Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.Täglich gibt er ein großes Diner und fast jeden Tag Privataudienzen. Am Ganz besondere Ursache, in grandioser Weise Staat zu machen, haben die Die Bezüge der Gesandten sind vor hundert Jahren aber auch dreimal Grenzboten ir. 1877. 44
Täglich gibt er ein großes Diner und fast jeden Tag Privataudienzen. Am Ganz besondere Ursache, in grandioser Weise Staat zu machen, haben die Die Bezüge der Gesandten sind vor hundert Jahren aber auch dreimal Grenzboten ir. 1877. 44
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0349" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138050"/> <p xml:id="ID_989" prev="#ID_988"> Täglich gibt er ein großes Diner und fast jeden Tag Privataudienzen. Am<lb/> Hofe und in der Stadt ist niemand, der ihm nicht huldigte, selbst die<lb/> Minister und die Prinzen von Geblüt thun es. Er empfängt Leute, während<lb/> er uoch im Bette liegt, er schreibt und diktirt in großer Gesellschaft. Sein<lb/> Hans in Paris und seine Wohnung in Versailles werden vom Morgen bis<lb/> zum Abend nicht leer. „Aehnlich verhält es sich mit zwei- oder dreihundert<lb/> Andern in Paris, Versailles und deren Umgebung. Alle wollen nichts von<lb/> Einsamkeit wissen, Alle ihr Licht bis zum letzten Fünkchen öffentlich brennen<lb/> lassen. Die reichen Leute setzen ihren Stolz darein, sür alle Welt offne<lb/> Tafel zu halten. Die bürgerlichen Emporkömmlinge, die Finanziers mit<lb/> erkauften Adel, die Stenerpächter und deren Söhne und all' dies Volk, das seit<lb/> Law's Zeiten mit der Noblesse verkehrt, sie ahmen der letzteren selbstverständlich<lb/> Alles nach Möglichkeit nach.</p><lb/> <p xml:id="ID_990"> Ganz besondere Ursache, in grandioser Weise Staat zu machen, haben die<lb/> Minister, die Gesandten und die Generale, die den König nach verschiedenen<lb/> Seiten hin vertreten. Nichts hat die vorrevolutionäre Regierung so glanzvoll,<lb/> aber auch so drückend gemacht wie dieses allgemeine Bestreben der Vornehmen<lb/> und Hochgestellten, wie der Hof immer zu repräsentiren und in Gala zu sein.<lb/> 1772 hielt sich der französische Gesandte zu Wien, Fürst Rosen, zwei Karossen,<lb/> die vierzigtausend Francs kosteten, 40 Pferde, 7 Edelpagen, 6 Edelleute,<lb/> 5 Sekretäre, ein Orchester von zehn Personen, 12 Diener, 4 Kouriere, deren<lb/> Livreen jede mit viertausend Francs bezahlt worden waren; das übrige Personal<lb/> nach Verhältniß. Großen Luxus entfaltet der Kardinal Bernis, der Frankreich<lb/> in Rom vertritt. Er gibt ausgesuchte Diners und versteht wundervoll zu<lb/> repräsentiren. Man nennt ihn den König von Rom, und mit seinem Prunk<lb/> und der ihm dafür gezollten Achtung scheint er es wirklich zu sein. „Seine<lb/> Tafel genügte allen irgend denkbaren Ansprüchen. In Bezug auf Festlichkeiten,<lb/> Ceremonien und Illuminationen war er stets über jeden Vergleich erhaben.<lb/> Er selbst pflegte lächelnd zu sagen: Ich halte ein Hotel zum französischen Hof<lb/> auf einem Kreuzwege Europa's."</p><lb/> <p xml:id="ID_991" next="#ID_992"> Die Bezüge der Gesandten sind vor hundert Jahren aber auch dreimal<lb/> so hoch als heutzutage. Der König gibt den bedeutenderen Gesandten jährlich<lb/> fünfzigtausend Ecus. Der Herzog von Duras hat als Vertreter Frankreichs<lb/> am Hofe von Madrid 200,000 Livres an Gehalt, 100,000 Ecus als Gratifi¬<lb/> kation und 50,000 Livres für seine Ausgaben erhalten; außerdem aber lieh<lb/> man ihm Möbels und Effekten im Werthe von ungefähr einer halben Million,<lb/> wovon er die Hälfte behielt. Aehnlich verhielt es sich mit dem Bezügen der<lb/> Minister. 1789 erhielt der Kanzler 120,000, der Siegelbewahrer und Justiz-<lb/> minister 135,000 Livres. Der Staatssekretär sollte 180,670 bekommen, behauptete</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten ir. 1877. 44</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0349]
