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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Fasten waren die Zeit, wo in den Klöstern am tapfersten gezecht wurde.
Statt der Braten gab es jetzt allerdings nur Eier, Mehlspeisen und Fische,
aber dafür setzte es einen tüchtigen Schluck zur Verdauung und dann noch
ein paar für die Fische; denn die wollten doch schwimmen können. Die Leute
draußen aber wußten das und machten Glossen darüber, z. B. folgende: Jetzt
kann die Fasten kommen, die Füsser sind alle voll, sagte der Abt von Murbach.
-- Darum wird einer zum Pfaffen, daß Keiner für ihn trinke, sondern er für
Alle. -- Mönche beten mehr für fromme Kehlen als für arme Seelen. -- Die
Mönche führen strenge Regel, daß sie mit Durst ins Bett gehen und wieder
aufstehen (wie alle Leute, die über den Durst zu trinken gewohnt sind). --
Mönche sind die besten Weinfässer: sie werden alt ohne Reifen. -- Wenn der
Mönch Wein sieht, so weiß er nicht mehr, ob er ein Bub oder Maidlein ist.
-- Mäßig muß man leben, sagte der Mönch, die Halbe thut's nicht. --
Mönche studiren mehr in den Bechern als in den Büchern. (Als einmal
jemand dies in einem Kloster sah, fragte er: Wie können solche Mönche ihrer
Gegenpartei obsiegen? Da antwortete einer sehr richtig: Mit Trinken.) --
Redeten die Pfaffen so gern Latein, als sie trinken guten Wein, so fand' man
manchen gelehrten Mann, der mehr Latein könnt', als er kann. -- Einem
Mönch ist nur mit dem Schnepper beizukommen, die Adern laufen in Wein¬
stein. (D. h. wenn einem Mönche zur Ader gelassen werden soll, so kann
dies nicht mit Blutegeln geschehen; denn die können nicht durchbeißen, weil
sich um die Adern vom vielen Trinken eine Krnste von Weinstein gebildet
hat.) -- Platz für ein Fuder Wein, der Bischof kommt, rief der Hofnarr. --
Soll mich der Teufel holen, wenn ich mein Lebtag ein Tröpflein Wasser ge¬
trunken habe, sagte der Mönch, als der Arzt erklärte, er leide an der Wasser¬
sucht. -- Wer vom Leder einer Mvnchsnase Winterstiefeln hätte, der möchte
getrost nach Austern fischen; denn die Stiefeln würden kein Wasser fangen. --
Ich halte nichts auf eiuen, sprach der Mönch, der nicht auf einem Fuß ständ-
lings drei Maß kann höhlen. -- Wo man gelöscht hat, da hat es gebrannt,
sagte der Pater, als ihm der Guardian den Rausch verwies. -- Der liebe
Gott ist auch im Keller, sagte der Mönch, als er zu Weine ging. -- Ich trinke
nie als nach den Hören, sagte der Mönch, und deren sind am Tage sieben. ---
"Ein griechisch Testament" nennt man scherzhaft einen Pfropfenzieher am
Taschenmesser, und zwar rührt das von folgender Begebenheit her. In einer
Konferenz vou einundzwanzig Geistlichen wurde über eine schwierige Stelle im
Neuen Testament gestritten, weßhalb der Vorsitzende fragte: "Hat einer von
den Herren ein griechisches Neues Testament bei sich?" Alle verneinten es.
Bald nachher wurde Wein aufgetragen, und der Vorsitzende fragte: "Hat einer


