Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.worden. Im Folgenden wollen wir diese alte Form der Assoziativ" näher Wenn bis zum Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Macht des Hand¬ worden. Im Folgenden wollen wir diese alte Form der Assoziativ» näher Wenn bis zum Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Macht des Hand¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0471" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138172"/> <p xml:id="ID_1348" prev="#ID_1347"> worden. Im Folgenden wollen wir diese alte Form der Assoziativ» näher<lb/> betrachten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1349" next="#ID_1350"> Wenn bis zum Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Macht des Hand¬<lb/> werks in den Händen der Meister lag, wenn diese die Gesetze gaben und den<lb/> Brauch bestimmten, so darf man doch nicht glauben, daß die Knechte oder Ge¬<lb/> sellen bis dahin sich immer als gehorsame Diener gefügt hätten. Vielmehr<lb/> begegnen uns schon im ersten Drittel jenes Jahrhunderts Thatsachen, welche<lb/> von dem Streben der Knechte zeugen, durch gemeinschaftliches Auftreten einen<lb/> Druck auf die Meister auszuüben, welche die Zunft regierten. In Breslau<lb/> erschienen schon 1329 die Gürtlermeister vor dem Rathe und erklärten, „da die<lb/> Gürtlerknechte sich vereinigt haben, ein Jahr lang alle Arbeit einzustellen, so<lb/> wollen auch wir keinem Arbeit geben." Bemerkenswerth ist, daß der Rath<lb/> den Beschluß der Meister, nach dem jeder, der innerhalb jenes Jahres einen<lb/> Gesellen in Arbeit nehmen sollte, der Stadt Strafe zahlen müsse, einfach regi-<lb/> strirt, ohne selbst einzuschreiten. Es ist daraus zu schließen, daß die Gesellen<lb/> bereits die Stadt verlassen hatten, und zweitens, daß die Meister sich noch<lb/> genug Macht zutrauten, um die Sache zum Nachtheil der Gesellen wenden zu<lb/> können. Wenige Jahre später würden sie wohl vom Gegentheil überzeugt<lb/> gewesen sein und Schritte zur Versöhnung gethan haben, wie das 1351 zu<lb/> Speier geschah, wo, wie bereits berichtet, die Tuchermeister mit den Weber¬<lb/> knechten über Lohnerhöhung nicht einig werden konnten, zuletzt aber von ihren<lb/> gemeinschaftlich gegen sie auftretenden Arbeitern zum Nachgeben gezwungen<lb/> wurden. Diese hatten mit Aufstand und Auszug gedroht, und die Ueberein-<lb/> kunft setzte für jede Art vou Weberei den Lohn fest und bestimmte, daß der¬<lb/> selbe nur in Geld und üblicher Münze der Stadt Speier zu bestehen habe.<lb/> Interessant ist noch, daß der Uebertreter einer von diesen Bestimmungen so<lb/> lange „das Handwerk verloren haben soll, bis er das gebessert, als dann die<lb/> Meister und Knechte wissen und sagen, daß es genng sei." Die Knechte treten<lb/> also hiermit in das Handwerksgericht ein und haben über das Vergehen eines<lb/> Meisters mit zu entscheiden. 1362 erzwangen die Knechte der Speier'schen Tuch¬<lb/> macher abermals höheren Lohn. 1383 mußten sich die Schmiedemeister einer<lb/> Anzahl vou rheinischen Städten zu einem Abkommen mit ihren Knechten über<lb/> verschiedene Forderungen derselben bequemen. In Konstanz fand 1389 ein<lb/> Aufstand der Schneidergesellen statt, über den der Rath entschied: Zwei Knechte<lb/> wurden gebüßt und die andern angewiesen, entweder „zu arbeiten und zu<lb/> dienen oder binnen acht Tagen aufzufahren." Die erste förmliche Gesellen¬<lb/> verbindung treffen wir in Basel an. Hier erließ der Rath 1399 eine Ver¬<lb/> ordnung, kraft welcher „die Schneiderknechte kein Gebot, Ordnung, Erkenntniß<lb/> noch Besserung (Geldstrafe) unter einander machen, aufsetzen, ordnen oder er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0471]
worden. Im Folgenden wollen wir diese alte Form der Assoziativ» näher
betrachten.
Wenn bis zum Ende des vierzehnten Jahrhunderts die Macht des Hand¬
werks in den Händen der Meister lag, wenn diese die Gesetze gaben und den
Brauch bestimmten, so darf man doch nicht glauben, daß die Knechte oder Ge¬
sellen bis dahin sich immer als gehorsame Diener gefügt hätten. Vielmehr
begegnen uns schon im ersten Drittel jenes Jahrhunderts Thatsachen, welche
von dem Streben der Knechte zeugen, durch gemeinschaftliches Auftreten einen
Druck auf die Meister auszuüben, welche die Zunft regierten. In Breslau
erschienen schon 1329 die Gürtlermeister vor dem Rathe und erklärten, „da die
Gürtlerknechte sich vereinigt haben, ein Jahr lang alle Arbeit einzustellen, so
wollen auch wir keinem Arbeit geben." Bemerkenswerth ist, daß der Rath
den Beschluß der Meister, nach dem jeder, der innerhalb jenes Jahres einen
Gesellen in Arbeit nehmen sollte, der Stadt Strafe zahlen müsse, einfach regi-
strirt, ohne selbst einzuschreiten. Es ist daraus zu schließen, daß die Gesellen
bereits die Stadt verlassen hatten, und zweitens, daß die Meister sich noch
genug Macht zutrauten, um die Sache zum Nachtheil der Gesellen wenden zu
können. Wenige Jahre später würden sie wohl vom Gegentheil überzeugt
gewesen sein und Schritte zur Versöhnung gethan haben, wie das 1351 zu
Speier geschah, wo, wie bereits berichtet, die Tuchermeister mit den Weber¬
knechten über Lohnerhöhung nicht einig werden konnten, zuletzt aber von ihren
gemeinschaftlich gegen sie auftretenden Arbeitern zum Nachgeben gezwungen
wurden. Diese hatten mit Aufstand und Auszug gedroht, und die Ueberein-
kunft setzte für jede Art vou Weberei den Lohn fest und bestimmte, daß der¬
selbe nur in Geld und üblicher Münze der Stadt Speier zu bestehen habe.
Interessant ist noch, daß der Uebertreter einer von diesen Bestimmungen so
lange „das Handwerk verloren haben soll, bis er das gebessert, als dann die
Meister und Knechte wissen und sagen, daß es genng sei." Die Knechte treten
also hiermit in das Handwerksgericht ein und haben über das Vergehen eines
Meisters mit zu entscheiden. 1362 erzwangen die Knechte der Speier'schen Tuch¬
macher abermals höheren Lohn. 1383 mußten sich die Schmiedemeister einer
Anzahl vou rheinischen Städten zu einem Abkommen mit ihren Knechten über
verschiedene Forderungen derselben bequemen. In Konstanz fand 1389 ein
Aufstand der Schneidergesellen statt, über den der Rath entschied: Zwei Knechte
wurden gebüßt und die andern angewiesen, entweder „zu arbeiten und zu
dienen oder binnen acht Tagen aufzufahren." Die erste förmliche Gesellen¬
verbindung treffen wir in Basel an. Hier erließ der Rath 1399 eine Ver¬
ordnung, kraft welcher „die Schneiderknechte kein Gebot, Ordnung, Erkenntniß
noch Besserung (Geldstrafe) unter einander machen, aufsetzen, ordnen oder er-
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