Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.Allerdings war der Erstere auch von den Souveränitätsgelüsten seiner Zeit an¬ Das Behauptete erläutern wir an einem Beispiele aus dem Jahr 1727, Wider alles Erwarten genehmigten die Landstände, trotz der drohenden Nach Wilhelm Ernsts Tode gelangte Ernst August zur alleinigen Re- Allerdings war der Erstere auch von den Souveränitätsgelüsten seiner Zeit an¬ Das Behauptete erläutern wir an einem Beispiele aus dem Jahr 1727, Wider alles Erwarten genehmigten die Landstände, trotz der drohenden Nach Wilhelm Ernsts Tode gelangte Ernst August zur alleinigen Re- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137788"/> <p xml:id="ID_199" prev="#ID_198"> Allerdings war der Erstere auch von den Souveränitätsgelüsten seiner Zeit an¬<lb/> gekränkelt, und daß es schon während der Periode dieser Gesammtregieruug<lb/> nicht zum Aeußersten kommen konnte, dafür sorgten die „Jalousies": jeder der<lb/> Fürsten wollte eben sür den besten Regenten gelten und möglichst großes<lb/> väterliches Wohlwollen für das Land dokumentiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_200"> Das Behauptete erläutern wir an einem Beispiele aus dem Jahr 1727,<lb/> wo die beiden Herzöge einen Landtag beriefen, da, wie die Propositionsschrift<lb/> sagt, einer der grausamsten und blutigsten Kriege, die jemals zu besorgen ge¬<lb/> wesen, in Aussicht stehen würde. Gegenüber einem so welthistorischen Ereig¬<lb/> nisse mußte Weimar, dem damals bekanntlich noch Eisenach und Jena —<lb/> von dem Neustädter Kreise gar nicht zu reden — abging, eminent gesattelt sein.<lb/> Es kam nur darauf an, die Kriegsbereitschaft auf eine dem Lande erträgliche<lb/> Weise zu ermöglichen. Die Jalousies und die die Harmonie störenden Ver¬<lb/> hältnisse unter den deutschen Mächten hatte der weimarische Herzog — wenig¬<lb/> stens in seiner Denkschrift an seine getreuen Stände — zur eignen Sicher¬<lb/> stellung vollständig aus dem Wege geräumt. Zum Wohle der Menschheit, Weimar<lb/> uwegriffen, fehlten nnr noch tausend Mann Militär, die inklusive der Pa¬<lb/> tronentaschen nur auf rund 76,632 Gulden auf ein Jahr zu stehen kommen<lb/> sollten. In rühmlicher Fürsorge für die Gesundheit dieser Krieger hatte man<lb/> pro Kopf einen Thaler bei der zu errichtenden Feldapotheke gerechnet, während<lb/> °le Flinten pro Stück nnr zwei Thaler sechzehn Groschen kosteten. Viel<lb/> werden diese nicht geleistet haben; aber es ist erstaunlich, daß damals ein<lb/> deutsches Heer verhältnißmäßig fo billig bewaffnet werden konnte. —</p><lb/> <p xml:id="ID_201"> Wider alles Erwarten genehmigten die Landstände, trotz der drohenden<lb/> europäischen Verwickelungen, nur vierhundert Mann, da man den Präsenzstand<lb/> °on acht Kompagnien Landausschuß und der Garde, die wohl sechshundert<lb/> ^um ausmachte, für ausreichend hielt, um das Jahrhundert in die Schranken<lb/> fordern. Als Wilhelm Ernst die Bewilligungsschrift der getreuen Stände<lb/> ^utgegennahm, erklärte er sich zufrieden und ließ hinzusetzen: er müsse aller¬<lb/> dings gestehen, daß, wenn die tausend Mann von den getreuen Landständen<lb/> bewilligt worden wären, sie mit diesem Beschlusse am meisten die lieben Unter¬<lb/> thanen selbst „bekriegt" hätten. Er bat deshalb die tausend Mann nnr im<lb/> Falle einer Alliance zu genehmigen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_202" next="#ID_203"> Nach Wilhelm Ernsts Tode gelangte Ernst August zur alleinigen Re-<lb/> Wrung. Ein Fürst nicht ohne Verdienst, aber getragen von der unausrott¬<lb/> baren Eitelkeit, im Konzert der europäischen Mächte eine Rolle mitzuspielen,<lb/> vermehrte er das Militär in einer für das Land geradezu unerträglichen Weife,<lb/> und zwar durch kostspielige Neuformirung von Garden zu Fuß, Kavallerie<lb/> und Artillerieabteilungen. So warb er u. a. den Stamm für ein Husaren-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
Allerdings war der Erstere auch von den Souveränitätsgelüsten seiner Zeit an¬
gekränkelt, und daß es schon während der Periode dieser Gesammtregieruug
nicht zum Aeußersten kommen konnte, dafür sorgten die „Jalousies": jeder der
Fürsten wollte eben sür den besten Regenten gelten und möglichst großes
väterliches Wohlwollen für das Land dokumentiren.
