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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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fahrimgen bekamen die ersten Gedanken zu einer rationellen Landwirthschaft
mehr und mehr Fleisch und Blut, Rundung und Gestalt, so daß er sich die
dann in Möglin gelösten Ziele stecken konnte, nämlich:

1. Die größte Menge zur Nahrung der Thiere geeigneter Pflanzen auf
einer bestimmten Fläche Landes zu gewinnen.

2. Die verschiedenen Fruchtkräfte des Bodens für die verschiedenen ihrer
bedürfenden Fruchtarten in einer der Wiedererzeugung des Verbrauchten günstigen
Wechselfolge zu benutzen, also die Bräche entbehrlich zu machen.

Sein hierauf bezügliches Meisterwerk: "Die Grundzüge der rationellen
Landwirthschaft" erschien in den Jahren 1810 bis 1812 in vier Bänden und
wurde sehr bald in verschiedene Sprachen übersetzt. Später dachte Thaer an
eine Umarbeitung desselben, doch fand er die Zeit dazu nicht. Koppe aber,
der nachher selbst so berühmte Schüler und Gehülfe Thaers, äußert sich über
das Wesen der von seinem Lehrer begründeten Fruchtwechselwirthschaft folgen¬
dermaßen:

"Die Abwechselung der angebauten Früchte ist eine von der Natur gebotene
Nothwendigkeit. Es gibt nur wenige Kulturpflanze", die eine Reihe von
Jahren auf derselben Stelle einen guten Ertrag liefern, und zwar sind dies
nur einige perennirende Pflanzen wie Esparsette, Luzerne, Hopfen und dergl.,
die mit ihren Wurzeln sehr tief in den Boden dringen. Von den einjährigen
flachwurzelnden Gewächsen gibt es zwar einige, welche mehrere Jahre hinter
einander angebaut werden können, z. B. Tabak, Hanf, Kartoffeln, selbst Roggen,
Hafer und Raps, es ist dies aber nur in besonderen Bodenarten möglich
oder nach sehr starker Düngung, und auch dann sind die Nachtheile bei ihrer
Wiederkehr augenscheinlich und überwiegend." Koppe ist der Meinung, daß
der Grund dieser Erscheinung in dem Umstände zu suchen sei, daß jede Art
der Gewächse eines gewissen Bestandtheiles der Ackerkrume zu ihrer vollständigen
Ausbildung bedürfe, und er glaubt daher, daß dieselbe dem Boden gegebene
Düngung weit mehr Früchte wachsen lasse, wenn Pflanzen aus verschiedenen
botanischen Klassen in Abwechselung gebaut würden, indem jede Art der Ge¬
wächse vorzugsweise den ihr besonders zusagenden Theil der Düngung sich
aneigne und einverleibe und den Acker oft fruchtbarer für eine andere Pflanzen¬
art mache, welche man ihr dann folgen lassen müsse.

Thaer hatte es für seine Pflicht gehalten, die landwirthschaftliche Lehr¬
anstalt in Möglin sobald als nur möglich ins Leben zu rufen und deshalb,
weil es ihm selbst an den nöthigen Mitteln zu der mit erheblichen Kosten
verbundenen Ausführung des Planes dazu mangelte, sich entschlossen, den Bau
und die Einrichtung des Instituts auf Aktien zu unternehmen. Dieser Ge¬
danke hatte den besten Erfolg, sodaß Thaer schon im Juli 1806 die Zeichnungen


fahrimgen bekamen die ersten Gedanken zu einer rationellen Landwirthschaft
mehr und mehr Fleisch und Blut, Rundung und Gestalt, so daß er sich die
dann in Möglin gelösten Ziele stecken konnte, nämlich:

1. Die größte Menge zur Nahrung der Thiere geeigneter Pflanzen auf
einer bestimmten Fläche Landes zu gewinnen.

2. Die verschiedenen Fruchtkräfte des Bodens für die verschiedenen ihrer
bedürfenden Fruchtarten in einer der Wiedererzeugung des Verbrauchten günstigen
Wechselfolge zu benutzen, also die Bräche entbehrlich zu machen.

Sein hierauf bezügliches Meisterwerk: „Die Grundzüge der rationellen
Landwirthschaft" erschien in den Jahren 1810 bis 1812 in vier Bänden und
wurde sehr bald in verschiedene Sprachen übersetzt. Später dachte Thaer an
eine Umarbeitung desselben, doch fand er die Zeit dazu nicht. Koppe aber,
der nachher selbst so berühmte Schüler und Gehülfe Thaers, äußert sich über
das Wesen der von seinem Lehrer begründeten Fruchtwechselwirthschaft folgen¬
dermaßen:

