Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

und Achselzucken über diesen verfehlten "Gedaukeumvrd" ihren Studien nach;
die große Masse des Volkes aber kümmerte sich herzlich wenig darum. Erst
etwa zweihundert Jahre mußten vergehen, bis die ersten französischen Forschungen
den Eifer mehr wohlmeinender als kluger Vertheidiger des Papstthumes er¬
weckten. Damit war der Anstoß zu lebhaftem literarischem Streit gegeben.
Schrift und Gegenschrift erschien in rascher Folge, und so mächtig war der
Strom der öffentlichen Meinung geworden, daß selbst das Kabinet von Rom
diesem Drucke nachgeben und der historischen Forschung die Akten dieses denk¬
H. von Clausewitz. würdigen Prozesses ausliefern mußte.




Lin amerikanisches Schriftstesserleben.

Soeben kommt uns ein neuer starker Band der humoristischen Schriften
Mark Twains*) in die Hände, vou dem wir mir sagen, daß er wieder eine
große Anzahl höchst ergötzlicher Einsülle, schwanke und Satiren dieses be¬
deutendsten unter den jetzt lebenden amerikanischen Humoristen enthält, und
den wir deshalb allen Freunden dieser Art von Literatur bestens empfohlen
haben wollen. Zu gleicher Zeit aber ergreifen wir die Gelegenheit, den Lesern
einige Mittheilungen über das Leben des genannten Autors zu machen, die
um so mehr Interesse beanspruchen, als sie einen Blick in das literarische Treiben
und in das Kulturleben der Annkees überhaupt eröffnen.

Mark Twaiu, oder wie er eigentlich getauft ist, Samuel Langhorne
Clemens, ist in dem Städtchen Florida im Staate Missouri geboren, und
zwar am 30. November l835. Im Alter von zwölf Jahren verlor er seinen
Vater, ein Verlust, der einen nachtheiligen Einfluß auf seine weitere Aus¬
bildung hatte; denu abgesehen vou gelegentlichem Besuch der Bezirksschule
kann man sagen, daß unser Schriftsteller seine Bildung sich selbst verdankt.
Bald nach dem Tode seines Vaters trat er bei einem Buchdrucker in die Lehre,
wozu wir bemerken, daß auch mehrere andere angesehene Autoren Amerikas,
z. B. Artemus Ward und Bayard Taylor, ihre Laufbahn als Buchdrucker-
lehrliuge begannen. Nach Ablauf der in Amerika üblichen drei Lehrjahre ging
der junge Clemens als Gehülfe auf die Wanderschaft, auf welcher ihm ver-



*) Amerikanische Humoristen. Zwölfter Band. Skizzenbuch von Mark
Twain. Ins Deutsche übertragen von Moritz Busch- Leipzig, Fr. Wilh. Grunow, 1S77-

und Achselzucken über diesen verfehlten „Gedaukeumvrd" ihren Studien nach;
die große Masse des Volkes aber kümmerte sich herzlich wenig darum. Erst
etwa zweihundert Jahre mußten vergehen, bis die ersten französischen Forschungen
den Eifer mehr wohlmeinender als kluger Vertheidiger des Papstthumes er¬
weckten. Damit war der Anstoß zu lebhaftem literarischem Streit gegeben.
Schrift und Gegenschrift erschien in rascher Folge, und so mächtig war der
Strom der öffentlichen Meinung geworden, daß selbst das Kabinet von Rom
diesem Drucke nachgeben und der historischen Forschung die Akten dieses denk¬
H. von Clausewitz. würdigen Prozesses ausliefern mußte.




Lin amerikanisches Schriftstesserleben.

