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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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aushebnngskvmmission stehen, -- liebt "die Besiegten und die Herzoginnen"
wie ihn .Mimiisr" beschreibt. Vermuthlich ans diesem Grunde begibt sich
derselbe nnter eine Spitzbubenbande, welche als Parteigängern: des Königs Franz
von Neapel figurirte. Es sind der Männer zwölf, er ist der dreizehnte, die
vierzehnte Person ist die Zuhälterin des Räuberhauptmanus. Selbstredend
verliebt sich dieselbe in den Franzosen; sie ist erträglich hübsch; natürlich nur
so weit, als es eine Iran sein kann, die nicht Französin ist. Der Held aber
weist ihre verschiedenen, sehr unzweideutigen Anerbietungen zurück; diese werden
ganz in der Art und Weise gemacht, wie sie der sechzehnjährige Schiller in
seiner sehr unklassischen Jugendarbeit: "Der Verbrecher aus Verlorner Ehre"
sich ausgemalt hat. Der Franzose aber bleibt tugendhaft, er fürchtet sich
nämlich vor dem Chef der Baude, und schreit sogar laut um Hülfe vor
Furcht und Schmerz, als dieser ihn in einem Anfall von Eifersucht am Hand¬
gelenk packt und schüttelt, obwohl der Franzmann eine geladene Doppelbüchse
und dito Lefaucheux Revolver bei sich führt, die er aber uach seinem eigenen
Geständnis; me abgeschossen hat, und wieder geladen mit nach Hause bringt.
Er war nämlich zu großmüthig, sagt Monnier; der unbefangene Leser aber
sieht, daß der Held nur ein Poltron ist. Diesen Eindruck macht er, sehr gegen
den Willen des Autors, unzweifelhaft. -- Wie kommt nun Preußen, resp.
Deutschland in diese schmutzige Gesellschaft? Das füugt der Verfasser
saberse verschmitzt an. Mau höre: der Franzose hat den Räuberhauptmann
bewogen, eine Expedition zu unternehmen, und zwar soll er einen Kollegen,
Wien andern Spitzbnbenches, überfallen und schädigen; es ist also ein Hallunken¬
streich, vom Standpunkt der Spitzbubenmoral sogar, deu der Franzose ausge¬
heckt hat, und zwar weshalb? Weil Carmela, die Znhälterin, es sonst vor
Liebe zu ihm, dem Franzosen, dem Unwiderstehlichen, nicht aushalten kann,
wie er selbst dem eifersüchtigen Liebhaber auseinandersetzt! -- Auf dieser Expe¬
dition werden die Räuber, elf an der Zahl, von zwei Bersaglieri überfallen,
und reißen ans. Nur der unüberwindliche Franzose und ein Italiener reißen
'"ehe ans, weil sie nicht an Ort und Stelle sind. Nachdem der Franzose
seinem Kampfesmuth, die beiden Bersaglieri mit seiner Doppelbüchse und seinem
Revolver zu umzingeln und niederzumachen, einen Riegel vorgeschoben hat,
durch die Erwägung, daß dies nicht großmüthig wäre, setzt er sich mit den¬
selben und seinein Kameraden zum Frühstück nieder. Der Italiener hat nämlich
den beiden Soldaten erklärt, daß sie beide, er und der Franzose, Gefangene
der Räuber wären. Daß diese beiden vorgeblichen Gefangenen bis an die
Zähne bewaffnet sind, darf natürlich die beiden Soldaten nicht mißtrauisch
"'"chen, denn sonst wäre der Knalleffekt, der nur kommt, nicht gut möglich.

Der italienische Spitzbube macht nämlich dem französischen den Vorschlag:


Grcttzbvlcu IV. 1577. ^

aushebnngskvmmission stehen, — liebt „die Besiegten und die Herzoginnen"
wie ihn .Mimiisr" beschreibt. Vermuthlich ans diesem Grunde begibt sich
derselbe nnter eine Spitzbubenbande, welche als Parteigängern: des Königs Franz
von Neapel figurirte. Es sind der Männer zwölf, er ist der dreizehnte, die
vierzehnte Person ist die Zuhälterin des Räuberhauptmanus. Selbstredend
verliebt sich dieselbe in den Franzosen; sie ist erträglich hübsch; natürlich nur
so weit, als es eine Iran sein kann, die nicht Französin ist. Der Held aber
weist ihre verschiedenen, sehr unzweideutigen Anerbietungen zurück; diese werden
ganz in der Art und Weise gemacht, wie sie der sechzehnjährige Schiller in
seiner sehr unklassischen Jugendarbeit: „Der Verbrecher aus Verlorner Ehre"
sich ausgemalt hat. Der Franzose aber bleibt tugendhaft, er fürchtet sich
nämlich vor dem Chef der Baude, und schreit sogar laut um Hülfe vor
Furcht und Schmerz, als dieser ihn in einem Anfall von Eifersucht am Hand¬
gelenk packt und schüttelt, obwohl der Franzmann eine geladene Doppelbüchse
und dito Lefaucheux Revolver bei sich führt, die er aber uach seinem eigenen
Geständnis; me abgeschossen hat, und wieder geladen mit nach Hause bringt.
Er war nämlich zu großmüthig, sagt Monnier; der unbefangene Leser aber
sieht, daß der Held nur ein Poltron ist. Diesen Eindruck macht er, sehr gegen
den Willen des Autors, unzweifelhaft. — Wie kommt nun Preußen, resp.
Deutschland in diese schmutzige Gesellschaft? Das füugt der Verfasser
saberse verschmitzt an. Mau höre: der Franzose hat den Räuberhauptmann
bewogen, eine Expedition zu unternehmen, und zwar soll er einen Kollegen,
Wien andern Spitzbnbenches, überfallen und schädigen; es ist also ein Hallunken¬
streich, vom Standpunkt der Spitzbubenmoral sogar, deu der Franzose ausge¬
heckt hat, und zwar weshalb? Weil Carmela, die Znhälterin, es sonst vor
Liebe zu ihm, dem Franzosen, dem Unwiderstehlichen, nicht aushalten kann,
wie er selbst dem eifersüchtigen Liebhaber auseinandersetzt! — Auf dieser Expe¬
dition werden die Räuber, elf an der Zahl, von zwei Bersaglieri überfallen,
und reißen ans. Nur der unüberwindliche Franzose und ein Italiener reißen
'"ehe ans, weil sie nicht an Ort und Stelle sind. Nachdem der Franzose
seinem Kampfesmuth, die beiden Bersaglieri mit seiner Doppelbüchse und seinem
Revolver zu umzingeln und niederzumachen, einen Riegel vorgeschoben hat,
durch die Erwägung, daß dies nicht großmüthig wäre, setzt er sich mit den¬
selben und seinein Kameraden zum Frühstück nieder. Der Italiener hat nämlich
den beiden Soldaten erklärt, daß sie beide, er und der Franzose, Gefangene
der Räuber wären. Daß diese beiden vorgeblichen Gefangenen bis an die
Zähne bewaffnet sind, darf natürlich die beiden Soldaten nicht mißtrauisch
"'"chen, denn sonst wäre der Knalleffekt, der nur kommt, nicht gut möglich.