Täglich gibt er ein großes Diner und fast jeden Tag Privataudienzen. Am
Hofe und in der Stadt ist niemand, der ihm nicht huldigte, selbst die
Minister und die Prinzen von Geblüt thun es. Er empfängt Leute, während
er uoch im Bette liegt, er schreibt und diktirt in großer Gesellschaft. Sein
Hans in Paris und seine Wohnung in Versailles werden vom Morgen bis
zum Abend nicht leer. „Aehnlich verhält es sich mit zwei- oder dreihundert
Andern in Paris, Versailles und deren Umgebung. Alle wollen nichts von
Einsamkeit wissen, Alle ihr Licht bis zum letzten Fünkchen öffentlich brennen
lassen. Die reichen Leute setzen ihren Stolz darein, sür alle Welt offne
Tafel zu halten. Die bürgerlichen Emporkömmlinge, die Finanziers mit
erkauften Adel, die Stenerpächter und deren Söhne und all' dies Volk, das seit
Law's Zeiten mit der Noblesse verkehrt, sie ahmen der letzteren selbstverständlich
Alles nach Möglichkeit nach.
Ganz besondere Ursache, in grandioser Weise Staat zu machen, haben die
Minister, die Gesandten und die Generale, die den König nach verschiedenen
Seiten hin vertreten. Nichts hat die vorrevolutionäre Regierung so glanzvoll,
aber auch so drückend gemacht wie dieses allgemeine Bestreben der Vornehmen
und Hochgestellten, wie der Hof immer zu repräsentiren und in Gala zu sein.
1772 hielt sich der französische Gesandte zu Wien, Fürst Rosen, zwei Karossen,
die vierzigtausend Francs kosteten, 40 Pferde, 7 Edelpagen, 6 Edelleute,
5 Sekretäre, ein Orchester von zehn Personen, 12 Diener, 4 Kouriere, deren
Livreen jede mit viertausend Francs bezahlt worden waren; das übrige Personal
nach Verhältniß. Großen Luxus entfaltet der Kardinal Bernis, der Frankreich
in Rom vertritt. Er gibt ausgesuchte Diners und versteht wundervoll zu
repräsentiren. Man nennt ihn den König von Rom, und mit seinem Prunk
und der ihm dafür gezollten Achtung scheint er es wirklich zu sein. „Seine
Tafel genügte allen irgend denkbaren Ansprüchen. In Bezug auf Festlichkeiten,
Ceremonien und Illuminationen war er stets über jeden Vergleich erhaben.
Er selbst pflegte lächelnd zu sagen: Ich halte ein Hotel zum französischen Hof
auf einem Kreuzwege Europa's."
Die Bezüge der Gesandten sind vor hundert Jahren aber auch dreimal
so hoch als heutzutage. Der König gibt den bedeutenderen Gesandten jährlich
fünfzigtausend Ecus. Der Herzog von Duras hat als Vertreter Frankreichs
am Hofe von Madrid 200,000 Livres an Gehalt, 100,000 Ecus als Gratifi¬
kation und 50,000 Livres für seine Ausgaben erhalten; außerdem aber lieh
man ihm Möbels und Effekten im Werthe von ungefähr einer halben Million,
wovon er die Hälfte behielt. Aehnlich verhielt es sich mit dem Bezügen der
Minister. 1789 erhielt der Kanzler 120,000, der Siegelbewahrer und Justiz-
minister 135,000 Livres. Der Staatssekretär sollte 180,670 bekommen, behauptete
Grenzboten ir. 1877. 44
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |