Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Tüchtigkeit muß jeder Verständige anerkennen. Wer der Gesellschaft mehr
leistet, soll mehr von ihr empfangen, soll besser von ihr unterhalten und mehr
geehrt sein, soll herrschen" --, so wird ihm jeder Verständige beistimmen, aber
freilich den Sozialismus, wie ihn unsere Sozialdemokratie versteht, begründet,
ergründet und erforscht er damit so wenig, daß er ihn vielmehr xur se sirnxlo
todtschlägt.

An diesen kurzen Bemerkungen über die neuen Zeitschriften sei es für diesmal
genug. Es liegen von der "Zukunft" erst fünf, von der "Neuen Gesellschaft"
erst zwei Hefte vor, und es wäre unbillig, auf noch so spärliches Material
hin schon ein irgend abschließendes Urtheil zu fallen.


Franz Mehring.


An den westeuropäischen Kösen 1483 bis 1486.
Eine Reisebeschreibung.
II.
2. In England.

Am Montag nach Palmarum**) schiffte sich unser
Ritter nach England ein, ging, dort angekommen, zu Fuß bis Canterbury und
weiter uach London, wo er am Charfreitag ankam. Dort traf er einen Lands¬
mann, "einen Edelmann, ein Schenk mit Namen, welcher der Rechten Doktor
oder Licentiatus war, ein Schlesinger." Dieser führte ihn ein "in der Kauf¬
leute Haus, welches mau die Mannschaft nennet." Acht Tage nach Ostern
verließ er London um zum Könige zu reisen. Doktor von Schenk hatte ihm
zum Abschied einen silbernen Ring verehrt und ein Kaufmann aus Danzig,
Peter Eckstedt, einen goldenen, "welcher von der Kraft und Tugend, daß wer
ihn an der Hand trägt, an dem kann die fallende Krankheit nicht Macht haben."
-- Dieser Zauber stamme von dem heiligen König Eduard her, der Johannes
dem Täufer besondere Verehrung gewidmet und einst einem Bettler einen gol¬
denen Ring geschenkt habe. Diesen Ring brachte dann Johannes der Täufer
auf hoher See Engländern, die nach dem heiligen Grabe pilgerten mit der
Erklärung, daß derselbe die angedeutete Wunderkraft besitze. "Derhalben"
wie Popplau erzählt -- "auch alle Könige in Engelland den Gebrauch haben,
daß sie jährlich am Charfreitag unter der Messen große Schüsseln oder Becken




*) Folgende Druckfehler im ersten Theile dieser Reisebeschreibung (voriges Heft der
Grcnzvvten) sind zu berichtigen! Seite 422 Zeile 12 von unten lies "ehelichen" statt "ehr^
liehen"; S. 424 Z. 20 v. o. "fühlte" statt "fülle"; ebenda Z. 4 v. u. "Bcckensloer" statt
"Vcckeuloer"; S. 426 Z. 17 v. u. hinter "Walther" fehlt "")"; ebenda Z. 7 v. u. l. )
statt "")".
**
) 12. April 1484.

Tüchtigkeit muß jeder Verständige anerkennen. Wer der Gesellschaft mehr
leistet, soll mehr von ihr empfangen, soll besser von ihr unterhalten und mehr
geehrt sein, soll herrschen" —, so wird ihm jeder Verständige beistimmen, aber
freilich den Sozialismus, wie ihn unsere Sozialdemokratie versteht, begründet,
ergründet und erforscht er damit so wenig, daß er ihn vielmehr xur se sirnxlo
todtschlägt.

An diesen kurzen Bemerkungen über die neuen Zeitschriften sei es für diesmal
genug. Es liegen von der „Zukunft" erst fünf, von der „Neuen Gesellschaft"
erst zwei Hefte vor, und es wäre unbillig, auf noch so spärliches Material
hin schon ein irgend abschließendes Urtheil zu fallen.


Franz Mehring.


An den westeuropäischen Kösen 1483 bis 1486.
Eine Reisebeschreibung.
II.
2. In England.

