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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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den Thieren verhält. Die höheren Klassen der letzteren entstehen (vgl. S. 060)
nicht aus den niedrigeren durch allmähliche Uebergänge, sondern plötzlich, mit
einem Male, vollständig mit allen ihren wesentlichen Merkmalen. Und ebenso
ist es mit dem Menschen nach seiner körperlichen Beschaffenheit und seinen
geistigen Anlagen. Die ersten Spuren, die wir von ihm bis jetzt gefunden
haben, zeigen uns ihn genau auf derselben Organisationsstufe wie die jetzt
lebenden Menschen, dieselbe weite Kluft trennt ihn von dem der leiblichen Ge¬
stalt ihm am Nächsten stehenden Thiere, dem Affen, den selbst ein Strauß in
seinen: letzten Werke unbedachtsam als seinen Urahn anerkennen wollte.

Die Annahme, daß der Mensch vom Affen oder einem affenartigen Thier
abstamme und sich durch allmähliche Vervollkommung ans einem solchen durch
allerlei Zwischenstufen zuerst zu einem menschenähnlichen Wesen, dann zum
vollen Menschen herausgearbeitet habe, oder richtiger von der Natur heraus¬
gezüchtet worden sei, entbehrt aller und jeder thatsächlichen Begründung. Wir
finden nirgends -- davon zeugen die ältesten Schädel, die man ausgegraben
hat -- eine Rasse, die wir als eine Mittelstufe zwischen dem Menschen und
dem Affen oder dem gemeinsamen bis jetzt nur in den Schriften der Dar-
winianer existirenden Stammvater beider ansehen könnten. Auch in dieser Be¬
ziehung wird, wie der Verfasser meint, die Mittheilung einiger Zahlenwerthe
hinsichtlich des Gehirnvolumens genügen. Das Gehirn des größten und dem
Menschen ähnlichsten Affen, des Gorilla ergiebt nach Vogt's Messung beim
Männchen nur 500 Kubikeeutimeter, während das Mittel der mit dem kleinsten
Gehirne ausgestatteten Australneger 1628 Kubikeeutimeter, also über dreimal
so viel beträgt. Noch kleiner ist das Gehirn bei dem Schimpanse und dem
Orang Utang, bei Mäunchen dieser Affenarten 417 und 448. Das Gehirn-
volnmen der dem Menschen am Meisten ähnelnden Affen erreicht also
nur ein Drittel bis ein Viertel von dem der am Tiefsten stehenden, stupidesten
Wilden. Ja das Gehirnvolumen eines neugebornen Kindes ist doppelt so groß
als das eines ausgewachsenen Gorilla. Nehmen wir die von Davis gefundenen
Mittelwerthe für die verschiedenen Menschenrassen zu einem Vergleiche vor, so
haben.die Europäer ein Schädelvolumen von 1835, die Australneger mit dem
kleinsten ein solches vou 1628 Kubikeeutimetern, der Unterschied beträgt folg¬
lich 207 Kubikeeutimeter. Die Differenz zwischen dem Gehirnvolumen des männ¬
lichen Gorilla und dem der Anstrcilneger dagegen ist 1628 mivu8 500, also 1128
Kubikeeutimeter. Man sieht daraus, wie haltlos die oft gehörte und von nur zu
Vielen geglaubte Behauptung ist, die Kluft zwischen dem höchststehenden Affen
und den niedrigsten Menschen sei nicht weiter und tiefer als die zwischen der
am Meiste" entwickelten und der auf niedrigster Stufe stehenden Menschenrasse.

Von allen Anhängern der Darwinschen Theorie, welche die Thatsachen,


den Thieren verhält. Die höheren Klassen der letzteren entstehen (vgl. S. 060)
nicht aus den niedrigeren durch allmähliche Uebergänge, sondern plötzlich, mit
einem Male, vollständig mit allen ihren wesentlichen Merkmalen. Und ebenso
ist es mit dem Menschen nach seiner körperlichen Beschaffenheit und seinen
geistigen Anlagen. Die ersten Spuren, die wir von ihm bis jetzt gefunden
haben, zeigen uns ihn genau auf derselben Organisationsstufe wie die jetzt
lebenden Menschen, dieselbe weite Kluft trennt ihn von dem der leiblichen Ge¬
stalt ihm am Nächsten stehenden Thiere, dem Affen, den selbst ein Strauß in
seinen: letzten Werke unbedachtsam als seinen Urahn anerkennen wollte.

