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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Lausitz, Dicht hinter Krossen aber begann der große unzugängliche Oderbruch,
der sich mit geringen Lücken bis in die Gegend hinzog, wo jetzt Stettin liegt.

Der Weg, der durch Schlesien am rechten Oderufer hinführt, traf ans
die Moräste der Bartsch mit ihren zahllosen Bächen, Tümpeln und kleineren
Seen. Eine Menge von Dämmen durchschneiden jetzt die Gegend, früher aber
konnten hier nur Wasservögel hindurchkommen, und so mußte man sie entweder
im Osten bei Olobock oder im Westen bei Przygodzice umgeben. Weiter nördlich
breitete die Obra ihre Brüche aus, die nur da überschreitbar waren, wo heute
die Straße von Gvstyn nach Dolzig führt. Die Quellsümpfe des Flusses konnten
bei Pleschen umgangen werden, und in der Gegend von Karge befand sich
ein inselartiger Landstrich, der im Sommer die Kommunikation vou Glogau
her ermöglichte. Die obere Warthe bot keine Schwierigkeiten, weiter flußab¬
wärts aber folgten Moräste, die nur bei Komm, bei Sabrina und weiter unten
bei Posen, Promnitz, Obornik und Obersitzko das Ueberschreiten erlaubten.
Wo Warthe und Netze zusammenfließen war wieder ein ungeheurer Sumpf,
aber ehe jene sich in den Oderbruch verlor, wurden ihre Snmpfnfer noch einmal
von einer trocknen Landzunge durchschnitten, die in historischer Zeit das Schloß
Zantoch hütete. Die Welna und Gvnsawka, zwei durch Moräste sich windende
Flüßchen zwischen Warthe und Netze, konnten ebenfalls nur an wenigen Stellen
passirt werden, die erste beim heutigen Wvngrowitz, die zweite bei Slnpy, bei
Schubin und zwischen den Seen bei Zum. Die Netze, der sumpfigste aller
Flüsse in der jetzigen Provinz Posen, ließ sich nur in der Nähe von Bromberg
und bei Czarnikau überschreiten. Nördlich vom Netzebruch gibt es bis zur
Ostsee keine hindernden Sümpfe mehr, wohl aber einen riesigen unbewohnten
Urwald, der später die Tuchter Haide hieß, und den man, ehe ein Weg durch
ihn gebahnt wurde, an seinem westlichen Saume umgehen mußte.

Hiernach mußten die südlichen Kaufleute, die nach Böhmen und von da
nach Schlesien gekommen waren, um sich weiter nach Norden zu begeben, zunächst
durch die Engpässe bei Glatz, dann über den trocknen Boden um den Zoptenberg
nach Dihernfurt gehen, darauf bei Herrnstadt über die Bartsch setzen und von
hier aus zwischen Gostyn und Dolzig über den Obrabruch wandern, von wo
sie bei Sabrina an die Warthe gelangten.

Der aus Mähren kommende Kaufmann fand einen trocknen Weg längs
der Ostgrenze Schlesiens, wobei er die Moräste an den Zuflüssen der obern
Oder und an den Quellen der Bartsch da, wo jetzt Kempen, Ostrowo und
Adelnau liegen, umging. Daun wandte er sich der trocknen Passage über die
Ovrasümpfe bei Gostyn zu oder bog nach der Gegend von Pleschen aus, von
wo er wie der von Böhmen Kommende bei Sabrina die Warthe erreichte. Sah
er sich durch irgend welche Umstände gezwungen, das Gebiet der Oder noch


Lausitz, Dicht hinter Krossen aber begann der große unzugängliche Oderbruch,
der sich mit geringen Lücken bis in die Gegend hinzog, wo jetzt Stettin liegt.

Der Weg, der durch Schlesien am rechten Oderufer hinführt, traf ans
die Moräste der Bartsch mit ihren zahllosen Bächen, Tümpeln und kleineren
Seen. Eine Menge von Dämmen durchschneiden jetzt die Gegend, früher aber
konnten hier nur Wasservögel hindurchkommen, und so mußte man sie entweder
im Osten bei Olobock oder im Westen bei Przygodzice umgeben. Weiter nördlich
breitete die Obra ihre Brüche aus, die nur da überschreitbar waren, wo heute
die Straße von Gvstyn nach Dolzig führt. Die Quellsümpfe des Flusses konnten
bei Pleschen umgangen werden, und in der Gegend von Karge befand sich
ein inselartiger Landstrich, der im Sommer die Kommunikation vou Glogau
her ermöglichte. Die obere Warthe bot keine Schwierigkeiten, weiter flußab¬
wärts aber folgten Moräste, die nur bei Komm, bei Sabrina und weiter unten
bei Posen, Promnitz, Obornik und Obersitzko das Ueberschreiten erlaubten.
Wo Warthe und Netze zusammenfließen war wieder ein ungeheurer Sumpf,
aber ehe jene sich in den Oderbruch verlor, wurden ihre Snmpfnfer noch einmal
von einer trocknen Landzunge durchschnitten, die in historischer Zeit das Schloß
Zantoch hütete. Die Welna und Gvnsawka, zwei durch Moräste sich windende
Flüßchen zwischen Warthe und Netze, konnten ebenfalls nur an wenigen Stellen
passirt werden, die erste beim heutigen Wvngrowitz, die zweite bei Slnpy, bei
Schubin und zwischen den Seen bei Zum. Die Netze, der sumpfigste aller
Flüsse in der jetzigen Provinz Posen, ließ sich nur in der Nähe von Bromberg
und bei Czarnikau überschreiten. Nördlich vom Netzebruch gibt es bis zur
Ostsee keine hindernden Sümpfe mehr, wohl aber einen riesigen unbewohnten
Urwald, der später die Tuchter Haide hieß, und den man, ehe ein Weg durch
ihn gebahnt wurde, an seinem westlichen Saume umgehen mußte.

