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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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zu sicherem Renteukauf verwendet. So 1468, als die Stadt "Herzugeswegen
aus päpstlichen und kaiserlichen Geboten" -- gegen den Ketzer Georg Podie-
brad -- "von guten Leuten Geld ans sich nehmen mußte", da hatte Herr Hans
Rindfleisch seine baren Mittel zur Verfügung gestellt und für zwölfhundert
Mark^) Hauptgut hundertundzwanzig Mark jährlichen Zinses auf dein städti¬
schen Hopfenhanse erworben und auch Schweidnitz und Görlitz hatten ihm be¬
trächtliche Renten auf ihre Kämmereien verkauft. Selbst das höchste Ziel
breslaner Kaufleute machten seine guten Geschäfte ihm zu erreichen möglich:
er war Gutsherr geworden, Erbherr auf Rasselwitz, Kaltern und Jenkwitz. --

Zwölf Kinder lebten ihm, als er im Winter 1477 zu 1478 das Zeitliche
segnete, 5 Sohne,und 7 Töchter; von diesen freilich die eine nicht mehr zu
rechnen, die schou frühzeitig sich "begeben", Nonne in dem Jnngfernklvster zu
Se. Katharina, todt für die Familie, abgefunden an dem reichen Erbe. Der
älteste Sohn, Hans, wie es scheint ein unbedeutender Kopf, erfreute sich länger
des lockern Junggesellenthums, als dem soliden Manne damals ziemte, und
als er denn Jungfrau Anna aus dem reichen Weinhändlerhause der Dachse
heimgeführt hatte, die ihm unter anderem Gut ein schönes Haus am Ringe
zubrachte, da war er ehrgeizlos mit dem Wohlleben, das ihm sein Reichthum
sicherte, zufrieden; die Geschichte weiß des Bemerkenswerthen wenig von ihm
zu erzählen. Hieronymus, der zweite der Brüder, trieb in Nürnberg blühen¬
den Handel mit Leinwand, Pelzwerk und Kleinodien und starb unver-
heirathet als Gast im Hause seines Bruders Christoph zu Breslau im Jahre
1492. Dieser Christoph Rindfleisch ist damals schon ausgesprochen das Haupt
der Familie. Außer persönlichen Vorzügen trug dazu wesentlich bei, daß er
mit seinem Stiefvater, -- die Mutter hatte schon 1482 wieder geheirathet --
Herrn David Jentsch, einem der geachtetsten Kaufleute und Rathsherren, lauge
Jahre in gewinnreicher Handelsgesellschaft gelebt hatte und dadurch auch in
näherer Beziehung zur Mutter sowohl wie zu den minderjährigen Geschwistern
geblieben war, besouders aber war sein Ansehen dnrch die Ehe mit Hedwig
Korn, der Tochter des vor Zeiten aus Lanbingen in Schwaben eingewanderten
Herrn Markus Korn vermehrt worden, denn anßer großem Vermögen hatte
sie ihm wichtige Familienbeziehungen, freundschaftliche und verwandtschaftliche,
zugebracht, zu den Scheuerlein namentlich und den Popplau. -- Peter Rind¬
fleisch endlich, der jüngste der Brüder, -- Georg war minderjährig gestorben
erscheint auch als wohlsitnirter Kaufmann, reich verheirathet, in hohem Ansehn
bis zu seinem Tode im Jahre 1535. -- Fast noch mehr bedeuteten die Namen
der Herren, die Herrn Christophs Schwestern heimgeführt hatten, ein mächtiger



*) Die Mark etwa gleich dem Dukaten.

zu sicherem Renteukauf verwendet. So 1468, als die Stadt „Herzugeswegen
aus päpstlichen und kaiserlichen Geboten" — gegen den Ketzer Georg Podie-
brad — „von guten Leuten Geld ans sich nehmen mußte", da hatte Herr Hans
Rindfleisch seine baren Mittel zur Verfügung gestellt und für zwölfhundert
Mark^) Hauptgut hundertundzwanzig Mark jährlichen Zinses auf dein städti¬
schen Hopfenhanse erworben und auch Schweidnitz und Görlitz hatten ihm be¬
trächtliche Renten auf ihre Kämmereien verkauft. Selbst das höchste Ziel
breslaner Kaufleute machten seine guten Geschäfte ihm zu erreichen möglich:
er war Gutsherr geworden, Erbherr auf Rasselwitz, Kaltern und Jenkwitz. —

