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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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"O, lieber Gott, joie einen großmüthigen Herren hab ich an dem König
erkannt. Bei acht oder mehr Tagen blieb ich allda, und war fast allemal bei
seinem Essen zu Hofe. Als ich aber den letzten Tag den König gesegnet,
sprach er zu mir: Dieweil ich fortzuziehen gesonnen wäre, wollte er meinen
vorgenommenen Weg nicht irren, wo ich aber nach Vollendung meiner Wander¬
schaft, so ich mir vorgenommen, im Rückwege zu Seiner Majestät einzukehren
Gefallen haben würde, sollt ich Seiner Majestät viel angenehmer sein, denn
itzo, wolle anch seine Gnade mir in allerwege widerfahren lassen, schenkte mir
ein golden Halsband, welches er einem Freien oder gebornen Herrn vom Halse
nahm und mir in eigner Person übergab." -- "Die Gesellschaft, so mir der
König schenkte, hielt im Golde dreizehn Unzen Londnisch Gewicht, that eine
Unze zwölf rheinische Gulden. Also nahm ich auch vou Fürsten, Herrn und
Räthen einen Urlaub. Da hieß mich erst der König eine Herberge miethen
und schickte mir hinein offne Briefe, daß ich, so oft ich zu Seiner Majestät
reisen wollte, frei sicher zu Wasser und Land wäre vor allen seinen Unter¬
thanen mit sammt den Meinen. Ich lud auch zuvor etliche des Königs Kammer-
Herrn ein, nebst etlichen von Adel; dabei ich Hatte des Königs Musiker, Schal-
meyen, Pfeifer und Lantenisten. Es schenkte mir auch der König noch 50
nobel, welche ich ihm wieder schickte und zu nehmen mich weigerte. Da ward
der König beweget, schickte wieder zu mir und drang mich dahin, daß ichs
nehmen mußte."

"Der König Reichardus ist des Geschlechts aus dem Lande Gloeester ge¬
nannt, ein geborener Fürst, dreier Finger länger, doch ein wenig schlenger (?)
und nicht so dick, als ich; auch gar viel dürrer, hat ganz subtile Arme und
Schenkel, auch eines großen Herzens.") Es sind auch Eduardus und Heinrich,
die vor ihm regieret haben, seine Brüder und eines Geblüts von beiden Aeltern
mit ihm gewesen, wie das gemeine Gerücht sagt. Der König Eduard aber
hat des Königs Reinharts Bruder in Malvasier ersünfen lassen, denn er hat
ihm nach dem Leben gestanden und ihn unterdrücken wollen, und die beide
sind des Königs Eduardi Brüder gewest und der König Reichardt, so itzund
regieret, hat auch des Königs Eduard, seines Bruders Söhne ertödtet, wie
man sagt, damit sie nicht, sondern er gekrönet würde. Doch sagen etliche, -
denen ich auch zufalle, -- sie leben noch und werden behalten in einem sehr
finstern Keller."

Unter einigen uninteressanter und werthlosen Ortsbeschreibungen über die



*) Die Personalbeschreibung paßt allerdings nicht zu den bekannten Nachrichten no'
die mißgestaltete Figur Richards; es mag da theils zu schwarz theils zu glänzend gcsckM
dert werden. Im Folgenden verwirrt der Ritter die verwandtschaftlichen Beziehungen ">
englischen Königshause etwas.

„O, lieber Gott, joie einen großmüthigen Herren hab ich an dem König
erkannt. Bei acht oder mehr Tagen blieb ich allda, und war fast allemal bei
seinem Essen zu Hofe. Als ich aber den letzten Tag den König gesegnet,
sprach er zu mir: Dieweil ich fortzuziehen gesonnen wäre, wollte er meinen
vorgenommenen Weg nicht irren, wo ich aber nach Vollendung meiner Wander¬
schaft, so ich mir vorgenommen, im Rückwege zu Seiner Majestät einzukehren
Gefallen haben würde, sollt ich Seiner Majestät viel angenehmer sein, denn
itzo, wolle anch seine Gnade mir in allerwege widerfahren lassen, schenkte mir
ein golden Halsband, welches er einem Freien oder gebornen Herrn vom Halse
nahm und mir in eigner Person übergab." — „Die Gesellschaft, so mir der
König schenkte, hielt im Golde dreizehn Unzen Londnisch Gewicht, that eine
Unze zwölf rheinische Gulden. Also nahm ich auch vou Fürsten, Herrn und
Räthen einen Urlaub. Da hieß mich erst der König eine Herberge miethen
und schickte mir hinein offne Briefe, daß ich, so oft ich zu Seiner Majestät
reisen wollte, frei sicher zu Wasser und Land wäre vor allen seinen Unter¬
thanen mit sammt den Meinen. Ich lud auch zuvor etliche des Königs Kammer-
Herrn ein, nebst etlichen von Adel; dabei ich Hatte des Königs Musiker, Schal-
meyen, Pfeifer und Lantenisten. Es schenkte mir auch der König noch 50
nobel, welche ich ihm wieder schickte und zu nehmen mich weigerte. Da ward
der König beweget, schickte wieder zu mir und drang mich dahin, daß ichs
nehmen mußte."

