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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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nigau derhalben schickt ich ein Schreiben ein Ihr Fürstliche Gnaden zu ent¬
bieten, ich sollte mich ehestens gen Fallentz*) verfügen, welches ich vollbracht.
Da empfing mich der Fürst und nahm mich ganz freundlich an, ließ mir dnrch
seine Ritterschaft anzeigen, ich sollte in lateinischer Sprache vor ihm reden
wegen der Franzosen, welches geschah. Darauf kam zu mir ein Doktor vou
des Fürsten Räthen, von Geburt ein Franzose. mit Namen Rochefort sammt
etlichen französischen Herren, welche mit mir von vielen und mancherlei höflichen
Sachen handelten, und unter andern sagte der Doktor: Er hätte vermeinet, es
wäre ein strenger Ritter und Herr an ihren Hof kommen, so befinde er aus
meiner Rede vielmehr einen Doktor und Gelehrten, denn er an der That, da¬
von er doch keinen Zweifel trüge, noch keinen Ritter Hütte spüren können.
Darnach zog der Fürst gen Brüg,**) dem sagten sie zu, sie wollten ihn ein¬
lassen, und hieltens nicht, also ließ mir Ihr fürstliche Gnade ansagen, ich solle
indessen in Fallentz warten, und mit dein langen Spieß mich rüsten, damit
wollte mich Seine Fürstliche Gnade auf Fastnacht kurzweilen sehen. Dem that
ich also. Der Fürst kam aber nicht, also hielt ich mich allda bei vierzehn
Tagen fast im Elend auf, denn ich die Sprache nicht konnte, hatte auch keinen
Bekannten, da nun der Fürst kam in der Fasten, schickte er mir einen Boten,
d"ß ich gen Mecheln zu ihm käme, mit welchem Boten ich nicht ohne geringe
Unkvst, welche ich dazumal vou mir selbst that, zog. Als ich nun dahin
kommen, war es dem Fürsten sehr angenehm, begehret bald mich mit dem
laugen Spieß fertig zu machen und sehen zu lassen. Welches ich denn auch
wor einer großen Menge Volkes, edel und unedel, vollbracht, ich that auch
"och eines dem Fürsten zu gefallen, das zuvor vou mir nie gesehen worden
war, "ahn den langen Spieß mit dem Kerbeisen und warf ihn herum, daß
die Spitze stund hart am Hinterbacken, dessen sie sich alle über die Maß sehr
verwunderten. Darnach wollte der Fürst selbst mit mir stechen, welches er
Suvor nie geliebt, ward ihm aber widerrathen. Dieweil er aber Niemand
hatte, weil er stechen wollt, der ihn verwahret"-, rieth man ihm, er sollte mich
dazu brauchen, damit ihm keine Gefahr daraus entstehen möchte. Welches ich
denn auch treulich verrichtet. Verlieh ihm auch von meinem eigenen Täschlein,
die ich ihm nachmalen verehrete, damit er ohne Gefahr stechen möchte, und
stach also mit Herrn Wolff von Polheim***), fielen alle beide, doch fiel der Fürst





^) Wohl Valenciennes.
) Brügge.
Es , ^ besonders treuer Gefährte Maximilians, geboren 1468 und gestorben I S12.
^ - Vstirt ein Verzeichnis; der Reimen und Ritterspielc, "welche Kaiser Maximilian I. in
ne^"^ P^'son mit,fterrn Wolfgang, Freiherrn von Polhaimb gehalten hat", Hoheneck Ge-
°-uoglc der Stände des Erzherzogthnms Oesterreich ob der Ens, II. S> 132 ff.

nigau derhalben schickt ich ein Schreiben ein Ihr Fürstliche Gnaden zu ent¬
bieten, ich sollte mich ehestens gen Fallentz*) verfügen, welches ich vollbracht.
Da empfing mich der Fürst und nahm mich ganz freundlich an, ließ mir dnrch
seine Ritterschaft anzeigen, ich sollte in lateinischer Sprache vor ihm reden
wegen der Franzosen, welches geschah. Darauf kam zu mir ein Doktor vou
des Fürsten Räthen, von Geburt ein Franzose. mit Namen Rochefort sammt
etlichen französischen Herren, welche mit mir von vielen und mancherlei höflichen
Sachen handelten, und unter andern sagte der Doktor: Er hätte vermeinet, es
wäre ein strenger Ritter und Herr an ihren Hof kommen, so befinde er aus
meiner Rede vielmehr einen Doktor und Gelehrten, denn er an der That, da¬
von er doch keinen Zweifel trüge, noch keinen Ritter Hütte spüren können.
Darnach zog der Fürst gen Brüg,**) dem sagten sie zu, sie wollten ihn ein¬
lassen, und hieltens nicht, also ließ mir Ihr fürstliche Gnade ansagen, ich solle
indessen in Fallentz warten, und mit dein langen Spieß mich rüsten, damit
wollte mich Seine Fürstliche Gnade auf Fastnacht kurzweilen sehen. Dem that
ich also. Der Fürst kam aber nicht, also hielt ich mich allda bei vierzehn
Tagen fast im Elend auf, denn ich die Sprache nicht konnte, hatte auch keinen
Bekannten, da nun der Fürst kam in der Fasten, schickte er mir einen Boten,
d"ß ich gen Mecheln zu ihm käme, mit welchem Boten ich nicht ohne geringe
Unkvst, welche ich dazumal vou mir selbst that, zog. Als ich nun dahin
kommen, war es dem Fürsten sehr angenehm, begehret bald mich mit dem
laugen Spieß fertig zu machen und sehen zu lassen. Welches ich denn auch
wor einer großen Menge Volkes, edel und unedel, vollbracht, ich that auch
"och eines dem Fürsten zu gefallen, das zuvor vou mir nie gesehen worden
war, „ahn den langen Spieß mit dem Kerbeisen und warf ihn herum, daß
die Spitze stund hart am Hinterbacken, dessen sie sich alle über die Maß sehr
verwunderten. Darnach wollte der Fürst selbst mit mir stechen, welches er
Suvor nie geliebt, ward ihm aber widerrathen. Dieweil er aber Niemand
hatte, weil er stechen wollt, der ihn verwahret«-, rieth man ihm, er sollte mich
dazu brauchen, damit ihm keine Gefahr daraus entstehen möchte. Welches ich
denn auch treulich verrichtet. Verlieh ihm auch von meinem eigenen Täschlein,
die ich ihm nachmalen verehrete, damit er ohne Gefahr stechen möchte, und
stach also mit Herrn Wolff von Polheim***), fielen alle beide, doch fiel der Fürst





^) Wohl Valenciennes.
) Brügge.
Es , ^ besonders treuer Gefährte Maximilians, geboren 1468 und gestorben I S12.
^ - Vstirt ein Verzeichnis; der Reimen und Ritterspielc, „welche Kaiser Maximilian I. in
ne^"^ P^'son mit,fterrn Wolfgang, Freiherrn von Polhaimb gehalten hat", Hoheneck Ge-
°-uoglc der Stände des Erzherzogthnms Oesterreich ob der Ens, II. S> 132 ff.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/433>, abgerufen am 25.08.2024.