Zwölf Kinder lebten ihm, als er im Winter 1477 zu 1478 das Zeitliche
segnete, 5 Sohne,und 7 Töchter; von diesen freilich die eine nicht mehr zu
rechnen, die schou frühzeitig sich „begeben", Nonne in dem Jnngfernklvster zu
Se. Katharina, todt für die Familie, abgefunden an dem reichen Erbe. Der
älteste Sohn, Hans, wie es scheint ein unbedeutender Kopf, erfreute sich länger
des lockern Junggesellenthums, als dem soliden Manne damals ziemte, und
als er denn Jungfrau Anna aus dem reichen Weinhändlerhause der Dachse
heimgeführt hatte, die ihm unter anderem Gut ein schönes Haus am Ringe
zubrachte, da war er ehrgeizlos mit dem Wohlleben, das ihm sein Reichthum
sicherte, zufrieden; die Geschichte weiß des Bemerkenswerthen wenig von ihm
zu erzählen. Hieronymus, der zweite der Brüder, trieb in Nürnberg blühen¬
den Handel mit Leinwand, Pelzwerk und Kleinodien und starb unver-
heirathet als Gast im Hause seines Bruders Christoph zu Breslau im Jahre
1492. Dieser Christoph Rindfleisch ist damals schon ausgesprochen das Haupt
der Familie. Außer persönlichen Vorzügen trug dazu wesentlich bei, daß er
mit seinem Stiefvater, — die Mutter hatte schon 1482 wieder geheirathet —
Herrn David Jentsch, einem der geachtetsten Kaufleute und Rathsherren, lauge
Jahre in gewinnreicher Handelsgesellschaft gelebt hatte und dadurch auch in
näherer Beziehung zur Mutter sowohl wie zu den minderjährigen Geschwistern
geblieben war, besouders aber war sein Ansehen dnrch die Ehe mit Hedwig
Korn, der Tochter des vor Zeiten aus Lanbingen in Schwaben eingewanderten
Herrn Markus Korn vermehrt worden, denn anßer großem Vermögen hatte
sie ihm wichtige Familienbeziehungen, freundschaftliche und verwandtschaftliche,
zugebracht, zu den Scheuerlein namentlich und den Popplau. — Peter Rind¬
fleisch endlich, der jüngste der Brüder, — Georg war minderjährig gestorben
erscheint auch als wohlsitnirter Kaufmann, reich verheirathet, in hohem Ansehn
bis zu seinem Tode im Jahre 1535. — Fast noch mehr bedeuteten die Namen
der Herren, die Herrn Christophs Schwestern heimgeführt hatten, ein mächtiger



*) Die Mark etwa gleich dem Dukaten.
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[0126] zu sicherem Renteukauf verwendet. So 1468, als die Stadt „Herzugeswegen aus päpstlichen und kaiserlichen Geboten" — gegen den Ketzer Georg Podie- brad — „von guten Leuten Geld ans sich nehmen mußte", da hatte Herr Hans Rindfleisch seine baren Mittel zur Verfügung gestellt und für zwölfhundert Mark^) Hauptgut hundertundzwanzig Mark jährlichen Zinses auf dein städti¬ schen Hopfenhanse erworben und auch Schweidnitz und Görlitz hatten ihm be¬ trächtliche Renten auf ihre Kämmereien verkauft. Selbst das höchste Ziel breslaner Kaufleute machten seine guten Geschäfte ihm zu erreichen möglich: er war Gutsherr geworden, Erbherr auf Rasselwitz, Kaltern und Jenkwitz. — Zwölf Kinder lebten ihm, als er im Winter 1477 zu 1478 das Zeitliche segnete, 5 Sohne,und 7 Töchter; von diesen freilich die eine nicht mehr zu rechnen, die schou frühzeitig sich „begeben", Nonne in dem Jnngfernklvster zu Se. Katharina, todt für die Familie, abgefunden an dem reichen Erbe. Der älteste Sohn, Hans, wie es scheint ein unbedeutender Kopf, erfreute sich länger des lockern Junggesellenthums, als dem soliden Manne damals ziemte, und als er denn Jungfrau Anna aus dem reichen Weinhändlerhause der Dachse heimgeführt hatte, die ihm unter anderem Gut ein schönes Haus am Ringe zubrachte, da war er ehrgeizlos mit dem Wohlleben, das ihm sein Reichthum sicherte, zufrieden; die Geschichte weiß des Bemerkenswerthen wenig von ihm zu erzählen. Hieronymus, der zweite der Brüder, trieb in Nürnberg blühen¬ den Handel mit Leinwand, Pelzwerk und Kleinodien und starb unver- heirathet als Gast im Hause seines Bruders Christoph zu Breslau im Jahre 1492. Dieser Christoph Rindfleisch ist damals schon ausgesprochen das Haupt der Familie. Außer persönlichen Vorzügen trug dazu wesentlich bei, daß er mit seinem Stiefvater, — die Mutter hatte schon 1482 wieder geheirathet — Herrn David Jentsch, einem der geachtetsten Kaufleute und Rathsherren, lauge Jahre in gewinnreicher Handelsgesellschaft gelebt hatte und dadurch auch in näherer Beziehung zur Mutter sowohl wie zu den minderjährigen Geschwistern geblieben war, besouders aber war sein Ansehen dnrch die Ehe mit Hedwig Korn, der Tochter des vor Zeiten aus Lanbingen in Schwaben eingewanderten Herrn Markus Korn vermehrt worden, denn anßer großem Vermögen hatte sie ihm wichtige Familienbeziehungen, freundschaftliche und verwandtschaftliche, zugebracht, zu den Scheuerlein namentlich und den Popplau. — Peter Rind¬ fleisch endlich, der jüngste der Brüder, — Georg war minderjährig gestorben erscheint auch als wohlsitnirter Kaufmann, reich verheirathet, in hohem Ansehn bis zu seinem Tode im Jahre 1535. — Fast noch mehr bedeuteten die Namen der Herren, die Herrn Christophs Schwestern heimgeführt hatten, ein mächtiger *) Die Mark etwa gleich dem Dukaten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/126>, abgerufen am 22.07.2024.