Grenzboten til. 1377. 4

Fasten waren die Zeit, wo in den Klöstern am tapfersten gezecht wurde.
Statt der Braten gab es jetzt allerdings nur Eier, Mehlspeisen und Fische,
aber dafür setzte es einen tüchtigen Schluck zur Verdauung und dann noch
ein paar für die Fische; denn die wollten doch schwimmen können. Die Leute
draußen aber wußten das und machten Glossen darüber, z. B. folgende: Jetzt
kann die Fasten kommen, die Füsser sind alle voll, sagte der Abt von Murbach.
— Darum wird einer zum Pfaffen, daß Keiner für ihn trinke, sondern er für
Alle. — Mönche beten mehr für fromme Kehlen als für arme Seelen. — Die
Mönche führen strenge Regel, daß sie mit Durst ins Bett gehen und wieder
aufstehen (wie alle Leute, die über den Durst zu trinken gewohnt sind). —
Mönche sind die besten Weinfässer: sie werden alt ohne Reifen. — Wenn der
Mönch Wein sieht, so weiß er nicht mehr, ob er ein Bub oder Maidlein ist.
— Mäßig muß man leben, sagte der Mönch, die Halbe thut's nicht. —
Mönche studiren mehr in den Bechern als in den Büchern. (Als einmal
jemand dies in einem Kloster sah, fragte er: Wie können solche Mönche ihrer
Gegenpartei obsiegen? Da antwortete einer sehr richtig: Mit Trinken.) —
Redeten die Pfaffen so gern Latein, als sie trinken guten Wein, so fand' man
manchen gelehrten Mann, der mehr Latein könnt', als er kann. — Einem
Mönch ist nur mit dem Schnepper beizukommen, die Adern laufen in Wein¬
stein. (D. h. wenn einem Mönche zur Ader gelassen werden soll, so kann
dies nicht mit Blutegeln geschehen; denn die können nicht durchbeißen, weil
sich um die Adern vom vielen Trinken eine Krnste von Weinstein gebildet
hat.) — Platz für ein Fuder Wein, der Bischof kommt, rief der Hofnarr. —
Soll mich der Teufel holen, wenn ich mein Lebtag ein Tröpflein Wasser ge¬
trunken habe, sagte der Mönch, als der Arzt erklärte, er leide an der Wasser¬
sucht. — Wer vom Leder einer Mvnchsnase Winterstiefeln hätte, der möchte
getrost nach Austern fischen; denn die Stiefeln würden kein Wasser fangen. —
Ich halte nichts auf eiuen, sprach der Mönch, der nicht auf einem Fuß ständ-
lings drei Maß kann höhlen. — Wo man gelöscht hat, da hat es gebrannt,
sagte der Pater, als ihm der Guardian den Rausch verwies. — Der liebe
Gott ist auch im Keller, sagte der Mönch, als er zu Weine ging. — Ich trinke
nie als nach den Hören, sagte der Mönch, und deren sind am Tage sieben. —-
„Ein griechisch Testament" nennt man scherzhaft einen Pfropfenzieher am
Taschenmesser, und zwar rührt das von folgender Begebenheit her. In einer
Konferenz vou einundzwanzig Geistlichen wurde über eine schwierige Stelle im
Neuen Testament gestritten, weßhalb der Vorsitzende fragte: „Hat einer von
den Herren ein griechisches Neues Testament bei sich?" Alle verneinten es.
Bald nachher wurde Wein aufgetragen, und der Vorsitzende fragte: „Hat einer


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[0033] Fasten waren die Zeit, wo in den Klöstern am tapfersten gezecht wurde. Statt der Braten gab es jetzt allerdings nur Eier, Mehlspeisen und Fische, aber dafür setzte es einen tüchtigen Schluck zur Verdauung und dann noch ein paar für die Fische; denn die wollten doch schwimmen können. Die Leute draußen aber wußten das und machten Glossen darüber, z. B. folgende: Jetzt kann die Fasten kommen, die Füsser sind alle voll, sagte der Abt von Murbach. — Darum wird einer zum Pfaffen, daß Keiner für ihn trinke, sondern er für Alle. — Mönche beten mehr für fromme Kehlen als für arme Seelen. — Die Mönche führen strenge Regel, daß sie mit Durst ins Bett gehen und wieder aufstehen (wie alle Leute, die über den Durst zu trinken gewohnt sind). — Mönche sind die besten Weinfässer: sie werden alt ohne Reifen. — Wenn der Mönch Wein sieht, so weiß er nicht mehr, ob er ein Bub oder Maidlein ist. — Mäßig muß man leben, sagte der Mönch, die Halbe thut's nicht. — Mönche studiren mehr in den Bechern als in den Büchern. (Als einmal jemand dies in einem Kloster sah, fragte er: Wie können solche Mönche ihrer Gegenpartei obsiegen? Da antwortete einer sehr richtig: Mit Trinken.) — Redeten die Pfaffen so gern Latein, als sie trinken guten Wein, so fand' man manchen gelehrten Mann, der mehr Latein könnt', als er kann. — Einem Mönch ist nur mit dem Schnepper beizukommen, die Adern laufen in Wein¬ stein. (D. h. wenn einem Mönche zur Ader gelassen werden soll, so kann dies nicht mit Blutegeln geschehen; denn die können nicht durchbeißen, weil sich um die Adern vom vielen Trinken eine Krnste von Weinstein gebildet hat.) — Platz für ein Fuder Wein, der Bischof kommt, rief der Hofnarr. — Soll mich der Teufel holen, wenn ich mein Lebtag ein Tröpflein Wasser ge¬ trunken habe, sagte der Mönch, als der Arzt erklärte, er leide an der Wasser¬ sucht. — Wer vom Leder einer Mvnchsnase Winterstiefeln hätte, der möchte getrost nach Austern fischen; denn die Stiefeln würden kein Wasser fangen. — Ich halte nichts auf eiuen, sprach der Mönch, der nicht auf einem Fuß ständ- lings drei Maß kann höhlen. — Wo man gelöscht hat, da hat es gebrannt, sagte der Pater, als ihm der Guardian den Rausch verwies. — Der liebe Gott ist auch im Keller, sagte der Mönch, als er zu Weine ging. — Ich trinke nie als nach den Hören, sagte der Mönch, und deren sind am Tage sieben. —- „Ein griechisch Testament" nennt man scherzhaft einen Pfropfenzieher am Taschenmesser, und zwar rührt das von folgender Begebenheit her. In einer Konferenz vou einundzwanzig Geistlichen wurde über eine schwierige Stelle im Neuen Testament gestritten, weßhalb der Vorsitzende fragte: „Hat einer von den Herren ein griechisches Neues Testament bei sich?" Alle verneinten es. Bald nachher wurde Wein aufgetragen, und der Vorsitzende fragte: „Hat einer Grenzboten til. 1377. 4

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/33>, abgerufen am 28.09.2024.