Soeben kommt uns ein neuer starker Band der humoristischen Schriften
Mark Twains*) in die Hände, vou dem wir mir sagen, daß er wieder eine
große Anzahl höchst ergötzlicher Einsülle, schwanke und Satiren dieses be¬
deutendsten unter den jetzt lebenden amerikanischen Humoristen enthält, und
den wir deshalb allen Freunden dieser Art von Literatur bestens empfohlen
haben wollen. Zu gleicher Zeit aber ergreifen wir die Gelegenheit, den Lesern
einige Mittheilungen über das Leben des genannten Autors zu machen, die
um so mehr Interesse beanspruchen, als sie einen Blick in das literarische Treiben
und in das Kulturleben der Annkees überhaupt eröffnen.

Mark Twaiu, oder wie er eigentlich getauft ist, Samuel Langhorne
Clemens, ist in dem Städtchen Florida im Staate Missouri geboren, und
zwar am 30. November l835. Im Alter von zwölf Jahren verlor er seinen
Vater, ein Verlust, der einen nachtheiligen Einfluß auf seine weitere Aus¬
bildung hatte; denu abgesehen vou gelegentlichem Besuch der Bezirksschule
kann man sagen, daß unser Schriftsteller seine Bildung sich selbst verdankt.
Bald nach dem Tode seines Vaters trat er bei einem Buchdrucker in die Lehre,
wozu wir bemerken, daß auch mehrere andere angesehene Autoren Amerikas,
z. B. Artemus Ward und Bayard Taylor, ihre Laufbahn als Buchdrucker-
lehrliuge begannen. Nach Ablauf der in Amerika üblichen drei Lehrjahre ging
der junge Clemens als Gehülfe auf die Wanderschaft, auf welcher ihm ver-



