Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

der Mönch, da hatte er in einer Nacht bei sechs Nonnen geschlafen. -- Wer
nichts von Unzucht weiß, muß nach Jnterlaken ins Kloster gehen. --
Im Klosterschatten verdirbt Alles, nur die Weiber macht er fruchtbar. --
Wer seine Frau ins Kloster schickt, bekommt, was er will und hinterher noch
ein Kind.

Wir überspringen das folgende Kapitel, da es uns nicht recht in den
Zusammenhang zu gehören scheint, um zu hören, was das Volk von der
höheren Geistlichkeit spricht. Da heißt es denn u. A.: Der Kardinal zu Metz
nimmt viel Tuch zum Rocke; aber er nehme, wie viel er will, so ragt ein
Schalk unten und oben heraus. (Hierzu bemerkt Luther: Das hab' ich uicht
erdichtet; denn solche Worte sind in deutscher Sprache ganghaftig.) -- Wo
will der Erzbischof bleiben, wenn der Teufel den Fürsten zur Hölle führt? --
Ich achte der Possen nicht, sagte der Bischof, da hörte er einen Spruch aus
der Bibel. -- Man kann gar oft Prälaten sehn, die nicht in saubern Schuhe"
stehn. -- "Eine schöne Monstranz," sagte Kaiser Friedrich, als er einen großen
Prälaten sah, "wenn nur ein Heiligthum drin wäre." -- Prälaten sind Esel,
die Hörner tragen, sagt Bruder Felix. -- Nach Zinkgref sagte dieser ulmer
Mönch: Die Mitra, das ist der geistliche Habit, in dem wirken die Prälaten
ebensoviel als die Geburtsglieder in den Mauleseln. Also haben sie eine ge¬
krönte geistliche Kappe und Habit, bringen aber- keine geistliche Frucht. -- Es
ist mancher ein dicker Propst, er hat doch die Bibel nie gelesen. -- Es ist
schon hier und da ein Sauhirt über Nacht Abt geworden. -- Dem Teufel ist
auch ein fetter Brocken zu gönnen, sagte der Narr, als ihn der dicke Abt
fragte, ob auch ihn der Teufel holen sollte. -- Hofprediger sind Gnaden¬
schnapper. -- Ein Hofprediger, der die Wahrheit nicht thut kund, ist ein
gelber Suppenfresser und stummer Hund. --

In einer Versammlung der Katholikenvereine hat der Mainzer Domherr
Moufang den Versuch gemacht, die Unentbehrlichkeit der Klöster darzuthun.
Er sagte: "Das Volk bedarf der Klöster, es wäre doppelt so brav, wenn es
überall Klöster gäbe. Der Staat ist durch Massenarmuth und Uebervölkerung
bankerott geworden. Die Uebervölkerung ist da, weil das Volk nichts mehr
von Enthaltsamkeit weiß. Wer kann es besser belehren, als die Ordensleute,
die lebendigen Beispiele von Keuschheit und Enthaltsamkeit? -- Ein armes
Klosterkirchlein mit dem Allerheiligsten auf dem Altar bringt einer Gegend
mehr Segen als ein landwirtschaftlicher Verein oder eine Realschule." Lassen
wir diesem dreisten Unsinn das Volk mit seiner Ansicht von den Klöstern ant¬
worten. "Schöne Hütten, schlechte Sitten," sagte der Bauer, als er vor der
Propstei vorbeiging. -- Wer als ein Schalk ins Kloster geht, kommt als ein
Bube wieder heraus. -- Mein Junge muß ins Kloster, sagte der Bauer, er


der Mönch, da hatte er in einer Nacht bei sechs Nonnen geschlafen. — Wer
nichts von Unzucht weiß, muß nach Jnterlaken ins Kloster gehen. —
Im Klosterschatten verdirbt Alles, nur die Weiber macht er fruchtbar. —
Wer seine Frau ins Kloster schickt, bekommt, was er will und hinterher noch
ein Kind.

Wir überspringen das folgende Kapitel, da es uns nicht recht in den
Zusammenhang zu gehören scheint, um zu hören, was das Volk von der
höheren Geistlichkeit spricht. Da heißt es denn u. A.: Der Kardinal zu Metz
nimmt viel Tuch zum Rocke; aber er nehme, wie viel er will, so ragt ein
Schalk unten und oben heraus. (Hierzu bemerkt Luther: Das hab' ich uicht
erdichtet; denn solche Worte sind in deutscher Sprache ganghaftig.) — Wo
will der Erzbischof bleiben, wenn der Teufel den Fürsten zur Hölle führt? —
Ich achte der Possen nicht, sagte der Bischof, da hörte er einen Spruch aus
der Bibel. — Man kann gar oft Prälaten sehn, die nicht in saubern Schuhe»
stehn. — „Eine schöne Monstranz," sagte Kaiser Friedrich, als er einen großen
Prälaten sah, „wenn nur ein Heiligthum drin wäre." — Prälaten sind Esel,
die Hörner tragen, sagt Bruder Felix. — Nach Zinkgref sagte dieser ulmer
Mönch: Die Mitra, das ist der geistliche Habit, in dem wirken die Prälaten
ebensoviel als die Geburtsglieder in den Mauleseln. Also haben sie eine ge¬
krönte geistliche Kappe und Habit, bringen aber- keine geistliche Frucht. — Es
ist mancher ein dicker Propst, er hat doch die Bibel nie gelesen. — Es ist
schon hier und da ein Sauhirt über Nacht Abt geworden. — Dem Teufel ist
auch ein fetter Brocken zu gönnen, sagte der Narr, als ihn der dicke Abt
fragte, ob auch ihn der Teufel holen sollte. — Hofprediger sind Gnaden¬
schnapper. — Ein Hofprediger, der die Wahrheit nicht thut kund, ist ein
gelber Suppenfresser und stummer Hund. —

