Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zu machen wäre, demnach eine Schleußentreppe von zusammen 74 Schleußen.
Indessen ist die Möglichkeit durch einen Tunnelban bei Nentitschein in einer
Höhe von 750' die Wasserscheide um 150' abzukürzen, mithin etwa 30 Schleußen
zu sparen, so daß demnach auf der ganzen Linie von Oberschlesien bis Wien
uur 44 Schleußen nothwendig sein würden.

Diese Kanalverbindnngen würden keineswegs sehr kostspielig sein und nach
dem Urtheile Sachverständiger im allgemeinen 250,000 Thaler pro Meile
nicht übersteigen, so daß dieselben bei Gesammtlänge von 151 Meilen schwerlich
mehr als zusammen 38 Millionen Thaler Herstellungskosten verursachen würden.
Bei dem hoch entwickelten Verkehr dieser Gegenden und bei der Möglichkeit,
die vberschlesische Industrie noch in viel höherm Grade als bisher auszudehnen,
würde die Rentabilität dieser Kanalanlagen außer allem Zweifel sein.

Von größerer Bedeutung sind ferner die Verbindungen Berlins und der
Elbe. Zwar besitzt Berlin schon jetzt eine Reihe von Kanälen, welche es mit
der Oder und mit der Elbe verbinden; dieselben genügen aber keineswegs dem
Verkehr. Namentlich wird eine direkte Verbindung mit Hamburg über Havel¬
berg sehr vermißt. Gegenwärtig gibt es drei Wege von Berlin bis Havelberg,
der erste geht ans der Havel über Spandau, Potsdam, Brandenburg, Rakenow
nach Havelberg und beträgt 206 Kilometer, der zweite Weg benutzt die Elbe
und den Plauenschen Kanal, dieser ist 199,4 Kilometer lang, der dritte Weg
führt über den Jhlowkanal und hat eine Länge von 242 Kilometer. Dagegen
beträgt der gerade Weg durch das Havelloch nur 92,5 Kilometer. Dazu
kommt, daß die gegenwärtigen Wasserstraßen im Lande kaum einen Meter
Tiefe haben, mithin nur Fahrzeuge von geringer Tragfähigkeit diese Wasserstraße
Passiren können.

Terrainschwierigkeiten sind von Berlin bis Havelberg gar nicht zu über¬
winden. Der Boden ist ausschließlich Moorboden und leichter Flußsand und
überdies vou einer Menge von Wasserläufen durchzogen, welche alle nach
Westen abfallen und für die Bewässerung des Kanals vollständig genügen
würden. Auch ist die Neigung eine sehr geringe, sie beträgt auf der ganzen
Strecke nur 5'/z Meter, so daß also zwei Schleußen vollständig genügen
würden. Würde dieser Canal in den gewöhnlichen Dimensionen von, 2 Meter
Tiefe angelegt, so würde er wegen des überaus günstigen Terrains nicht höher
als 200,000 Thaler pro Meile zu stehen kommen. Bei diesem Kanal aber
würde es sich empfehlen, denselben so weit zu vertiefen, daß auf demselben
auch Seeschiffe gehen könnten, so daß Berlin also eine direkte Verbindung mit
dem Meere Hütte. Bei der riesigen Entwickelung, welche Berlin seit 20 Jahren
genommen hat, tritt die Nothwendigkeit immer mehr hervor, ein solche direkte


zu machen wäre, demnach eine Schleußentreppe von zusammen 74 Schleußen.
Indessen ist die Möglichkeit durch einen Tunnelban bei Nentitschein in einer
Höhe von 750' die Wasserscheide um 150' abzukürzen, mithin etwa 30 Schleußen
zu sparen, so daß demnach auf der ganzen Linie von Oberschlesien bis Wien
uur 44 Schleußen nothwendig sein würden.

Diese Kanalverbindnngen würden keineswegs sehr kostspielig sein und nach
dem Urtheile Sachverständiger im allgemeinen 250,000 Thaler pro Meile
nicht übersteigen, so daß dieselben bei Gesammtlänge von 151 Meilen schwerlich
mehr als zusammen 38 Millionen Thaler Herstellungskosten verursachen würden.
Bei dem hoch entwickelten Verkehr dieser Gegenden und bei der Möglichkeit,
die vberschlesische Industrie noch in viel höherm Grade als bisher auszudehnen,
würde die Rentabilität dieser Kanalanlagen außer allem Zweifel sein.

