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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Gold herauszuschaffen, ^.uri sacra, tamss vertritt dem Goldsucher Frau, Kind
und Welt; uuter jedem Erdenkloße hofft er ein Stück Gold zu finden; freilich
wird er häufig in seinen Hoffnungen getäuscht. Während einer Reihe von
Jahren wurden hier zwar ungeheuere Gvldinassen ausgegraben, und viele
Leute wurden ohne große Mühe reich; aber eine weit größere Anzahl ergraute
in schwerer Arbeit, und fand entweder gar nichts, oder verzehrte das Gefundene,
ehe sich der Schatz vergrößerte. Die Schütze werden nun immer rarer und
die Zeiten, welche Korzelinski (ein alter Emigrant) vor jenen zwanzig Jahren
geschildert hat, sind unwiederbringlich dahin. Der Bakkarat, Ararat, Bendigo,
Dunolly, welche noch ganz vor Kurzem Goldströme spendeten, sind heute ganz
erschöpft, oder bieten das Gold nur tropfenweise. Der Dnnollhkessel, wo vor
etwa fünfzehn Jahren achtzigtausend Menschen wie eine Ameisenkolonie ar
belecken, ist jetzt öde und uur noch die zahlreichen Trümmer rufen die Ver¬
gangenheit ins Gedächtniß. An anderen Orten sieht man nur noch Chinesen,
denn diese Sohne des Koufnzius besitzen hinreichende Geduld zur Goldgräber-
arbeit in den erschöpften Gruben; die Europäer kamen schon theilweise zu der
der Ueberzeugung, daß sie durch Weizenbau mehr als durch Goldgräbern
verdienen.

Im Frühling beginnt der Hauptverdienst des Australiers, der die Schaf¬
schur bringt; da jedoch das Land sehr groß ist, tritt der Frühling nicht überall
gleichzeitig ein. Im Norden beginnt er im September, im Süden im Oktober,
auf den Inseln im November. Dem entsprechend beginnt auch die Schafschur,
und da dies eine sehr einträgliche Arbeit ist -- es wird für die Schur von hundert
Schafen 1 Pf. (20 Schilling) oder 22 Mark bezahlt -- ist auch die Konkurrenz
eine fehr große, und die ganze Kunst der "Sheurer" besteht darin, so früh
wie möglich auf dem Platze zu sein und das Scheren zu beginnen. Wenn die
Schur an einem Orte beendet ist, geht der Shearer von Norden weiter nach
Süden, und begibt sich endlich auf die Juseln. Da die Schursaison bis vier
Monate dauert, und mit Leichtigkeit hundert Schafe täglich geschoren werden
können, bringt die Saison gegen 2640 Mark. Doch nur die Elite der Bewohner
genießt diesen fetten Bissen; die übrigen müssen sich mit Handlangerarbeiten
begnügen, zu deuen das Herbeitreiber der Schafe, Einpacken der Wolle n. s. w.
gehört, und wofür wöchentlich l Pf. oder 22 Mk. gezahlt wird. Während
dieser Zeit wogt das Leben in der Wüste und überall herrscht Bewegung und
Thätigkeit. Da nun jeder Mann in der weiten Ebene ein Pferd besitzt, sind
während dieser Zeit auch viele Reiter hier zu sehen. Häufig sieht man dreißig
bis vierzig ja noch mehr Reiter mit sonnverbrannter Gesichtern und breit-
krämpigen Hüten durch die Wüste jagen, ums die Originalität des Landschafts¬
bildes nur noch vergrößert. Während dieser Zeit geht der Puls in den Stations


Gold herauszuschaffen, ^.uri sacra, tamss vertritt dem Goldsucher Frau, Kind
und Welt; uuter jedem Erdenkloße hofft er ein Stück Gold zu finden; freilich
wird er häufig in seinen Hoffnungen getäuscht. Während einer Reihe von
Jahren wurden hier zwar ungeheuere Gvldinassen ausgegraben, und viele
Leute wurden ohne große Mühe reich; aber eine weit größere Anzahl ergraute
in schwerer Arbeit, und fand entweder gar nichts, oder verzehrte das Gefundene,
ehe sich der Schatz vergrößerte. Die Schütze werden nun immer rarer und
die Zeiten, welche Korzelinski (ein alter Emigrant) vor jenen zwanzig Jahren
geschildert hat, sind unwiederbringlich dahin. Der Bakkarat, Ararat, Bendigo,
Dunolly, welche noch ganz vor Kurzem Goldströme spendeten, sind heute ganz
erschöpft, oder bieten das Gold nur tropfenweise. Der Dnnollhkessel, wo vor
etwa fünfzehn Jahren achtzigtausend Menschen wie eine Ameisenkolonie ar
belecken, ist jetzt öde und uur noch die zahlreichen Trümmer rufen die Ver¬
gangenheit ins Gedächtniß. An anderen Orten sieht man nur noch Chinesen,
denn diese Sohne des Koufnzius besitzen hinreichende Geduld zur Goldgräber-
arbeit in den erschöpften Gruben; die Europäer kamen schon theilweise zu der
der Ueberzeugung, daß sie durch Weizenbau mehr als durch Goldgräbern
verdienen.

