Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Aeihnachtsöücherschau.

Der Ernst der wirtschaftlichen Lage der Gegenwart erklärt zur Genüge,
daß die Auswahl unter den sogenannten Prachtausgaben zum diesjährigen
Fest eine geringe ist. Man wird uns daher nicht verübeln, wenn wir hier
zunächst eines Werkes gedenken, welches in: vergangenen Jahre zu spät uns
zuging, um in unserer Weihnachtsbücherschau noch Erwähnung zu finden: "Wild
und Wald" von Eugen Krüger (Verlag von Otto Meißner in Hamburg).
Der durch seiue Aquarellen vom Kriegsschauplatz, seine "Malerischen Reiseziele"
u. a. Werke berühmte Künstler führt hier in zahlreichen Blättern größten For¬
mates und in ebenso treuen als lebensvollen Bildern das Wild der deutschen
Wälder, Seen und Flüsse in reichster landschaftlicher Umrahmung vor.
Obwohl die Farbe fast vollständig fehlt, ist die Wirkung dieser schönen Blätter
doch eine volle, in Folge der echt künstlerischen Vertheilnng von Licht
und Schatten, der Reinheit und Anmuth der Zeichnung. Einzelne Blätter, wie
z. B. die Schwarzwildfamilie bei Mondschein, wirken durch die Weichheit der
Lufttöne und entfernten Waldpartieen, wie dnrch die energischen Schlagschatten
des Vordergrundes ebenso lebhaft, wie ein Bild mit voller Farbengebung.
An Schönheit der Ansstcittnng wetteifert mit diesem Werke das durchaus eigen¬
artige sinnige Festgeschenk, das die Königliche Hofbuchhandlung von Alexander
Duncker in Berlin unter dem aparten Titel "Abseits vom Wege" bietet.
Es sind das größtentheils lyrische, zum Theil auch historisch-epische "Gedichte
eines Laien,,, mit neun Illustrationen von Paul Thumann geschmückt
Mancher Dichter mag an diesem Laien noch lernen können: vor allem das große
Geheimniß, das Niemand in Worte fassen, Jeder nur mit seiner Empfindung
errathen kann, durch Inhalt und Form der Dichtung den Leser mächtig zu
fesseln und zu ergreifen, mit der Naturgewalt echter Künstlerschaft Sinn und
Herz des Hörers und Lesers zu bezwingen. Niemand wird ungerührt die
Dichtungen des bescheidenen Unbekannten aus der Hand legen, niemand aber
auch ohne tiefen Eindruck vou deu schönen Zeichnungen Paul Thumcinn's
scheiden können, der, seitdem Albert Hendschel im Unmuth über die holländischen
Räuber seines künstlerischen Eigenthums mürrisch von weiteren Veröffentlichungen
sich fernhält, wohl unbestritten den ersten Rang uuter den deutschen Genre¬
zeichnern einnimmt, welche für Jllustrationswerke schaffen. In Betreff der
Ausstattung ist nur noch zu sagen, daß das Werk ans stärkstem Knpferdruck-
papier meisterhaft gedruckt ist. -- Vou Friedrich Bodenstedt's Album
deutscher Kunst und Dichtung" (Verlag von G. Grote, Berlin) ist eben die
vierte, umgearbeitete Auflage erschienen. In der Hauptsache ist das schöne


Aeihnachtsöücherschau.