Die Annahme, daß der Mensch vom Affen oder einem affenartigen Thier
abstamme und sich durch allmähliche Vervollkommung ans einem solchen durch
allerlei Zwischenstufen zuerst zu einem menschenähnlichen Wesen, dann zum
vollen Menschen herausgearbeitet habe, oder richtiger von der Natur heraus¬
gezüchtet worden sei, entbehrt aller und jeder thatsächlichen Begründung. Wir
finden nirgends — davon zeugen die ältesten Schädel, die man ausgegraben
hat — eine Rasse, die wir als eine Mittelstufe zwischen dem Menschen und
dem Affen oder dem gemeinsamen bis jetzt nur in den Schriften der Dar-
winianer existirenden Stammvater beider ansehen könnten. Auch in dieser Be¬
ziehung wird, wie der Verfasser meint, die Mittheilung einiger Zahlenwerthe
hinsichtlich des Gehirnvolumens genügen. Das Gehirn des größten und dem
Menschen ähnlichsten Affen, des Gorilla ergiebt nach Vogt's Messung beim
Männchen nur 500 Kubikeeutimeter, während das Mittel der mit dem kleinsten
Gehirne ausgestatteten Australneger 1628 Kubikeeutimeter, also über dreimal
so viel beträgt. Noch kleiner ist das Gehirn bei dem Schimpanse und dem
Orang Utang, bei Mäunchen dieser Affenarten 417 und 448. Das Gehirn-
volnmen der dem Menschen am Meisten ähnelnden Affen erreicht also
nur ein Drittel bis ein Viertel von dem der am Tiefsten stehenden, stupidesten
Wilden. Ja das Gehirnvolumen eines neugebornen Kindes ist doppelt so groß
als das eines ausgewachsenen Gorilla. Nehmen wir die von Davis gefundenen
Mittelwerthe für die verschiedenen Menschenrassen zu einem Vergleiche vor, so
haben.die Europäer ein Schädelvolumen von 1835, die Australneger mit dem
kleinsten ein solches vou 1628 Kubikeeutimetern, der Unterschied beträgt folg¬
lich 207 Kubikeeutimeter. Die Differenz zwischen dem Gehirnvolumen des männ¬
lichen Gorilla und dem der Anstrcilneger dagegen ist 1628 mivu8 500, also 1128
Kubikeeutimeter. Man sieht daraus, wie haltlos die oft gehörte und von nur zu
Vielen geglaubte Behauptung ist, die Kluft zwischen dem höchststehenden Affen
und den niedrigsten Menschen sei nicht weiter und tiefer als die zwischen der
am Meiste» entwickelten und der auf niedrigster Stufe stehenden Menschenrasse.

Von allen Anhängern der Darwinschen Theorie, welche die Thatsachen,


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[0023] den Thieren verhält. Die höheren Klassen der letzteren entstehen (vgl. S. 060) nicht aus den niedrigeren durch allmähliche Uebergänge, sondern plötzlich, mit einem Male, vollständig mit allen ihren wesentlichen Merkmalen. Und ebenso ist es mit dem Menschen nach seiner körperlichen Beschaffenheit und seinen geistigen Anlagen. Die ersten Spuren, die wir von ihm bis jetzt gefunden haben, zeigen uns ihn genau auf derselben Organisationsstufe wie die jetzt lebenden Menschen, dieselbe weite Kluft trennt ihn von dem der leiblichen Ge¬ stalt ihm am Nächsten stehenden Thiere, dem Affen, den selbst ein Strauß in seinen: letzten Werke unbedachtsam als seinen Urahn anerkennen wollte. Die Annahme, daß der Mensch vom Affen oder einem affenartigen Thier abstamme und sich durch allmähliche Vervollkommung ans einem solchen durch allerlei Zwischenstufen zuerst zu einem menschenähnlichen Wesen, dann zum vollen Menschen herausgearbeitet habe, oder richtiger von der Natur heraus¬ gezüchtet worden sei, entbehrt aller und jeder thatsächlichen Begründung. Wir finden nirgends — davon zeugen die ältesten Schädel, die man ausgegraben hat — eine Rasse, die wir als eine Mittelstufe zwischen dem Menschen und dem Affen oder dem gemeinsamen bis jetzt nur in den Schriften der Dar- winianer existirenden Stammvater beider ansehen könnten. Auch in dieser Be¬ ziehung wird, wie der Verfasser meint, die Mittheilung einiger Zahlenwerthe hinsichtlich des Gehirnvolumens genügen. Das Gehirn des größten und dem Menschen ähnlichsten Affen, des Gorilla ergiebt nach Vogt's Messung beim Männchen nur 500 Kubikeeutimeter, während das Mittel der mit dem kleinsten Gehirne ausgestatteten Australneger 1628 Kubikeeutimeter, also über dreimal so viel beträgt. Noch kleiner ist das Gehirn bei dem Schimpanse und dem Orang Utang, bei Mäunchen dieser Affenarten 417 und 448. Das Gehirn- volnmen der dem Menschen am Meisten ähnelnden Affen erreicht also nur ein Drittel bis ein Viertel von dem der am Tiefsten stehenden, stupidesten Wilden. Ja das Gehirnvolumen eines neugebornen Kindes ist doppelt so groß als das eines ausgewachsenen Gorilla. Nehmen wir die von Davis gefundenen Mittelwerthe für die verschiedenen Menschenrassen zu einem Vergleiche vor, so haben.die Europäer ein Schädelvolumen von 1835, die Australneger mit dem kleinsten ein solches vou 1628 Kubikeeutimetern, der Unterschied beträgt folg¬ lich 207 Kubikeeutimeter. Die Differenz zwischen dem Gehirnvolumen des männ¬ lichen Gorilla und dem der Anstrcilneger dagegen ist 1628 mivu8 500, also 1128 Kubikeeutimeter. Man sieht daraus, wie haltlos die oft gehörte und von nur zu Vielen geglaubte Behauptung ist, die Kluft zwischen dem höchststehenden Affen und den niedrigsten Menschen sei nicht weiter und tiefer als die zwischen der am Meiste» entwickelten und der auf niedrigster Stufe stehenden Menschenrasse. Von allen Anhängern der Darwinschen Theorie, welche die Thatsachen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/23>, abgerufen am 28.09.2024.