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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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"Daselbst der König stets 2000 Soldaten, die Stadt zu bewahren, auf¬
enthält, denn dieselbe ist dein Könige in Frankreich als ein Pfand versetzet und
wollte der König von Castilien oder Hispania dieselbe wieder gerne zu sich
bringen, es will aber der König aus Frankreich ihme dieselbe umb die Pfaud-
sumina abzulösen nicht vergönnen. Es ist dieselbe Grafschaft Perpignan sonsten
ganz fruchtbar von Weine und allen andern Früchten."

Von Perpignan ritt der Reisende am 5. Februar aus und gelangte, nach¬
dem er mehrmals Quartier genommen, nach Toulouse. Dort erregten die
vielen Heiligthümer seine besondere Aufmerksamkeit. Unter anderen zeigte man
ihm ein Buch, die Offenbarung Johannis, "welches er mit seiner eigenen Hand
geschrieben soll haben, und ist dasselbe durchaus mit Golde geschrieben. Ich
glaube es aber nicht, daß es von Johannes selbst geschrieben ist, dieweil es
an vielen Orten falsch und unrecht geschrieben. Ich habe auch allda gesehen
das Horn des heiligen Rolandi bei dreier Spannen lang. In Unser lieben
Frauen Kirche zu Dolosa hab ich gesehen den Titul und Ueberschrift, die
Pilatus ans das Kreuz unseres Herren Christi schreiben lassen. Das ist ein
röthliches Bret, eben der Farben, wie man an den Stücken vom heiligen Krenz
siehet, ist auch vhugefär so lang "und breit als ein Vierten von einem Bogen
Papiere und ist die Schrift, als wäre sie mit einem Dolche geschrieben. Ich
konnte auch weder Griechische uoch Hebräische Bnchstaren allda sehen, sondern
enteilte lateinische, konnte auch darau kein Wort durch die Buchstaben zusammen
bringen noch lesen, jedoch ist es glaublich, daß dies ein Stück des Titulbrets
sei und ein Theil, darauf sie doch nur mit lateinischen Buchstaben gar ge¬
schrieben haben, damit man sagen möchte, sie hätten den ganzen Titul, ich
glaube aber, es sei nur ein Theil und Stück desselben Breef. Die Mönche in
der Kirchen sind Benediktinerordens. -- Dolosa ist wohl so groß wie Breslau,
aber sehr übel gebauet, denn ich auch kein schönes Haus darinnen gesehen, wie
man in ganz Frankreich denn selten köstlich erbaute Häuser findet, denn die¬
selben mehr zum Geiz denn zur Lust erbauet werden."

"Von Dolosa bis Zgen Angoulem ist fast gebürgicht Land, darumb muß
man immer einen Berg auf, deu andern absteigen, und wo man nur hinsieht,
ist eitel Gebürge und auf demselben Elch- und Kastanien-Wälder. Es lassen
sich auch in allen denselben Bergen, Wäldern und Thalen viel Schlösser und
Dörfer sehen und wird an vielen derer Orte und Stellen zwischen die Bänme
Getraide gesäet, also arbeitsam Volk hat es in erwähnten Dörfern. Für
etlichen Flecken und großen Dörfern findet man auch Weinberge gebauet
und gepflanzet bei einem Vierten einer Meilen lang. Eilf Meilen von An¬
goulem gen Chiza*) eine Stadt, dabei denn auch ein Schloß, allda selbsten



*) Wohl Chiz-n.

„Daselbst der König stets 2000 Soldaten, die Stadt zu bewahren, auf¬
enthält, denn dieselbe ist dein Könige in Frankreich als ein Pfand versetzet und
wollte der König von Castilien oder Hispania dieselbe wieder gerne zu sich
bringen, es will aber der König aus Frankreich ihme dieselbe umb die Pfaud-
sumina abzulösen nicht vergönnen. Es ist dieselbe Grafschaft Perpignan sonsten
ganz fruchtbar von Weine und allen andern Früchten."

Von Perpignan ritt der Reisende am 5. Februar aus und gelangte, nach¬
dem er mehrmals Quartier genommen, nach Toulouse. Dort erregten die
vielen Heiligthümer seine besondere Aufmerksamkeit. Unter anderen zeigte man
ihm ein Buch, die Offenbarung Johannis, „welches er mit seiner eigenen Hand
geschrieben soll haben, und ist dasselbe durchaus mit Golde geschrieben. Ich
glaube es aber nicht, daß es von Johannes selbst geschrieben ist, dieweil es
an vielen Orten falsch und unrecht geschrieben. Ich habe auch allda gesehen
das Horn des heiligen Rolandi bei dreier Spannen lang. In Unser lieben
Frauen Kirche zu Dolosa hab ich gesehen den Titul und Ueberschrift, die
Pilatus ans das Kreuz unseres Herren Christi schreiben lassen. Das ist ein
röthliches Bret, eben der Farben, wie man an den Stücken vom heiligen Krenz
siehet, ist auch vhugefär so lang „und breit als ein Vierten von einem Bogen
Papiere und ist die Schrift, als wäre sie mit einem Dolche geschrieben. Ich
konnte auch weder Griechische uoch Hebräische Bnchstaren allda sehen, sondern
enteilte lateinische, konnte auch darau kein Wort durch die Buchstaben zusammen
bringen noch lesen, jedoch ist es glaublich, daß dies ein Stück des Titulbrets
sei und ein Theil, darauf sie doch nur mit lateinischen Buchstaben gar ge¬
schrieben haben, damit man sagen möchte, sie hätten den ganzen Titul, ich
glaube aber, es sei nur ein Theil und Stück desselben Breef. Die Mönche in
der Kirchen sind Benediktinerordens. — Dolosa ist wohl so groß wie Breslau,
aber sehr übel gebauet, denn ich auch kein schönes Haus darinnen gesehen, wie
man in ganz Frankreich denn selten köstlich erbaute Häuser findet, denn die¬
selben mehr zum Geiz denn zur Lust erbauet werden."