*) Amerikanische Humoristen. Zwölfter Band. Skizzenbuch von Mark
Twain. Ins Deutsche übertragen von Moritz Busch- Leipzig, Fr. Wilh. Grunow, 1S77-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0504" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137677"/>
          <p xml:id="ID_1610" prev="#ID_1609"> und Achselzucken über diesen verfehlten &#x201E;Gedaukeumvrd" ihren Studien nach;<lb/>
die große Masse des Volkes aber kümmerte sich herzlich wenig darum. Erst<lb/>
etwa zweihundert Jahre mußten vergehen, bis die ersten französischen Forschungen<lb/>
den Eifer mehr wohlmeinender als kluger Vertheidiger des Papstthumes er¬<lb/>
weckten. Damit war der Anstoß zu lebhaftem literarischem Streit gegeben.<lb/>
Schrift und Gegenschrift erschien in rascher Folge, und so mächtig war der<lb/>
Strom der öffentlichen Meinung geworden, daß selbst das Kabinet von Rom<lb/>
diesem Drucke nachgeben und der historischen Forschung die Akten dieses denk¬<lb/><note type="byline"> H. von Clausewitz.</note> würdigen Prozesses ausliefern mußte. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Lin amerikanisches Schriftstesserleben.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1611"> Soeben kommt uns ein neuer starker Band der humoristischen Schriften<lb/>
Mark Twains*) in die Hände, vou dem wir mir sagen, daß er wieder eine<lb/>
große Anzahl höchst ergötzlicher Einsülle, schwanke und Satiren dieses be¬<lb/>
deutendsten unter den jetzt lebenden amerikanischen Humoristen enthält, und<lb/>
den wir deshalb allen Freunden dieser Art von Literatur bestens empfohlen<lb/>
haben wollen. Zu gleicher Zeit aber ergreifen wir die Gelegenheit, den Lesern<lb/>
einige Mittheilungen über das Leben des genannten Autors zu machen, die<lb/>
um so mehr Interesse beanspruchen, als sie einen Blick in das literarische Treiben<lb/>
und in das Kulturleben der Annkees überhaupt eröffnen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1612" next="#ID_1613"> Mark Twaiu, oder wie er eigentlich getauft ist, Samuel Langhorne<lb/>
Clemens, ist in dem Städtchen Florida im Staate Missouri geboren, und<lb/>
zwar am 30. November l835. Im Alter von zwölf Jahren verlor er seinen<lb/>
Vater, ein Verlust, der einen nachtheiligen Einfluß auf seine weitere Aus¬<lb/>
bildung hatte; denu abgesehen vou gelegentlichem Besuch der Bezirksschule<lb/>
kann man sagen, daß unser Schriftsteller seine Bildung sich selbst verdankt.<lb/>
Bald nach dem Tode seines Vaters trat er bei einem Buchdrucker in die Lehre,<lb/>
wozu wir bemerken, daß auch mehrere andere angesehene Autoren Amerikas,<lb/>
z. B. Artemus Ward und Bayard Taylor, ihre Laufbahn als Buchdrucker-<lb/>
lehrliuge begannen. Nach Ablauf der in Amerika üblichen drei Lehrjahre ging<lb/>
der junge Clemens als Gehülfe auf die Wanderschaft, auf welcher ihm ver-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_75" place="foot"> *) Amerikanische Humoristen. Zwölfter Band. Skizzenbuch von Mark<lb/>
Twain.  Ins Deutsche übertragen von Moritz Busch- Leipzig, Fr. Wilh. Grunow, 1S77-</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0504] und Achselzucken über diesen verfehlten „Gedaukeumvrd" ihren Studien nach; die große Masse des Volkes aber kümmerte sich herzlich wenig darum. Erst etwa zweihundert Jahre mußten vergehen, bis die ersten französischen Forschungen den Eifer mehr wohlmeinender als kluger Vertheidiger des Papstthumes er¬ weckten. Damit war der Anstoß zu lebhaftem literarischem Streit gegeben. Schrift und Gegenschrift erschien in rascher Folge, und so mächtig war der Strom der öffentlichen Meinung geworden, daß selbst das Kabinet von Rom diesem Drucke nachgeben und der historischen Forschung die Akten dieses denk¬ H. von Clausewitz. würdigen Prozesses ausliefern mußte. Lin amerikanisches Schriftstesserleben. Soeben kommt uns ein neuer starker Band der humoristischen Schriften Mark Twains*) in die Hände, vou dem wir mir sagen, daß er wieder eine große Anzahl höchst ergötzlicher Einsülle, schwanke und Satiren dieses be¬ deutendsten unter den jetzt lebenden amerikanischen Humoristen enthält, und den wir deshalb allen Freunden dieser Art von Literatur bestens empfohlen haben wollen. Zu gleicher Zeit aber ergreifen wir die Gelegenheit, den Lesern einige Mittheilungen über das Leben des genannten Autors zu machen, die um so mehr Interesse beanspruchen, als sie einen Blick in das literarische Treiben und in das Kulturleben der Annkees überhaupt eröffnen. Mark Twaiu, oder wie er eigentlich getauft ist, Samuel Langhorne Clemens, ist in dem Städtchen Florida im Staate Missouri geboren, und zwar am 30. November l835. Im Alter von zwölf Jahren verlor er seinen Vater, ein Verlust, der einen nachtheiligen Einfluß auf seine weitere Aus¬ bildung hatte; denu abgesehen vou gelegentlichem Besuch der Bezirksschule kann man sagen, daß unser Schriftsteller seine Bildung sich selbst verdankt. Bald nach dem Tode seines Vaters trat er bei einem Buchdrucker in die Lehre, wozu wir bemerken, daß auch mehrere andere angesehene Autoren Amerikas, z. B. Artemus Ward und Bayard Taylor, ihre Laufbahn als Buchdrucker- lehrliuge begannen. Nach Ablauf der in Amerika üblichen drei Lehrjahre ging der junge Clemens als Gehülfe auf die Wanderschaft, auf welcher ihm ver- *) Amerikanische Humoristen. Zwölfter Band. Skizzenbuch von Mark Twain. Ins Deutsche übertragen von Moritz Busch- Leipzig, Fr. Wilh. Grunow, 1S77-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/504
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/504>, abgerufen am 03.07.2024.