Im Frühling beginnt der Hauptverdienst des Australiers, der die Schaf¬
schur bringt; da jedoch das Land sehr groß ist, tritt der Frühling nicht überall
gleichzeitig ein. Im Norden beginnt er im September, im Süden im Oktober,
auf den Inseln im November. Dem entsprechend beginnt auch die Schafschur,
und da dies eine sehr einträgliche Arbeit ist — es wird für die Schur von hundert
Schafen 1 Pf. (20 Schilling) oder 22 Mark bezahlt — ist auch die Konkurrenz
eine fehr große, und die ganze Kunst der „Sheurer" besteht darin, so früh
wie möglich auf dem Platze zu sein und das Scheren zu beginnen. Wenn die
Schur an einem Orte beendet ist, geht der Shearer von Norden weiter nach
Süden, und begibt sich endlich auf die Juseln. Da die Schursaison bis vier
Monate dauert, und mit Leichtigkeit hundert Schafe täglich geschoren werden
können, bringt die Saison gegen 2640 Mark. Doch nur die Elite der Bewohner
genießt diesen fetten Bissen; die übrigen müssen sich mit Handlangerarbeiten
begnügen, zu deuen das Herbeitreiber der Schafe, Einpacken der Wolle n. s. w.
gehört, und wofür wöchentlich l Pf. oder 22 Mk. gezahlt wird. Während
dieser Zeit wogt das Leben in der Wüste und überall herrscht Bewegung und
Thätigkeit. Da nun jeder Mann in der weiten Ebene ein Pferd besitzt, sind
während dieser Zeit auch viele Reiter hier zu sehen. Häufig sieht man dreißig
bis vierzig ja noch mehr Reiter mit sonnverbrannter Gesichtern und breit-
krämpigen Hüten durch die Wüste jagen, ums die Originalität des Landschafts¬
bildes nur noch vergrößert. Während dieser Zeit geht der Puls in den Stations


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[0276] Gold herauszuschaffen, ^.uri sacra, tamss vertritt dem Goldsucher Frau, Kind und Welt; uuter jedem Erdenkloße hofft er ein Stück Gold zu finden; freilich wird er häufig in seinen Hoffnungen getäuscht. Während einer Reihe von Jahren wurden hier zwar ungeheuere Gvldinassen ausgegraben, und viele Leute wurden ohne große Mühe reich; aber eine weit größere Anzahl ergraute in schwerer Arbeit, und fand entweder gar nichts, oder verzehrte das Gefundene, ehe sich der Schatz vergrößerte. Die Schütze werden nun immer rarer und die Zeiten, welche Korzelinski (ein alter Emigrant) vor jenen zwanzig Jahren geschildert hat, sind unwiederbringlich dahin. Der Bakkarat, Ararat, Bendigo, Dunolly, welche noch ganz vor Kurzem Goldströme spendeten, sind heute ganz erschöpft, oder bieten das Gold nur tropfenweise. Der Dnnollhkessel, wo vor etwa fünfzehn Jahren achtzigtausend Menschen wie eine Ameisenkolonie ar belecken, ist jetzt öde und uur noch die zahlreichen Trümmer rufen die Ver¬ gangenheit ins Gedächtniß. An anderen Orten sieht man nur noch Chinesen, denn diese Sohne des Koufnzius besitzen hinreichende Geduld zur Goldgräber- arbeit in den erschöpften Gruben; die Europäer kamen schon theilweise zu der der Ueberzeugung, daß sie durch Weizenbau mehr als durch Goldgräbern verdienen. Im Frühling beginnt der Hauptverdienst des Australiers, der die Schaf¬ schur bringt; da jedoch das Land sehr groß ist, tritt der Frühling nicht überall gleichzeitig ein. Im Norden beginnt er im September, im Süden im Oktober, auf den Inseln im November. Dem entsprechend beginnt auch die Schafschur, und da dies eine sehr einträgliche Arbeit ist — es wird für die Schur von hundert Schafen 1 Pf. (20 Schilling) oder 22 Mark bezahlt — ist auch die Konkurrenz eine fehr große, und die ganze Kunst der „Sheurer" besteht darin, so früh wie möglich auf dem Platze zu sein und das Scheren zu beginnen. Wenn die Schur an einem Orte beendet ist, geht der Shearer von Norden weiter nach Süden, und begibt sich endlich auf die Juseln. Da die Schursaison bis vier Monate dauert, und mit Leichtigkeit hundert Schafe täglich geschoren werden können, bringt die Saison gegen 2640 Mark. Doch nur die Elite der Bewohner genießt diesen fetten Bissen; die übrigen müssen sich mit Handlangerarbeiten begnügen, zu deuen das Herbeitreiber der Schafe, Einpacken der Wolle n. s. w. gehört, und wofür wöchentlich l Pf. oder 22 Mk. gezahlt wird. Während dieser Zeit wogt das Leben in der Wüste und überall herrscht Bewegung und Thätigkeit. Da nun jeder Mann in der weiten Ebene ein Pferd besitzt, sind während dieser Zeit auch viele Reiter hier zu sehen. Häufig sieht man dreißig bis vierzig ja noch mehr Reiter mit sonnverbrannter Gesichtern und breit- krämpigen Hüten durch die Wüste jagen, ums die Originalität des Landschafts¬ bildes nur noch vergrößert. Während dieser Zeit geht der Puls in den Stations

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/276>, abgerufen am 26.06.2024.