„Die Abwechselung der angebauten Früchte ist eine von der Natur gebotene
Nothwendigkeit. Es gibt nur wenige Kulturpflanze», die eine Reihe von
Jahren auf derselben Stelle einen guten Ertrag liefern, und zwar sind dies
nur einige perennirende Pflanzen wie Esparsette, Luzerne, Hopfen und dergl.,
die mit ihren Wurzeln sehr tief in den Boden dringen. Von den einjährigen
flachwurzelnden Gewächsen gibt es zwar einige, welche mehrere Jahre hinter
einander angebaut werden können, z. B. Tabak, Hanf, Kartoffeln, selbst Roggen,
Hafer und Raps, es ist dies aber nur in besonderen Bodenarten möglich
oder nach sehr starker Düngung, und auch dann sind die Nachtheile bei ihrer
Wiederkehr augenscheinlich und überwiegend." Koppe ist der Meinung, daß
der Grund dieser Erscheinung in dem Umstände zu suchen sei, daß jede Art
der Gewächse eines gewissen Bestandtheiles der Ackerkrume zu ihrer vollständigen
Ausbildung bedürfe, und er glaubt daher, daß dieselbe dem Boden gegebene
Düngung weit mehr Früchte wachsen lasse, wenn Pflanzen aus verschiedenen
botanischen Klassen in Abwechselung gebaut würden, indem jede Art der Ge¬
wächse vorzugsweise den ihr besonders zusagenden Theil der Düngung sich
aneigne und einverleibe und den Acker oft fruchtbarer für eine andere Pflanzen¬
art mache, welche man ihr dann folgen lassen müsse.

Thaer hatte es für seine Pflicht gehalten, die landwirthschaftliche Lehr¬
anstalt in Möglin sobald als nur möglich ins Leben zu rufen und deshalb,
weil es ihm selbst an den nöthigen Mitteln zu der mit erheblichen Kosten
verbundenen Ausführung des Planes dazu mangelte, sich entschlossen, den Bau
und die Einrichtung des Instituts auf Aktien zu unternehmen. Dieser Ge¬
danke hatte den besten Erfolg, sodaß Thaer schon im Juli 1806 die Zeichnungen


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[0384] fahrimgen bekamen die ersten Gedanken zu einer rationellen Landwirthschaft mehr und mehr Fleisch und Blut, Rundung und Gestalt, so daß er sich die dann in Möglin gelösten Ziele stecken konnte, nämlich: 1. Die größte Menge zur Nahrung der Thiere geeigneter Pflanzen auf einer bestimmten Fläche Landes zu gewinnen. 2. Die verschiedenen Fruchtkräfte des Bodens für die verschiedenen ihrer bedürfenden Fruchtarten in einer der Wiedererzeugung des Verbrauchten günstigen Wechselfolge zu benutzen, also die Bräche entbehrlich zu machen. Sein hierauf bezügliches Meisterwerk: „Die Grundzüge der rationellen Landwirthschaft" erschien in den Jahren 1810 bis 1812 in vier Bänden und wurde sehr bald in verschiedene Sprachen übersetzt. Später dachte Thaer an eine Umarbeitung desselben, doch fand er die Zeit dazu nicht. Koppe aber, der nachher selbst so berühmte Schüler und Gehülfe Thaers, äußert sich über das Wesen der von seinem Lehrer begründeten Fruchtwechselwirthschaft folgen¬ dermaßen: „Die Abwechselung der angebauten Früchte ist eine von der Natur gebotene Nothwendigkeit. Es gibt nur wenige Kulturpflanze», die eine Reihe von Jahren auf derselben Stelle einen guten Ertrag liefern, und zwar sind dies nur einige perennirende Pflanzen wie Esparsette, Luzerne, Hopfen und dergl., die mit ihren Wurzeln sehr tief in den Boden dringen. Von den einjährigen flachwurzelnden Gewächsen gibt es zwar einige, welche mehrere Jahre hinter einander angebaut werden können, z. B. Tabak, Hanf, Kartoffeln, selbst Roggen, Hafer und Raps, es ist dies aber nur in besonderen Bodenarten möglich oder nach sehr starker Düngung, und auch dann sind die Nachtheile bei ihrer Wiederkehr augenscheinlich und überwiegend." Koppe ist der Meinung, daß der Grund dieser Erscheinung in dem Umstände zu suchen sei, daß jede Art der Gewächse eines gewissen Bestandtheiles der Ackerkrume zu ihrer vollständigen Ausbildung bedürfe, und er glaubt daher, daß dieselbe dem Boden gegebene Düngung weit mehr Früchte wachsen lasse, wenn Pflanzen aus verschiedenen botanischen Klassen in Abwechselung gebaut würden, indem jede Art der Ge¬ wächse vorzugsweise den ihr besonders zusagenden Theil der Düngung sich aneigne und einverleibe und den Acker oft fruchtbarer für eine andere Pflanzen¬ art mache, welche man ihr dann folgen lassen müsse. Thaer hatte es für seine Pflicht gehalten, die landwirthschaftliche Lehr¬ anstalt in Möglin sobald als nur möglich ins Leben zu rufen und deshalb, weil es ihm selbst an den nöthigen Mitteln zu der mit erheblichen Kosten verbundenen Ausführung des Planes dazu mangelte, sich entschlossen, den Bau und die Einrichtung des Instituts auf Aktien zu unternehmen. Dieser Ge¬ danke hatte den besten Erfolg, sodaß Thaer schon im Juli 1806 die Zeichnungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/384>, abgerufen am 23.07.2024.