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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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aber tragen sie ihre Kleider voll dicke Falten, welche gar hoch, damit ihnen
das Hintertheil wie an einer Martinsgans nnr schön wichtig und groß scheine,
denn ich wahrlich keine größeren Hintertheile in aller Welt nie gesehen. Sind
gemeiniglich grobsinnig und unverständig eben wie die Männer, zu nichts
nicht geschickt, denn alleine zu großen: Geiz, denn sie darinnen Tag und Nacht
liegen, siud auch nicht so gütig als die Lombardischer oder Französischen
Weiber. Ihre Häuser sind so wohl nicht gebauet, gezieret und mit Hausrat
versehen, als der itztbemelten zwei Nationen."

"Der König von Portugal mit Namen Johannes ist einer mittelmäßigen
Statur und Größe, etwas länger denn ich, von dem habe ich erkannt, daß er
nnter allen den Seinen der weiseste und tugendhafteste ist, war zur selben
Zeit nicht über 29 Jahr alt, hatte einen jungen Erben ohngefähr 9 Jahr alt,
eines englischen Angesichts, der saß ihm allweg zur Seiten an seinein Tische."*)

"Der König als ein hochverständiger Herr lässet ihm begnügen, an vier
oder fünf Speisen an seiner Tafel, trinket alleine lauter Wasser, wie man es
ans dem Brunnen Schöpfet, weder mit Zucker, Spezerei noch anderem vermischet
oder zugericht, der Fürst aber, sein Sohn trinket Wein mit Wasser vermischet,
isset auch so viel Gericht und derselben Speise, die man dein Vater fürsetzt,
doch in besonderen Schüsseln. Der Diener, so dem Vater und Sohne zu
Tische dienen, sind gemein zehn, stehen nach der Ordnung vor dem Tische,
legen sich auch mit Händen und Leib ans den Tisch, welche Grobheit der König
als ein demüthiger Herr von ihnen leidet und duldet, auch sitzen bei sechs oder
acht Knaben unter dem Tisch zu des Königs Füßen, auch zwei neben dem
Könige zu jeder Seite einer, die wehren ihm mit seidenen Wedeln die Fliegen.
Unter dieselben theilet der König das erste Gericht von Obst oder Früchten,
welches er selbst nicht mag, auch denen unter dem Tische. Der König hat
auch kein Messer beim Tische in seinen Händen sondern beißt mit den Zähnen
oder bricht mit den Händen vom Brodte wie der König von Polen, wenn er
nicht Gäste hat, wie wohl man ihm ein Messer zu Handen legt. Doch braucht
des Königs von Portugal Sohn ein Messer zu Tische. Man dienet ihnen
aber beiden nach geringer Höfe Weise und schlechten Credenzen über Speis
und Trank."

"Es ist ein sonderlicher Brauch daselbst zu Hofe, daß man dem Könige
die Hände küsset. Da ich aber anfänglich zu Seiner Majestät kam, that ich
es nicht, denn ich wußte es auch nicht. Dies hatten mir viele Höflinge
vor arg und fing ein Doctor an derohalben mich zu strafen, ehe denn ich



') Ich lasse hier einen historisch-geographischen Exkurs des Ritter über die enropäischen
und afrikanischen Besitzungen weg, der, wissenschaftlich wohl nicht ohne Werth, mir für diese
Blätter doch nicht geeignet scheint.

aber tragen sie ihre Kleider voll dicke Falten, welche gar hoch, damit ihnen
das Hintertheil wie an einer Martinsgans nnr schön wichtig und groß scheine,
denn ich wahrlich keine größeren Hintertheile in aller Welt nie gesehen. Sind
gemeiniglich grobsinnig und unverständig eben wie die Männer, zu nichts
nicht geschickt, denn alleine zu großen: Geiz, denn sie darinnen Tag und Nacht
liegen, siud auch nicht so gütig als die Lombardischer oder Französischen
Weiber. Ihre Häuser sind so wohl nicht gebauet, gezieret und mit Hausrat
versehen, als der itztbemelten zwei Nationen."

„Der König von Portugal mit Namen Johannes ist einer mittelmäßigen
Statur und Größe, etwas länger denn ich, von dem habe ich erkannt, daß er
nnter allen den Seinen der weiseste und tugendhafteste ist, war zur selben
Zeit nicht über 29 Jahr alt, hatte einen jungen Erben ohngefähr 9 Jahr alt,
eines englischen Angesichts, der saß ihm allweg zur Seiten an seinein Tische."*)

