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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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oben erwähnten Beschwerdepunkte ausführlich aufsetzen. Bevor jedoch diese
Beschwerdeschrift nach Rom in des Papstes Hände gelangte, hatte dieser
in Folge der ihm zugekommenen Gerüchte dem Abte in Pelplin bereits den
Auftrag gegeben, über den Vorgang, seine Ursachen, und die dein Bischof zur
Last gelegten Vergehungen, Ermittelungen anzustellen und darüber schleunigst
Bericht zu erstatten. Während indeß der Hochmeister, in Folge der einander
theilweise widersprechenden Rathschläge seiner Freunde schwankte und in Zweifel
war, wie er in der Sache weiter zu verfahren habe, machte der im Gefängnisse
zu Tapicm. nach etwa sechsmonatlicher Verhaftung erfolgte Tod des Bischofs
nach dieser Seite hin ein unerwartetes, aber sicherlich nicht unwillkom¬
menes Ende.

Ueber die Art und Weise des Todes des Bischofs ist etwas Gewisses
nicht festzustellen. Die Chronik jener Zeit berichtet darüber Folgendes:

"Etliche wollen sagen, er sei endlich mit dem Kopf in ein Faß voller Ab¬
scheu gestoßen und also eines gräulichen Todes gestorben. Es ist dein aber
nicht so. Da man ihn nach Tapiau bracht, ist er anfänglich nur in Be¬
strickung, doch in einem ehrlichen Gemache, als in vier Wänden (wie denen
einer solchen Person geziemet) gehalten und ist nicht unglaublich zu vermuthen,
wo er sich gedemüthigt, der Sachen wäre wohl Recht geworden. Es ist aber
Tapiau auf dem Schlosse Einer zugleich Kaplan und Schreiber gewesen,
°w hinterlistiger, tückischer, wankelmüthiger, böser Mensch. Dieser machte sich
""' den Bischof und besuchte ihn täglich. Dieweil er oft und fachen zum
Bischof kam, begiebt sichs, daß der Bischof dem Kaplan gedenket, wie doch ein
Weg möchte gefunden werden, daß er weg käme und des Gefängnisses erledigt
wiirde. Hie funden sie einen Rath und wurden der Sachen eins. Nur weiß
ich nicht, wie es munkelt und beginnet lautbar zu werden, was zwischen den
Beiden in geheim und stille gehandelt und beschlossen war. Da nun der
Kaplan siehet, daß es rauchen null, und der Senf, so er zugerichtet und ge¬
geben hatte, ihm selbst in die Nase gehen möchte und vielleicht beißen, daß
ihm die Augen übergehe" würden, thut er eins und wendet sich zu seine" ge¬
wöhnlichen Stücken und beweiset seiue Untreu und Wankelmuth, tritt zu der
Herrschaft und verrieth den Fluchtplau des Bischofs. Da dies der Hochmeister
hörete, erschrak er und bekümmerte sich hoch, doch beschickte er eilends seine
Gebietiger, gehet mit ihnen zu Rathe und handelt aufs fleißigste, was hier-
"wen zu thun und zu lassen sei. Und ward beschlossen, daß mau ihn in ein
hartes Gefängniß führen sollte und Hungers lassen sterben. Denn sollte Un¬
glück gelitten sein, so wäre ja besser, es litte ein Schuldiger, denn eine ganze
unschuldige Gemeine. Also ward Bischof Dietrich von Cuba von zweyen dazu
verordneten Kreuzherren heimlich u. ein finsteres, böses Gewölbe geführet, mit


oben erwähnten Beschwerdepunkte ausführlich aufsetzen. Bevor jedoch diese
Beschwerdeschrift nach Rom in des Papstes Hände gelangte, hatte dieser
in Folge der ihm zugekommenen Gerüchte dem Abte in Pelplin bereits den
Auftrag gegeben, über den Vorgang, seine Ursachen, und die dein Bischof zur
Last gelegten Vergehungen, Ermittelungen anzustellen und darüber schleunigst
Bericht zu erstatten. Während indeß der Hochmeister, in Folge der einander
theilweise widersprechenden Rathschläge seiner Freunde schwankte und in Zweifel
war, wie er in der Sache weiter zu verfahren habe, machte der im Gefängnisse
zu Tapicm. nach etwa sechsmonatlicher Verhaftung erfolgte Tod des Bischofs
nach dieser Seite hin ein unerwartetes, aber sicherlich nicht unwillkom¬
menes Ende.

Ueber die Art und Weise des Todes des Bischofs ist etwas Gewisses
nicht festzustellen. Die Chronik jener Zeit berichtet darüber Folgendes:

