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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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jüngere und leider recht verderbte Abschrift, Bearbeitung oder Uebersetzung
der wohl bereits in: Jahre 1486 vollendeten Arbeit. Der Ritter erzählt seine
in den Jahren 1483 bis 1480 an die westeuropäischen Höfe unternommene
Reise selbst und die Form in der unsere Handschrift die Erzählung enthält,
weicht in der ganzen Schreibweise so wesentlich von dem Deutsch vor der
Reformation ab, daß selbst mit der Absicht moderner Orthographie der Ab¬
schreiber eines alten deutschen Textes mehr von dein ursprünglichen Ausdruck
und Satzbau herübergenommen hätte. Mir ist es deshalb nicht unwahrschein¬
lich, daß das Original lateinisch geschrieben war, und wir also in der Handschrift
nur eine Übersetzung besitze". Freilich auf einzelne latinisirende Wendungen
ist nicht viel Gewicht zu legen, sie kamen damals im Stil der Gelehrten häufig
vor. auch daß von einem Historiker aus dem Anfang des XVIII. Jahrhunderts,
der wie es scheint das Original noch kannte, dieses mit lateinischen Namen
"Wnerarium?osMimum in unmnserivw" genannt wird, will für den Beweis
der lateinischen Abfassung nicht viel sagen, vielmehr scheint mir die von den:
Reisenden selbst wiederholt betonte Gewandtheit in der lateinischen Sprache, in
der er selbst den Geistlichen und Doktores weit überlegen ist, dafür zu sprechen.
Doch außer immerhin wagen Vermuthungen sind Resultate hierüber wohl vor-
läufig nicht zu erreichen; der Leser wird durch die in Folgendem gegebene Mit¬
theilung selbst die entsprechenden Betrachtungen anstellen können.

Der erwähnte Historiker des vorigen Jahrhunderts, Sinapius in seinen
1720 erschienene,: Schlesischen Kuriositäten, Band I. Seite 718, giebt die älteste
ausführliche Nachricht von unserm Ritter und seinem Buche. Er sagt gelegentlich
der Aufzählung der schlesischen Adelsgeschlechter: "Kaspar von Poppelan auf
Nimkau im Breslauischen. Dessen Sohn war der vortreffliche Ritter Niloi von
Poppelau, welcher nicht allein wegen seiner ungewöhnlichen Leibesstärke sondern
"'>es großen Beredsamkeit, Kunst und Weisheit weit berühmt und viel Königen
und Fürsten angenehm gewesen, wie denn noch Kaiser Friedrich III. sichere
Geleitsbriefe ingleichen ein Büchlein von seinen Reisen und mächtigen Helden¬
thaten vorhanden. Er trat seine erste dreijährige Reise vom Kaiserlichen Hofe
zu Wien an mit 5 Rossen und so viel Gesinde im Jahre 1483 am Abend
MMo^yrng U-u-las, kam 1486 wieder nach Breslau, reisete aber soäsw auro
w Michaelis als ein orientalischer Walfahrer ins gelobte Land und so weiter,
starb nach viel ausgestandenen Ungemach zu Alexandria in Aegypten 1489,
nachdem er seinen Bruder Kasparum zum einigen Erben aller seiner Dörfer
und Güter verlassen. Dieses Kaspari Söhne und Nachkommen haben das
Schloß Nimkau sambt zugehörigen Dörffern erblich besessen, solche aber übler
Wirthschaft wegen nicht behaupten können, und sind hernach alle mit Abgang
des Geschlechts gestorben."


jüngere und leider recht verderbte Abschrift, Bearbeitung oder Uebersetzung
der wohl bereits in: Jahre 1486 vollendeten Arbeit. Der Ritter erzählt seine
in den Jahren 1483 bis 1480 an die westeuropäischen Höfe unternommene
Reise selbst und die Form in der unsere Handschrift die Erzählung enthält,
weicht in der ganzen Schreibweise so wesentlich von dem Deutsch vor der
Reformation ab, daß selbst mit der Absicht moderner Orthographie der Ab¬
schreiber eines alten deutschen Textes mehr von dein ursprünglichen Ausdruck
und Satzbau herübergenommen hätte. Mir ist es deshalb nicht unwahrschein¬
lich, daß das Original lateinisch geschrieben war, und wir also in der Handschrift
nur eine Übersetzung besitze«. Freilich auf einzelne latinisirende Wendungen
ist nicht viel Gewicht zu legen, sie kamen damals im Stil der Gelehrten häufig
vor. auch daß von einem Historiker aus dem Anfang des XVIII. Jahrhunderts,
der wie es scheint das Original noch kannte, dieses mit lateinischen Namen
"Wnerarium?osMimum in unmnserivw" genannt wird, will für den Beweis
der lateinischen Abfassung nicht viel sagen, vielmehr scheint mir die von den:
Reisenden selbst wiederholt betonte Gewandtheit in der lateinischen Sprache, in
der er selbst den Geistlichen und Doktores weit überlegen ist, dafür zu sprechen.
Doch außer immerhin wagen Vermuthungen sind Resultate hierüber wohl vor-
läufig nicht zu erreichen; der Leser wird durch die in Folgendem gegebene Mit¬
theilung selbst die entsprechenden Betrachtungen anstellen können.

