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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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sind, unter dem Einflüsse der Civilisation nnter. Ihr Hauptfeind ist der
Branntwein, dieser allgemeine Feind der Menschheit, besonders aber der Ar¬
beiterklassen.

Für die australischen Neger ist er ein wahres Gift. Seit Jahrhunderten
schlecht genährt, da die Hauptnahrung das Opossum, eine Rattenspezies, ist,
ohne Haus, ja selbst ohne Zelt, da dieser Volksstamm nicht einmal eine Idee
von der Konstruktion eines Obdaches hat, ist der Körper des australischen
Negers schwach, so daß der englische Branntwein seinen Körper thatsächlich
verbrennt. Das Gesetz verbietet nun zwar, den Negern Branntwein zu ver¬
kaufen; bis jetzt soll jedoch noch der Schänker geboren werden, der das Gesetz
höher als seinen Nutzen achtet. Um Geld zu Branntwein zu erhalten, ist der
australische Neger bereit, Kind und Weib zu verkaufen, wenn sich nnr ein
Käufer findet. In Folge des Branntweingenusses macht sich nnter den austra¬
lischen Negern die Unfruchtbarkeit in erschreckendem Grade geltend, und so
ist der Untergang des Stammes nahe. Die Neger Australiens sind übrigens
ein sehr gutmüthiger, zutraulicher Volksstamm; ihre Körper sind zwar durch
Tätowiruug entstellt, doch ist ihre Physiognomie fast durchgängig eine ange¬
nehme; die wegen ihres Körperbaus so gerühmten Maoris Um--Seelands
haben in ihren Gesichtszügen weit mehr Thierisches, als die Neger des Fest¬
landes Australiens.

Eine Art Sport bieten die wilden Rinder und Pferde. Wenngleich, wie
oben gesagt, die Weiden umzäunt sind, entspringen doch viele Thiere und
fliehen in die Wüste, wo sie verwildern. Die Jagd auf diese verwilderten
Thiere ist der beliebteste, aber auch einzige Zeitvertreib des Sqnatters. Zur
Abwechselung nmzüumt er einen Teich, und wenn die abgehetzten Thiere durch
deu offen gelassenen Eingang in die Umzäunung gelangt sind, um ihren Durst
zu löschen, schließt er das Thor mittelst einer Leine, und nun werden die
Thiere erschossen. Das Fleisch, das man ja im Ueberflusse hat, wird liegen
gelassen, das Fell wird verkauft.

Die Thierwelt Australiens ist sehr ärmlich. Das Mnguruh ist fast der
einzige Vierfüßler; wenigstens ist es der größte. Der nach Australien impor-
tirte europäische Hase hat sich dort dermaßen vermehrt, daß er fast schou eine
Landplage geworden ist. Er wird nicht geschossen, weil sich die Bewohner
vor seinem Fleische ekeln. Ameisen gibt es hier in solchen Mengen, daß man
keine Stelle finden kann, wo sie sich nicht befinden. Die europäische Krähe
befindet sich schon lange Zeit in Australien; Papageien werden von hier nach
Europa exportirt; das langbeinige Enuie erinnert an den europäischen Storch.
Unter den Amphibien ist die Schlange Königin. Der Biß dieses giftigen
Thieres ist so gefährlich, daß der Gebissene in zwei Stunden den Geist auf-


sind, unter dem Einflüsse der Civilisation nnter. Ihr Hauptfeind ist der
Branntwein, dieser allgemeine Feind der Menschheit, besonders aber der Ar¬
beiterklassen.

Für die australischen Neger ist er ein wahres Gift. Seit Jahrhunderten
schlecht genährt, da die Hauptnahrung das Opossum, eine Rattenspezies, ist,
ohne Haus, ja selbst ohne Zelt, da dieser Volksstamm nicht einmal eine Idee
von der Konstruktion eines Obdaches hat, ist der Körper des australischen
Negers schwach, so daß der englische Branntwein seinen Körper thatsächlich
verbrennt. Das Gesetz verbietet nun zwar, den Negern Branntwein zu ver¬
kaufen; bis jetzt soll jedoch noch der Schänker geboren werden, der das Gesetz
höher als seinen Nutzen achtet. Um Geld zu Branntwein zu erhalten, ist der
australische Neger bereit, Kind und Weib zu verkaufen, wenn sich nnr ein
Käufer findet. In Folge des Branntweingenusses macht sich nnter den austra¬
lischen Negern die Unfruchtbarkeit in erschreckendem Grade geltend, und so
ist der Untergang des Stammes nahe. Die Neger Australiens sind übrigens
ein sehr gutmüthiger, zutraulicher Volksstamm; ihre Körper sind zwar durch
Tätowiruug entstellt, doch ist ihre Physiognomie fast durchgängig eine ange¬
nehme; die wegen ihres Körperbaus so gerühmten Maoris Um--Seelands
haben in ihren Gesichtszügen weit mehr Thierisches, als die Neger des Fest¬
landes Australiens.

Eine Art Sport bieten die wilden Rinder und Pferde. Wenngleich, wie
oben gesagt, die Weiden umzäunt sind, entspringen doch viele Thiere und
fliehen in die Wüste, wo sie verwildern. Die Jagd auf diese verwilderten
Thiere ist der beliebteste, aber auch einzige Zeitvertreib des Sqnatters. Zur
Abwechselung nmzüumt er einen Teich, und wenn die abgehetzten Thiere durch
deu offen gelassenen Eingang in die Umzäunung gelangt sind, um ihren Durst
zu löschen, schließt er das Thor mittelst einer Leine, und nun werden die
Thiere erschossen. Das Fleisch, das man ja im Ueberflusse hat, wird liegen
gelassen, das Fell wird verkauft.

Die Thierwelt Australiens ist sehr ärmlich. Das Mnguruh ist fast der
einzige Vierfüßler; wenigstens ist es der größte. Der nach Australien impor-
tirte europäische Hase hat sich dort dermaßen vermehrt, daß er fast schou eine
Landplage geworden ist. Er wird nicht geschossen, weil sich die Bewohner
vor seinem Fleische ekeln. Ameisen gibt es hier in solchen Mengen, daß man
keine Stelle finden kann, wo sie sich nicht befinden. Die europäische Krähe
befindet sich schon lange Zeit in Australien; Papageien werden von hier nach
Europa exportirt; das langbeinige Enuie erinnert an den europäischen Storch.
Unter den Amphibien ist die Schlange Königin. Der Biß dieses giftigen
Thieres ist so gefährlich, daß der Gebissene in zwei Stunden den Geist auf-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/280>, abgerufen am 19.10.2024.