In einer Versammlung der Katholikenvereine hat der Mainzer Domherr
Moufang den Versuch gemacht, die Unentbehrlichkeit der Klöster darzuthun.
Er sagte: „Das Volk bedarf der Klöster, es wäre doppelt so brav, wenn es
überall Klöster gäbe. Der Staat ist durch Massenarmuth und Uebervölkerung
bankerott geworden. Die Uebervölkerung ist da, weil das Volk nichts mehr
von Enthaltsamkeit weiß. Wer kann es besser belehren, als die Ordensleute,
die lebendigen Beispiele von Keuschheit und Enthaltsamkeit? — Ein armes
Klosterkirchlein mit dem Allerheiligsten auf dem Altar bringt einer Gegend
mehr Segen als ein landwirtschaftlicher Verein oder eine Realschule." Lassen
wir diesem dreisten Unsinn das Volk mit seiner Ansicht von den Klöstern ant¬
worten. „Schöne Hütten, schlechte Sitten," sagte der Bauer, als er vor der
Propstei vorbeiging. — Wer als ein Schalk ins Kloster geht, kommt als ein
Bube wieder heraus. — Mein Junge muß ins Kloster, sagte der Bauer, er


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0035" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138266"/>
          <p xml:id="ID_72" prev="#ID_71"> der Mönch, da hatte er in einer Nacht bei sechs Nonnen geschlafen. &#x2014; Wer<lb/>
nichts von Unzucht weiß, muß nach Jnterlaken ins Kloster gehen. &#x2014;<lb/>
Im Klosterschatten verdirbt Alles, nur die Weiber macht er fruchtbar. &#x2014;<lb/>
Wer seine Frau ins Kloster schickt, bekommt, was er will und hinterher noch<lb/>
ein Kind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_73"> Wir überspringen das folgende Kapitel, da es uns nicht recht in den<lb/>
Zusammenhang zu gehören scheint, um zu hören, was das Volk von der<lb/>
höheren Geistlichkeit spricht. Da heißt es denn u. A.: Der Kardinal zu Metz<lb/>
nimmt viel Tuch zum Rocke; aber er nehme, wie viel er will, so ragt ein<lb/>
Schalk unten und oben heraus. (Hierzu bemerkt Luther: Das hab' ich uicht<lb/>
erdichtet; denn solche Worte sind in deutscher Sprache ganghaftig.) &#x2014; Wo<lb/>
will der Erzbischof bleiben, wenn der Teufel den Fürsten zur Hölle führt? &#x2014;<lb/>
Ich achte der Possen nicht, sagte der Bischof, da hörte er einen Spruch aus<lb/>
der Bibel. &#x2014; Man kann gar oft Prälaten sehn, die nicht in saubern Schuhe»<lb/>
stehn. &#x2014; &#x201E;Eine schöne Monstranz," sagte Kaiser Friedrich, als er einen großen<lb/>
Prälaten sah, &#x201E;wenn nur ein Heiligthum drin wäre." &#x2014; Prälaten sind Esel,<lb/>
die Hörner tragen, sagt Bruder Felix. &#x2014; Nach Zinkgref sagte dieser ulmer<lb/>
Mönch: Die Mitra, das ist der geistliche Habit, in dem wirken die Prälaten<lb/>
ebensoviel als die Geburtsglieder in den Mauleseln. Also haben sie eine ge¬<lb/>
krönte geistliche Kappe und Habit, bringen aber- keine geistliche Frucht. &#x2014; Es<lb/>
ist mancher ein dicker Propst, er hat doch die Bibel nie gelesen. &#x2014; Es ist<lb/>
schon hier und da ein Sauhirt über Nacht Abt geworden. &#x2014; Dem Teufel ist<lb/>
auch ein fetter Brocken zu gönnen, sagte der Narr, als ihn der dicke Abt<lb/>
fragte, ob auch ihn der Teufel holen sollte. &#x2014; Hofprediger sind Gnaden¬<lb/>
schnapper. &#x2014; Ein Hofprediger, der die Wahrheit nicht thut kund, ist ein<lb/>
gelber Suppenfresser und stummer Hund. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_74" next="#ID_75"> In einer Versammlung der Katholikenvereine hat der Mainzer Domherr<lb/>
Moufang den Versuch gemacht, die Unentbehrlichkeit der Klöster darzuthun.<lb/>
Er sagte: &#x201E;Das Volk bedarf der Klöster, es wäre doppelt so brav, wenn es<lb/>
überall Klöster gäbe. Der Staat ist durch Massenarmuth und Uebervölkerung<lb/>
bankerott geworden. Die Uebervölkerung ist da, weil das Volk nichts mehr<lb/>
