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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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gleich als Schlafkammer und Küche. Ihr Küchengeräth besteht in den meisten
Fällen nnr aus einem großen eisernen Topfe, einem Kochofen und einigen
Blechpfannen, die aller Wahrscheinlichkeit nach vorher von den Weißen in ihrem
Haushalt bis zur Abnutzung gedient haben und daun bei Seite geworfen
worden sind. Dazu kommen noch ein Quirl, ein Rührlöffel, eine Kaffeekanne
und eine Kaffeemühle. Gewöhnlich essen sie unmittelbar aus dem Küchen¬
geschirr, bisweilen haben sie auch Blechnäpfe und blecherne Tassen oder grobes
Thongeschirr, das, wenn die Mittel des Hauses diesen Luxus gestatten, mit
rothen Blumen bemalt sein muß. Viele bedienen sich nnr der fünf Finger
und eines Einschlagmessers sowie eines Blechlöffels, Andere haben es zu
zinnernen Löffeln, eisernen Gabeln und Tischmessern gebracht. Die Nahrung
besteht selten aus etwas Anderem als "Hominy" (Maisbrei), Maisbrot,
ranzigem, fettem Speck, Kaffee und wohlfeilen Sirup zum Frühstück. Der Kaffee
wird ohne Milch und mit jenem Sirup versüßt getrunken. Zu Mittag kommt
Maisbrot, Reis und, wenn sie in guten Verhältnissen sind, fettes Schweine¬
fleisch nebst Gemüse auf den Tisch, das von fetter Brühe glänzt. Das Abend¬
essen ist dem Frühstück gleich, nur daß der Speck wegfällt. Am Sonntag ziert
den Tisch beim Frühstück ein Teller mit Weizenbrod in der Form von Zwie-
back oder "Hoecake," welches die Frau selbst gebacken hat, und der Kaffee wird
durch einen Zusatz von allergröbsten braunen Zucker schmackhafter gemacht.
Die Gärten der Neger enthalten nur wenige Gemüsearten: süße Kartoffeln,
seltner andere, Erbsen, Bohnen, Wassermelonen und Kürbisse, bisweilen Wei߬
kohl und Rüben. Familien, die sich das gestatten können, mästen sich ein
Schwein, das zu Weihnachten geschlachtet wird. In jedem menschlichen Wesen
liegt nach Macaulay's Behauptung der Wunsch und das Bestreben, seine Lage
zu verbessern, und die Neger Südearolinas machen hiervon keine Ausnahme.
Wie sie ihre Kinder nach Möglichkeit in die Schule schicken, so bemühen sie
sich auch, sichs bequem und behaglich im Leben zu machen. Viele von ihnen
haben das Geld, was sie von ihrem Verdienst erübrigt, zum Ankauf einer Kuh
verwendet, und die meisten halten sich ein paar Hühner. Seite an Seite mit
diesem Bestreben bemerkt man aber nicht selteu auch die verhängnißvolle Auf¬
fassung des Lebens, die der Fluch Irlands geworden ist, die Neigung, dem
Vieh gleich in einem garstigen Loche zu Hansen. Man kauft sich einen oder
zwei Acker Land, baut sich eine Hütte darauf, zieht hinein und lebt dann darin
in Schmutz und Koth von dem, was der übel bestellte Acker trägt. Alle diese
Bemerkungen finden auch auf den größten Theil der Weißen auf den Sand¬
hügeln Anwendung, von denen viele nicht wesentlich besser als Bettler sind.

Seit dem Kriege haben sich viele Damen der Aristokratie und des höhern
Bürg erstandes gezwungen gesehen, das Kochen selbst in die Hand zu nehmen.


gleich als Schlafkammer und Küche. Ihr Küchengeräth besteht in den meisten
Fällen nnr aus einem großen eisernen Topfe, einem Kochofen und einigen
Blechpfannen, die aller Wahrscheinlichkeit nach vorher von den Weißen in ihrem
Haushalt bis zur Abnutzung gedient haben und daun bei Seite geworfen
worden sind. Dazu kommen noch ein Quirl, ein Rührlöffel, eine Kaffeekanne
und eine Kaffeemühle. Gewöhnlich essen sie unmittelbar aus dem Küchen¬
geschirr, bisweilen haben sie auch Blechnäpfe und blecherne Tassen oder grobes
Thongeschirr, das, wenn die Mittel des Hauses diesen Luxus gestatten, mit
rothen Blumen bemalt sein muß. Viele bedienen sich nnr der fünf Finger
und eines Einschlagmessers sowie eines Blechlöffels, Andere haben es zu
zinnernen Löffeln, eisernen Gabeln und Tischmessern gebracht. Die Nahrung
besteht selten aus etwas Anderem als „Hominy" (Maisbrei), Maisbrot,
ranzigem, fettem Speck, Kaffee und wohlfeilen Sirup zum Frühstück. Der Kaffee
wird ohne Milch und mit jenem Sirup versüßt getrunken. Zu Mittag kommt
Maisbrot, Reis und, wenn sie in guten Verhältnissen sind, fettes Schweine¬
fleisch nebst Gemüse auf den Tisch, das von fetter Brühe glänzt. Das Abend¬
essen ist dem Frühstück gleich, nur daß der Speck wegfällt. Am Sonntag ziert
den Tisch beim Frühstück ein Teller mit Weizenbrod in der Form von Zwie-
back oder „Hoecake," welches die Frau selbst gebacken hat, und der Kaffee wird
durch einen Zusatz von allergröbsten braunen Zucker schmackhafter gemacht.
Die Gärten der Neger enthalten nur wenige Gemüsearten: süße Kartoffeln,
seltner andere, Erbsen, Bohnen, Wassermelonen und Kürbisse, bisweilen Wei߬
kohl und Rüben. Familien, die sich das gestatten können, mästen sich ein
Schwein, das zu Weihnachten geschlachtet wird. In jedem menschlichen Wesen
liegt nach Macaulay's Behauptung der Wunsch und das Bestreben, seine Lage
zu verbessern, und die Neger Südearolinas machen hiervon keine Ausnahme.
Wie sie ihre Kinder nach Möglichkeit in die Schule schicken, so bemühen sie
sich auch, sichs bequem und behaglich im Leben zu machen. Viele von ihnen
haben das Geld, was sie von ihrem Verdienst erübrigt, zum Ankauf einer Kuh
verwendet, und die meisten halten sich ein paar Hühner. Seite an Seite mit
diesem Bestreben bemerkt man aber nicht selteu auch die verhängnißvolle Auf¬
fassung des Lebens, die der Fluch Irlands geworden ist, die Neigung, dem
Vieh gleich in einem garstigen Loche zu Hansen. Man kauft sich einen oder
zwei Acker Land, baut sich eine Hütte darauf, zieht hinein und lebt dann darin
in Schmutz und Koth von dem, was der übel bestellte Acker trägt. Alle diese
Bemerkungen finden auch auf den größten Theil der Weißen auf den Sand¬
hügeln Anwendung, von denen viele nicht wesentlich besser als Bettler sind.

Seit dem Kriege haben sich viele Damen der Aristokratie und des höhern
Bürg erstandes gezwungen gesehen, das Kochen selbst in die Hand zu nehmen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/196>, abgerufen am 28.09.2024.