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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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einer umfassenderen Aufforstung von Oedlcmd und einer ausgiebigere" Par-
zellirung von Domänengrundstücken zum Zwecke der Errichtung von bäuer¬
lichen Stellen gegeben wurden. In beiden Richtungen handelt es sich um
Kulturfragen ersten Ranges. -- Das Centrum hat sich bei den Etats des
Innern und der Justiz nur in Plänkeleien eingelassen, sich den Hauptangriff
für den Kultusetat aufsparend.

Der sachliche Schwerpunkt der Woche lag in der Verhandlung über einen
Antrag der Fortschrittspartei in Bezug auf die Gebäudesteuer. Nach dem
Gesetze vom 21. Mai 1861 soll die Veranlassung der Gebäudesteuer, welche
auf 4 °/" des Nutzungswerthes normirt ist, alle l 5 Jahre einer Revision unter¬
worfen werden. Das Gesetz ist am 1. Januar 1865 in Kraft getreten, die
Veranlassung steht also vor der Thür. Von Seiten der Fortschrittspartei wird
um beantragt, den Satz von des Nutznngswerthes vom 1. Januar 1880
ab auf denjenigen Satz zu ermäßigen, welcher unter Zugrundelegung der
Ergebnisse der Revision der Solleinnahme des Jahres )878 an Gebäudesteuer
entspricht. Die Absicht des Antrages ist also, die infolge des gestiegenen Nntznngs-
werthes der Gebäude nothwendig bevorstehende Erhöhung der Gebändesteuer
abzuwenden. Selbstverständlich trat der Finanzminister dem Antrage mit Ent¬
schiedenheit entgegen; die Regierung hat den von 1880 an sicher erwarteten
Mehrertrag schon eskomptirt. Andererseits läßt sich das Gewicht der Argu¬
mente der Antragsteller, welche namentlich eine Verrückung des thatsächlichen
Verhältnisses zwischen Gebäudesteiler und Grundsteuer vermieden Nüssen wollen,
nicht verkennen. Deshalb ist der Beschluß des Hauses, deu Antrag der Budget-
kommision zur näheren Prüfung zu überweisen, sicherlich gerechtfertigt. Indeß
wird er in derselben wohl begraben werden. Die Frage hängt zu eng mit
dem Problem der Steuerreform überhaupt zusammen und sie wird deshalb
in der gegenwärtigen Session ebensowenig zum Auftrag gebracht werden, wie
die noch in Aussicht stehende Vorlage zur Regelung der Kommnnnlabgaben.




Aas Mädchen von Iyzanz, Keinnch Kruje's jüngstes
Drama.

Das tragische Schicksal des spartanischen Königs Pausanias, des Siegers
von Platäa, bietet den Stoff zu Heinrich Krnse's neuester Tragödie, dem
"Mädchen von Byzanz."*) Diejenigen, welche das Erscheinen der Toga oder



*) Leipzig, Verlag von S. Hirzel.

einer umfassenderen Aufforstung von Oedlcmd und einer ausgiebigere» Par-
zellirung von Domänengrundstücken zum Zwecke der Errichtung von bäuer¬
lichen Stellen gegeben wurden. In beiden Richtungen handelt es sich um
Kulturfragen ersten Ranges. — Das Centrum hat sich bei den Etats des
Innern und der Justiz nur in Plänkeleien eingelassen, sich den Hauptangriff
für den Kultusetat aufsparend.

