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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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fleisch, eins keineiil eigenen oder freventlichen Wollen sonderll durch Zwang
und Benöthigung des Rechten, wo er selbst nit sterben sondern bei Leben
bleibeir hat wollen, seinen Dieb und Beschädiger rechtfertigen müssen,.....
dieweil sich auch Haus Rindfleisch vor und nach solcher That mitscimmt seinem
Sohne Christoph allweg froinblich, redlich und ehrbarlich gehalten,......
so soll noch mag Hansen Rindfleisch solcher bemeldeter Handel, seinem Sohne
Christopher, allem ihrem Geschlecht an ihrer Ehre, Glimpfen und gutem
Herkommen zu keinem Nachtheil noch Schaden reichen. Es soll auch genannter
Christoph Rindfleisch zu eilten ehrlichen, redlichen Sachen, Handlungen, Ständen,
Aemtern würdig und tüchtig sein und wohl gebraucht werden ohne Unser,
Unser Nachkommen, Königen von BeHeim, Herzogen in Schlesien und Mänuiglichs
Widerspruch und Hinderniß. -- Wo sich aber Jemand diesem Unserem Königlichen
Spruch und rechtlichen Erkenntniß entgegen hielte mit Worten und Werken,
wer der oder die wären, die in solchem freventlichen Eigenwillen befunden
würden, der oder dieselbigen solle jeglicher insbesondere ohne alle Gnade und
uuabläßlich hundert Mark feinen Silbers zur Pön verfallen sein, halb in
Unsere Königliche Kammer, halb zum Ban und Besserung unserer Stadt
Breslau."*) --

Bestimmt genug lautete dieser königliche Sentenzbrief, hoch genug war die
Strafe, die deu Zuwiderhandeludeu bedrohte, vornehm genug waren die Namen
der Fürsten, Grasen und Herren, die dem König dies Urtheil gefunden hatten,
und groß genug war auch das königliche Jnsiegel, das man an den Bries
hülg, nur Schade, daß zu all' dem die Wirkung im umgekehrten Verhältniß
stand. Die Herren Landleute des Fürstenthums dachten gar nicht daran des
Königs Urtheil zu respektiren, sie blieben bei ihrer Erklärung und das Hof¬
gericht hielt keine Sitzungen. So blieb es auch, nachdem der König nochmals
scharf tadelnd befohlen hatte, "daß ihr gedachten Christoph Rindfleisch Inhalts
Unseres rechtlichen Erkenntnisses bei euch in seinem Stuhl sitzen und wie Wir
^und vormals befohlen, neben und mit euch das Recht handeln und sprechen
lasset." Sie hatten ja auch ihre mächtigen Fürsprecher an höchster Stelle und
höchster Abkunft, Feinde der übermächtigen Pfeffersäcke, aber vor Allem, wo
war die Staatsgewalt, die dem pomphaften Sentenzbriefe Vollstreckung ver¬
schaffen konnte?

Die deutschen Rechtsanschauungen des Mittelalters hatten zugelassen,
daß Bestandtheile der Staatsgewalt Gegenstand privater Gerechtssame wurden; '
die Verquickung von Staats- und Privatrecht hatte zumal in Schlesien dahin



Die wörtlichen Anführungen sind der Wiederholung des ersten Sentenzüriefes (1S01)
dem zweiten (1SV2) entnommen,

fleisch, eins keineiil eigenen oder freventlichen Wollen sonderll durch Zwang
und Benöthigung des Rechten, wo er selbst nit sterben sondern bei Leben
bleibeir hat wollen, seinen Dieb und Beschädiger rechtfertigen müssen,.....
dieweil sich auch Haus Rindfleisch vor und nach solcher That mitscimmt seinem
Sohne Christoph allweg froinblich, redlich und ehrbarlich gehalten,......
so soll noch mag Hansen Rindfleisch solcher bemeldeter Handel, seinem Sohne
Christopher, allem ihrem Geschlecht an ihrer Ehre, Glimpfen und gutem
Herkommen zu keinem Nachtheil noch Schaden reichen. Es soll auch genannter
Christoph Rindfleisch zu eilten ehrlichen, redlichen Sachen, Handlungen, Ständen,
Aemtern würdig und tüchtig sein und wohl gebraucht werden ohne Unser,
Unser Nachkommen, Königen von BeHeim, Herzogen in Schlesien und Mänuiglichs
Widerspruch und Hinderniß. — Wo sich aber Jemand diesem Unserem Königlichen
Spruch und rechtlichen Erkenntniß entgegen hielte mit Worten und Werken,
wer der oder die wären, die in solchem freventlichen Eigenwillen befunden
würden, der oder dieselbigen solle jeglicher insbesondere ohne alle Gnade und
uuabläßlich hundert Mark feinen Silbers zur Pön verfallen sein, halb in
Unsere Königliche Kammer, halb zum Ban und Besserung unserer Stadt
Breslau."*) —

Bestimmt genug lautete dieser königliche Sentenzbrief, hoch genug war die
Strafe, die deu Zuwiderhandeludeu bedrohte, vornehm genug waren die Namen
der Fürsten, Grasen und Herren, die dem König dies Urtheil gefunden hatten,
und groß genug war auch das königliche Jnsiegel, das man an den Bries
hülg, nur Schade, daß zu all' dem die Wirkung im umgekehrten Verhältniß
stand. Die Herren Landleute des Fürstenthums dachten gar nicht daran des
Königs Urtheil zu respektiren, sie blieben bei ihrer Erklärung und das Hof¬
gericht hielt keine Sitzungen. So blieb es auch, nachdem der König nochmals
scharf tadelnd befohlen hatte, „daß ihr gedachten Christoph Rindfleisch Inhalts
Unseres rechtlichen Erkenntnisses bei euch in seinem Stuhl sitzen und wie Wir
^und vormals befohlen, neben und mit euch das Recht handeln und sprechen
lasset." Sie hatten ja auch ihre mächtigen Fürsprecher an höchster Stelle und
höchster Abkunft, Feinde der übermächtigen Pfeffersäcke, aber vor Allem, wo
war die Staatsgewalt, die dem pomphaften Sentenzbriefe Vollstreckung ver¬
schaffen konnte?

Die deutschen Rechtsanschauungen des Mittelalters hatten zugelassen,
daß Bestandtheile der Staatsgewalt Gegenstand privater Gerechtssame wurden; '
die Verquickung von Staats- und Privatrecht hatte zumal in Schlesien dahin



Die wörtlichen Anführungen sind der Wiederholung des ersten Sentenzüriefes (1S01)
dem zweiten (1SV2) entnommen,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/129>, abgerufen am 24.08.2024.