„Der König als ein hochverständiger Herr lässet ihm begnügen, an vier
oder fünf Speisen an seiner Tafel, trinket alleine lauter Wasser, wie man es
ans dem Brunnen Schöpfet, weder mit Zucker, Spezerei noch anderem vermischet
oder zugericht, der Fürst aber, sein Sohn trinket Wein mit Wasser vermischet,
isset auch so viel Gericht und derselben Speise, die man dein Vater fürsetzt,
doch in besonderen Schüsseln. Der Diener, so dem Vater und Sohne zu
Tische dienen, sind gemein zehn, stehen nach der Ordnung vor dem Tische,
legen sich auch mit Händen und Leib ans den Tisch, welche Grobheit der König
als ein demüthiger Herr von ihnen leidet und duldet, auch sitzen bei sechs oder
acht Knaben unter dem Tisch zu des Königs Füßen, auch zwei neben dem
Könige zu jeder Seite einer, die wehren ihm mit seidenen Wedeln die Fliegen.
Unter dieselben theilet der König das erste Gericht von Obst oder Früchten,
welches er selbst nicht mag, auch denen unter dem Tische. Der König hat
auch kein Messer beim Tische in seinen Händen sondern beißt mit den Zähnen
oder bricht mit den Händen vom Brodte wie der König von Polen, wenn er
nicht Gäste hat, wie wohl man ihm ein Messer zu Handen legt. Doch braucht
des Königs von Portugal Sohn ein Messer zu Tische. Man dienet ihnen
aber beiden nach geringer Höfe Weise und schlechten Credenzen über Speis
und Trank."

„Es ist ein sonderlicher Brauch daselbst zu Hofe, daß man dem Könige
die Hände küsset. Da ich aber anfänglich zu Seiner Majestät kam, that ich
es nicht, denn ich wußte es auch nicht. Dies hatten mir viele Höflinge
vor arg und fing ein Doctor an derohalben mich zu strafen, ehe denn ich



') Ich lasse hier einen historisch-geographischen Exkurs des Ritter über die enropäischen
und afrikanischen Besitzungen weg, der, wissenschaftlich wohl nicht ohne Werth, mir für diese
Blätter doch nicht geeignet scheint.
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[0464] aber tragen sie ihre Kleider voll dicke Falten, welche gar hoch, damit ihnen das Hintertheil wie an einer Martinsgans nnr schön wichtig und groß scheine, denn ich wahrlich keine größeren Hintertheile in aller Welt nie gesehen. Sind gemeiniglich grobsinnig und unverständig eben wie die Männer, zu nichts nicht geschickt, denn alleine zu großen: Geiz, denn sie darinnen Tag und Nacht liegen, siud auch nicht so gütig als die Lombardischer oder Französischen Weiber. Ihre Häuser sind so wohl nicht gebauet, gezieret und mit Hausrat versehen, als der itztbemelten zwei Nationen." „Der König von Portugal mit Namen Johannes ist einer mittelmäßigen Statur und Größe, etwas länger denn ich, von dem habe ich erkannt, daß er nnter allen den Seinen der weiseste und tugendhafteste ist, war zur selben Zeit nicht über 29 Jahr alt, hatte einen jungen Erben ohngefähr 9 Jahr alt, eines englischen Angesichts, der saß ihm allweg zur Seiten an seinein Tische."*) „Der König als ein hochverständiger Herr lässet ihm begnügen, an vier oder fünf Speisen an seiner Tafel, trinket alleine lauter Wasser, wie man es ans dem Brunnen Schöpfet, weder mit Zucker, Spezerei noch anderem vermischet oder zugericht, der Fürst aber, sein Sohn trinket Wein mit Wasser vermischet, isset auch so viel Gericht und derselben Speise, die man dein Vater fürsetzt, doch in besonderen Schüsseln. Der Diener, so dem Vater und Sohne zu Tische dienen, sind gemein zehn, stehen nach der Ordnung vor dem Tische, legen sich auch mit Händen und Leib ans den Tisch, welche Grobheit der König als ein demüthiger Herr von ihnen leidet und duldet, auch sitzen bei sechs oder acht Knaben unter dem Tisch zu des Königs Füßen, auch zwei neben dem Könige zu jeder Seite einer, die wehren ihm mit seidenen Wedeln die Fliegen. Unter dieselben theilet der König das erste Gericht von Obst oder Früchten, welches er selbst nicht mag, auch denen unter dem Tische. Der König hat auch kein Messer beim Tische in seinen Händen sondern beißt mit den Zähnen oder bricht mit den Händen vom Brodte wie der König von Polen, wenn er nicht Gäste hat, wie wohl man ihm ein Messer zu Handen legt. Doch braucht des Königs von Portugal Sohn ein Messer zu Tische. Man dienet ihnen aber beiden nach geringer Höfe Weise und schlechten Credenzen über Speis und Trank." „Es ist ein sonderlicher Brauch daselbst zu Hofe, daß man dem Könige die Hände küsset. Da ich aber anfänglich zu Seiner Majestät kam, that ich es nicht, denn ich wußte es auch nicht. Dies hatten mir viele Höflinge vor arg und fing ein Doctor an derohalben mich zu strafen, ehe denn ich ') Ich lasse hier einen historisch-geographischen Exkurs des Ritter über die enropäischen und afrikanischen Besitzungen weg, der, wissenschaftlich wohl nicht ohne Werth, mir für diese Blätter doch nicht geeignet scheint.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/464>, abgerufen am 24.08.2024.