„Von Dolosa bis Zgen Angoulem ist fast gebürgicht Land, darumb muß
man immer einen Berg auf, deu andern absteigen, und wo man nur hinsieht,
ist eitel Gebürge und auf demselben Elch- und Kastanien-Wälder. Es lassen
sich auch in allen denselben Bergen, Wäldern und Thalen viel Schlösser und
Dörfer sehen und wird an vielen derer Orte und Stellen zwischen die Bänme
Getraide gesäet, also arbeitsam Volk hat es in erwähnten Dörfern. Für
etlichen Flecken und großen Dörfern findet man auch Weinberge gebauet
und gepflanzet bei einem Vierten einer Meilen lang. Eilf Meilen von An¬
goulem gen Chiza*) eine Stadt, dabei denn auch ein Schloß, allda selbsten



*) Wohl Chiz-n.
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[0507] „Daselbst der König stets 2000 Soldaten, die Stadt zu bewahren, auf¬ enthält, denn dieselbe ist dein Könige in Frankreich als ein Pfand versetzet und wollte der König von Castilien oder Hispania dieselbe wieder gerne zu sich bringen, es will aber der König aus Frankreich ihme dieselbe umb die Pfaud- sumina abzulösen nicht vergönnen. Es ist dieselbe Grafschaft Perpignan sonsten ganz fruchtbar von Weine und allen andern Früchten." Von Perpignan ritt der Reisende am 5. Februar aus und gelangte, nach¬ dem er mehrmals Quartier genommen, nach Toulouse. Dort erregten die vielen Heiligthümer seine besondere Aufmerksamkeit. Unter anderen zeigte man ihm ein Buch, die Offenbarung Johannis, „welches er mit seiner eigenen Hand geschrieben soll haben, und ist dasselbe durchaus mit Golde geschrieben. Ich glaube es aber nicht, daß es von Johannes selbst geschrieben ist, dieweil es an vielen Orten falsch und unrecht geschrieben. Ich habe auch allda gesehen das Horn des heiligen Rolandi bei dreier Spannen lang. In Unser lieben Frauen Kirche zu Dolosa hab ich gesehen den Titul und Ueberschrift, die Pilatus ans das Kreuz unseres Herren Christi schreiben lassen. Das ist ein röthliches Bret, eben der Farben, wie man an den Stücken vom heiligen Krenz siehet, ist auch vhugefär so lang „und breit als ein Vierten von einem Bogen Papiere und ist die Schrift, als wäre sie mit einem Dolche geschrieben. Ich konnte auch weder Griechische uoch Hebräische Bnchstaren allda sehen, sondern enteilte lateinische, konnte auch darau kein Wort durch die Buchstaben zusammen bringen noch lesen, jedoch ist es glaublich, daß dies ein Stück des Titulbrets sei und ein Theil, darauf sie doch nur mit lateinischen Buchstaben gar ge¬ schrieben haben, damit man sagen möchte, sie hätten den ganzen Titul, ich glaube aber, es sei nur ein Theil und Stück desselben Breef. Die Mönche in der Kirchen sind Benediktinerordens. — Dolosa ist wohl so groß wie Breslau, aber sehr übel gebauet, denn ich auch kein schönes Haus darinnen gesehen, wie man in ganz Frankreich denn selten köstlich erbaute Häuser findet, denn die¬ selben mehr zum Geiz denn zur Lust erbauet werden." „Von Dolosa bis Zgen Angoulem ist fast gebürgicht Land, darumb muß man immer einen Berg auf, deu andern absteigen, und wo man nur hinsieht, ist eitel Gebürge und auf demselben Elch- und Kastanien-Wälder. Es lassen sich auch in allen denselben Bergen, Wäldern und Thalen viel Schlösser und Dörfer sehen und wird an vielen derer Orte und Stellen zwischen die Bänme Getraide gesäet, also arbeitsam Volk hat es in erwähnten Dörfern. Für etlichen Flecken und großen Dörfern findet man auch Weinberge gebauet und gepflanzet bei einem Vierten einer Meilen lang. Eilf Meilen von An¬ goulem gen Chiza*) eine Stadt, dabei denn auch ein Schloß, allda selbsten *) Wohl Chiz-n.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/507>, abgerufen am 22.07.2024.