Der Ernst der wirtschaftlichen Lage der Gegenwart erklärt zur Genüge,
daß die Auswahl unter den sogenannten Prachtausgaben zum diesjährigen
Fest eine geringe ist. Man wird uns daher nicht verübeln, wenn wir hier
zunächst eines Werkes gedenken, welches in: vergangenen Jahre zu spät uns
zuging, um in unserer Weihnachtsbücherschau noch Erwähnung zu finden: „Wild
und Wald" von Eugen Krüger (Verlag von Otto Meißner in Hamburg).
Der durch seiue Aquarellen vom Kriegsschauplatz, seine „Malerischen Reiseziele"
u. a. Werke berühmte Künstler führt hier in zahlreichen Blättern größten For¬
mates und in ebenso treuen als lebensvollen Bildern das Wild der deutschen
Wälder, Seen und Flüsse in reichster landschaftlicher Umrahmung vor.
Obwohl die Farbe fast vollständig fehlt, ist die Wirkung dieser schönen Blätter
doch eine volle, in Folge der echt künstlerischen Vertheilnng von Licht
und Schatten, der Reinheit und Anmuth der Zeichnung. Einzelne Blätter, wie
z. B. die Schwarzwildfamilie bei Mondschein, wirken durch die Weichheit der
Lufttöne und entfernten Waldpartieen, wie dnrch die energischen Schlagschatten
des Vordergrundes ebenso lebhaft, wie ein Bild mit voller Farbengebung.
An Schönheit der Ansstcittnng wetteifert mit diesem Werke das durchaus eigen¬
artige sinnige Festgeschenk, das die Königliche Hofbuchhandlung von Alexander
Duncker in Berlin unter dem aparten Titel „Abseits vom Wege" bietet.
Es sind das größtentheils lyrische, zum Theil auch historisch-epische „Gedichte
eines Laien,,, mit neun Illustrationen von Paul Thumann geschmückt
Mancher Dichter mag an diesem Laien noch lernen können: vor allem das große
Geheimniß, das Niemand in Worte fassen, Jeder nur mit seiner Empfindung
errathen kann, durch Inhalt und Form der Dichtung den Leser mächtig zu
fesseln und zu ergreifen, mit der Naturgewalt echter Künstlerschaft Sinn und
Herz des Hörers und Lesers zu bezwingen. Niemand wird ungerührt die
Dichtungen des bescheidenen Unbekannten aus der Hand legen, niemand aber
auch ohne tiefen Eindruck vou deu schönen Zeichnungen Paul Thumcinn's
scheiden können, der, seitdem Albert Hendschel im Unmuth über die holländischen
Räuber seines künstlerischen Eigenthums mürrisch von weiteren Veröffentlichungen
sich fernhält, wohl unbestritten den ersten Rang uuter den deutschen Genre¬
zeichnern einnimmt, welche für Jllustrationswerke schaffen. In Betreff der
Ausstattung ist nur noch zu sagen, daß das Werk ans stärkstem Knpferdruck-
papier meisterhaft gedruckt ist. — Vou Friedrich Bodenstedt's Album
deutscher Kunst und Dichtung" (Verlag von G. Grote, Berlin) ist eben die
vierte, umgearbeitete Auflage erschienen. In der Hauptsache ist das schöne


