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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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Kossebande und Loschwitz Weinberge anlegte. Sehr wichtig war für die Ver¬
breitung der Weinknltur das Kloster Pforta, von dem die Anregung zu der
regen Winzerthätigkeit ausgegangen zu sein scheint, welche die Berge der
mittleren Saale und der Unstrut mit Reben bedeckte. Es gab im fünfzehnten
Jahrhundert Weinberge bei Naumburg, Merseburg, Zeitz, Halle und an der
Mulde bei Würzen. Es gab deren ferner bei Göttingen und Münden, bei
Magdeburg und Lüneburg, wo die Hussiten schwerlich, wie unsre Schrift
meint, ihre Unthaten auch auf sie erstreckten; endlich auf den Gütern der
Cistercienser in Riddagshausen bei Braunschweig. In der Altmark hatte
Albrecht der Bür durch Rheinländer die ersten Reben pflanzen lassen, 1285
schon trieb Stendal Handel mit dort erzeugten Wein, und noch 1559 ließ
die Stadt Gardelegen drei Frachtwagen mit Setzreben aus Franken kommen.

Stark verbreitet war der Weinbau bereits in sehr alter Zeit auf der
rechten Seite der Elbe bis an die Oder und darüber hinaus. Im Jahre 1544
wurden 3684 Faß weißer und 2188 Faß rother märkischer Wein gewonnen.
Ueberhaupt hat das Brandenburgische mit der Niederlausitz in der Vorzeit
einen Weinbau und Weinexport gehabt wie kein anderes Gebiet Norddeutsch-
lands. Schon um 1187 kommen klösterliche Weinberge auf den Höhen bei
Leitzkau vor, später gab es ausgedehnte Rebenpflnnzungeu bei Ratheuow, bei
Brandenburg, bei Köln an der Spree, bei Oderberg, Lübben und namentlich
bei Guben, dessen Weine durch ganz Norddeutschland bezogen wurden. 1565
bestanden allein bei Berlin 96 Weinberge, 1574 lieferte ein solcher bei Taßdorf
150 Tonnen, noch im Jahre 1617 erschienen für den landesherrlichen und
privaten Weinbau eigue Verordnungen. In Mecklenburg hatte man sich schon
im vierzehnten Jahrhundert mit dem Anbau der Rebe befaßt, doch scheint der¬
selbe erst seit 1504 in großem Stil und in lohnender Weise betrieben worden
zu sein. 1508 finden wir hier Rebenpflanznngen, zu denen man die Setzlinge
aus Franken und vom Rhein geholt hatte, bei Schwerin, Plan, Lübz,
Grevismühlen und Stargard. Was mit dem Weinstock im Nordwesten nicht
gelungen war, wo Bischof Adalbert von Bremen Versuche gemacht, ihn einzu¬
bürgern, das gelang um so besser im Nordosten. Wie die Oder noch jetzt im
Brandenburgischen Weinberge bespült, so auch in Schlesien. Hier wird schon
unter Herzog Heinrich dem Ersten, der von 1201 bis 1238 regierte, bei
Trebnitz, bei Schlaup im Kreise Jauer und bei Löwenberg Weinban getrieben,
und die alten Landesbücher preisen das Jahr 1288 als ein vortreffliches
Weinjahr. Auch der Grüneberger Weinbau ist ziemlich alt; denn er stammt
aus dem dreizehnten Jahrhundert, wo fränkische Ansiedelungen ihn einführten.
1453 ließ die strenge Kälte die Stöcke bis auf die Wurzeln erfrieren, aber, als
man sie durch edle Setzlinge aus Ungarn und Franken ersetzt hatte, brachte


Kossebande und Loschwitz Weinberge anlegte. Sehr wichtig war für die Ver¬
breitung der Weinknltur das Kloster Pforta, von dem die Anregung zu der
regen Winzerthätigkeit ausgegangen zu sein scheint, welche die Berge der
mittleren Saale und der Unstrut mit Reben bedeckte. Es gab im fünfzehnten
Jahrhundert Weinberge bei Naumburg, Merseburg, Zeitz, Halle und an der
Mulde bei Würzen. Es gab deren ferner bei Göttingen und Münden, bei
Magdeburg und Lüneburg, wo die Hussiten schwerlich, wie unsre Schrift
meint, ihre Unthaten auch auf sie erstreckten; endlich auf den Gütern der
Cistercienser in Riddagshausen bei Braunschweig. In der Altmark hatte
Albrecht der Bür durch Rheinländer die ersten Reben pflanzen lassen, 1285
schon trieb Stendal Handel mit dort erzeugten Wein, und noch 1559 ließ
die Stadt Gardelegen drei Frachtwagen mit Setzreben aus Franken kommen.