Der sachliche Schwerpunkt der Woche lag in der Verhandlung über einen
Antrag der Fortschrittspartei in Bezug auf die Gebäudesteuer. Nach dem
Gesetze vom 21. Mai 1861 soll die Veranlassung der Gebäudesteuer, welche
auf 4 °/„ des Nutzungswerthes normirt ist, alle l 5 Jahre einer Revision unter¬
worfen werden. Das Gesetz ist am 1. Januar 1865 in Kraft getreten, die
Veranlassung steht also vor der Thür. Von Seiten der Fortschrittspartei wird
um beantragt, den Satz von des Nutznngswerthes vom 1. Januar 1880
ab auf denjenigen Satz zu ermäßigen, welcher unter Zugrundelegung der
Ergebnisse der Revision der Solleinnahme des Jahres )878 an Gebäudesteuer
entspricht. Die Absicht des Antrages ist also, die infolge des gestiegenen Nntznngs-
werthes der Gebäude nothwendig bevorstehende Erhöhung der Gebändesteuer
abzuwenden. Selbstverständlich trat der Finanzminister dem Antrage mit Ent¬
schiedenheit entgegen; die Regierung hat den von 1880 an sicher erwarteten
Mehrertrag schon eskomptirt. Andererseits läßt sich das Gewicht der Argu¬
mente der Antragsteller, welche namentlich eine Verrückung des thatsächlichen
Verhältnisses zwischen Gebäudesteiler und Grundsteuer vermieden Nüssen wollen,
nicht verkennen. Deshalb ist der Beschluß des Hauses, deu Antrag der Budget-
kommision zur näheren Prüfung zu überweisen, sicherlich gerechtfertigt. Indeß
wird er in derselben wohl begraben werden. Die Frage hängt zu eng mit
dem Problem der Steuerreform überhaupt zusammen und sie wird deshalb
in der gegenwärtigen Session ebensowenig zum Auftrag gebracht werden, wie
die noch in Aussicht stehende Vorlage zur Regelung der Kommnnnlabgaben.




Aas Mädchen von Iyzanz, Keinnch Kruje's jüngstes
Drama.

Das tragische Schicksal des spartanischen Königs Pausanias, des Siegers
von Platäa, bietet den Stoff zu Heinrich Krnse's neuester Tragödie, dem
„Mädchen von Byzanz."*) Diejenigen, welche das Erscheinen der Toga oder



*) Leipzig, Verlag von S. Hirzel.
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[0354] einer umfassenderen Aufforstung von Oedlcmd und einer ausgiebigere» Par- zellirung von Domänengrundstücken zum Zwecke der Errichtung von bäuer¬ lichen Stellen gegeben wurden. In beiden Richtungen handelt es sich um Kulturfragen ersten Ranges. — Das Centrum hat sich bei den Etats des Innern und der Justiz nur in Plänkeleien eingelassen, sich den Hauptangriff für den Kultusetat aufsparend. Der sachliche Schwerpunkt der Woche lag in der Verhandlung über einen Antrag der Fortschrittspartei in Bezug auf die Gebäudesteuer. Nach dem Gesetze vom 21. Mai 1861 soll die Veranlassung der Gebäudesteuer, welche auf 4 °/„ des Nutzungswerthes normirt ist, alle l 5 Jahre einer Revision unter¬ worfen werden. Das Gesetz ist am 1. Januar 1865 in Kraft getreten, die Veranlassung steht also vor der Thür. Von Seiten der Fortschrittspartei wird um beantragt, den Satz von des Nutznngswerthes vom 1. Januar 1880 ab auf denjenigen Satz zu ermäßigen, welcher unter Zugrundelegung der Ergebnisse der Revision der Solleinnahme des Jahres )878 an Gebäudesteuer entspricht. Die Absicht des Antrages ist also, die infolge des gestiegenen Nntznngs- werthes der Gebäude nothwendig bevorstehende Erhöhung der Gebändesteuer abzuwenden. Selbstverständlich trat der Finanzminister dem Antrage mit Ent¬ schiedenheit entgegen; die Regierung hat den von 1880 an sicher erwarteten Mehrertrag schon eskomptirt. Andererseits läßt sich das Gewicht der Argu¬ mente der Antragsteller, welche namentlich eine Verrückung des thatsächlichen Verhältnisses zwischen Gebäudesteiler und Grundsteuer vermieden Nüssen wollen, nicht verkennen. Deshalb ist der Beschluß des Hauses, deu Antrag der Budget- kommision zur näheren Prüfung zu überweisen, sicherlich gerechtfertigt. Indeß wird er in derselben wohl begraben werden. Die Frage hängt zu eng mit dem Problem der Steuerreform überhaupt zusammen und sie wird deshalb in der gegenwärtigen Session ebensowenig zum Auftrag gebracht werden, wie die noch in Aussicht stehende Vorlage zur Regelung der Kommnnnlabgaben. Aas Mädchen von Iyzanz, Keinnch Kruje's jüngstes Drama. Das tragische Schicksal des spartanischen Königs Pausanias, des Siegers von Platäa, bietet den Stoff zu Heinrich Krnse's neuester Tragödie, dem „Mädchen von Byzanz."*) Diejenigen, welche das Erscheinen der Toga oder *) Leipzig, Verlag von S. Hirzel.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/354>, abgerufen am 25.08.2024.