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139241"/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Aeihnachtsöücherschau.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1382" next="#ID_1383"> Der Ernst der wirtschaftlichen Lage der Gegenwart erklärt zur Genüge,<lb/>
daß die Auswahl unter den sogenannten Prachtausgaben zum diesjährigen<lb/>
Fest eine geringe ist. Man wird uns daher nicht verübeln, wenn wir hier<lb/>
zunächst eines Werkes gedenken, welches in: vergangenen Jahre zu spät uns<lb/>
zuging, um in unserer Weihnachtsbücherschau noch Erwähnung zu finden: &#x201E;Wild<lb/>
und Wald" von Eugen Krüger (Verlag von Otto Meißner in Hamburg).<lb/>
Der durch seiue Aquarellen vom Kriegsschauplatz, seine &#x201E;Malerischen Reiseziele"<lb/>
u. a. Werke berühmte Künstler führt hier in zahlreichen Blättern größten For¬<lb/>
mates und in ebenso treuen als lebensvollen Bildern das Wild der deutschen<lb/>
Wälder, Seen und Flüsse in reichster landschaftlicher Umrahmung vor.<lb/>
Obwohl die Farbe fast vollständig fehlt, ist die Wirkung dieser schönen Blätter<lb/>
doch eine volle, in Folge der echt künstlerischen Vertheilnng von Licht<lb/>
und Schatten, der Reinheit und Anmuth der Zeichnung. Einzelne Blätter, wie<lb/>
z. B. die Schwarzwildfamilie bei Mondschein, wirken durch die Weichheit der<lb/>
Lufttöne und entfernten Waldpartieen, wie dnrch die energischen Schlagschatten<lb/>
des Vordergrundes ebenso lebhaft, wie ein Bild mit voller Farbengebung.<lb/>
An Schönheit der Ansstcittnng wetteifert mit diesem Werke das durchaus eigen¬<lb/>
artige sinnige Festgeschenk, das die Königliche Hofbuchhandlung von Alexander<lb/>
Duncker in Berlin unter dem aparten Titel &#x201E;Abseits vom Wege" bietet.<lb/>
Es sind das größtentheils lyrische, zum Theil auch historisch-epische &#x201E;Gedichte<lb/>
eines Laien,,, mit neun Illustrationen von Paul Thumann geschmückt<lb/>
Mancher Dichter mag an diesem Laien noch lernen können: vor allem das große<lb/>
Geheimniß, das Niemand in Worte fassen, Jeder nur mit seiner Empfindung<lb/>
errathen kann, durch Inhalt und Form der Dichtung den Leser mächtig zu<lb/>
fesseln und zu ergreifen, mit der Naturgewalt echter Künstlerschaft Sinn und<lb/>
Herz des Hörers und Lesers zu bezwingen. Niemand wird ungerührt die<lb/>
Dichtungen des bescheidenen Unbekannten aus der Hand legen, niemand aber<lb/>
auch ohne tiefen Eindruck vou deu schönen Zeichnungen Paul Thumcinn's<lb/>
scheiden können, der, seitdem Albert Hendschel im Unmuth über die holländischen<lb/>
Räuber seines künstlerischen Eigenthums mürrisch von weiteren Veröffentlichungen<lb/>
sich fernhält, wohl unbestritten den ersten Rang uuter den deutschen Genre¬<lb/>
zeichnern einnimmt, welche für Jllustrationswerke schaffen. In Betreff der<lb/>
Ausstattung ist nur noch zu sagen, daß das Werk ans stärkstem Knpferdruck-<lb/>
papier meisterhaft gedruckt ist. &#x2014; Vou Friedrich Bodenstedt's Album<lb/>
deutscher Kunst und Dichtung" (Verlag von G. Grote, Berlin) ist eben die<lb/>
vierte, umgearbeitete Auflage erschienen. In der Hauptsache ist das schöne</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0482] Aeihnachtsöücherschau. Der Ernst der wirtschaftlichen Lage der Gegenwart erklärt zur Genüge, daß die Auswahl unter den sogenannten Prachtausgaben zum diesjährigen Fest eine geringe ist. Man wird uns daher nicht verübeln, wenn wir hier zunächst eines Werkes gedenken, welches in: vergangenen Jahre zu spät uns zuging, um in unserer Weihnachtsbücherschau noch Erwähnung zu finden: „Wild und Wald" von Eugen Krüger (Verlag von Otto Meißner in Hamburg). Der durch seiue Aquarellen vom Kriegsschauplatz, seine „Malerischen Reiseziele" u. a. Werke berühmte Künstler führt hier in zahlreichen Blättern größten For¬ mates und in ebenso treuen als lebensvollen Bildern das Wild der deutschen Wälder, Seen und Flüsse in reichster landschaftlicher Umrahmung vor. Obwohl die Farbe fast vollständig fehlt, ist die Wirkung dieser schönen Blätter doch eine volle, in Folge der echt künstlerischen Vertheilnng von Licht und Schatten, der Reinheit und Anmuth der Zeichnung. Einzelne Blätter, wie z. B. die Schwarzwildfamilie bei Mondschein, wirken durch die Weichheit der Lufttöne und entfernten Waldpartieen, wie dnrch die energischen Schlagschatten des Vordergrundes ebenso lebhaft, wie ein Bild mit voller Farbengebung. An Schönheit der Ansstcittnng wetteifert mit diesem Werke das durchaus eigen¬ artige sinnige Festgeschenk, das die Königliche Hofbuchhandlung von Alexander Duncker in Berlin unter dem aparten Titel „Abseits vom Wege" bietet. Es sind das größtentheils lyrische, zum Theil auch historisch-epische „Gedichte eines Laien,,, mit neun Illustrationen von Paul Thumann geschmückt Mancher Dichter mag an diesem Laien noch lernen können: vor allem das große Geheimniß, das Niemand in Worte fassen, Jeder nur mit seiner Empfindung errathen kann, durch Inhalt und Form der Dichtung den Leser mächtig zu fesseln und zu ergreifen, mit der Naturgewalt echter Künstlerschaft Sinn und Herz des Hörers und Lesers zu bezwingen. Niemand wird ungerührt die Dichtungen des bescheidenen Unbekannten aus der Hand legen, niemand aber auch ohne tiefen Eindruck vou deu schönen Zeichnungen Paul Thumcinn's scheiden können, der, seitdem Albert Hendschel im Unmuth über die holländischen Räuber seines künstlerischen Eigenthums mürrisch von weiteren Veröffentlichungen sich fernhält, wohl unbestritten den ersten Rang uuter den deutschen Genre¬ zeichnern einnimmt, welche für Jllustrationswerke schaffen. In Betreff der Ausstattung ist nur noch zu sagen, daß das Werk ans stärkstem Knpferdruck- papier meisterhaft gedruckt ist. — Vou Friedrich Bodenstedt's Album deutscher Kunst und Dichtung" (Verlag von G. Grote, Berlin) ist eben die vierte, umgearbeitete Auflage erschienen. In der Hauptsache ist das schöne

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/482
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/482>, abgerufen am 22.07.2024.