, dann auf<lb/>
Uuterrichtssysteme und Lehrmethoden Kenntnisse zu verbreiten, welche das<lb/>
Volk der Vereinigten Staaten im Schaffen und Erhalten wirksamer Schul¬<lb/>
systeme unterstützen und das Erziehungswesen im ganzen Lande fördern".<lb/>
Im Jahre 1871 beantragte ein Abgeordneter des Staates Massachusetts, wo<lb/>
beiläufig die meiste Bildung in der Union herrscht, im Kongresse ein Gesetz<lb/>
zur Einführung eines Systemes des öffentlichen Unterrichtes für den ganzen<lb/>
Bund, aber ohne Erfolg. 1872 verwarf der Kongreß eine Bill, die einen<lb/>
nationalen Erziehuugsfvud gründen sollte. Die Pflicht, für die Verbreitung<lb/>
von Kenntnissen zu sorgen, liegt daher ausschließlich den Einzelstaaten ob, und<lb/>
diese beschaffen die Mittel hierzu theils aus dem ihnen durch Verkauf von<lb/>
Bundesländereien erwachsenen Schulfoud, theils aus Beiträgen vom Staats¬<lb/>
einkommen und theils aus Schulsteueru, die in manchen Städten zwanzig<lb/>
Tausendtel vom abgeschätzten Besitzwerthe betragen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1530" next="#ID_1531"> Der Einzelstaat stellt das Unterrichtssystem fest, bildet die Schulbezirke<lb/>
und schreibt das schulpflichtige Alter vor. Die Einrichtung und Verwaltung<lb/>
liegt in den Händen der Gemeinden, der Staat behält sich, obwohl er Beiträge<lb/>
leistet, nur eine ganz allgemeine Oberaufsicht vor, die ein von ihm ernannter<lb/>
Superintendent besorgt. Lehrinstitute höheren Grades werden theils vom<lb/>
Staate allein, theils von ihm im Verein mit Gemeinden oder Privatleuten,<lb/>
theils endlich von Gesellschaften, Sekten oder einzelnen Personen errichtet, erhalten<lb/>
und verwaltet. Die Errichtung und Verwaltung der Volksschulen dagegen ist<lb/>
Sache der Gemeinden, welche die Schulvorstände wählen, die Steuern für<lb/>
Schulzwecke erheben, die Lehrer prüfen, deren Gehalt festsetzen, Lehrpläne<lb/>
vorschreiben und Schulhäuser bauen. Nur wo eine Gemeinde noch nicht organisirt<lb/>
ist, kümmert sich der Staat um die betreffende Schule. Massachusetts war</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0502] einen Theil der Bnudesländereien oder des aus deren Verkauf gelösten. Geldes für Unterrichtszwecke bestimmte, die Gabe gern an. Der in das Jahr 1867 fallende Versuch aber, eine Unterrichtsbehörde für den gesammten Bund zu schaffen, brachte nichts zu Stande, was geeignet gewesen wäre, Einfluß von Bedeutung zu üben und dem von hervorragenden Pädagogen der verschiedensten Unionsstaaten empfundenen und laut geäußerten Bedürfnisse zu entsprechen. Das damals als eine Abtheilung des Ministeriums des Innern eingerichtete Erziehnngsamt (Lo^ra «5 Lamell-lion) ist keine beaufsichtigende oder gar leitende, sondern nur eine sammelnde und berathende Behörde, und es darf den Erziehnngs- behörden nicht einmal unaufgefordert, sondern lediglich auf deren Fragen und Ansuchen Rath ertheilen. Es ist, wie das betreffende Gesetz sagt, geschaffen, „statistische Thatsachen zu sammeln, welche geeignet sind, den Stand und die Entwickelung des Erziehungswesen in den verschiedenen Staaten und Territorien zu zeigen und in Bezug auf Einrichtung und Leitung von Schulen, dann auf Uuterrichtssysteme und Lehrmethoden Kenntnisse zu verbreiten, welche das Volk der Vereinigten Staaten im Schaffen und Erhalten wirksamer Schul¬ systeme unterstützen und das Erziehungswesen im ganzen Lande fördern". Im Jahre 1871 beantragte ein Abgeordneter des Staates Massachusetts, wo beiläufig die meiste Bildung in der Union herrscht, im Kongresse ein Gesetz zur Einführung eines Systemes des öffentlichen Unterrichtes für den ganzen Bund, aber ohne Erfolg. 1872 verwarf der Kongreß eine Bill, die einen nationalen Erziehuugsfvud gründen sollte. Die Pflicht, für die Verbreitung von Kenntnissen zu sorgen, liegt daher ausschließlich den Einzelstaaten ob, und diese beschaffen die Mittel hierzu theils aus dem ihnen durch Verkauf von Bundesländereien erwachsenen Schulfoud, theils aus Beiträgen vom Staats¬ einkommen und theils aus Schulsteueru, die in manchen Städten zwanzig Tausendtel vom abgeschätzten Besitzwerthe betragen. Der Einzelstaat stellt das Unterrichtssystem fest, bildet die Schulbezirke und schreibt das schulpflichtige Alter vor. Die Einrichtung und Verwaltung liegt in den Händen der Gemeinden, der Staat behält sich, obwohl er Beiträge leistet, nur eine ganz allgemeine Oberaufsicht vor, die ein von ihm ernannter Superintendent besorgt. Lehrinstitute höheren Grades werden theils vom Staate allein, theils von ihm im Verein mit Gemeinden oder Privatleuten, theils endlich von Gesellschaften, Sekten oder einzelnen Personen errichtet, erhalten und verwaltet. Die Errichtung und Verwaltung der Volksschulen dagegen ist Sache der Gemeinden, welche die Schulvorstände wählen, die Steuern für Schulzwecke erheben, die Lehrer prüfen, deren Gehalt festsetzen, Lehrpläne vorschreiben und Schulhäuser bauen. Nur wo eine Gemeinde noch nicht organisirt ist, kümmert sich der Staat um die betreffende Schule. Massachusetts war

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/502
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/502>, abgerufen am 28.09.2024.