Der erwähnte Historiker des vorigen Jahrhunderts, Sinapius in seinen
1720 erschienene,: Schlesischen Kuriositäten, Band I. Seite 718, giebt die älteste
ausführliche Nachricht von unserm Ritter und seinem Buche. Er sagt gelegentlich
der Aufzählung der schlesischen Adelsgeschlechter: „Kaspar von Poppelan auf
Nimkau im Breslauischen. Dessen Sohn war der vortreffliche Ritter Niloi von
Poppelau, welcher nicht allein wegen seiner ungewöhnlichen Leibesstärke sondern
"'>es großen Beredsamkeit, Kunst und Weisheit weit berühmt und viel Königen
und Fürsten angenehm gewesen, wie denn noch Kaiser Friedrich III. sichere
Geleitsbriefe ingleichen ein Büchlein von seinen Reisen und mächtigen Helden¬
thaten vorhanden. Er trat seine erste dreijährige Reise vom Kaiserlichen Hofe
zu Wien an mit 5 Rossen und so viel Gesinde im Jahre 1483 am Abend
MMo^yrng U-u-las, kam 1486 wieder nach Breslau, reisete aber soäsw auro
w Michaelis als ein orientalischer Walfahrer ins gelobte Land und so weiter,
starb nach viel ausgestandenen Ungemach zu Alexandria in Aegypten 1489,
nachdem er seinen Bruder Kasparum zum einigen Erben aller seiner Dörfer
und Güter verlassen. Dieses Kaspari Söhne und Nachkommen haben das
Schloß Nimkau sambt zugehörigen Dörffern erblich besessen, solche aber übler
Wirthschaft wegen nicht behaupten können, und sind hernach alle mit Abgang
des Geschlechts gestorben."


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[0425] jüngere und leider recht verderbte Abschrift, Bearbeitung oder Uebersetzung der wohl bereits in: Jahre 1486 vollendeten Arbeit. Der Ritter erzählt seine in den Jahren 1483 bis 1480 an die westeuropäischen Höfe unternommene Reise selbst und die Form in der unsere Handschrift die Erzählung enthält, weicht in der ganzen Schreibweise so wesentlich von dem Deutsch vor der Reformation ab, daß selbst mit der Absicht moderner Orthographie der Ab¬ schreiber eines alten deutschen Textes mehr von dein ursprünglichen Ausdruck und Satzbau herübergenommen hätte. Mir ist es deshalb nicht unwahrschein¬ lich, daß das Original lateinisch geschrieben war, und wir also in der Handschrift nur eine Übersetzung besitze«. Freilich auf einzelne latinisirende Wendungen ist nicht viel Gewicht zu legen, sie kamen damals im Stil der Gelehrten häufig vor. auch daß von einem Historiker aus dem Anfang des XVIII. Jahrhunderts, der wie es scheint das Original noch kannte, dieses mit lateinischen Namen "Wnerarium?osMimum in unmnserivw" genannt wird, will für den Beweis der lateinischen Abfassung nicht viel sagen, vielmehr scheint mir die von den: Reisenden selbst wiederholt betonte Gewandtheit in der lateinischen Sprache, in der er selbst den Geistlichen und Doktores weit überlegen ist, dafür zu sprechen. Doch außer immerhin wagen Vermuthungen sind Resultate hierüber wohl vor- läufig nicht zu erreichen; der Leser wird durch die in Folgendem gegebene Mit¬ theilung selbst die entsprechenden Betrachtungen anstellen können. Der erwähnte Historiker des vorigen Jahrhunderts, Sinapius in seinen 1720 erschienene,: Schlesischen Kuriositäten, Band I. Seite 718, giebt die älteste ausführliche Nachricht von unserm Ritter und seinem Buche. Er sagt gelegentlich der Aufzählung der schlesischen Adelsgeschlechter: „Kaspar von Poppelan auf Nimkau im Breslauischen. Dessen Sohn war der vortreffliche Ritter Niloi von Poppelau, welcher nicht allein wegen seiner ungewöhnlichen Leibesstärke sondern "'>es großen Beredsamkeit, Kunst und Weisheit weit berühmt und viel Königen und Fürsten angenehm gewesen, wie denn noch Kaiser Friedrich III. sichere Geleitsbriefe ingleichen ein Büchlein von seinen Reisen und mächtigen Helden¬ thaten vorhanden. Er trat seine erste dreijährige Reise vom Kaiserlichen Hofe zu Wien an mit 5 Rossen und so viel Gesinde im Jahre 1483 am Abend MMo^yrng U-u-las, kam 1486 wieder nach Breslau, reisete aber soäsw auro w Michaelis als ein orientalischer Walfahrer ins gelobte Land und so weiter, starb nach viel ausgestandenen Ungemach zu Alexandria in Aegypten 1489, nachdem er seinen Bruder Kasparum zum einigen Erben aller seiner Dörfer und Güter verlassen. Dieses Kaspari Söhne und Nachkommen haben das Schloß Nimkau sambt zugehörigen Dörffern erblich besessen, solche aber übler Wirthschaft wegen nicht behaupten können, und sind hernach alle mit Abgang des Geschlechts gestorben."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/425>, abgerufen am 02.10.2024.