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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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und hat eine Dicke von höchstens zweitausend Fuß. Ein Strom wie der Ganges
würde das ganze in ihr abgelagerte Material schon in etwa fünfzigtausend
Jahren ins Meer schaffen.

Die Mächtigkeit wie die horizontale Ausdehnung der mesozoischen Forma¬
tionen ist viel geringer als die der paläozoischen, und die chemischen Ablage¬
rungen nehmen gegenüber den mechanischen zu. Diese Thatsache zeigt uns, daß
die zerstörenden Wirkungen des Wassers, namentlich die mechanischen, schon
zur Zeit der ältesten Ablagerungen mit großer Energie vor sich gegangen sein
müssen, und was wir ans den Floren der verschiedenen Gesteinsformationen
hinsichtlich der klimatischen Verhältnisse erschließen können, nöthigt uns, ein viel
wärmeres und feuchteres Klima bis zu hohen Breiten hinauf anzunehmen.
Daraus folgt aber auch sofort eine größere Regenmenge, als wir sie heutzu¬
tage in jenen Gegenden antreffen, und dadurch wird die Ungleichheit der
Wirkung, welche wohl im Anfange wegen des wahrscheinlich viel geringeren
Umfangs der Continente im Vergleich mit jetzt bestand, einigermaßen ausge¬
glichen worden sein.

Thatsachen, welche uns veranlassen könnten, noch größere Zeiträume für
die Erdentwickelung anzunehmen, liegen nicht vor, und so müssen wir bis auf
Weiteres an den obigen Zahlen festhalten, also als mittlere Zeitdauer einer
geologischen Formation rund eine Million Jahre annehmen. Jedermann hat
das Recht, an der Zuverlässigkeit dieses Mittelwerths zu zweifeln, niemand aber
darf an Stelle desselben eine andere positive Angabe setzen, welche über das
angegebene Marunum oder uuter das Minimum geht, wofern er seine Angabe
nicht dnrch Hinweis auf berechenbare physikalische oder geologische Vorgänge
begründen kann.

Wir würden aber mit der Annahme größerer Zeiträume in bedenkliche
Widersprüche mit andern geologischen Thatsachen gerathen, welche uns zeigen,
daß unser obiger Mittelwerth für die Dauer einer Periode in der Erdgeschichte
wahrscheinlich über dem richtigen Mittel läge. Wir finden nämlich, wenn wir
die mechanische und chemische Thätigkeit des Wassers betrachten, daß dieselbe
da, wo wir sie genauer berechnen können, in einem bestimmten Verhältnisse
zur Regenmenge der Länder steht. Ein treues und zum Vergleichen wohl ge¬
eignetes Bild jeuer Thätigkeit und ihrer Wirkung erhalten wir, wenn wir uns
die festen von den Flüssen fortgeschwemmten Massen als gleichmäßig aus dem
ganzen Flußgebiete mitgenommen denken und nun berechnen, um wieviel in
diesem Falle das gesammte Flußgebiet jährlich abgetragen würde. Hier er¬
fahren wir Folgendes: Die in einem Jahre weggeführte mineralische Masse
würde das Flußgebiet des Ganges um '/2v,>o, das des Mississippi um '/zsgo
und das des Rheines um ^"g" Fuß erniedrigen. Nehmen wir den Rhein


und hat eine Dicke von höchstens zweitausend Fuß. Ein Strom wie der Ganges
würde das ganze in ihr abgelagerte Material schon in etwa fünfzigtausend
Jahren ins Meer schaffen.

Die Mächtigkeit wie die horizontale Ausdehnung der mesozoischen Forma¬
tionen ist viel geringer als die der paläozoischen, und die chemischen Ablage¬
rungen nehmen gegenüber den mechanischen zu. Diese Thatsache zeigt uns, daß
die zerstörenden Wirkungen des Wassers, namentlich die mechanischen, schon
zur Zeit der ältesten Ablagerungen mit großer Energie vor sich gegangen sein
müssen, und was wir ans den Floren der verschiedenen Gesteinsformationen
hinsichtlich der klimatischen Verhältnisse erschließen können, nöthigt uns, ein viel
wärmeres und feuchteres Klima bis zu hohen Breiten hinauf anzunehmen.
Daraus folgt aber auch sofort eine größere Regenmenge, als wir sie heutzu¬
tage in jenen Gegenden antreffen, und dadurch wird die Ungleichheit der
Wirkung, welche wohl im Anfange wegen des wahrscheinlich viel geringeren
Umfangs der Continente im Vergleich mit jetzt bestand, einigermaßen ausge¬
glichen worden sein.

Thatsachen, welche uns veranlassen könnten, noch größere Zeiträume für
die Erdentwickelung anzunehmen, liegen nicht vor, und so müssen wir bis auf
Weiteres an den obigen Zahlen festhalten, also als mittlere Zeitdauer einer
geologischen Formation rund eine Million Jahre annehmen. Jedermann hat
das Recht, an der Zuverlässigkeit dieses Mittelwerths zu zweifeln, niemand aber
darf an Stelle desselben eine andere positive Angabe setzen, welche über das
angegebene Marunum oder uuter das Minimum geht, wofern er seine Angabe
nicht dnrch Hinweis auf berechenbare physikalische oder geologische Vorgänge
begründen kann.

Wir würden aber mit der Annahme größerer Zeiträume in bedenkliche
Widersprüche mit andern geologischen Thatsachen gerathen, welche uns zeigen,
daß unser obiger Mittelwerth für die Dauer einer Periode in der Erdgeschichte
wahrscheinlich über dem richtigen Mittel läge. Wir finden nämlich, wenn wir
die mechanische und chemische Thätigkeit des Wassers betrachten, daß dieselbe
da, wo wir sie genauer berechnen können, in einem bestimmten Verhältnisse
zur Regenmenge der Länder steht. Ein treues und zum Vergleichen wohl ge¬
eignetes Bild jeuer Thätigkeit und ihrer Wirkung erhalten wir, wenn wir uns
die festen von den Flüssen fortgeschwemmten Massen als gleichmäßig aus dem
ganzen Flußgebiete mitgenommen denken und nun berechnen, um wieviel in
diesem Falle das gesammte Flußgebiet jährlich abgetragen würde. Hier er¬
fahren wir Folgendes: Die in einem Jahre weggeführte mineralische Masse
würde das Flußgebiet des Ganges um '/2v,>o, das des Mississippi um '/zsgo
und das des Rheines um ^»g« Fuß erniedrigen. Nehmen wir den Rhein


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/14>, abgerufen am 28.09.2024.