von Enthaltsamkeit weiß. Wer kann es besser belehren, als die Ordensleute,<lb/>
die lebendigen Beispiele von Keuschheit und Enthaltsamkeit? &#x2014; Ein armes<lb/>
Klosterkirchlein mit dem Allerheiligsten auf dem Altar bringt einer Gegend<lb/>
mehr Segen als ein landwirtschaftlicher Verein oder eine Realschule." Lassen<lb/>
wir diesem dreisten Unsinn das Volk mit seiner Ansicht von den Klöstern ant¬<lb/>
worten. &#x201E;Schöne Hütten, schlechte Sitten," sagte der Bauer, als er vor der<lb/>
Propstei vorbeiging. &#x2014; Wer als ein Schalk ins Kloster geht, kommt als ein<lb/>
Bube wieder heraus. &#x2014; Mein Junge muß ins Kloster, sagte der Bauer, er</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0035] der Mönch, da hatte er in einer Nacht bei sechs Nonnen geschlafen. — Wer nichts von Unzucht weiß, muß nach Jnterlaken ins Kloster gehen. — Im Klosterschatten verdirbt Alles, nur die Weiber macht er fruchtbar. — Wer seine Frau ins Kloster schickt, bekommt, was er will und hinterher noch ein Kind. Wir überspringen das folgende Kapitel, da es uns nicht recht in den Zusammenhang zu gehören scheint, um zu hören, was das Volk von der höheren Geistlichkeit spricht. Da heißt es denn u. A.: Der Kardinal zu Metz nimmt viel Tuch zum Rocke; aber er nehme, wie viel er will, so ragt ein Schalk unten und oben heraus. (Hierzu bemerkt Luther: Das hab' ich uicht erdichtet; denn solche Worte sind in deutscher Sprache ganghaftig.) — Wo will der Erzbischof bleiben, wenn der Teufel den Fürsten zur Hölle führt? — Ich achte der Possen nicht, sagte der Bischof, da hörte er einen Spruch aus der Bibel. — Man kann gar oft Prälaten sehn, die nicht in saubern Schuhe» stehn. — „Eine schöne Monstranz," sagte Kaiser Friedrich, als er einen großen Prälaten sah, „wenn nur ein Heiligthum drin wäre." — Prälaten sind Esel, die Hörner tragen, sagt Bruder Felix. — Nach Zinkgref sagte dieser ulmer Mönch: Die Mitra, das ist der geistliche Habit, in dem wirken die Prälaten ebensoviel als die Geburtsglieder in den Mauleseln. Also haben sie eine ge¬ krönte geistliche Kappe und Habit, bringen aber- keine geistliche Frucht. — Es ist mancher ein dicker Propst, er hat doch die Bibel nie gelesen. — Es ist schon hier und da ein Sauhirt über Nacht Abt geworden. — Dem Teufel ist auch ein fetter Brocken zu gönnen, sagte der Narr, als ihn der dicke Abt fragte, ob auch ihn der Teufel holen sollte. — Hofprediger sind Gnaden¬ schnapper. — Ein Hofprediger, der die Wahrheit nicht thut kund, ist ein gelber Suppenfresser und stummer Hund. — In einer Versammlung der Katholikenvereine hat der Mainzer Domherr Moufang den Versuch gemacht, die Unentbehrlichkeit der Klöster darzuthun. Er sagte: „Das Volk bedarf der Klöster, es wäre doppelt so brav, wenn es überall Klöster gäbe. Der Staat ist durch Massenarmuth und Uebervölkerung bankerott geworden. Die Uebervölkerung ist da, weil das Volk nichts mehr von Enthaltsamkeit weiß. Wer kann es besser belehren, als die Ordensleute, die lebendigen Beispiele von Keuschheit und Enthaltsamkeit? — Ein armes Klosterkirchlein mit dem Allerheiligsten auf dem Altar bringt einer Gegend mehr Segen als ein landwirtschaftlicher Verein oder eine Realschule." Lassen wir diesem dreisten Unsinn das Volk mit seiner Ansicht von den Klöstern ant¬ worten. „Schöne Hütten, schlechte Sitten," sagte der Bauer, als er vor der Propstei vorbeiging. — Wer als ein Schalk ins Kloster geht, kommt als ein Bube wieder heraus. — Mein Junge muß ins Kloster, sagte der Bauer, er

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/35
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/35>, abgerufen am 28.09.2024.