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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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welchem ich lateinisch redete. Des verwunderte sich der König wegen meiner
Wohlredsamkeit fast sehr. Ich stellete Seiner Majestät zu Kaiserlicher Majestät
Schreiben nebst des Herzogs in Burgundien, welches alles Commentationes
und Vefördernißbriefe waren."

"Als ich vom Könige ging, ließ er mich durch seiner Edelleute und Knm-
merherren einen in meine Herberge begleiten. Da folgte uns viel Volks nach
bis zum Hause, auch Frauen und Jungfrauen gingen heimlich mit der Wirthin
Erlaubniß, daß sie mich alleine anschauen möchten, in die Herberge. Des
andern Tages schickte der König einen Edelmann zu mir, daß ich in seine
Kirche gehen wollte. Da hörte ich die allerliebste Musika, als ich mein Leben
lang nie gehöret. Nach der Meß schickte der König zu mir den Herrn von
Bergen, Johannen: vom Zaume, welches in Brabant eine berühmte Handel¬
stadt.*) Der nahm mich bei der rechten Hand, als der König nach der Meß ans
der Kirche gehen wollte, und führete mich zunächst vor den König bis ins
Gemach oder Zelt, welches bei der Kirche aufgerichtet war. Da sahe ich des
Königs Bette von oben bis unten an mit rothem Sammet und einem goldnen
Stück anf einander gezieret, welches die Lombarder Altabaß nennen. Wie
denn auch Kaiserliche Majestät einen langen Tisch bei Sr. Majestät Bette
dermaßen gezieret hat, als war allda in des Königs Zelt auch ein Tisch rings
umher mit seidenen Tüchern und Gold darauf gestickt und durchzogen, neben
dem Bette gezieret und zugerichtet. Der König ging zu Tische und hatte
eine Gesellschaft**) von Golde, daran viel und dicke Perlen wohl als Erbsen
groß mit Diamanten unterspicket. Die Gesellschaft war wohl eines guten
Manneshand dicke, ging ihm über die Achseln der linken Seiten aufm Rucke"
bis Herfür unter den rechten Arm."

Bei der um folgenden Unterhaltung fragte der König unsern Ritter nach
den Türken: "Daraus antwortete ich dem Könige: daß Königliche Majestät in
Ungarn mit der Kaiserlichen Majestät zugeschickten Volke und Seiner Majestät
Erbländer mehr als zwölftausend Türken dem türkischen Kaiser niedergelegt
hatte, vor Martini im 1483. Jahre. Da der König dies anhörte, ward er
sehr erfreut und antwortete darauf: Ich wollte, daß dieses mein Königreich
und Land an der Stelle des Landes und Königreichs Hungarn, ja auch an
der türkischen Grenze gelegen wäre, so wollte ich gewißlich allein mit meinem
Bolle, ohne Zuthat anderer Könige, Fürsten und Herrn, nicht allein deu
Türken, sondern all meine Feinde und Widersacher leichtlich austreiben".***)





*) Vielleicht Bergen op Zoom.
) Qrdenszeichen.
*) Welchen Sieg über die Türken der Ritter meint, ist nicht klar. Jedenfalls nimmt
wohl den Mund etwas voll. --

welchem ich lateinisch redete. Des verwunderte sich der König wegen meiner
Wohlredsamkeit fast sehr. Ich stellete Seiner Majestät zu Kaiserlicher Majestät
Schreiben nebst des Herzogs in Burgundien, welches alles Commentationes
und Vefördernißbriefe waren."

„Als ich vom Könige ging, ließ er mich durch seiner Edelleute und Knm-
merherren einen in meine Herberge begleiten. Da folgte uns viel Volks nach
bis zum Hause, auch Frauen und Jungfrauen gingen heimlich mit der Wirthin
Erlaubniß, daß sie mich alleine anschauen möchten, in die Herberge. Des
andern Tages schickte der König einen Edelmann zu mir, daß ich in seine
Kirche gehen wollte. Da hörte ich die allerliebste Musika, als ich mein Leben
lang nie gehöret. Nach der Meß schickte der König zu mir den Herrn von
Bergen, Johannen: vom Zaume, welches in Brabant eine berühmte Handel¬
stadt.*) Der nahm mich bei der rechten Hand, als der König nach der Meß ans
der Kirche gehen wollte, und führete mich zunächst vor den König bis ins
Gemach oder Zelt, welches bei der Kirche aufgerichtet war. Da sahe ich des
Königs Bette von oben bis unten an mit rothem Sammet und einem goldnen
Stück anf einander gezieret, welches die Lombarder Altabaß nennen. Wie
denn auch Kaiserliche Majestät einen langen Tisch bei Sr. Majestät Bette
dermaßen gezieret hat, als war allda in des Königs Zelt auch ein Tisch rings
umher mit seidenen Tüchern und Gold darauf gestickt und durchzogen, neben
dem Bette gezieret und zugerichtet. Der König ging zu Tische und hatte
eine Gesellschaft**) von Golde, daran viel und dicke Perlen wohl als Erbsen
groß mit Diamanten unterspicket. Die Gesellschaft war wohl eines guten
Manneshand dicke, ging ihm über die Achseln der linken Seiten aufm Rucke»
bis Herfür unter den rechten Arm."