Am Montag nach Palmarum**) schiffte sich unser
Ritter nach England ein, ging, dort angekommen, zu Fuß bis Canterbury und
weiter uach London, wo er am Charfreitag ankam. Dort traf er einen Lands¬
mann, „einen Edelmann, ein Schenk mit Namen, welcher der Rechten Doktor
oder Licentiatus war, ein Schlesinger." Dieser führte ihn ein „in der Kauf¬
leute Haus, welches mau die Mannschaft nennet." Acht Tage nach Ostern
verließ er London um zum Könige zu reisen. Doktor von Schenk hatte ihm
zum Abschied einen silbernen Ring verehrt und ein Kaufmann aus Danzig,
Peter Eckstedt, einen goldenen, „welcher von der Kraft und Tugend, daß wer
ihn an der Hand trägt, an dem kann die fallende Krankheit nicht Macht haben."
— Dieser Zauber stamme von dem heiligen König Eduard her, der Johannes
dem Täufer besondere Verehrung gewidmet und einst einem Bettler einen gol¬
denen Ring geschenkt habe. Diesen Ring brachte dann Johannes der Täufer
auf hoher See Engländern, die nach dem heiligen Grabe pilgerten mit der
Erklärung, daß derselbe die angedeutete Wunderkraft besitze. „Derhalben"
wie Popplau erzählt — „auch alle Könige in Engelland den Gebrauch haben,
daß sie jährlich am Charfreitag unter der Messen große Schüsseln oder Becken