Der italienische Spitzbube macht nämlich dem französischen den Vorschlag:


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[0269] aushebnngskvmmission stehen, — liebt „die Besiegten und die Herzoginnen" wie ihn .Mimiisr" beschreibt. Vermuthlich ans diesem Grunde begibt sich derselbe nnter eine Spitzbubenbande, welche als Parteigängern: des Königs Franz von Neapel figurirte. Es sind der Männer zwölf, er ist der dreizehnte, die vierzehnte Person ist die Zuhälterin des Räuberhauptmanus. Selbstredend verliebt sich dieselbe in den Franzosen; sie ist erträglich hübsch; natürlich nur so weit, als es eine Iran sein kann, die nicht Französin ist. Der Held aber weist ihre verschiedenen, sehr unzweideutigen Anerbietungen zurück; diese werden ganz in der Art und Weise gemacht, wie sie der sechzehnjährige Schiller in seiner sehr unklassischen Jugendarbeit: „Der Verbrecher aus Verlorner Ehre" sich ausgemalt hat. Der Franzose aber bleibt tugendhaft, er fürchtet sich nämlich vor dem Chef der Baude, und schreit sogar laut um Hülfe vor Furcht und Schmerz, als dieser ihn in einem Anfall von Eifersucht am Hand¬ gelenk packt und schüttelt, obwohl der Franzmann eine geladene Doppelbüchse und dito Lefaucheux Revolver bei sich führt, die er aber uach seinem eigenen Geständnis; me abgeschossen hat, und wieder geladen mit nach Hause bringt. Er war nämlich zu großmüthig, sagt Monnier; der unbefangene Leser aber sieht, daß der Held nur ein Poltron ist. Diesen Eindruck macht er, sehr gegen den Willen des Autors, unzweifelhaft. — Wie kommt nun Preußen, resp. Deutschland in diese schmutzige Gesellschaft? Das füugt der Verfasser saberse verschmitzt an. Mau höre: der Franzose hat den Räuberhauptmann bewogen, eine Expedition zu unternehmen, und zwar soll er einen Kollegen, Wien andern Spitzbnbenches, überfallen und schädigen; es ist also ein Hallunken¬ streich, vom Standpunkt der Spitzbubenmoral sogar, deu der Franzose ausge¬ heckt hat, und zwar weshalb? Weil Carmela, die Znhälterin, es sonst vor Liebe zu ihm, dem Franzosen, dem Unwiderstehlichen, nicht aushalten kann, wie er selbst dem eifersüchtigen Liebhaber auseinandersetzt! — Auf dieser Expe¬ dition werden die Räuber, elf an der Zahl, von zwei Bersaglieri überfallen, und reißen ans. Nur der unüberwindliche Franzose und ein Italiener reißen '"ehe ans, weil sie nicht an Ort und Stelle sind. Nachdem der Franzose seinem Kampfesmuth, die beiden Bersaglieri mit seiner Doppelbüchse und seinem Revolver zu umzingeln und niederzumachen, einen Riegel vorgeschoben hat, durch die Erwägung, daß dies nicht großmüthig wäre, setzt er sich mit den¬ selben und seinein Kameraden zum Frühstück nieder. Der Italiener hat nämlich den beiden Soldaten erklärt, daß sie beide, er und der Franzose, Gefangene der Räuber wären. Daß diese beiden vorgeblichen Gefangenen bis an die Zähne bewaffnet sind, darf natürlich die beiden Soldaten nicht mißtrauisch "'"chen, denn sonst wäre der Knalleffekt, der nur kommt, nicht gut möglich. Der italienische Spitzbube macht nämlich dem französischen den Vorschlag: Grcttzbvlcu IV. 1577. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/269>, abgerufen am 25.08.2024.