Das Behauptete erläutern wir an einem Beispiele aus dem Jahr 1727,
wo die beiden Herzöge einen Landtag beriefen, da, wie die Propositionsschrift
sagt, einer der grausamsten und blutigsten Kriege, die jemals zu besorgen ge¬
wesen, in Aussicht stehen würde. Gegenüber einem so welthistorischen Ereig¬
nisse mußte Weimar, dem damals bekanntlich noch Eisenach und Jena —
von dem Neustädter Kreise gar nicht zu reden — abging, eminent gesattelt sein.
Es kam nur darauf an, die Kriegsbereitschaft auf eine dem Lande erträgliche
Weise zu ermöglichen. Die Jalousies und die die Harmonie störenden Ver¬
hältnisse unter den deutschen Mächten hatte der weimarische Herzog — wenig¬
stens in seiner Denkschrift an seine getreuen Stände — zur eignen Sicher¬
stellung vollständig aus dem Wege geräumt. Zum Wohle der Menschheit, Weimar
uwegriffen, fehlten nnr noch tausend Mann Militär, die inklusive der Pa¬
tronentaschen nur auf rund 76,632 Gulden auf ein Jahr zu stehen kommen
sollten. In rühmlicher Fürsorge für die Gesundheit dieser Krieger hatte man
pro Kopf einen Thaler bei der zu errichtenden Feldapotheke gerechnet, während
°le Flinten pro Stück nnr zwei Thaler sechzehn Groschen kosteten. Viel
werden diese nicht geleistet haben; aber es ist erstaunlich, daß damals ein
deutsches Heer verhältnißmäßig fo billig bewaffnet werden konnte. —
Wider alles Erwarten genehmigten die Landstände, trotz der drohenden
europäischen Verwickelungen, nur vierhundert Mann, da man den Präsenzstand
°on acht Kompagnien Landausschuß und der Garde, die wohl sechshundert
^um ausmachte, für ausreichend hielt, um das Jahrhundert in die Schranken
fordern. Als Wilhelm Ernst die Bewilligungsschrift der getreuen Stände
^utgegennahm, erklärte er sich zufrieden und ließ hinzusetzen: er müsse aller¬
dings gestehen, daß, wenn die tausend Mann von den getreuen Landständen
bewilligt worden wären, sie mit diesem Beschlusse am meisten die lieben Unter¬
thanen selbst „bekriegt" hätten. Er bat deshalb die tausend Mann nnr im
Falle einer Alliance zu genehmigen. —
Nach Wilhelm Ernsts Tode gelangte Ernst August zur alleinigen Re-
Wrung. Ein Fürst nicht ohne Verdienst, aber getragen von der unausrott¬
baren Eitelkeit, im Konzert der europäischen Mächte eine Rolle mitzuspielen,
vermehrte er das Militär in einer für das Land geradezu unerträglichen Weife,
und zwar durch kostspielige Neuformirung von Garden zu Fuß, Kavallerie
und Artillerieabteilungen. So warb er u. a. den Stamm für ein Husaren-
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