Von größerer Bedeutung sind ferner die Verbindungen Berlins und der
Elbe. Zwar besitzt Berlin schon jetzt eine Reihe von Kanälen, welche es mit
der Oder und mit der Elbe verbinden; dieselben genügen aber keineswegs dem
Verkehr. Namentlich wird eine direkte Verbindung mit Hamburg über Havel¬
berg sehr vermißt. Gegenwärtig gibt es drei Wege von Berlin bis Havelberg,
der erste geht ans der Havel über Spandau, Potsdam, Brandenburg, Rakenow
nach Havelberg und beträgt 206 Kilometer, der zweite Weg benutzt die Elbe
und den Plauenschen Kanal, dieser ist 199,4 Kilometer lang, der dritte Weg
führt über den Jhlowkanal und hat eine Länge von 242 Kilometer. Dagegen
beträgt der gerade Weg durch das Havelloch nur 92,5 Kilometer. Dazu
kommt, daß die gegenwärtigen Wasserstraßen im Lande kaum einen Meter
Tiefe haben, mithin nur Fahrzeuge von geringer Tragfähigkeit diese Wasserstraße
Passiren können.

Terrainschwierigkeiten sind von Berlin bis Havelberg gar nicht zu über¬
winden. Der Boden ist ausschließlich Moorboden und leichter Flußsand und
überdies vou einer Menge von Wasserläufen durchzogen, welche alle nach
Westen abfallen und für die Bewässerung des Kanals vollständig genügen
würden. Auch ist die Neigung eine sehr geringe, sie beträgt auf der ganzen
Strecke nur 5'/z Meter, so daß also zwei Schleußen vollständig genügen
würden. Würde dieser Canal in den gewöhnlichen Dimensionen von, 2 Meter
Tiefe angelegt, so würde er wegen des überaus günstigen Terrains nicht höher
als 200,000 Thaler pro Meile zu stehen kommen. Bei diesem Kanal aber
würde es sich empfehlen, denselben so weit zu vertiefen, daß auf demselben
auch Seeschiffe gehen könnten, so daß Berlin also eine direkte Verbindung mit
dem Meere Hütte. Bei der riesigen Entwickelung, welche Berlin seit 20 Jahren
genommen hat, tritt die Nothwendigkeit immer mehr hervor, ein solche direkte