„Etliche wollen sagen, er sei endlich mit dem Kopf in ein Faß voller Ab¬
scheu gestoßen und also eines gräulichen Todes gestorben. Es ist dein aber
nicht so. Da man ihn nach Tapiau bracht, ist er anfänglich nur in Be¬
strickung, doch in einem ehrlichen Gemache, als in vier Wänden (wie denen
einer solchen Person geziemet) gehalten und ist nicht unglaublich zu vermuthen,
wo er sich gedemüthigt, der Sachen wäre wohl Recht geworden. Es ist aber
Tapiau auf dem Schlosse Einer zugleich Kaplan und Schreiber gewesen,
°w hinterlistiger, tückischer, wankelmüthiger, böser Mensch. Dieser machte sich
""' den Bischof und besuchte ihn täglich. Dieweil er oft und fachen zum
Bischof kam, begiebt sichs, daß der Bischof dem Kaplan gedenket, wie doch ein
Weg möchte gefunden werden, daß er weg käme und des Gefängnisses erledigt
wiirde. Hie funden sie einen Rath und wurden der Sachen eins. Nur weiß
ich nicht, wie es munkelt und beginnet lautbar zu werden, was zwischen den
Beiden in geheim und stille gehandelt und beschlossen war. Da nun der
Kaplan siehet, daß es rauchen null, und der Senf, so er zugerichtet und ge¬
geben hatte, ihm selbst in die Nase gehen möchte und vielleicht beißen, daß
ihm die Augen übergehe» würden, thut er eins und wendet sich zu seine» ge¬
wöhnlichen Stücken und beweiset seiue Untreu und Wankelmuth, tritt zu der
Herrschaft und verrieth den Fluchtplau des Bischofs. Da dies der Hochmeister
hörete, erschrak er und bekümmerte sich hoch, doch beschickte er eilends seine
Gebietiger, gehet mit ihnen zu Rathe und handelt aufs fleißigste, was hier-
"wen zu thun und zu lassen sei. Und ward beschlossen, daß mau ihn in ein
hartes Gefängniß führen sollte und Hungers lassen sterben. Denn sollte Un¬
glück gelitten sein, so wäre ja besser, es litte ein Schuldiger, denn eine ganze
unschuldige Gemeine. Also ward Bischof Dietrich von Cuba von zweyen dazu
verordneten Kreuzherren heimlich u. ein finsteres, böses Gewölbe geführet, mit


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[0175] oben erwähnten Beschwerdepunkte ausführlich aufsetzen. Bevor jedoch diese Beschwerdeschrift nach Rom in des Papstes Hände gelangte, hatte dieser in Folge der ihm zugekommenen Gerüchte dem Abte in Pelplin bereits den Auftrag gegeben, über den Vorgang, seine Ursachen, und die dein Bischof zur Last gelegten Vergehungen, Ermittelungen anzustellen und darüber schleunigst Bericht zu erstatten. Während indeß der Hochmeister, in Folge der einander theilweise widersprechenden Rathschläge seiner Freunde schwankte und in Zweifel war, wie er in der Sache weiter zu verfahren habe, machte der im Gefängnisse zu Tapicm. nach etwa sechsmonatlicher Verhaftung erfolgte Tod des Bischofs nach dieser Seite hin ein unerwartetes, aber sicherlich nicht unwillkom¬ menes Ende. Ueber die Art und Weise des Todes des Bischofs ist etwas Gewisses nicht festzustellen. Die Chronik jener Zeit berichtet darüber Folgendes: „Etliche wollen sagen, er sei endlich mit dem Kopf in ein Faß voller Ab¬ scheu gestoßen und also eines gräulichen Todes gestorben. Es ist dein aber nicht so. Da man ihn nach Tapiau bracht, ist er anfänglich nur in Be¬ strickung, doch in einem ehrlichen Gemache, als in vier Wänden (wie denen einer solchen Person geziemet) gehalten und ist nicht unglaublich zu vermuthen, wo er sich gedemüthigt, der Sachen wäre wohl Recht geworden. Es ist aber Tapiau auf dem Schlosse Einer zugleich Kaplan und Schreiber gewesen, °w hinterlistiger, tückischer, wankelmüthiger, böser Mensch. Dieser machte sich ""' den Bischof und besuchte ihn täglich. Dieweil er oft und fachen zum Bischof kam, begiebt sichs, daß der Bischof dem Kaplan gedenket, wie doch ein Weg möchte gefunden werden, daß er weg käme und des Gefängnisses erledigt wiirde. Hie funden sie einen Rath und wurden der Sachen eins. Nur weiß ich nicht, wie es munkelt und beginnet lautbar zu werden, was zwischen den Beiden in geheim und stille gehandelt und beschlossen war. Da nun der Kaplan siehet, daß es rauchen null, und der Senf, so er zugerichtet und ge¬ geben hatte, ihm selbst in die Nase gehen möchte und vielleicht beißen, daß ihm die Augen übergehe» würden, thut er eins und wendet sich zu seine» ge¬ wöhnlichen Stücken und beweiset seiue Untreu und Wankelmuth, tritt zu der Herrschaft und verrieth den Fluchtplau des Bischofs. Da dies der Hochmeister hörete, erschrak er und bekümmerte sich hoch, doch beschickte er eilends seine Gebietiger, gehet mit ihnen zu Rathe und handelt aufs fleißigste, was hier- "wen zu thun und zu lassen sei. Und ward beschlossen, daß mau ihn in ein hartes Gefängniß führen sollte und Hungers lassen sterben. Denn sollte Un¬ glück gelitten sein, so wäre ja besser, es litte ein Schuldiger, denn eine ganze unschuldige Gemeine. Also ward Bischof Dietrich von Cuba von zweyen dazu verordneten Kreuzherren heimlich u. ein finsteres, böses Gewölbe geführet, mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/175>, abgerufen am 26.06.2024.