Hiernach mußten die südlichen Kaufleute, die nach Böhmen und von da
nach Schlesien gekommen waren, um sich weiter nach Norden zu begeben, zunächst
durch die Engpässe bei Glatz, dann über den trocknen Boden um den Zoptenberg
nach Dihernfurt gehen, darauf bei Herrnstadt über die Bartsch setzen und von
hier aus zwischen Gostyn und Dolzig über den Obrabruch wandern, von wo
sie bei Sabrina an die Warthe gelangten.

Der aus Mähren kommende Kaufmann fand einen trocknen Weg längs
der Ostgrenze Schlesiens, wobei er die Moräste an den Zuflüssen der obern
Oder und an den Quellen der Bartsch da, wo jetzt Kempen, Ostrowo und
Adelnau liegen, umging. Daun wandte er sich der trocknen Passage über die
Ovrasümpfe bei Gostyn zu oder bog nach der Gegend von Pleschen aus, von
wo er wie der von Böhmen Kommende bei Sabrina die Warthe erreichte. Sah
er sich durch irgend welche Umstände gezwungen, das Gebiet der Oder noch


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[0163] Lausitz, Dicht hinter Krossen aber begann der große unzugängliche Oderbruch, der sich mit geringen Lücken bis in die Gegend hinzog, wo jetzt Stettin liegt. Der Weg, der durch Schlesien am rechten Oderufer hinführt, traf ans die Moräste der Bartsch mit ihren zahllosen Bächen, Tümpeln und kleineren Seen. Eine Menge von Dämmen durchschneiden jetzt die Gegend, früher aber konnten hier nur Wasservögel hindurchkommen, und so mußte man sie entweder im Osten bei Olobock oder im Westen bei Przygodzice umgeben. Weiter nördlich breitete die Obra ihre Brüche aus, die nur da überschreitbar waren, wo heute die Straße von Gvstyn nach Dolzig führt. Die Quellsümpfe des Flusses konnten bei Pleschen umgangen werden, und in der Gegend von Karge befand sich ein inselartiger Landstrich, der im Sommer die Kommunikation vou Glogau her ermöglichte. Die obere Warthe bot keine Schwierigkeiten, weiter flußab¬ wärts aber folgten Moräste, die nur bei Komm, bei Sabrina und weiter unten bei Posen, Promnitz, Obornik und Obersitzko das Ueberschreiten erlaubten. Wo Warthe und Netze zusammenfließen war wieder ein ungeheurer Sumpf, aber ehe jene sich in den Oderbruch verlor, wurden ihre Snmpfnfer noch einmal von einer trocknen Landzunge durchschnitten, die in historischer Zeit das Schloß Zantoch hütete. Die Welna und Gvnsawka, zwei durch Moräste sich windende Flüßchen zwischen Warthe und Netze, konnten ebenfalls nur an wenigen Stellen passirt werden, die erste beim heutigen Wvngrowitz, die zweite bei Slnpy, bei Schubin und zwischen den Seen bei Zum. Die Netze, der sumpfigste aller Flüsse in der jetzigen Provinz Posen, ließ sich nur in der Nähe von Bromberg und bei Czarnikau überschreiten. Nördlich vom Netzebruch gibt es bis zur Ostsee keine hindernden Sümpfe mehr, wohl aber einen riesigen unbewohnten Urwald, der später die Tuchter Haide hieß, und den man, ehe ein Weg durch ihn gebahnt wurde, an seinem westlichen Saume umgehen mußte. Hiernach mußten die südlichen Kaufleute, die nach Böhmen und von da nach Schlesien gekommen waren, um sich weiter nach Norden zu begeben, zunächst durch die Engpässe bei Glatz, dann über den trocknen Boden um den Zoptenberg nach Dihernfurt gehen, darauf bei Herrnstadt über die Bartsch setzen und von hier aus zwischen Gostyn und Dolzig über den Obrabruch wandern, von wo sie bei Sabrina an die Warthe gelangten. Der aus Mähren kommende Kaufmann fand einen trocknen Weg längs der Ostgrenze Schlesiens, wobei er die Moräste an den Zuflüssen der obern Oder und an den Quellen der Bartsch da, wo jetzt Kempen, Ostrowo und Adelnau liegen, umging. Daun wandte er sich der trocknen Passage über die Ovrasümpfe bei Gostyn zu oder bog nach der Gegend von Pleschen aus, von wo er wie der von Böhmen Kommende bei Sabrina die Warthe erreichte. Sah er sich durch irgend welche Umstände gezwungen, das Gebiet der Oder noch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/163>, abgerufen am 21.10.2024.