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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen, ans die Zustände der Reichsarmee
näher einzugehen; wir greifen vielmehr in das reichlich vorhandene archivalische
Material hinein, um das Stillleben einer der vielen Duodez-Armeen zu
schildern, die ja lediglich den Zweck hatten, vor den Schlössern, Zimmern,
Gärten u. s. w. ihrer Kriegsherren Schildwache zu stehen oder, wie z. B. in
der Reichsstadt Rottweil, im Thore, oder zu Rottmüuster in der Wirthsstube
Schildwache zu sitzen. Sie trugen redlich das ihrige mit dazu bei, um die
weiland Reichsarmee dem Spotte der Mit- und Nachwelt Preis zu geben.

Ungefähr eine Meile nordwestlich von Wilhelmshaven liegt im Großherzog-
thum Oldenburg das alte Schloß Kniphausen, früher Regierungssitz der Herr¬
lichkeit gleiches Namens. Bei einer sommerlichen Fahrt von dem genannten
Hafenorte durch die mit einem wunderbar üppigen Graswuchs gesegneten, sich
weithin ausdehnenden grünen Marschen, auf denen Tausende von gehörnten Kost¬
gängern echt friesischer Race weiden, sieht man schon von weitem den Thurm des
Schlosses aus prächtigen Baumgruppen hervorragen. Bald trennt uns nur noch ein
breiter nasser Graben, der die alten vollständig verfallenen, nur für ein militärisches
Auge noch erkennbaren Bastionen und Rondeln einschließt, vom Schloßhofe. Wir
fahren über eine Brücke, die in der guten alten Zeit allabendlich bei eintretender
Dunkelheit aufgezogen wurde, um feindlichen Ueberfall abzuwehren, jedoch
außer aller Uebung gekommen zu sein scheint, dann durch eine Thorfahrt, die
einen nichts weniger als fortifikatorischer, sondern durchaus wirtschaftlichen
Eindruck macht, und halten vor dem alten Dynastensitze. Wer in Mittel-
odcr Süd-Deutschland dergleichen verwaiste Residenzen aus den Zeiten des
Regensburger Reichstages gesehen hat und ein Schloß mit Altan und Söller oder
ein Versailles im Kleinen erwartet, der wird sehr enttäuscht werden. Schloß
Kniphausen, ein höchst nüchterner zweistöckiger Backsteinbau ans neuerer Zeit,
jedenfalls unter Beihilfe der Brandassekurcmz errichtet, mit einem alten schmuck¬
losen Thurm in der Mitte, hat durchaus nichts, was irgend ein Interesse er¬
regen könnte. Es erzeugt nichts weniger als eine romantische Stimmung, und
weder Archäolog, uoch Architekt oder Maler finden hier ihre Rechnung.
Höchstens kann sich der Naturfreund an den alten Bünmen erfrischen, die den
gänzlich verwilderten, in enge Grenzen eingeschlossenen Schloßpark zieren.
Außer dem eigentlichen Schloßgebüude sowie einem Anbau ein der Thorfahrt,
der jedoch eiuer Häuslerwohnung ähnlicher sieht als dem Luginsland eines


sich an das österreichische Heer am Oberrhein unter General Wurmser anschloß, bestand
aus "1 verschiedenen Kontiugcntstheilen. Es stellten zu dem Regiment 4 Stände je einen,
S Stände je zwei, 0 Stunde je drei Kavalleristen u, s> w.; das stärkste Kontingent dazu
siel auf das Stift Augsburg mit 95 Pferden,

Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen, ans die Zustände der Reichsarmee
näher einzugehen; wir greifen vielmehr in das reichlich vorhandene archivalische
Material hinein, um das Stillleben einer der vielen Duodez-Armeen zu
schildern, die ja lediglich den Zweck hatten, vor den Schlössern, Zimmern,
Gärten u. s. w. ihrer Kriegsherren Schildwache zu stehen oder, wie z. B. in
der Reichsstadt Rottweil, im Thore, oder zu Rottmüuster in der Wirthsstube
Schildwache zu sitzen. Sie trugen redlich das ihrige mit dazu bei, um die
weiland Reichsarmee dem Spotte der Mit- und Nachwelt Preis zu geben.