„Der König Reichardus ist des Geschlechts aus dem Lande Gloeester ge¬
nannt, ein geborener Fürst, dreier Finger länger, doch ein wenig schlenger (?)
und nicht so dick, als ich; auch gar viel dürrer, hat ganz subtile Arme und
Schenkel, auch eines großen Herzens.") Es sind auch Eduardus und Heinrich,
die vor ihm regieret haben, seine Brüder und eines Geblüts von beiden Aeltern
mit ihm gewesen, wie das gemeine Gerücht sagt. Der König Eduard aber
hat des Königs Reinharts Bruder in Malvasier ersünfen lassen, denn er hat
ihm nach dem Leben gestanden und ihn unterdrücken wollen, und die beide
sind des Königs Eduardi Brüder gewest und der König Reichardt, so itzund
regieret, hat auch des Königs Eduard, seines Bruders Söhne ertödtet, wie
man sagt, damit sie nicht, sondern er gekrönet würde. Doch sagen etliche, -
denen ich auch zufalle, — sie leben noch und werden behalten in einem sehr
finstern Keller."

Unter einigen uninteressanter und werthlosen Ortsbeschreibungen über die



*) Die Personalbeschreibung paßt allerdings nicht zu den bekannten Nachrichten no'
die mißgestaltete Figur Richards; es mag da theils zu schwarz theils zu glänzend gcsckM
dert werden. Im Folgenden verwirrt der Ritter die verwandtschaftlichen Beziehungen «>
englischen Königshause etwas.
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[0458] „O, lieber Gott, joie einen großmüthigen Herren hab ich an dem König erkannt. Bei acht oder mehr Tagen blieb ich allda, und war fast allemal bei seinem Essen zu Hofe. Als ich aber den letzten Tag den König gesegnet, sprach er zu mir: Dieweil ich fortzuziehen gesonnen wäre, wollte er meinen vorgenommenen Weg nicht irren, wo ich aber nach Vollendung meiner Wander¬ schaft, so ich mir vorgenommen, im Rückwege zu Seiner Majestät einzukehren Gefallen haben würde, sollt ich Seiner Majestät viel angenehmer sein, denn itzo, wolle anch seine Gnade mir in allerwege widerfahren lassen, schenkte mir ein golden Halsband, welches er einem Freien oder gebornen Herrn vom Halse nahm und mir in eigner Person übergab." — „Die Gesellschaft, so mir der König schenkte, hielt im Golde dreizehn Unzen Londnisch Gewicht, that eine Unze zwölf rheinische Gulden. Also nahm ich auch vou Fürsten, Herrn und Räthen einen Urlaub. Da hieß mich erst der König eine Herberge miethen und schickte mir hinein offne Briefe, daß ich, so oft ich zu Seiner Majestät reisen wollte, frei sicher zu Wasser und Land wäre vor allen seinen Unter¬ thanen mit sammt den Meinen. Ich lud auch zuvor etliche des Königs Kammer- Herrn ein, nebst etlichen von Adel; dabei ich Hatte des Königs Musiker, Schal- meyen, Pfeifer und Lantenisten. Es schenkte mir auch der König noch 50 nobel, welche ich ihm wieder schickte und zu nehmen mich weigerte. Da ward der König beweget, schickte wieder zu mir und drang mich dahin, daß ichs nehmen mußte." „Der König Reichardus ist des Geschlechts aus dem Lande Gloeester ge¬ nannt, ein geborener Fürst, dreier Finger länger, doch ein wenig schlenger (?) und nicht so dick, als ich; auch gar viel dürrer, hat ganz subtile Arme und Schenkel, auch eines großen Herzens.") Es sind auch Eduardus und Heinrich, die vor ihm regieret haben, seine Brüder und eines Geblüts von beiden Aeltern mit ihm gewesen, wie das gemeine Gerücht sagt. Der König Eduard aber hat des Königs Reinharts Bruder in Malvasier ersünfen lassen, denn er hat ihm nach dem Leben gestanden und ihn unterdrücken wollen, und die beide sind des Königs Eduardi Brüder gewest und der König Reichardt, so itzund regieret, hat auch des Königs Eduard, seines Bruders Söhne ertödtet, wie man sagt, damit sie nicht, sondern er gekrönet würde. Doch sagen etliche, - denen ich auch zufalle, — sie leben noch und werden behalten in einem sehr finstern Keller." Unter einigen uninteressanter und werthlosen Ortsbeschreibungen über die *) Die Personalbeschreibung paßt allerdings nicht zu den bekannten Nachrichten no' die mißgestaltete Figur Richards; es mag da theils zu schwarz theils zu glänzend gcsckM dert werden. Im Folgenden verwirrt der Ritter die verwandtschaftlichen Beziehungen «> englischen Königshause etwas.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/458>, abgerufen am 25.08.2024.