Bei der um folgenden Unterhaltung fragte der König unsern Ritter nach
den Türken: „Daraus antwortete ich dem Könige: daß Königliche Majestät in
Ungarn mit der Kaiserlichen Majestät zugeschickten Volke und Seiner Majestät
Erbländer mehr als zwölftausend Türken dem türkischen Kaiser niedergelegt
hatte, vor Martini im 1483. Jahre. Da der König dies anhörte, ward er
sehr erfreut und antwortete darauf: Ich wollte, daß dieses mein Königreich
und Land an der Stelle des Landes und Königreichs Hungarn, ja auch an
der türkischen Grenze gelegen wäre, so wollte ich gewißlich allein mit meinem
Bolle, ohne Zuthat anderer Könige, Fürsten und Herrn, nicht allein deu
Türken, sondern all meine Feinde und Widersacher leichtlich austreiben".***)





*) Vielleicht Bergen op Zoom.
) Qrdenszeichen.
*) Welchen Sieg über die Türken der Ritter meint, ist nicht klar. Jedenfalls nimmt
wohl den Mund etwas voll. —
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[0457] welchem ich lateinisch redete. Des verwunderte sich der König wegen meiner Wohlredsamkeit fast sehr. Ich stellete Seiner Majestät zu Kaiserlicher Majestät Schreiben nebst des Herzogs in Burgundien, welches alles Commentationes und Vefördernißbriefe waren." „Als ich vom Könige ging, ließ er mich durch seiner Edelleute und Knm- merherren einen in meine Herberge begleiten. Da folgte uns viel Volks nach bis zum Hause, auch Frauen und Jungfrauen gingen heimlich mit der Wirthin Erlaubniß, daß sie mich alleine anschauen möchten, in die Herberge. Des andern Tages schickte der König einen Edelmann zu mir, daß ich in seine Kirche gehen wollte. Da hörte ich die allerliebste Musika, als ich mein Leben lang nie gehöret. Nach der Meß schickte der König zu mir den Herrn von Bergen, Johannen: vom Zaume, welches in Brabant eine berühmte Handel¬ stadt.*) Der nahm mich bei der rechten Hand, als der König nach der Meß ans der Kirche gehen wollte, und führete mich zunächst vor den König bis ins Gemach oder Zelt, welches bei der Kirche aufgerichtet war. Da sahe ich des Königs Bette von oben bis unten an mit rothem Sammet und einem goldnen Stück anf einander gezieret, welches die Lombarder Altabaß nennen. Wie denn auch Kaiserliche Majestät einen langen Tisch bei Sr. Majestät Bette dermaßen gezieret hat, als war allda in des Königs Zelt auch ein Tisch rings umher mit seidenen Tüchern und Gold darauf gestickt und durchzogen, neben dem Bette gezieret und zugerichtet. Der König ging zu Tische und hatte eine Gesellschaft**) von Golde, daran viel und dicke Perlen wohl als Erbsen groß mit Diamanten unterspicket. Die Gesellschaft war wohl eines guten Manneshand dicke, ging ihm über die Achseln der linken Seiten aufm Rucke» bis Herfür unter den rechten Arm." Bei der um folgenden Unterhaltung fragte der König unsern Ritter nach den Türken: „Daraus antwortete ich dem Könige: daß Königliche Majestät in Ungarn mit der Kaiserlichen Majestät zugeschickten Volke und Seiner Majestät Erbländer mehr als zwölftausend Türken dem türkischen Kaiser niedergelegt hatte, vor Martini im 1483. Jahre. Da der König dies anhörte, ward er sehr erfreut und antwortete darauf: Ich wollte, daß dieses mein Königreich und Land an der Stelle des Landes und Königreichs Hungarn, ja auch an der türkischen Grenze gelegen wäre, so wollte ich gewißlich allein mit meinem Bolle, ohne Zuthat anderer Könige, Fürsten und Herrn, nicht allein deu Türken, sondern all meine Feinde und Widersacher leichtlich austreiben".***) *) Vielleicht Bergen op Zoom. ) Qrdenszeichen. *) Welchen Sieg über die Türken der Ritter meint, ist nicht klar. Jedenfalls nimmt wohl den Mund etwas voll. —

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/457>, abgerufen am 25.08.2024.