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0189" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138420"/>
          <p xml:id="ID_538" prev="#ID_537"> zu machen wäre, demnach eine Schleußentreppe von zusammen 74 Schleußen.<lb/>
Indessen ist die Möglichkeit durch einen Tunnelban bei Nentitschein in einer<lb/>
Höhe von 750' die Wasserscheide um 150' abzukürzen, mithin etwa 30 Schleußen<lb/>
zu sparen, so daß demnach auf der ganzen Linie von Oberschlesien bis Wien<lb/>
uur 44 Schleußen nothwendig sein würden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_539"> Diese Kanalverbindnngen würden keineswegs sehr kostspielig sein und nach<lb/>
dem Urtheile Sachverständiger im allgemeinen 250,000 Thaler pro Meile<lb/>
nicht übersteigen, so daß dieselben bei Gesammtlänge von 151 Meilen schwerlich<lb/>
mehr als zusammen 38 Millionen Thaler Herstellungskosten verursachen würden.<lb/>
Bei dem hoch entwickelten Verkehr dieser Gegenden und bei der Möglichkeit,<lb/>
die vberschlesische Industrie noch in viel höherm Grade als bisher auszudehnen,<lb/>
würde die Rentabilität dieser Kanalanlagen außer allem Zweifel sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_540"> Von größerer Bedeutung sind ferner die Verbindungen Berlins und der<lb/>
Elbe. Zwar besitzt Berlin schon jetzt eine Reihe von Kanälen, welche es mit<lb/>
der Oder und mit der Elbe verbinden; dieselben genügen aber keineswegs dem<lb/>
Verkehr. Namentlich wird eine direkte Verbindung mit Hamburg über Havel¬<lb/>
berg sehr vermißt. Gegenwärtig gibt es drei Wege von Berlin bis Havelberg,<lb/>
der erste geht ans der Havel über Spandau, Potsdam, Brandenburg, Rakenow<lb/>
nach Havelberg und beträgt 206 Kilometer, der zweite Weg benutzt die Elbe<lb/>
und den Plauenschen Kanal, dieser ist 199,4 Kilometer lang, der dritte Weg<lb/>
führt über den Jhlowkanal und hat eine Länge von 242 Kilometer. Dagegen<lb/>
beträgt der gerade Weg durch das Havelloch nur 92,5 Kilometer. Dazu<lb/>
kommt, daß die gegenwärtigen Wasserstraßen im Lande kaum einen Meter<lb/>
Tiefe haben, mithin nur Fahrzeuge von geringer Tragfähigkeit diese Wasserstraße<lb/>
Passiren können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_541" next="#ID_542"> Terrainschwierigkeiten sind von Berlin bis Havelberg gar nicht zu über¬<lb/>
winden. Der Boden ist ausschließlich Moorboden und leichter Flußsand und<lb/>
überdies vou einer Menge von Wasserläufen durchzogen, welche alle nach<lb/>
Westen abfallen und für die Bewässerung des Kanals vollständig genügen<lb/>
würden. Auch ist die Neigung eine sehr geringe, sie beträgt auf der ganzen<lb/>
Strecke nur 5'/z Meter, so daß also zwei Schleußen vollständig genügen<lb/>
würden. Würde dieser Canal in den gewöhnlichen Dimensionen von, 2 Meter<lb/>
Tiefe angelegt, so würde er wegen des überaus günstigen Terrains nicht höher<lb/>
als 200,000 Thaler pro Meile zu stehen kommen. Bei diesem Kanal aber<lb/>
würde es sich empfehlen, denselben so weit zu vertiefen, daß auf demselben<lb/>
auch Seeschiffe gehen könnten, so daß Berlin also eine direkte Verbindung mit<lb/>
dem Meere Hütte. Bei der riesigen Entwickelung, welche Berlin seit 20 Jahren<lb/>
genommen hat, tritt die Nothwendigkeit immer mehr hervor, ein solche direkte</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0189] zu machen wäre, demnach eine Schleußentreppe von zusammen 74 Schleußen. Indessen ist die Möglichkeit durch einen Tunnelban bei Nentitschein in einer Höhe von 750' die Wasserscheide um 150' abzukürzen, mithin etwa 30 Schleußen zu sparen, so daß demnach auf der ganzen Linie von Oberschlesien bis Wien uur 44 Schleußen nothwendig sein würden. Diese Kanalverbindnngen würden keineswegs sehr kostspielig sein und nach dem Urtheile Sachverständiger im allgemeinen 250,000 Thaler pro Meile nicht übersteigen, so daß dieselben bei Gesammtlänge von 151 Meilen schwerlich mehr als zusammen 38 Millionen Thaler Herstellungskosten verursachen würden. Bei dem hoch entwickelten Verkehr dieser Gegenden und bei der Möglichkeit, die vberschlesische Industrie noch in viel höherm Grade als bisher auszudehnen, würde die Rentabilität dieser Kanalanlagen außer allem Zweifel sein. Von größerer Bedeutung sind ferner die Verbindungen Berlins und der Elbe. Zwar besitzt Berlin schon jetzt eine Reihe von Kanälen, welche es mit der Oder und mit der Elbe verbinden; dieselben genügen aber keineswegs dem Verkehr. Namentlich wird eine direkte Verbindung mit Hamburg über Havel¬ berg sehr vermißt. Gegenwärtig gibt es drei Wege von Berlin bis Havelberg, der erste geht ans der Havel über Spandau, Potsdam, Brandenburg, Rakenow nach Havelberg und beträgt 206 Kilometer, der zweite Weg benutzt die Elbe und den Plauenschen Kanal, dieser ist 199,4 Kilometer lang, der dritte Weg führt über den Jhlowkanal und hat eine Länge von 242 Kilometer. Dagegen beträgt der gerade Weg durch das Havelloch nur 92,5 Kilometer. Dazu kommt, daß die gegenwärtigen Wasserstraßen im Lande kaum einen Meter Tiefe haben, mithin nur Fahrzeuge von geringer Tragfähigkeit diese Wasserstraße Passiren können. Terrainschwierigkeiten sind von Berlin bis Havelberg gar nicht zu über¬ winden. Der Boden ist ausschließlich Moorboden und leichter Flußsand und überdies vou einer Menge von Wasserläufen durchzogen, welche alle nach Westen abfallen und für die Bewässerung des Kanals vollständig genügen würden. Auch ist die Neigung eine sehr geringe, sie beträgt auf der ganzen Strecke nur 5'/z Meter, so daß also zwei Schleußen vollständig genügen würden. Würde dieser Canal in den gewöhnlichen Dimensionen von, 2 Meter Tiefe angelegt, so würde er wegen des überaus günstigen Terrains nicht höher als 200,000 Thaler pro Meile zu stehen kommen. Bei diesem Kanal aber würde es sich empfehlen, denselben so weit zu vertiefen, daß auf demselben auch Seeschiffe gehen könnten, so daß Berlin also eine direkte Verbindung mit dem Meere Hütte. Bei der riesigen Entwickelung, welche Berlin seit 20 Jahren genommen hat, tritt die Nothwendigkeit immer mehr hervor, ein solche direkte

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/189
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/189>, abgerufen am 28.09.2024.