Stark verbreitet war der Weinbau bereits in sehr alter Zeit auf der
rechten Seite der Elbe bis an die Oder und darüber hinaus. Im Jahre 1544
wurden 3684 Faß weißer und 2188 Faß rother märkischer Wein gewonnen.
Ueberhaupt hat das Brandenburgische mit der Niederlausitz in der Vorzeit
einen Weinbau und Weinexport gehabt wie kein anderes Gebiet Norddeutsch-
lands. Schon um 1187 kommen klösterliche Weinberge auf den Höhen bei
Leitzkau vor, später gab es ausgedehnte Rebenpflnnzungeu bei Ratheuow, bei
Brandenburg, bei Köln an der Spree, bei Oderberg, Lübben und namentlich
bei Guben, dessen Weine durch ganz Norddeutschland bezogen wurden. 1565
bestanden allein bei Berlin 96 Weinberge, 1574 lieferte ein solcher bei Taßdorf
150 Tonnen, noch im Jahre 1617 erschienen für den landesherrlichen und
privaten Weinbau eigue Verordnungen. In Mecklenburg hatte man sich schon
im vierzehnten Jahrhundert mit dem Anbau der Rebe befaßt, doch scheint der¬
selbe erst seit 1504 in großem Stil und in lohnender Weise betrieben worden
zu sein. 1508 finden wir hier Rebenpflanznngen, zu denen man die Setzlinge
aus Franken und vom Rhein geholt hatte, bei Schwerin, Plan, Lübz,
Grevismühlen und Stargard. Was mit dem Weinstock im Nordwesten nicht
gelungen war, wo Bischof Adalbert von Bremen Versuche gemacht, ihn einzu¬
bürgern, das gelang um so besser im Nordosten. Wie die Oder noch jetzt im
Brandenburgischen Weinberge bespült, so auch in Schlesien. Hier wird schon
unter Herzog Heinrich dem Ersten, der von 1201 bis 1238 regierte, bei
Trebnitz, bei Schlaup im Kreise Jauer und bei Löwenberg Weinban getrieben,
und die alten Landesbücher preisen das Jahr 1288 als ein vortreffliches
Weinjahr. Auch der Grüneberger Weinbau ist ziemlich alt; denn er stammt
aus dem dreizehnten Jahrhundert, wo fränkische Ansiedelungen ihn einführten.
1453 ließ die strenge Kälte die Stöcke bis auf die Wurzeln erfrieren, aber, als
man sie durch edle Setzlinge aus Ungarn und Franken ersetzt hatte, brachte


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[0510] Kossebande und Loschwitz Weinberge anlegte. Sehr wichtig war für die Ver¬ breitung der Weinknltur das Kloster Pforta, von dem die Anregung zu der regen Winzerthätigkeit ausgegangen zu sein scheint, welche die Berge der mittleren Saale und der Unstrut mit Reben bedeckte. Es gab im fünfzehnten Jahrhundert Weinberge bei Naumburg, Merseburg, Zeitz, Halle und an der Mulde bei Würzen. Es gab deren ferner bei Göttingen und Münden, bei Magdeburg und Lüneburg, wo die Hussiten schwerlich, wie unsre Schrift meint, ihre Unthaten auch auf sie erstreckten; endlich auf den Gütern der Cistercienser in Riddagshausen bei Braunschweig. In der Altmark hatte Albrecht der Bür durch Rheinländer die ersten Reben pflanzen lassen, 1285 schon trieb Stendal Handel mit dort erzeugten Wein, und noch 1559 ließ die Stadt Gardelegen drei Frachtwagen mit Setzreben aus Franken kommen. Stark verbreitet war der Weinbau bereits in sehr alter Zeit auf der rechten Seite der Elbe bis an die Oder und darüber hinaus. Im Jahre 1544 wurden 3684 Faß weißer und 2188 Faß rother märkischer Wein gewonnen. Ueberhaupt hat das Brandenburgische mit der Niederlausitz in der Vorzeit einen Weinbau und Weinexport gehabt wie kein anderes Gebiet Norddeutsch- lands. Schon um 1187 kommen klösterliche Weinberge auf den Höhen bei Leitzkau vor, später gab es ausgedehnte Rebenpflnnzungeu bei Ratheuow, bei Brandenburg, bei Köln an der Spree, bei Oderberg, Lübben und namentlich bei Guben, dessen Weine durch ganz Norddeutschland bezogen wurden. 1565 bestanden allein bei Berlin 96 Weinberge, 1574 lieferte ein solcher bei Taßdorf 150 Tonnen, noch im Jahre 1617 erschienen für den landesherrlichen und privaten Weinbau eigue Verordnungen. In Mecklenburg hatte man sich schon im vierzehnten Jahrhundert mit dem Anbau der Rebe befaßt, doch scheint der¬ selbe erst seit 1504 in großem Stil und in lohnender Weise betrieben worden zu sein. 1508 finden wir hier Rebenpflanznngen, zu denen man die Setzlinge aus Franken und vom Rhein geholt hatte, bei Schwerin, Plan, Lübz, Grevismühlen und Stargard. Was mit dem Weinstock im Nordwesten nicht gelungen war, wo Bischof Adalbert von Bremen Versuche gemacht, ihn einzu¬ bürgern, das gelang um so besser im Nordosten. Wie die Oder noch jetzt im Brandenburgischen Weinberge bespült, so auch in Schlesien. Hier wird schon unter Herzog Heinrich dem Ersten, der von 1201 bis 1238 regierte, bei Trebnitz, bei Schlaup im Kreise Jauer und bei Löwenberg Weinban getrieben, und die alten Landesbücher preisen das Jahr 1288 als ein vortreffliches Weinjahr. Auch der Grüneberger Weinbau ist ziemlich alt; denn er stammt aus dem dreizehnten Jahrhundert, wo fränkische Ansiedelungen ihn einführten. 1453 ließ die strenge Kälte die Stöcke bis auf die Wurzeln erfrieren, aber, als man sie durch edle Setzlinge aus Ungarn und Franken ersetzt hatte, brachte

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/510>, abgerufen am 03.07.2024.