*) Folgende Druckfehler im ersten Theile dieser Reisebeschreibung (voriges Heft der
Grcnzvvten) sind zu berichtigen! Seite 422 Zeile 12 von unten lies „ehelichen" statt „ehr^
liehen"; S. 424 Z. 20 v. o. „fühlte" statt „fülle"; ebenda Z. 4 v. u. „Bcckensloer" statt
„Vcckeuloer"; S. 426 Z. 17 v. u. hinter „Walther" fehlt „»)"; ebenda Z. 7 v. u. l. )
statt „»)".
**
) 12. April 1484.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0454" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139213"/>
          <p xml:id="ID_1310" prev="#ID_1309"> Tüchtigkeit muß jeder Verständige anerkennen. Wer der Gesellschaft mehr<lb/>
leistet, soll mehr von ihr empfangen, soll besser von ihr unterhalten und mehr<lb/>
geehrt sein, soll herrschen" &#x2014;, so wird ihm jeder Verständige beistimmen, aber<lb/>
freilich den Sozialismus, wie ihn unsere Sozialdemokratie versteht, begründet,<lb/>
ergründet und erforscht er damit so wenig, daß er ihn vielmehr xur se sirnxlo<lb/>
todtschlägt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1311"> An diesen kurzen Bemerkungen über die neuen Zeitschriften sei es für diesmal<lb/>
genug. Es liegen von der &#x201E;Zukunft" erst fünf, von der &#x201E;Neuen Gesellschaft"<lb/>
erst zwei Hefte vor, und es wäre unbillig, auf noch so spärliches Material<lb/>
hin schon ein irgend abschließendes Urtheil zu fallen.</p><lb/>
          <note type="byline"> Franz Mehring.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> An den westeuropäischen Kösen 1483 bis 1486.<lb/>
Eine Reisebeschreibung.<lb/>
II. </head><lb/>
          <div n="2">
            <head> 2. In England.</head>
            <p xml:id="ID_1312" next="#ID_1313"> Am Montag nach Palmarum**) schiffte sich unser<lb/>
Ritter nach England ein, ging, dort angekommen, zu Fuß bis Canterbury und<lb/>
weiter uach London, wo er am Charfreitag ankam. Dort traf er einen Lands¬<lb/>
mann, &#x201E;einen Edelmann, ein Schenk mit Namen, welcher der Rechten Doktor<lb/>
oder Licentiatus war, ein Schlesinger." Dieser führte ihn ein &#x201E;in der Kauf¬<lb/>
leute Haus, welches mau die Mannschaft nennet." Acht Tage nach Ostern<lb/>
verließ er London um zum Könige zu reisen. Doktor von Schenk hatte ihm<lb/>
zum Abschied einen silbernen Ring verehrt und ein Kaufmann aus Danzig,<lb/>
Peter Eckstedt, einen goldenen, &#x201E;welcher von der Kraft und Tugend, daß wer<lb/>
ihn an der Hand trägt, an dem kann die fallende Krankheit nicht Macht haben."<lb/>
&#x2014; Dieser Zauber stamme von dem heiligen König Eduard her, der Johannes<lb/>
dem Täufer besondere Verehrung gewidmet und einst einem Bettler einen gol¬<lb/>
denen Ring geschenkt habe. Diesen Ring brachte dann Johannes der Täufer<lb/>
auf hoher See Engländern, die nach dem heiligen Grabe pilgerten mit der<lb/>
Erklärung, daß derselbe die angedeutete Wunderkraft besitze. &#x201E;Derhalben"<lb/>
wie Popplau erzählt &#x2014; &#x201E;auch alle Könige in Engelland den Gebrauch haben,<lb/>
daß sie jährlich am Charfreitag unter der Messen große Schüsseln oder Becken</p><lb/>
            <note xml:id="FID_53" place="foot"> *) Folgende Druckfehler im ersten Theile dieser Reisebeschreibung (voriges Heft der<lb/>
Grcnzvvten) sind zu berichtigen! Seite 422 Zeile 12 von unten lies &#x201E;ehelichen" statt &#x201E;ehr^<lb/>
liehen"; S. 424 Z. 20 v. o. &#x201E;fühlte" statt &#x201E;fülle"; ebenda Z. 4 v. u. &#x201E;Bcckensloer" statt<lb/>
&#x201E;Vcckeuloer"; S. 426 Z. 17 v. u. hinter &#x201E;Walther" fehlt &#x201E;»)"; ebenda Z. 7 v. u. l. )<lb/>
statt &#x201E;»)".<lb/>
**</note><lb/>
            <note xml:id="FID_54" place="foot"> ) 12. April 1484.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0454] Tüchtigkeit muß jeder Verständige anerkennen. Wer der Gesellschaft mehr leistet, soll mehr von ihr empfangen, soll besser von ihr unterhalten und mehr geehrt sein, soll herrschen" —, so wird ihm jeder Verständige beistimmen, aber freilich den Sozialismus, wie ihn unsere Sozialdemokratie versteht, begründet, ergründet und erforscht er damit so wenig, daß er ihn vielmehr xur se sirnxlo todtschlägt. An diesen kurzen Bemerkungen über die neuen Zeitschriften sei es für diesmal genug. Es liegen von der „Zukunft" erst fünf, von der „Neuen Gesellschaft" erst zwei Hefte vor, und es wäre unbillig, auf noch so spärliches Material hin schon ein irgend abschließendes Urtheil zu fallen. Franz Mehring. An den westeuropäischen Kösen 1483 bis 1486. Eine Reisebeschreibung. II. 2. In England. Am Montag nach Palmarum**) schiffte sich unser Ritter nach England ein, ging, dort angekommen, zu Fuß bis Canterbury und weiter uach London, wo er am Charfreitag ankam. Dort traf er einen Lands¬ mann, „einen Edelmann, ein Schenk mit Namen, welcher der Rechten Doktor oder Licentiatus war, ein Schlesinger." Dieser führte ihn ein „in der Kauf¬ leute Haus, welches mau die Mannschaft nennet." Acht Tage nach Ostern verließ er London um zum Könige zu reisen. Doktor von Schenk hatte ihm zum Abschied einen silbernen Ring verehrt und ein Kaufmann aus Danzig, Peter Eckstedt, einen goldenen, „welcher von der Kraft und Tugend, daß wer ihn an der Hand trägt, an dem kann die fallende Krankheit nicht Macht haben." — Dieser Zauber stamme von dem heiligen König Eduard her, der Johannes dem Täufer besondere Verehrung gewidmet und einst einem Bettler einen gol¬ denen Ring geschenkt habe. Diesen Ring brachte dann Johannes der Täufer auf hoher See Engländern, die nach dem heiligen Grabe pilgerten mit der Erklärung, daß derselbe die angedeutete Wunderkraft besitze. „Derhalben" wie Popplau erzählt — „auch alle Könige in Engelland den Gebrauch haben, daß sie jährlich am Charfreitag unter der Messen große Schüsseln oder Becken *) Folgende Druckfehler im ersten Theile dieser Reisebeschreibung (voriges Heft der Grcnzvvten) sind zu berichtigen! Seite 422 Zeile 12 von unten lies „ehelichen" statt „ehr^ liehen"; S. 424 Z. 20 v. o. „fühlte" statt „fülle"; ebenda Z. 4 v. u. „Bcckensloer" statt „Vcckeuloer"; S. 426 Z. 17 v. u. hinter „Walther" fehlt „»)"; ebenda Z. 7 v. u. l. ) statt „»)". ** ) 12. April 1484.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/454
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/454>, abgerufen am 25.08.2024.