Ungefähr eine Meile nordwestlich von Wilhelmshaven liegt im Großherzog-
thum Oldenburg das alte Schloß Kniphausen, früher Regierungssitz der Herr¬
lichkeit gleiches Namens. Bei einer sommerlichen Fahrt von dem genannten
Hafenorte durch die mit einem wunderbar üppigen Graswuchs gesegneten, sich
weithin ausdehnenden grünen Marschen, auf denen Tausende von gehörnten Kost¬
gängern echt friesischer Race weiden, sieht man schon von weitem den Thurm des
Schlosses aus prächtigen Baumgruppen hervorragen. Bald trennt uns nur noch ein
breiter nasser Graben, der die alten vollständig verfallenen, nur für ein militärisches
Auge noch erkennbaren Bastionen und Rondeln einschließt, vom Schloßhofe. Wir
fahren über eine Brücke, die in der guten alten Zeit allabendlich bei eintretender
Dunkelheit aufgezogen wurde, um feindlichen Ueberfall abzuwehren, jedoch
außer aller Uebung gekommen zu sein scheint, dann durch eine Thorfahrt, die
einen nichts weniger als fortifikatorischer, sondern durchaus wirtschaftlichen
Eindruck macht, und halten vor dem alten Dynastensitze. Wer in Mittel-
odcr Süd-Deutschland dergleichen verwaiste Residenzen aus den Zeiten des
Regensburger Reichstages gesehen hat und ein Schloß mit Altan und Söller oder
ein Versailles im Kleinen erwartet, der wird sehr enttäuscht werden. Schloß
Kniphausen, ein höchst nüchterner zweistöckiger Backsteinbau ans neuerer Zeit,
jedenfalls unter Beihilfe der Brandassekurcmz errichtet, mit einem alten schmuck¬
losen Thurm in der Mitte, hat durchaus nichts, was irgend ein Interesse er¬
regen könnte. Es erzeugt nichts weniger als eine romantische Stimmung, und
weder Archäolog, uoch Architekt oder Maler finden hier ihre Rechnung.
Höchstens kann sich der Naturfreund an den alten Bünmen erfrischen, die den
gänzlich verwilderten, in enge Grenzen eingeschlossenen Schloßpark zieren.
Außer dem eigentlichen Schloßgebüude sowie einem Anbau ein der Thorfahrt,
der jedoch eiuer Häuslerwohnung ähnlicher sieht als dem Luginsland eines


sich an das österreichische Heer am Oberrhein unter General Wurmser anschloß, bestand
aus »1 verschiedenen Kontiugcntstheilen. Es stellten zu dem Regiment 4 Stände je einen,
S Stände je zwei, 0 Stunde je drei Kavalleristen u, s> w.; das stärkste Kontingent dazu
siel auf das Stift Augsburg mit 95 Pferden,
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[0210] Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen, ans die Zustände der Reichsarmee näher einzugehen; wir greifen vielmehr in das reichlich vorhandene archivalische Material hinein, um das Stillleben einer der vielen Duodez-Armeen zu schildern, die ja lediglich den Zweck hatten, vor den Schlössern, Zimmern, Gärten u. s. w. ihrer Kriegsherren Schildwache zu stehen oder, wie z. B. in der Reichsstadt Rottweil, im Thore, oder zu Rottmüuster in der Wirthsstube Schildwache zu sitzen. Sie trugen redlich das ihrige mit dazu bei, um die weiland Reichsarmee dem Spotte der Mit- und Nachwelt Preis zu geben. Ungefähr eine Meile nordwestlich von Wilhelmshaven liegt im Großherzog- thum Oldenburg das alte Schloß Kniphausen, früher Regierungssitz der Herr¬ lichkeit gleiches Namens. Bei einer sommerlichen Fahrt von dem genannten Hafenorte durch die mit einem wunderbar üppigen Graswuchs gesegneten, sich weithin ausdehnenden grünen Marschen, auf denen Tausende von gehörnten Kost¬ gängern echt friesischer Race weiden, sieht man schon von weitem den Thurm des Schlosses aus prächtigen Baumgruppen hervorragen. Bald trennt uns nur noch ein breiter nasser Graben, der die alten vollständig verfallenen, nur für ein militärisches Auge noch erkennbaren Bastionen und Rondeln einschließt, vom Schloßhofe. Wir fahren über eine Brücke, die in der guten alten Zeit allabendlich bei eintretender Dunkelheit aufgezogen wurde, um feindlichen Ueberfall abzuwehren, jedoch außer aller Uebung gekommen zu sein scheint, dann durch eine Thorfahrt, die einen nichts weniger als fortifikatorischer, sondern durchaus wirtschaftlichen Eindruck macht, und halten vor dem alten Dynastensitze. Wer in Mittel- odcr Süd-Deutschland dergleichen verwaiste Residenzen aus den Zeiten des Regensburger Reichstages gesehen hat und ein Schloß mit Altan und Söller oder ein Versailles im Kleinen erwartet, der wird sehr enttäuscht werden. Schloß Kniphausen, ein höchst nüchterner zweistöckiger Backsteinbau ans neuerer Zeit, jedenfalls unter Beihilfe der Brandassekurcmz errichtet, mit einem alten schmuck¬ losen Thurm in der Mitte, hat durchaus nichts, was irgend ein Interesse er¬ regen könnte. Es erzeugt nichts weniger als eine romantische Stimmung, und weder Archäolog, uoch Architekt oder Maler finden hier ihre Rechnung. Höchstens kann sich der Naturfreund an den alten Bünmen erfrischen, die den gänzlich verwilderten, in enge Grenzen eingeschlossenen Schloßpark zieren. Außer dem eigentlichen Schloßgebüude sowie einem Anbau ein der Thorfahrt, der jedoch eiuer Häuslerwohnung ähnlicher sieht als dem Luginsland eines sich an das österreichische Heer am Oberrhein unter General Wurmser anschloß, bestand aus »1 verschiedenen Kontiugcntstheilen. Es stellten zu dem Regiment 4 Stände je einen, S Stände je zwei, 0 Stunde je drei Kavalleristen u, s> w.; das stärkste Kontingent dazu siel auf das Stift Augsburg mit 95 Pferden,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/210>, abgerufen am 28.09.2024.